Montag, Mai 25, 2009

III KAPITALISTISCHES PRODUZIEREN

Das Konstanz-Sydney Marx-Projekt (Roth/Kleiber & Hanlon/Eldred, La Forma-Valore, Lacaita / Manduria 1984, a cura Emilio Agazzi) fasst die Bedeutung des Ergebnisses einer (vorläufig abgeschlossenen) mehrjährigen Rekonstruktionsbemühung in einigen Thesen zusammen:
Die Marxschen Schriften zur Kritik der „political economy“ enthalten keine abgeschlossene Darstellung. Und selbst die ausgeführte Darstellung der kapitalistischen Ökonomie wäre nur ein erster Teil (Fundament) einer systematischen Analyse und „Kritik“ der epochal gegenwärtigen Gesellschaftsform.
Der Versuch einer Rekonstruktion der Marxschen Kapitalanalyse hat zwei einander ausschließende Argumentationsstränge freigelegt:
1. arbeitswerttheoretisch wird behauptet, ein WERTGESETZ bestehe, wonach Produkte sich als Waren austauschen, wie es der in der Produktion aufgewandten menschlichen Arbeitszeit entspricht. Die WERTSUBSTANZ wird hier formlos gefasst.
2. wertformanalytisch kann aber die Wertsubstanz nicht unabhängig von der Geldform der Werts erfasst werden. Anstelle der Reihenfolge: Wertsubstanz-Wertgröße-Wertform tritt die Folge: Wertform – Wertsubstanz/Geldform des Werts – Wertquantität.

Die Marxsche epochale Gegenwartsanalyse sollte aber umfassender sein.
3. Marx hat den ursprünglichen Plan der umfassenden Analyse der modernen Gesellschaft (die mehr ist als kapitalistische Wirtschaft) nicht „geschafft“: und dies sollte systematisch auch im Zusammenhang seines Schwankens zwischen Wertformanalyse und Arbeitwerttheorie , sowie einer systematisch-synchronen Analyse („Histomat1“) und einer geschichts­philosophischen Skizze („Histomat2“) gesehen werden. Mehr dazu in: D. Henrich, Hg.: Akten des Stuttgarter Hegel-Kongresses 1975 „Ist systematische Philosophie möglich?“ (Diskussionsbeitrag zur damals aktuellen „Rekonstruktion des Historischen Materialismus“ einer Gruppe um Jürgen Habermas) Dort wird der Histomat2 weder übernommen noch rekonstruiert, sondern ersetzt. Siehe auch Elbe (2008), 194.
4. Der formunabhängige Arbeits- und Wertbegriff ebnet den Weg für den ökonomisch-geschichtsmechanischen Fortschrittsglauben, wonach ein NATURGESETZ der menschlichen Entwicklungsgeschichte das unaufhaltsame Ansteigen der Arbeitsproduktivität vorschreibe und angewachsene Produktivkräfte „zu Fesseln gewordene Produktionsverhältnisse“ sprengen.
5. Wird in der Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie und der Kapitalanalyse wertformbezogen argumentiert, ergibt sich eine systematische Darstellung, die sich auf die gegenwärtige Lebensform, auf die kapitalistische Epoche bezieht. In diesem Horizont erscheint dann auch der Basis-Überbau-Gedanke nicht als ein vermeintliches Bewegungsgesetz, wonach durch Selbstveränderung der Basis (am Ende jeder Epoche) der Überbau gleichsam automatisch „umgewälzt“ wird.
6. Konsequenz einer formlosen Thematisierung der Arbeit in unserer Epoche und der Verallgemeinerung dieses traditionellen Fehlers in der Gestalt einer „materialistischen Geschichtsauffassung“ ist der illusionäre Trost, die ZEIT stehe auf unserer Seite. (zur allmählichen Lösung vom Engelsismus siehe: Ingo Elbe, Marx im Westen.Die neue Marx-Lektüre in der Bundesrepublik (Deutschland) seit 1965, Akademie-Verlag Berlin 2008)
7. Erschütterungen des Kapitalismus und seines Überbaus stehen im Zusammenhang mit „inneren Widersprüchen“ dieser Lebensform. Sich selbst überlassen reproduziert sich der Kapitalismus: zwar werden Quantitäten hinfällig, aber die Form bleibt.

Es haben Philosophien „die Welt“ hier „verstanden“, da kritisiert: es kömmt nicht drauf an, dogmatisch zu antizipieren. Wie lässt sich aus der Kritik der alten Welt in reflektierter Praxis die neue Welt (er)finden?

Lehrveranstaltung Philosophie V.M. Roth im Sommer 2009 Universität Konstanz


0 philologisch/systematische Bemerkungen K I – II – III
es folgen die systematischen Abschnitte der Rekonstruktion:

I Analyse der Wertform ..............................................................
II Kapitalistische Warenproduzenten und LohnarbeiterInnen .............
III Kapitalistisches Produzieren ....................................
......vgl. KAPITAL Bd.I.& III..................
IV Analyse der Zinsform..........................................
V Analyse der Revenueform................................
.....vgl. KAPITAL Bd. III
VI Analyse des Zirkulationsprozesses des Kapitals.......
.....vgl. KAPITAL Bd.II
VII Analyse der Konkurrenz(formen)................................................
ENDE DER REKONSTRUKTION der Kapitalanalyse
Ausbau des Fragments
VIII gedoppelte Verdopplung (Lucia Kleiber-Sprotte) ...........................
IX Ausblick................................................................................................
Register.........................................................................................................
Literaturhinweise...........................................................................................
(auch diese Rekonstruktion blieb bisher teilweise Plan und insgesamt Fragment)

THE RULES OF THE GAME
-oder: zur Methode einer zeitkritischen Sozialphilosophie
In der von Kuno Lorenz herausgegebenen Lorenzenfestschrift „Konstruktionen versus Positionen. Beiträge zur Diskussion um die konstruktivistische Wissenschaftstheorie“ (Berlin / N.Y. 1979) hat Ivan Glaser unter dem Titel „Das dialektische Denken und das natürliche Bewusstsein“ die Rolle der Alltagssprache, in der das Alltagsverständnis der Alltagspraxis des Lebens in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Lebensform formuliert wird, beim Aufbau einer systematischen philosophischen Reflexion dieser unserer Lebensform thematisiert. Bei unseren Erlanger Lehrern Kamlah, Lorenzen, Lorenz und Mittelstraß waren wir in den mittleren 60ern in eine gründliche Vorschule vernünftigen Redens als Proponenten und Opponenten gegangen, die insbesondere Wert auf die Klärung der Spracheinführung (aus gemeinsamer Praxis) legte. Siehe dazu: Volkbert M. Roth: Vier Stufen der Spracheinführung , in: Jürgen Mittelstraß / Manfred Riedel: Vernüftiges Denken (Wilhelm Kamlah zum Gedächtnis), Berlin / N.Y. 1978, 71 –86 und: Wege \ Wittgen_Steine, in: Michael Astroh, Dietfried Gerhardus, Gerhard Heinzmann, Hg., Dialogisches Handeln. Eine Festschrift für Kuno Lorenz, HD / Berlin 1997, 427 – 438 sowie: Dialog und Leben im Bachtin-Kreis. Zur Leningrader Sprachphilosophie, in: Dascal/Gerhardus/Lorenz,Hg., Handbuch Sprachphilosophie, 1. Halbband, 685ff, Berlin / N.Y. 1992.
Die dialogische „Prozedur, welcher sich das natürliche Bewusstsein bei dem Eintritt in das spekulative Denken unterwirft“ (Glaser nimmt hier Hegel´sche Redeweise auf, die Entsprechungen sind im Folgenden in Klammern gesetzt) lässt sich kurz so summieren:
1. „Das spekulative (systematische) Denken mutet an keiner Stelle dem natürlichen Bewusstsein (Alltagsverständnis) zu, sich aufzugeben. Vielmehr baut es auf diesem in einer eigentümlichen Art auf und überführt es in etwas, was immer noch es selbst und zugleich nicht mehr es selbst ist.“
2. Das „natürliche Bewusstsein“ darf „auf seinen sämtlichen Erfahrungen beharren – unter der Vorraussetzung, dass es die Geltendmachung seiner Erfahrungen dem Anspruch des spekulativen Denkens unterwirft, sich von diesem den systematischen Ort vorschreiben lässt, an dem es jeweils mit seinem Erfahrungen argumentiert. ... es muss bereit sein, Einwände zurückzustellen, bis die systematische Theorie die Stelle erreicht hat, wo sie erörtert werden sollen.“
3. In der „Artikulation seiner Einwände ist am Anfang des systematischen Vorgehens das natürliche Bewusstsein“ unbeschränkt. „Der mit der Systematisierung der Erfahrungen“ – des Alltags – „einhergehende kategoriale Fortschritt grenzt dann die Möglichkeiten ein, wie das natürliche Bewusstsein“ –im Dialog mit dem systematischen Denken – „seine Erfahrungen einbringen kann.“
4. „Die Analyse endet dort, wo das natürliche Bewusstsein die Herkunft der in ihm herrschenden Kategorien aus den durch die systematische Analyse aufgedeckten ... Verhältnissen erkannt hat ... Damit hat sich das natürliche Bewusstsein im systematischen spekulativen Denken aufgehoben ohne je seine Erfahrungen aufgegeben haben zu müssen.“

Vgl. auch: Volkbert M. Roth, Zum wissenschaftlichen Anspruch der Wertformanalyse: AUFGREIFEN aus dem Alltagsverständnis der Realität, HERLEITEN von Analyse-Kategorien, Begründung von DARSTELLUNGSVORAUSSETZUNGEN. Eine sozialphilosophische Studie, Habilitationsschrift Universität Konstanz 1976

Fortschritt (fast) überall, doch ? Mio hungern etc. ( www.fao.org )
Tendenz: seit 1999 wieder steigend.














































REKONSTRUKTION DER KAPITALANALYSE
Abschnitt I: ANALYSE DER WERTFORM
§1 Ein Zug unserer gegenwärtigen Form der Gesellschaft ist, dass viele Produkte industriell hergestellt werden und Wa­renform annehmen. Sie haben Preise. Mit dem Aufgreifen der Industriewaren beginnt die systematische Analyse der ka­pitalistischen Gesellschaftsform.
"Der Reichtum der Gesellschaften., in welchen kapita­listische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine 'ungeheure Warensammlung', die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt da­her mit der Analyse der Ware." (MEW 23/49). Wir se­hen die systematische Bedeutung der Marxschen Ana­lyse der Waren und des Geldes darin, die Wertform zu bestimmen. Es scheint uns daher irreführend, auf
"die einzelne Ware" als Ausgangspunkt der Analyse ab­zuheben. "Womit die Analyse beginnen? Zu Beginn der Kapitalismusanalyse muss 'das Ganze' angesprochen wer­den, aber es kann zu Beginn der Analyse nur so an­gesprochen werden, wie es erscheint: Kapitalistischer Reichtum als Warensammlung. Ausgehend hiervon kann Marx als seine erste Aufgabe artikulieren: „Analyse der Ware" (- ja, doch: "die Ware" ist keine einzelne Ware, analysiert wind "die Warenform des Arbeitspro­dukts oder die Wertform der Ware" (MEW 23/'12) und diese zeigt sich nur im Bezug der Waren aufeinander'...) Mike Rot, Kernstruktur unserer kapitalistischen Ge­sellschaft. Zwischenergebnis eines Konstanzer For­schungsprojekts zum Aufbau der Kapitalanalyse. Sozial­wissenschaftliche Skripten Athenäum (Redaktion: Stefan Müller-Doohm/Klaus Wöhler), Frankfurt 1972. Wie weit ist der Bereich der Industriewaren, bei denen die Analyse einsetzt, gezogen? Er umfasst gegenständ­liche Produkte (etwa ein Düsenflugzeug) so gut wie prozessuale (Ritas Flug nach Sydney), Rohstof­fe (etwa Rohöl) und weiterverarbeitete Produkte (eine Plastikschüssel/den Flugzeugtreibstoff), ebenso wie Produkte der im großen Stil, als "Agrikulturindustrie" wirkenden modernen Landwirtschaft, die Maschinerie einsetzt (vgl. Ab­schnitt III) und Lohnarbeiter beschäftigt (vgl. Ab­schnitt II )

§2 Beschränken wir die Betrachtung auf die Industriewaren, die verkauft werden. Vermittelt durch diese Verkäu­fe stehen die Industriewaren im Austauschverhältnis zu­einander. Als erster Schritt der Analyse wird dieses Austauschverhältnis reflektiert. Dabei wird zunächst die Vermittlung durch Geld ausgeblendet und nur ihr Resultat, das Austauschverhältnis der Industriewaren, die Zugehörig­keit zur Warenwelt betrachtet .
Schon im Zusatz zu §1 trat im Zusammenhang mit der ersten theoretischen Operation, dem Aufgreifen, der Anlass zur Eingrenzung auf. Omnis determinatio est negatio.

Auf­gegriffen werden die Waren, die industriell hergestellt und verkauft worden sind. Durch diese beiden Operatio­nen, Aufgreifen und Einschränken, ergibt sich der erste Analysebegriff: 'Austauschverhältnis'. Es ist nun die qualitative Frage : "Was zeigt sich im Austauschverhält­nis?" Zu unterscheiden von der traditionell' im Vorder­grund stehenden quantitativen Frage nach den Austausch­proportionen und ihren Ursachen: "In welchem Verhältnis tauschen sich verschiedene Waren aus?" In seiner Auseinandersetzung mit Baileys Kritik der Arbeitswertlehre Ricardos bringt Marx diesen Unter­schied (und programmatisch auch die Unterscheidung der Wertformanalyse von der Arbeitswertlehre) so vor : " 'An­statt', sagt Bailey ..., 'den Wert als ein Verhältnis zwischen zwei Dingen anzusehen, betrachten sie' (Ricar­do and his followers) 'ihn als ein positives Resultat, das durch eine bestimmte Menge von Arbeit produziert wird.' ... Der ... Vorwurf geht aus Ricardos mangel­hafter Darstellung hervor, weil er den Wert der Form nach gar nicht untersucht - die bestimmte Form, die die Arbeit als Substanz des Wert.: annimmt --, sondern nur die Wertgröße, die Quantitäten dieser abstrakt - all­gemeinen und in dieser Form gesellschaftlichen Ar­beit.... Sonst hätte Bailey gesehen, dass die Relativi­tät des Wertbegriffs keineswegs dadurch aufgehoben wird, dass alle Waren ... nur relative Ausdrücke der gesellschaftlichen Arbeitszeit sind und ihre Relativi­tät keineswegs nur in dem Verhältnis besteht, worin sie sich gegeneinander austauschen, sondern in dem Ver­hältnis ... zu dieser gesellschaftlichen Arbeit als ih­rer Substanz." (MEW 26.2/169).
Es ist in den Zusätzen leider nicht zu vermeiden,
dass in den angeführten Marxstellen teils terminologische Vorgriffe, teils Abweichungen von der rekonstru­ierten, systematisch benutzten Terminologie auftreten. Die Lesenden werden ersucht, daran keinen Anstoß zu neh­men und die beim jeweiligen Entwicklungsstand der syste­matischen Darstellung zugänglichen Punkte zu erfassen.

§3 Im Austauschverhältnis manifestieren sich die Industriewaren als gesellschftliche Arbeit.
Welch Paradox! Auf die qualitative Frage danach, was
(= „welche Substanz) sich im Austauschverhältnis zeige, erfolgt die Antwort:"Gesel1schaftliche Arbeit." Aber ist damit nicht Gesellschaft hier ihrerseits bestimmt als die Warenwelt?
Und andererseits: Wo es wirklich gesellschaftliche Arbeit gäbe, gäb's keine Waren.
Es gibt in unserer gegenwärtigen Gesellschaftsform die gesellschaftliche Arbeit nicht als lebendige, aber es gibt sie als tote.
´Es gibt gesellschaftliche Arbeit nicht als lebendige´ ist negative Bestimmung. Die vorausgehende positive Bestim­mung ist, dass sie sich im Austauschverhältnis der Industriewaren manifestiert. Jene flankierende, ne­gative Bestimmung der gesellschaftlichen Arbeit hat Marx in dem Reflexionsabschnitt "Doppelcharakter der in den Waren dargestellten Arbeit" positiv und mit Bezug auf die lebendige Arbeit zu formulieren ver­sucht: "Nur Produkte selbständiger und voneinan­der unabhängiger Privatarbeiten treten einander als Waren gegenüber." - "Arbeiten, welche unabhängig von­einander als Privatgeschäfte selbständiger Produzenten betrieben werden" (MEW 23/57). Es spricht einiges da­für, sich auf die negative Bestimmung zu beschrän­ken, denn was ist die "Privatarbeit" anderes als nicht­gesellschaftliche Arbeit? Eldred und Hanlon haben an­geregt, "dissoziierte" Arbeiten, der sich im Austausch­verhältnis manifestierenden "assoziierten" Arbeit ge­genüberzustellen; vgl. Reconstructing Value-Form Ana­lysis, §3. Wenn die Kategorien des Überbaus auf der Grundlage der Analyse des ökonomischen Unterbaus ent­wickelt werden sollen, wie das unser erklärtes Ziel ist, dann muss darauf geachtet werden, dass Überbau­begriffe nicht beiläufig schon in der Analyse der öko­nomischen Verhältnisse eine Rolle spielen. Nun han­delt es sich bei 'Privateigentum' und 'Privatsubjekt' um solche Kategorien, die im Anschluss an die Kapital­analyse entwickelt werden sollen und sie dürfen da­her nicht schon herangezogen werden, wenn es um die Bestimmung der "Wertsubstanz" (MEW 23/52ff) - denn so nennt ja Marx die in diesem Paragraphen angesproche­ne "gesellschaftliche Arbeit" - geht.

§4 Die sich im Austauschverhältnis manifestierende gesellschaftliche Arbeit ist oft als abstrakt - allgemei­ne charakterisiert worden:
Zum einen werden die konkret-verschiedenen Arbeiten durch die Totalität der Austauschverhältnisse in eine gegen die Konkretheit gleichgültige abstrakte Arbeit umgewandelt. Zum anderen ist die Arbeit erst innerhalb der Warentotalität gesellschaftlich-allgemein. Sie ist also 'abstrakt-allge­mein' in einem Sinne, wo das Beiwort 'abstrakt' die Allge­meinheit in ihrer bestimmten gesellschaftlichen Form quali­fiziert. 'Abstrakt-allgemein' verweist auf die Manifestation der "gesellschaftlichen Arbeit" (als "Wertsubstanz" MEW 23/52ff) in der Wertform. (Vgl. §5).
Es geht hier um qualitative Bestimmungen. Es ist ja im Anschluß an Petry und Sweezy gebräuchlich, die Unter­scheidung zwischen einem "qualitativen" und einem "quan­titativen" Wertproblem zu machen. Für unsere Darstel­lung ist entscheidend, dass die qualitativen Bestimmungen in der engen Verbindung von Wertform und Wertsubstanz geortet werden, während die Frage nach der "Wertgröße" zurückgestellt wird, bis die Wertform zur Geldform ent­wickelt wurde. In der Architektonik der Marxschen Dar­stellung wird
erst die Wertform von der Wertsubstanz abgekoppelt und dann die "Wertgröße" vorgezogen. Zunächst heißt es un­ter Bezug auf die Wertform: "Das Gemeinsame, was sich im Austauschverhältnis oder Tauschwert der Ware dar­stellt, ist also ihr Wert." Doch dann heißt es wei­ter: "Der Fortgang der Untersuchung wird uns zurückfüh­ren zum Tauschwert als der notwendigen Ausdruckswei­se oder Erscheinungsform des Werts, welcher zunächst jedoch unabhängig von dieser Form zu betrachten ist."(MEW 23/53). Und darauf folgt die Behandlung der Wert­größe, die irritierenderweise so "wertformunabhängig" wie in der sonst kritisierten klassischen Arbeits­wertlehre ausfällt. Am Ende dieser Passage stand in der ersten Auflage von KAPITAL, Band 1: "Wir kennen jetzt die Substanz des Werts. Es ist die Arbeit. Wir kennen sein Größenmaß. Es ist die Arbeitszeit. Seine Form, die den Wert eben zum Tausch-Wert stempelt, bleibt zu analysieren." (MEW 23/55). Im Zusatz zu §2 wurde schon das Schillern des Aus­drucks 'Austauschverhältnis' zwischen einem qualita­tiven und einen quantitativen Verständnis angesprochen. So ist schon MEW 23/51 von "gleichgroßen Tauschwer­ten" die Rede. Die Folge davon ist eine Vermischung von quantitativen und qualitativen Aspekten. MEW 23/51: "Eine gewisse Ware ... tauscht sich mit anderen Waren in verschiedensten Proportionen ... (diese) müssen ... durch einander ersetzbare oder ... gleich große Tausch­werte sein. Es folgt daher (?) erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Waren drücken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die "Erscheinungsform" eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein." "Vgl. auch Roth zur Wertbestimmung in "Zur Wertformanalyse", S.11, wo mit der doppelten Bedeutung von ´Gleich-Gültigkeit´, zu argu­mentieren versucht wird - im Zusammenhang mit der "Tauschgrößengleichheit.") Aus diesen Ungereimtheiten an so entscheidender Stelle haben Harald Wohlrapp und Joachim Nanninga mittels der konstruktivistischen Ab­straktionstheorie Paul Lorenzens einen Fluchtweg markiert. Er hat aber den Effekt, dass die Wertform verloren gebt. Ulrich Krause nimmt auf diese Überlegung positiv Be­zug, geht aber in "Geld und abstrakte Arbeit;" (Frank­furt/Campus) auf interessante Weise über sie hinaus. Er betont : "Die Frage nach der Wertform ist bis heute eine der zentralen und umstrittensten Fra­gen der politischen Ökonomie . " (S.19, cf. auch S.41) und charakterisiert seine eigene Arbeit:"Die hier unter­nommene Untersuchung beabsichtigt nicht, abstrakte Arbeit" - "eine seinerzeit radikal neue und fremdar­tige Fragestellung" - "im Rahmen marxisticher Theorie zu erörtern und auch nicht, die Überlegungen von Marx se1bst zu interpretieren oder auszubauen. Wohl aber knüpft sie an der erstmaligen Behandlung der abstrakten Arbeit durch Marx an und greift den fruchtbaren Ansatz, Geld und abstrakte Arbeit von der Wertform her anzupacken auf." (S.III )

§5 Im Austauschverhältnis steht jede Ware allen anderen gegenüber. Diese kann man als "Tauschwerte" jener Ware be­zeichnen. Tauschwert einer Ware zu sein, bringt zum Aus­druck, dass jene Ware praktisch anerkannt ist als Teil der gesellschaftlichen Arbeit. Wird die gesellschaftliche Arbeit als Wertsubstanz bezeichnet, so drückt jeder Tausch­wert einer Ware aus, dass diese Ware Wert hat. Der Tausch­wert ist Wertform. Genauer: das Austauschverhältnis lässt sich von zwei Perspektiven her betrachten. 1. von der Position der in "relativer Wertform" stehenden Ware, der im Aus­tauschverhältnis ihre Tauschwerte gegenüberstehen. Und 2. von der Position der in "Äquivalentform" stehenden Waren, die jene Tauschwerte sind. Als Wertform ist der Tauschwert in der Position der "Äquivalentform".
In dem Anhang zur Erstauflage des KAPITAL (1867) "Die Wertform" ist ausführlich die Rede von den zwei Per­spektiven, unter denen "der Wertausdruck" betrachtet werden kann. (Der "Wertausdruck" artikuliert gleich­sam das Austauschverhältnis).
Marx unterscheidet nun verschiedene Wertausdrücke und verwendet synonym zu 'Wertausdruck' auch 'Wertform' in den Wendungen: 'einfache Wertform', 'entfaltete Wertform'. Zwei weitere Arten von Wertausdrücken wer­den als 'allgemeine Äquivalentform' und 'Geldform' aufgeführt.
Bis zur Publikation der Überlegungen von Rosdolsky, Backhaus, Krahl und Reichelt galten diese Unterschei­dungen als Spitzfindigkeiten, die höchstens fortge­schrittenen Marxisten zuzumuten sind. (Vgl. die Empfehlungen von Marx an Frau Kugelmann (Brief vom 30. Nov. 1867) und Engels Brief an Marx vom 16. Juni 1867 und Louis Althusser in seinem Vorwort zur fran­zösischen Volksausgabe:"The greatest difficulties, theoretical or otherwise, which are obstacles to an easy reading of CAPITAL, Vol. One are unfortunately
(or fortunately) concentrated at the very beginning ... PUT THE WHOLE OF PART ONE ASIDE FOR THE TIME BEING and BEGIN YOUR READING WITH PART TWO: ' The Transfor­mation of Money into Capital'. In my opinion it is, impossible to begin (even to begin) to understand Part I until you have read and re-read the whole of Vol One, starting_with Part II." in: Lenin and Philo­sophy and other essays, MEW York and London: Monthly Review Press 1971, p. 81.

§6 Mit der Unterscheidung der beiden Positionen im Aus­tauschverhältnis (Relative Wertform/Äquivalentform) ist in der Analyse der Entwicklungsstand erreicht, die Ausblendung der Rolle des Geldes bei der Vermittlung des Austauschverhältnisses der Industriewaren zu beenden. Dass Industrieprodukte verkauft werden müssen, um Waren
zu sein und Wert zu haben, lässt sich nun dadurch fassen,
dass das Geld als "allgemeines Äquivalent" begriffen wird:
Geld hat allen Waren gegenüber stets Äquivalentform. Geld
kauft, Waren werden verkauft. Mit diesem Entwicklungsschritt wird die relative Wertform zur Warenform des Werts und die Äquivalentform zur Geldform des Werts.

Im prämonetären Entwicklungsstand der Analyse (abge­kürzt -doch leicht missverstehbar- gesagt: „für die prämonetäre Ware“) sind relative Wert­form und Äquivalentform (nur) Positionen, die gleicher­maßen eingenommen werden. In welcher Position eine systematisch-prämonetäre Ware steht, ist von der Perspektive ab­hängig. Für jeden (prämonetären) Warenhüter steht die eigene Ware in der relativen Wertform, alle anderen Waren stehen ihr in Äquivalentform gegenüber.
(Zur Abgrenzung von "historisch-prämonitären" Positionen bei Smith und Engels -"einfache Warenproduktion"- siehe Elbe 2008, 186)
Dieser Ruch von "Relativismus, Subjektivismus" löst sich freilich - da er der Ausblendung des Geldes sei­ne Existenz verdankt - auf, wenn die Entwicklung der Analyse bei, der Geldform des Werts angelangt ist. Die Äquivalentform ist auf der entwickelteren Darstellungs­ebene stets "allgemeine Äquivalentform". Und sie hat im Geld objektive Gestalt, (was auch immer für For­men des Geldes auftreten mögen.) Mit der Entwicklung von Warenform und Geldform des Werts ist gleichsam die Perspektive, an der "relative Wertform" und "Äquivalentform" orientiert waren, in Ware und Geld selbst eingebaut. (Dieser Gang der Ent­wicklung mag an Wittgensteins Leiter erinnern, die hochgezogen wird, wenn mensch über sie hinaufgestiegen ist.)
Hier haben wir es mit der Analyse der Geldform des Werts zu tun. Davon ist eine "Geldtheorie", Behandlung der Formen des Geldes und ihres Zusammenhangs - die eines entwickelteren Analysestands bedarf - zu unter­scheiden.
(( Eine alternative Entwicklung des Geldes soll hier angedeutet werden. In §5 wurde der Ausdruck des Wa­renwerts gegeben, in dem eine Ware allen anderen ge­genübersteht. Dies nennen wir im Anschluss an Marx, entfaltete Wertform, oder besser, entfalteter Wert­ausdruck. Marx diskutiert indes auch zwei andere (systematisch-?)prä­monetäre Wertausdrücke, die "einfache Wertform" und die "allgemeine Wertform". Unseres Erachtens sind die­se keine Wertausdrücke, da der ganze Rest der Waren­welt in Äquivalentform stehen muss, um den Wert einer Ware auszudrücken. Dadurch betonen wir, dass der Wert nur durch die Allgemeinheit der Warenaustauschverhält­nisse konstituiert ist. Die Marxsche Argumentation halten wir für systematisch falsch, weil sie nur quasi - historische Plausibilität statt kontemporären, strin­genten Nachweis liefert.
Wenn jedoch einem Mitglied der Warenwelt die zusätz­lichen Bestimmungen des Vermittlers des Warenaus­tausches (Zirkulationsmittel) und der unmittelbaren
Austauschbarkeit gegen alle Waren systematisch zuge­sprochen werden, erhalten wir einen neuen vereinfach­ten Wertausdruck einer Ware: statt sich im ganzen Rest der Warenwelt ausdrücken zu müssen, muss die Ware ledig­lich gegen diese einzelne Ware ausgetauscht werden, die stets in Äquivalentform steht. Diese einzelne Ware ist das Goldgeld und der Wertausdruck heißt nun Preisaus­druck oder Preis. Im Austausch gegen Geld d.h. im Ver­kauf, hat sich die Ware schon als anerkannte gesell­schaftliche Arbeit erwiesen, da das Geld unmittelbar austauschbar gegen alle Waren ist. Das Geld anderer­seits ist mehr als eine Ware; es ist absoluter Wert, indem es als besonderes Arbeitsprodukt die Allgemein­heit des Werts darstellt. D.h., es ist in Anlehnung an Hegel die Einheit von Besonderheit und Allgemeinheit oder Einzelheit.))

§ 7 Da das Geld einheitlich als Wertausdruck aller Waren fungiert, sind alle Warenquanta nun auch als Wertquanta vergleichbar geworden.
An der Geldform des Werts können drei Bestimmungen hervor­gehoben werden:
1. Geld als Wertausdruck der Waren (qualitativ und quantitativ)
2. Geld als Zirkulationsmittel (die nur mittelbare Austausch­barkeit der Waren wird durch die "unmittelbare Austausch­barkeit" des Geldes vermittelt)
3. Geld als selbständiges Dasein des Werts (im Geld kann
sich die Wertform der Industriewaren von der bloßen
Vermittlung des Austausches der Industriewaren lösen:
auch was keinen Wert hat, kann einen Preis haben.)
Im Text des § sind wie im 3. Kapitel des 1. Bandes des KAPITAL drei Bestimmungen "des Geldes" aufgeführt. Die­se Bestimmungen sind der "Geldform des Werts" eigen, also allen (sehr viel später entwickelten) Formen des Geldes gemeinsam.
Bei der Fassung der drei Bestimmungen des Geldes sind die Akzente, wie im Vergleich mit den einschlägigen Marxschen Texten auffällt, anders gesetzt. In Abgrenzung von der bei Marx mitschwingenden arbeitswerttheore­tischen Fassung der Werttheorie, die wertformunab­hängige Thematisierung der Wertgröße vorsieht, ist in unserer Darstellung erst mit dem Erreichen der Geld­form des Werts quantitative Fassung des Werts möglich. Und hinsichtlich der Analyse der Kapitalbewegung ist dieser Punkt ja wichtig: es ist hiermit nicht mehr die Möglichkeit offen gelassen, den "Mehrwert" (s.u.) wert­formunabhängig, gleichsam in direktem Zugriff auf Ar­beitszeiten zu verstehen.
Die erste Bestimmung des Geldes tritt an die Stelle der von Marx formulierten "Kommensurabilitätsbedingungen", wonach beim Austausch zweier Waren "ein gemeinsames von derselben Größe in zwei verschiedenen Dingen existiert. ... Beide sind also gleich einem Dritten, das an und für sich weder das eine noch das andere ist. Jedes der beiden, soweit es Tauschwert, muss also auf dies Dritte reduzierbar sein". MEW 23/51. In der zweiten Bestimmung des Geldes erscheint die erste Bestimmung, qualitativ und quantitativ "Wertmaß" zu sein, in einer Verdoppelung. Ist Geld das Zirku­lationsmittel beim Austausch zweier Waren, so fungiert es für jede dieser Waren als Wertmaß. Die doppelte Be­ziehung je von Ware auf Geld vermittelt die Beziehung der Waren aufeinander.
Es besteht keine Veranlassung, in Zweifel zu ziehen,
dass Marx mit seiner Verbindung von Arbeitwertlehre
und Wertformüberlegungen sich mehr vorgenommen hat, als hier "rekonstruiert" werden konnte. Wichtig daran ist die Beibehaltung des Bezugs des Geldes auf "Arbeit", ohne zu unterschlagen, dass Geld selbst jene Arbeit sich erst herauskristallisieren lässt. Hans-Georg Backhaus, ohne dessen Breschenschläge in die Argumentationslinien marxistischer Orthodoxie un­serem Anlauf zum Ausbau des Marxschen Systemfragments mehr als nur zentrale Stichworte fehlten, hat eine sehr eindrucksvolle Liste dessen zusammengestellt, was eine "philosophische" Lösung der Wert- und Geldproble­matik an ökonomischen Fragen zu klären habe. Angaben über den Ort ihrer Behandlung im System sind dazu nicht gemacht.
Uns scheint es, das die Thematisierung von Geldumlauf und "Münze" bzw. "Wertzeichen" im direkten Anschluss an die zweite Bestimmung des Geldes, vgl. KAPITAL, Bd.I, Kap. 3, ein Vorgriff ist.
Die dritte Bestimmung wird von Marx im KAPITAL unter
dem lakonischen Titel "Geld" abgehandelt. "Dinge, die an und für sich keine Waren sind ... können ... für Geld feil sein und so durch ihren Preis die Warenform erhalten. Ein Ding kann daher formell einen Preis he­ben, ohne einen Wert zu haben", hieß es schon MEW 23/117, eingestreut in die Behandlung des Geldes als Wertmaß. "Da dem Geld nicht anzusehen, was in es verwandelt ist, verwandelt sich alles, Ware oder nicht, in Geld. Alles wird verkäuflich und kaufbar. Die Zirkulation wird die große gesellschaftliche Retorte, worin alles hinein­fließt, um als Geldkristall wieder herauszukommen. Die­ser Alchemie widerstehen nicht einmal Heiligenknochen" (MEW 23/145) - und auch nicht die Knochen usw. der Ar­beiterinnen und Arbeiter. Das Geld ist mit diesen Über­legungen zum allgemeinen Kaufmittel entwickelt. Diese Funktion kann Geld als Zirkulationsmittel, aber auch als "Zahlungsmittel" vollziehen: "die Benutzung ge­wisser Warenarten (wird) ... für einen bestimmten Zeit­raum" - oder wie ein Leihwagen, für eine vorher nicht genau festgelegte Strecke -" verkauft. Erst nach Ab­lauf des" - unter Umständen variablen - "Termins hat der Käufer den Gebrauchswert der Ware wirklich er­halten. Er kauft sie daher, bevor er sie zahlt". (MEW 23/149).
Wir haben bei unserer Fassung der dritten Bestimmung des Geldes diejenigen Momente in den Vordergrund ge­rückt, die zum Begreifen des Lohns nötig sind. Denn es geht ja darum, auf der Basis der Analyse der Geld­form des Werts ("Geld als Geld") zu einem Verständ­nis des Kapitalverhältnisses zu kommen. Gemessen daran sind die Behandlung von "Geldkrise", "Kredit­geld", "Banknoten", "Weltgeld" im Anschluss an die dritte Bestimmung des Geldes (= der Geldform), vgl. KAPITAL, Bd. I, Kap. 3, systematisch betrachtet - Vor­griffe.



REKONSTRUKTION DER KAPITALANALYSE
Abschnitt II:

KAPITALISTISCHE WARENPRODUZENTEN UND LOHNARBEITER/INNEN
§1 Im ersten Abschnitt wurde von Industriewaren ausge­gangen
und mit Bezug auf sie wurden die Kategorien 'Wert' und 'Geld' bestimmt. 'Geld' aber ist nicht nur eine Ana­lyse­­kate­gorie, sondern Geld ist durch alltäglichen Umgang
bekannt. Und zu dem gehört in unserer Zeit, dass auch es Leute gibt, die ihr Geld verdienen, nicht indem sie Industriewaren verkaufen, sondern indem sie in Fabriken arbeiten.
Es wird hier also wieder ein Stück Alltagswissen auf­gegriffen: "dass Leute Geld verdienen, ... indem sie in Fabriken arbeiten." Dieser Zug des Alltagswissens wird jedoch in bezug zu den Analysekategorien "Wert" und "Geld als Wertform von Industriewaren" gebracht. Und gerade dadurch geht die Analyse, die am Alltags­wissen von "unserer kapitalistischen Gesellschaft" entlangführt, über dieses Alltagswissen hinaus. Marx greift denselben kontemporären Fakt MEW 23/181 auf:"Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszu­ziehen, müsste unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, ei­ne Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Ver­gegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine sol­che spezifische Ware vor - das Arbeitsvermögen oder l) die Arbeitskraft." Dem geht aber bei Marx Aufgreifen` ("spielt täglich vor unseren Augen" MEW 23/161, "fin­den wir ... vor die Form G-W-G ..., kaufen, um zu ver­kaufen" MEW 23/162) und "Charakteristik" (MEW 23/162) der Zirkulationsform ("allgemeine Formel" MEW 23/170ff) des Kapitals voraus. In unserer Darstellung hingegen gibt es an dieser Stelle noch gar kein Geld, das als Kapital fungiert. Vgl. hierzu III §8!

§2 Wurde in der Analyse der Wertform (1. Abschnitt) aus­gegangen von den Waren, die in den Fabriken hergestellt werden, so beschäftigen wir uns nun mit dem Geld, das durch Lohnarbeit in der Fabrik verdient wird. Lohn ist für die industriellen Lohnarbeiter nicht Geldform des Werts einer von ihnen verkauften Ware. Denn "die Arbeit" oder "die Arbeitskraft" ist keine Industrieware und nur für die ist ja bestimmt, was ihr Wert ist: abstrakt-all­gemeine Arbeit.
Für Marx ist die Unterscheidung zwischen "Arbeit" und "Arbeitskraft" ein Hauptpunkt in seiner Kritik an der Klassischen Ökonomie, die "dem Alltagsleben ohne wei­tere Kritik die Kategorie 'Preis der Arbeit' entlehn­te" (MEW 23/559). Wie wir zeigen, ist dies nicht der Springpunkt. Marx referiert zunächst das Verdrängen der qualitativen Frage "Was ist der Arbeitslohn?" durch die quantitative "Wie wird die Lohnhöhe be­stimmt?" "Beschäftigt mit dem Unterschied zwischen den Marktpreisen der Arbeit und ihrem sog. Wert, mit dem Verhältnis dieses Werts zur Profitrate, zu den vermittelst der Arbeit produzierten Warenwer­ten usw., entdeckte man niemals, dass der Gang der Analyse nicht nur von den Marktpreisen der Arbeit zu ihrem vermeintlichen Wert, sondern dahingeführt hatte, diesen Wert der Arbeit selbst wieder aufzu­lösen" (MEW 23/561). Marx fährt dann unserer Mei­nung nach zu kompromissbereit fort: - "in den Wert der Arbeitskraft." Diese aber hat keinen eigenen Wert - ihr Preis ist MEW 23/185 aufgelöst "in die zur Produktion ... (von Lebensmittel-Waren) notwen­dige Arbeitszeit." Dass hierbei die Wertform eine große Rolle spielt, liegt auf der Hand. Daher sind auch die MEW 23/560 gemachten abschätzigen Bemer­kungen über die Erklärungskraft der Konkurrenz zu relativieren durch den Hinweis auf: "der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befrie­digung, (ist) selbst historisches Produkt" (MEW 23/185) - und diese "Historie" ist nicht ein einma­liger, abgeschlossener Vorgang, sondern anhaltende soziale Auseinandersetzung.

§3 Freilich soll in der systematischen Darstellung mit der Anerkennung, dass es sich beim Lohn nicht um bloßen Geld­ausdruck eines (nicht existenten) "Werts" der Arbeit oder der Arbeitskraft handeln kann, nicht der bereits hergestell­te Zusammenhang zwischen Waren und Geld verloren gehen. Denn, wenn Fabrikarbeiter3)Geld verdienen und durch Einkauf von Industriewaren ihre Arbeitskraft reproduzieren;t1 dann liegt hierin die Möglichkeit, den Arbeitslohn als Geldform derjenigen gesellschaftlichen Arbeit aufzufassen, die die Produkte, welche Arbeiter für ihren Konsum kaufen, her­stellte.
Wir weichen hier (mit Marxschen Argumenten) ab von der Rede, die Arbeitskraft habe "gleich allen ande­ren Waren ... einen Wert" (MEW 23/184.) Wir ziehen dazu heran: "Dinge, die an und für sich keine Waren sind, können ... durch ihren Preis die Warenform erhalten." (MEW 23/117)
In unserer Darstellung erhält die Arbeitskraft so "durch ihren Preis die Warenform". Marx gibt dies auch unbewusst zu verstehen, da er den vermeint­lichen "Wert der Arbeitskraft" auflöst in "Wert der notwendigen Lebensmittel" (MEW 23/185). Lohn ist eine Geldsumme, die Doppelfunktion hat.
1. sie ist der Kaufpreis der Arbeitskraft - ohne
ihr "Wertausdruck" zu sein;
2. sie ist der Kaufpreis von Industriewaren und
darin ihr Wertausdruck .
"Ein Ding kann ... einen Preis haben, ohne einen Wert zu haben. Der Preisausdruck wird hier imagi­när ... Andererseits kann auch die imaginäre Preis­form ... ein wirkliches Wertverhältnis oder von ihm abgeleitete Beziehung verbergen." (MEW 23/117).
§4 Im Unterschied zum ersten Teil der Analyse geht jetzt
(nämlich: für den Lohnarbeiter) das Geld der Ware voraus.
Der Lohnarbeiter erhält vom kapitalistischen Warenprodu­-
zenten seinen Lohn und kauft (von kapitalistischen Waren­-
produzenten) Industriewaren zu seinem Lebensunterhalt.

In dieser Reihenfolge Geld-Ware zeigt sich auch ein Unterschied zu der von Marx und Engels - von dem der Ausdruck geprägt wurde - so gerne (mindestens zu Illustrationszwecken) herangezogenen "einfachen Warenproduktion" (MEW 25/909). Gehäuft finden sich solche aus der systematischen Darstellung des Ka­pitalismus herausfallenden Passagen im Fetischka­pitel, vgl. z.B. "Für eine Gesellschaft von Waren­produzenten, deren allgemein gesellschaftliches Produktionsverhältnis darin besteht, sich zu ih­ren Produkten als Waren, also als Werten, zu verhalten und in dieser sachlichen Form ihre Privatarbeiten aufeinander zu beziehen als glei­che menschliche Arbeit .. " im Kapitel "Der Aus­tauschProzess" und im Abschnitt "Die Metamorphose der Waren" des 3. Kapitels (vgl. etwa MEW 23/119f über "unsern altbekannten Leinweber"). Versteht man aber konsequent die Warenbesitzer als "kapitalistische Warenproduzenten" (statt, wie die Illustrationen suggerieren: als Hand­werker), dann kann eine Fundstelle, wie die folgende, klarmachen, inwiefern im zweiten Ab­schnitt über die Analyseebene des ersten Ab­schnitts hinausgegangen wird: "Wir kennen bis­her (= im 1. Abschnitt) kein ökonomisches Ver­hältnis der Menschen außer dem von Warenbesitzern, ein Verhältnis, worin sie fremdes Arbeitspro­dukt" - Vorsicht: hier schlägt wieder die ein­fache Warenproduktion durch - "nur aneignen, in­dem sie eigenes entfremden. Einem Warenbesitzer kann der andere daher nur als Geldbesitzer ge­genübertreten ... weil seine eigene Ware sich bereits gehäutet ... hat". (MEW 23/123)
§5 Wie sieht der Zusammenhang zwischen Geld und Ware
für den kapitalistischen Warenproduzenten aus? Der Ka­pitalist hat am Ende eines Produktionsprozesses Waren und verkauft sie. Dem Arbeiter hat er ein Zahlungsver­sprechen gegeben. Wenn wir vereinfachend annehmen?) dass die Zeit, die für die Lohnzahlung vereinbart wurde (z.B. soundsoviel Lohn nach einem Monat) mit der Zeit zu­sammenfällt, die für Produktion und Verkauf der betreffenden Waren erforderlich ist, dann kann der Kapitalist sein Lohnzahlungsversprechen einlösen, indem er einen Teil des Verkaufspreises als Lohn für getane Arbeit auszahlt. Die Arbeiter können damit jenen Teil des gesellschaft­lichen Produkts, dessen Geldausdruck der Lohn ist, kaufen. Der Kapitalist aber behält, wenn's gut geht, seinerseits Geld Übrig. Interessant ist, dass sein Umgang mit Geld zwei Formen hat. Das eine Mal werden Industriewaren verkauft, das andere Mal wird ein Produktionselement - das keinen Wert hat(die Arbeits­kraft) - durch Geldzahlung für be­stimmte Zeit gemietet.

In den Grundrissen, S.351f. schreibt Marx von
einer "neuen Bestimmung" des Geldes als "realisier­tem Kapital, nicht bloß ... realisiertem Preis der Ware." Oder: "die im Preis realisierte Ware ist jetzt realisiertes Kapital." Ursula Pasero kommen­tiert treffend: "Die erste Bestimmung des Geldes, Maß der Werte zu sein, wiederholt sich nun als Maß des Mehrwerts." (Holt/Pasero/Roth. Zur Wert­formanalyse, Frankfurt 1974, 5.188)
In dieser ersten Funktion des Geldes in den Händen des kapitalistischen Warenproduzenten liegt also Beibehaltung und Fortentwicklung der im ersten Ab­schnitt entwickelten 1. Bestimmung des Geldes.

§6 Neben seiner Funktion als Geldausdruck des Werts von Industriewaren vermittelt Geld die Warenproduktion als Lohnarbeit. Es besteht in beiden Funktionen des Geldes Bezug auf Arbeit. Aber als Verkaufspreis/Kaufpreis von Industriewaren drückt Geld abstrakt-allgemeine, gesell­schaftliche Arbeit aus, wohingegen als Lohn Geld konkre­te, private Arbeit kauft. Das Ausmaß, in dem die gekaufte konkrete Arbeit gesellschaftliche Anerkennung findet, be­stimmt darüber, ob ein kapitalistischer Warenproduzent (durch Lohnarbeit) eine Portion abstrakt-allgemeiner Ar­beit an sich ziehen kann (und diese Anerkennung ge­schieht wieder durch Geld in seiner ersten Funktion: als Wertform von Industriewaren).
Der Unterschied und Zusammenhang dieser beiden Funktionen des Geldes wird in Anlehnung an die Grund­risse gern als Differenz der "großen Zirkulation" (der kapitalistischen Warenproduzenten) zur "klei­nen Zirkulation" (der Lohnarbeiter) festgemacht. Diese Redeweise lässt sich sehr gut im Sinne der von uns gegebenen Darstellung verstehen. Allerdings kehren sich die Reihenfolgen der Wert­formen um. Der kapitalistische Warenproduzent vollzieht die Zirkulationsform: Ware - Geld (W1- G1 ).
Der Lohnarbeiter vollzieht die Zirkulationsform:
Geld - Ware (G2 - W2), wobei G2 Teil von G1 ist.
Marx hingegen behandelt schon im Übergang auf die Kapitalanalyse i.e.S., im 4. Kapitel des ersten
Bandes, "Die Verwandlung von Geld in Kapital", drei­gliedrige Zirkulationsformen. Dabei wird W - G - W als "einfache Waren-Zirkulation" von G - W - G als "Zirkulation des Geldes als Kapital" (MEW 23/163) unterschieden.
Im Unterschied zu unserer Darstellung ist bei Marx schon an dieser frühen Stelle der Kapitalvorschuss thematisiert. Hierin fügt sich dann, dass in der Marxschen Darstellung die Arbeitskraft mit vorge­schossenem Geld (dem späteren "variablen Kapital" MEW 23/224) bezahlt wird und der Kapitalist der "Geldbesitzer", der Lohnarbeiter der "Warenbesitzer" ist.

§7 Wenn in I §3 Zus. formuliert wurde: 'Es gibt die gesellschaftliche Arbeit nicht als lebendige', so kann die lebendige Arbeit nun als Lohnarbeit gefasst werden.
Es ergibt sich damit die Möglichkeit, die irrefüh­rende Rede von der "Privatarbeit" zu ersetzen. Ver­folgt man die sich im Austauschverhältnis der In­dustriewaren manifestierende gesellschaftliche Arbeit zurück in den Produktionsprozess, so gelangt man bei den verschiedenen Lohnarbeiten an. Lohnarbeit ist die lebendige Arbeit, durch die der (erfolgreiche) kapitalistische Produzent Waren pro­duziert. Freilich ist die lebendige Arbeit, die un­ter dem Kommando des kapitalistischen Warenproduzenten durchgeführt wird, nicht vollständig durch ihre Cha­rakterisierung als Lohnarbeit erfasst.

§8 Mit Bezug auf das Kaufen von Arbeitskraft werden die
in §7 Zus. angeführten Bestimmungen des Geldes als Zahlungs­mittel für die Entwicklung von Zeitlohn und Stücklohn wich­tig. Zu unterscheiden ist der "Abrechnungszeitraum" von der geleisteten Arbeit, wird diese nun nach Zeiteinheiten oder nach Produkteneinheiten "berechnet". Die Anzahl solcher Ein­heiten kann im Abrechnungszeitraum (innerhalb gewisser Gren­zen) variieren. Es ist dann mehr oder weniger gearbeitet wor­den, der Käufer hat bei "Ablauf des Termins" der Lohnzah­lung mehr oder weniger Arbeitskraft erhalten und bezahlt entsprechend mehr oder weniger Lohn.

Exkurs: Zur Behandlung von Frauentätigkeit im KAPITAL
"At first glance 'labourer' is to 'labour' as 'capitalist' is to 'capital' and with regard to the latter it can be asked: would it make any difference if instead of "the capitalist ... he', 'the capitalist ... s/he' were used? (Graffiti in Redfern, Sydney: smash the Landlords/Ladies!)
There is no such thing as female or male capital but there are female and male labourers" (Eldred/Roth, Family in CAPITAL, in: Guide (1978), 69)
Durch die Frauenbewegung ist mensch auf "sexistische Sprache" hellhöriger geworden. Handelt es sich bei sol­cher Kritik nur um Wortklauberei? Soll eine neue Rede­weise etabliert werden, die nur etwas "höflicher" ist, aber auf dasselbe hinausläuft und dabei unpraktisch ist, weil viel zu umständlich? Oder steckt in männlichen Kollektivbildungen wie 'Der Student', 'Der Soldat', 'Der Beamte', 'Der Dirigent', 'Der Eigentümer', 'Der Arbeiter' ein Trick, der es erlaubt, zwischen der kollektiven Be­deutung ("grammatisches Geschlecht") und der engeren, ans "natürliche" (männliche) Geschlecht gebundenen Be­deutung zu schwanken? Ist nicht genau das im KAPITAL der Fall? Mustern wir doch die einschlägigen Stellen!
1. Generischer Gebrauch: "Zur Verwandlung, von Geld in Kapital muss der Geldbesitzer ... den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden ... wir halten theoretisch an der Tatsache fest, wie der Geldbesitzer praktisch". (MEW 23/183)
2. Nicht-sexistische Formulierung:".., kann die Arbeits­kraft als Ware nur auf dem Markt erscheinen, sofern und weil sie von ... der Person, deren Arbeitskraft sie ist, als Ware feilgeboten oder verkauft wird". (MEW 23/182)
3. Neutrale und individuelle Bestimmung: "Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Ar­beitskraft in seiner (= des Individuums, d. V.) eignen
Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Le­bensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft not­wendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Pro­duktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit"
(MEW 23/185)
4. Kinder einschließende Bestimmung, generischer oder maskuliner Gebrauch?
"Der Eigentümer der Arbeitskraft ist sterblich. Soll
also seine Erscheinung auf dem Markt eine kontinuierliche sein, wie die kontinuierliche Verwandlung von Geld in Kapital voraussetzt, so muss der Verkäufer der Arbeits­kraft sich verewigen ... Die durch Abnutzung und Tod dem Markt entzogenen Arbeitskräfte müssen zum allermindesten durch eine gleiche Zahl neuer Arbeitskräfte beständig er­setzt werden. Die Summe der zur Produktion der Arbeits­kraft notwendigen Lebensmittel schließt also die Le­bensmittel der Ersatzmänner (immer noch generisch zu verstehen? d.V.) ein, d.h. der Kinder der Arbeiter" (MEW 23/186)
Nun sind Kinder aber Kinder von Zwein!
5. Familienbezogene Bestimmung, maskuliner Gebrauch:
"Der Wert der Arbeitskraft war bestimmt nicht nur durch
die zur Erhaltung des individuellen erwachsenen Arbeiters," - hier redefiniert Marx und verengt den Bedeutungsumfang von 1,2 und 3, er desambiguiert und erweitert gleichzei­tig 4 - "sondern durch die zur Erhaltung der Arbeiter­familie nötige Arbeitszeit". (MEW 23/417)
6. Generischer Gebrauch? "Die Zahl der Arbeiter hat
sehr zugenommen, weil man immer mehr Männer durch Frauen­arbeit und vor allem Erwachsenen- durch Kinderarbeit er­setzt. Drei Mädchen im Alter von 13 Jahren mit Löhnen von 6 bis 8 sh die Woche haben einen Mann reifen Alters mit einem Lohn von 18 bis 45 sh verdrängt." (MEW 23/417)
7. Warum heißt "Der Arbeiter" (maskuliner Gebrauch) hier noch so? "Der Arbeiter verkaufte früher seine eigne Arbeitskraft, worüber er als formell freie Per­son verfügte. Er verkauft jetzt Weib und Kind." (MEW 23/418)

Unser Kommentar: zwischen 1-3 und 4 ist ein inhalt­licher Bruch, an diesen Bruch wird in 5 angeknüpft und es passiert "redefining", zum ersten Mal in 5 von den Frauen die Rede ('Familie' - statt 'Kinder', wie
in 4). In 6 und 7.kommt nun das Problem hinzu, dass Marx systematische und historische Entwicklung vermischt. 1-5 haben den Anspruch, systematische und darum epochal gültige Bestimmungen der Arbeitskraft (der Lohnarbeiter und der Lohnarbeiterinnen) zu entwickeln. Daher können sie nicht anlässlich der Darstellung eines bestimmten
Zugs der kapitalistischen Gesellschaft, nämlich: Einsatz von Maschinerie im Produktionsprozess, zurückgenommen wer­den. Marx halst sich außerdem wieder das Problem auf, dass er auf juristische Verhältnisse (die sich außerdem inner­halb der Epoche verändert haben) zu sprechen kommt, wo er doch dem eigenen Programm nach die Ökonomie als Ana­tomie der Gesellschaft aufweisen will.
Was uns in der Rekonstruktion des Marxschen Systemfrag­ments als "Schnitzer" auffällt, gilt Ursula Beer hin­gegen als möglicher Vorteil:" Marx' Wertbestimmung von Arbeitskraft in ihrer ursprünglichen Form ist m.E. aus­sagekräftiger, als die feministische Diskussion allge­mein annimmt. Dabei mag durchaus ein Vorteil sein, dass Marx sie zu einem Zeitpunkt formulierte, wo die Frau in der Familie tatsächlich noch der vollen Verfügungsgewalt des Mannes über ihr Arbeitsvermögen unterlag. In der lohn­abhängigen Klasse hatte der Mann allerdings selten Gele­genheit, das ihm zugestandene Recht auch wirklich durch­zusetzen. Ehefrauen mussten meist selbst Lohnarbeit annehmen, um die Familie am Leben zu erhalten. Das Recht des Mannes auf Arbeitskraft (und Sachvermögen) der Ehefrau konnte deshalb eher in Klein- und großbürgerlichen Krei­sen ... durchgesetzt werden. Aus diesem Grund trägt die Marxsche Wertbestimmung von Arbeitskraft den innerhalb der Proletarierfamilie bestehenden Verhältnissen viel genauer Rechnung, als auf den ersten Blick ersichtlich ist." Beer bezieht sich auf 3 und 4 und kommentiert: "Bei der Interpretation dieser Passage ist für die fe­ministische Diskussion von ausschlaggebender Bedeutung, dass Marx hier nicht allein von der Arbeitskraft des Mannes spricht, sondern vom Mann in einer ganz bestimm­ten Eigenschaft: als Familienhaupt. Damit, dass Marx die Wertbestimmung von Arbeitskraft an das Arbeitsvermögen eines Familienvaters und Ehemannes bindet, trägt er in­direkt unentgeltlicher Hausfrauenarbeit Rechnung. Die Ehefrau erhält für ihre Leistung im Haushalt Unterhalt aus dem Einkommen des Mannes, dazu ist er gesetzlich verpflichtet. Tritt der Fall ein, dass Frau und Kinder Erwerbsarbeit annehmen müssen, weil der Manneslohn eben nicht ausreicht, senkt dies den Wert der Arbeitskraft des Familienhauptes: "Indem die Maschinerie aller Glie­der der Arbeiterfamilie auf den Arbeitsmarkt wirft, ver­teilt sie den Wert der Arbeitskraft des Mannes über sei­ne ganze Familie. Sie entwertet ... seine Arbeitskraft" (MEW 23/417) (Wieso eigentlich? d.V.) Unbestritten hat Frauenarbeit im Familienverband für den Marx des KAPITAL den Charakter des Naturgegebenen und keinesfalls den eines ökonomischen Ausbeutungsverhältnisses. Das allein setzt jedoch noch nicht die Wertbestimmung von Arbeits­kraft außer Kraft," - wirft es nicht Fragen nach der Gültigkeit der ökonomischen Analyse auf? - "wenn es darum geht, Ausbeutung im Geschlechterverhältnis werttheore­tisch zu bestimmen." (Marx auf die Füße gestellt? in: Prokla 50 (1983),p.30)
Das letzte Marx-Zitat, das aus der Analyse der Anwen­dung von Maschinerie zur Produktion von relativem Mehr­wert (vgl. III §4) stammt und in den Zusammenhang der durch Mischung von systematischer und historischer Ent­wicklung charakterisierten Aussagen 6 und 7 gehört, wird noch einmal wie folgt paraphrasiert: "Reicht die Lohnar­beit des Mannes nicht aus, muss die Ehefrau zusätzlich zur Hausarbeit Lohnarbeit annehmen, mit der Konsequenz, dass der Wert der Arbeitskraft des Mannes sinkt, ohne dass übrigens die Arbeitskraft der Frau einen eigenstän­digen Wert erhält." (p.31). Ist hier etwas Unpopuläres mal offen ausgesprochen?
Die Lösung, die wir sehn, ist: nicht nur die Arbeitskraft der Frau hat keinen Wert, die Arbeitskraft männlicher Ar­beiter hat auch keinen Wert. Aber sie beide hatten Prei­se, die den Wert zur Verfügung stehender Industriewaren ausdrücken. Aber für wen und für was stehe diese Waren zur Verfügung?
Die allgemeine Fassung der "Reproduktion der Arbeitskraft", soweit diese im Rahmen der Kapitalanalyse thematisierbar ist, lässt sich wie folgt formulieren: Betrachtet werden "Reproduktionsgruppen" (mit n Mitglie­dern, wobei n=1,2,3...). Die Summe der von Mitgliedern der Reproduktionsgruppe durch Industriearbeit erworbenen Löhne ist der Geldausdruck von den der Reproduktions­gruppe als Lebensmittel (im weitesten Sinn) zur Verfügung stehenden Industriewaren.



REKONSTRUKTION DER KAPITALANALYSE
Abschnitt III
KAPITALISTISCHES PRODUZIEREN

§ 1 Im Anschluss an Abschnitt II ist der kapitalistische Produktionsprozess beschreibbar als der Prozess des Anwendens geliehener Arbeitskraft zur Herstellung von Waren, d.h. Pro­dukte, die für den Markt bestimmt sind. Ausleihen von Ar­beitskraft, Kommando derselben im Arbeitsprozess und Ver­kauf der produzierten Waren, das sind die ersten Bestim­mungen des Kapitalisten. Kapitalist und Lohnarbeiter sind die Charaktermasken, wozu die Kategorie des kapitalistischen Warenproduzenten weiterentwickelt wurde. In der wesent­lichen Bestimmung des Kapitalverhältnisses als Verhältnis von Kapitalist und Lohnarbeiter zum Zwecke der Warenpro­duktion ist die erste Mystifikation der "Quelle des Werts" angelegt. Während, wie die Analyse des Warentausches zeig­te (Abschnitt I), sich im Preis der Ware der Wert als ge­sellschaftlich anerkannte (abstrakt-allgemeine) Arbeit manifestiert, erscheint nun, da die als Lohnarbeit ver­ausgabte lebendige Arbeit als bezahlte gilt (Abschnitt II), das Mehr an Wert, das nach Abzug der Lohnkosten vom "ge­schaffenen" d.h. anerkannten Wert übrig bleibt, als dem Kapital zugeordnet. Dieser Teil des Produktenswerts heiße Kapitalanteil (am Produktenwert). Ausgehend von dieser prin­zipiellen Teilung des Werts in einen Wertteil, der sich durch die Höhe des Lohns bestimmt (er heiße im folgenden Lohnanteil am Wert), und dem Kapitalanteil am Produktenwert ist die Bestimmung des kapitalistischen Produktionspro­zesses weiter zu entwickeln. Nicht mehr allein Warenpro­duktion, sondern Warenproduktion nur, insofern sie einen Kapitalanteil schafft, zeichnet kapitalistisches Produ­zieren aus. Wertschöpfungsprozess ist nur dann kapitalis­tischer Produktionsprozess, wenn der geschaffene Wert größer ist als der Lohnanteil am Produktenwert. Ob diese Bestim­mung erfüllt ist, stellt sich immer erst im Nachhinein auf dem Markt heraus.

a)Wo hier vom "Kapitalanteil am Produktenwert" die Re­de ist, sind mit Marx Vertraute gewohnt, als Gegen­stück zum Lohn den "Mehrwert" aufgeführt zu finden. Die Differenz wird sich erst mit der veränderten - und wir meinen: wertformanalytisch stringenteren Behandlung des Altwerts erhellen. (Vgl. III §6) Es liegt hier in III §1 nur die erste, allerdings grundlegende Bestimmung des Kapitalanteils am Warenwert vor. Die Kapitalanalyse wird in ihrem Fortgang weitere Bestimmungen entwickeln. In ihnen zeigt sich, dass der "Kapitalanteil" mehr als den "Mehrwert" umfasst.
Das Marxsche Konzept des "Mehrwerts" ist auf eine wenig beachtete Unterscheidung zweier, quasi ne­beneinander ausgeführter Arbeitsprozesse bezogen.

MEW 23/221:"Indem die produktive Arbeit Produktions­mittel in Bildungselemente eines neuen Produkts ver­wandelt, geht mit deren Wert eine Seelenwanderung vor. Er geht aus dem verzehrten Leib in den neu gestal­teten Leib Über. Aber diese Seelenwanderung ereig­net sich gleichsam hinter dem Rücken der wirklichen Arbeit. Der Arbeiter kann neue Arbeit nicht zusetzen, also nicht neuen Wert schaffen, ohne alte Werte zu erhalten, denn er muss die Arbeit immer in bestimmter nützlicher Form zusetzen, und er kann sie nicht in nützlicher Form zusetzen, ohne Produkte zu Produktions­mitteln eines neuen Produkts zu machen und dadurch ihren Wert auf das neue Produkt zu übertragen. Es ist also ei­ne Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft, der le­bendigen Arbeit, Wert zu erhalten, indem sie Wert zu­setzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandnen Kapitalwerts. Solange das Geschäft flott geht, ist der Kapitalist zu sehr in die Plusmacherei vertieft, um diese Gratisgabe der Arbeit zu sehen. Ge­waltsame Unterbrechungen des Arbeitsprozesses, Krisen, machen sie ihm empfindlich bemerksam." Betrachtet man die Wertform als konstitutiv für die Wertsubstanz, dann können jene "alten Werte" nicht erhalten werden, denn sie haben die Wertform ab­gestreift. Es ist überdies recht umgereimt, jene "Werterhaltung" als "Naturgabe" auszugeben. Dass sie den "Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt", "Werterhaltung" also "Gratisgabe der Arbeit" ist - unterscheidet sie das von der Marxschen "Mehrarbeit"?

b) Es fällt vermutlich auf, dass mit der Bestimmung
des kapitalistischen Produktionsprozesses als Prozess der Erzeugung eines Kapitalanteils am Produzenten­wert dieser Produktionsprozess nicht vollständig be­schrieben ist. Insbesondere mag eingewandt werden, fehlt die Thematisierung der "objektiven" Produktions­faktoren, worunter neben den Rohstoffen, Arbeitsmit­teln und Maschinen auch die natürlichen Gegebenhei­ten fallen. Hierzu sei folgendes bemerkt. Die Analyse des kapitalistischen Produktionsprozesses ist mit der Unterscheidung von Kapital- und Lohnanteil am Produktionswert noch längst nicht abgeschlossen. Die anderen Momente werden sukzessiv aufbauend auf dieser Bestimmung thematisiert werden. In dem Maße, wie diese Reihenfolge systematisch einleuchtend gelingt, beweist sich die grundlegende Bedeutung dieser Unterscheidung und damit die Bestimmung des kapitalistischen Produktions­prozesses als Anwendung und Ausbeutung (vgl. §2) von lebendiger Lohnarbeit für das Begreifen dieses Pro­zesses.

Wenn bei dessen Analyse mit der lebendigen Arbeit an­gefangen wurde, dann deswegen, weil der zentrale Be­griff der abstrakt-allgemeinen Arbeit in der Analyse des Warentausches auf die Verausgabung der Arbeit, auf die lebendige Arbeit außerhalb des Marktes im kapi­talistischen Produktionsprozess verweist. Der Begriff der Arbeit ist dabei noch wenig bestimmt, wesentlich ist nur, dass sie Lohnarbeit ist. Das Fehlen weiterer Bestimmungen heißt jedoch nicht, dass damit eine Ar­beit unabhängig von ihren "objektiven" Gegebenheiten (z.B. Handarbeit ohne Maschinen...) unterstellt wird. Lebendige Arbeit ist immer eine innerhalb gegenständ­licher Bedingungen. Diese Bedingungen sind jedoch für das Betrachten der Wertschöpfung noch von keinem selb­ständigen Interesse. Etwas später in der Analyse im Rahmen der Thematisierung der Erhöhung des Kapitalan­teils gewinnen sie jedoch an eigenständiger Bedeutung und zwar nicht bloß als gegenständliche Bedingungen, sondern wesentlich als formbestimmte gegenständliche Bestimmungen. So wird z.B. der Preis der Maschinen zum vorgeschossenem Kapital. (S.u. III §4ff). Marx geht bezüglich der Thematisierung der Produktionsmittel ähnlich vor, indem er das Geld für die Produktionsmit­tel zunächst als "konstantes Kapital" einführt, dieses aber dann zur Betrachtung der Mehrwertrate (s.u. §2) sofort wieder ausblendet. Seine Begründung lautet fol­gendermaßen: "Wir wissen in der Tat bereits, dass der Mehrwert bloß Folge der Wertveränderung ist, die mit v, dem in Arbeitskraft umgesetzten Kapitalteil vorgeht, dass also v + m =(v plus Inkrement von v) ist. Aber die wirkliche Wertveränderung und das Verhältnis, wo­rin sich der Wert ändert, werden dadurch verdunkelt, dass infolge des Wachstums seines variierenden Bestand­teils auch das vorgeschossene Gesamtkapital wächst. ... Die reine Analyse des Prozesses erheischt also von dem Teil des Produktenwerts, worin nur konstanter Kapital­wert wieder erscheint, ganz zu abstrahieren, also das konstante Kapital c=0 zu setzen, ... ." MEW 23/228 (Zum Begriff des "variablen Kapitals" , vergleiche auch unten Zusatz (a) zu §2).

§2 Kapitalistischer Produktionsprozess ist also Prozess der Erzeugung eines Kapitalanteils am Produktenwert. Auf dieser Stufe der Analyse ist das "Kapital" begreifbar als Verhält­nis von Lohnarbeitern und Kapitalisten, insofern sich die­ses Verhältnis realisiert in einem Verhältnis von Kapital­anteil und Lohnanteil am Produktenwert. Dieses Verhältnis wird als Aufteilungsrate des Produktenwerts bezeichnet. So wie sich im Wert einer Ware die gesellschaftliche Anerken­nung der verausgabten lebendigen Lohnarbeit, die gerade nicht gesellschaftlich in ihrer Verausgabung war, ausdrückt, so drückt sich in der Rate der Aufteilung des Warenwerts zwischen dem Kapitalisten und den Lohnarbeitern die gesellschaftliche Manifestation des Kapitalverhältnisses aus.
Bezieht man den Quotienten, der die Aufteilungsrate angibt, auf den Arbeitsprozess, in dem jene Waren hergestellt wur­den, so ergibt sich die Rate der Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital.
Der Unterschied zwischen Aufteilungsrate des Warenwerts und Ausbeutungsrate der Arbeit ist nicht quantitativer, sondern qualitativer Art. Die Aufteilungsrate setzt Teile abstrakt­gesellschaftlicher Arbeit, Werte in Beziehung. In der Aus­beutungsrate sind Teile des ausgeführten Arbeitsprozesses zueinander in Beziehung gesetzt.
a) Entsprechend der terminologischen Differenz zu Marx, die wir in III §1 eingeführt haben,
sprechen wir hier von Aufteilungsrate des Produktenwerts im Unterschied zum Marx'schen Begriff der Mehrwertrate. Gemeinsam ist beiden Begriffen, dass es sich hierbei um die Auftei­lung des in einem Produktionsprozess geschaffenen Werts handelt. Die inhaltliche Differenz liegt darin, dass Marx diesen geschaffenen Wert als Neuwert in der Abgrenzung zum Altwert behandelt, während für uns der Altwert ebenfalls im Produktionsprozess 'neu' geschaf­fen wird. (Vgl. dazu die späteren Ausführungen in §§6 u. 8ff )
Marx bestimmt die Mehrwertrate als das Verhältnis des Mehrwerts zum variablen Kapital, wobei das variable Kapital der vom Kapitalisten vorgeschossene Lohn ist. Wir verzichten auf die Marx'sche Darstellungsvoraus­setzung, dass der Lohn schon beim Eingehen des Arbeits­verhältnisses gezahlt wird (die Marx'sche Begründung dafür liegt in seiner Bestimmung der Arbeitskraft als Ware, vgl. Abschnitt II, insbesondere Anmerkung 11.5), zugunsten der Voraussetzung, dass der Lohn aus dem Erlös des verkauften Produktes gezahlt wird. Unsere Darstellungsvoraussetzung dient der einheitlichen und bruchlosen Darstellung des Kapitalverhältnisses. (vgl. dazu vor allem die in Abschnitt V thematisierte Reve­nueformanalyse). Sie führt dazu, dass mit der Auf­teilungsrate des Produktenwerts noch nicht die Verwer­tung von Kapital (als Geld) thematisierbar ist. Die Verwertung des Kapitals wird erst Thema, wenn in die Analyse die Betrachtung des Vorschusses von Geld für den Kauf von Produktionsmitteln hineingenommen wird. (Vgl. §8 u. §11)
b) Ähnlich wie wir zwischen Aufteilungsrate und Aus­beutungsrate unterscheiden, so unterscheidet auch Marx explizit zwischen der Mehrwertrate und der Aus­beutungsrate bzw. dem Grad der Exploitation. "Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, ... . Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedener Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andere Mal in der Form flüssiger Arbeit." (MEW 23/231f) Es wäre jedoch ein Missverständnis, anzunehmen, dass die Ausbeutung der lebendigen Arbeit im Produktionsprozess unmittelbar sinnlich erfahrbar ist. Bei Marx wird die­ses Missverständnis zunächst dadurch nahegelegt, dass er die Behandlung des "Werts der Ware Arbeitskraft" von der Analyse der Lohnform trennt. Die Lohnform ist erst nach der Untersuchung der "absoluten" und "rela­tiven Mehrwertproduktion" bei ihm Thema. Wir haben dagegen in unserer systematischen Skizze von vornherein bei der Betrachtung der Lohnarbeit auf die Lohnform Bezug genommen. (Vgl. II §8). Und es ist gerade die Form des Lohnes, wodurch die als Ausbeutung bezeich­nete Aufspaltung der Lohnarbeit in einen Arbeitsteil, in dem das dem Kapitalanteil entsprechende Produkt produziert wurde, und in einen Arbeitsteil, in dem das dem Lohnanteil entsprechende Produkt produziert wur­de, verdeckt wird. Ausbeutung von Lohnarbeit ist Er­gebnis der Analyse und nicht sinnlich erfahrbare Tat­sache.
§3 Mit dem Begriff der Aufteilungsrate des Produktenwerts, worin sich das Kapitalverhältnis manifestiert, sind Kapi­tale durch die Höhen ihrer Aufteilungsraten unterscheid­bar und damit miteinander vergleichbar geworden. Hat die Anwendung von Lohnarbeit derselben Art durch zwei verschie­dene Kapitalisten zu unterschiedlichen Aufteilungsraten des Produktenwerts geführt, so ist in dem einen Falle mit der Aufteilungsrate auch die Ausbeutungsrate der Lohnar­beit höher als im anderen Fall. Oder anders ausgedrückt, es wird bei gleichem Lohn durch den einen Kapitalisten mehr lebendige Arbeit von den Lohnarbeitern abverlangt als durch den anderen. Erhöhte Ausbeutungsrate heißt hier also nichts anderes als erhöhte Abpressung von lebendiger Arbeit.
Diese Möglichkeit der Erhöhung des Kapitalanteils am Produk­tenwert heißt absolute Erhöhung des Kapitalanteils. Die For­men der absoluten Erhöhung des Kapitalanteils sind Inten­sifikation der Arbeit bei gleichbleibendem Stundenlohn bzw. Senkung des Stundenlohns bei gleichbleibender Inten­sität (länger arbeiten für den gleichen Lohn) und Erhöhung der Leistungsnorm bei Leistungslohn bzw. Senkung des Stücklohns.
a)Es sei hier nochmals ausdrücklich auf unsere ter­minologische Differenz zu Marx hingewiesen. Was wir hier unter "absolute Erhöhung des Kapitalanteils" (bzw. relative Erhöhung des Kapitalanteils in §4) behandeln, taucht bei Marx (mit einigen inhaltlichen Abweichungen) unter den Begriff der "absoluten" (bzw. "relativen") "Mehrwertproduktion" auf. Wie die Erhöhung des Kapitalanteils durch abso­lute Erhöhung des Kapitalanteils (z.B. durch Intensifikation) oder auch durch relative Erhöhung des Ka­pitalanteils (durch Produktivitätssteigerung vgl. dazu den nächsten §) im Handeln der fungierenden Kapitalisten intentional verfolgt wird; ist Gegenstand der Konkur­renzenzanalyse (Abschnitt VII). Dies wird dort jedoch nicht mehr als Versuch der Erhöhung des Kapitalanteils, sondern als Versuch der Maximalisierung des Gewinns des fungierenden Unternehmers begriffen. Dass dieser Versuch gelingen kann, liegt im Kern an der hier the­matisierten Möglichkeit der verschiedenen Aufteilungs­raten durch absolute und relative Erhöhung des Kapi­talanteils. Dieser Kern wird jedoch im Laufe der Ana­lyse zunehmend verdeckt werden. Der höhere Gewinn, den ein Kapitalist in der Konkurrenz realisiert, scheint nicht mehr der höheren Ausbeutung, sondern allein der besonderen Geschicklichkeit des betreffenden Unter­nehmers geschuldet zu sein.
b) Bei der absoluten und auch relativen (vgl. §4) Er­höhung des Kapitalanteils werden immer die Aufteilungs­raten gleichzeitig existierender Kapitale derselben Branche verglichen. Es geht nicht um den Vergleich der Aufteilungsraten eines Kapitals in verschiedenen Kreis­läufen. In einem solchen Vergleich liefert die Ana­lyse keine Gründe dafür, dass z.B. Intensifikation oder Produktivitätssteigerung einen erhöhten Kapitalanteil am Produktenwert zur Folge hätten. Denn die Höhe des jeweiligen neu geschaffenen Werts ist von vornherein völlig offen und es ist immer möglich, dass der Lohn trotz z.B. gestiegenerer Arbeitsintensität im zwei­ten Kreislauf weniger vom Wert übrig lässt als im ersten. Dies ist eine notwendige Folgerung aus unse­rer wertformanalytischen Fassung des Wertbegriffs, worin gerade nicht die Arbeit überhaupt als Wertsub­stanz begriffen wird, sondern die im Austausch mit Geld anerkannte abstrakt-gesellschaftliche Arbeit. Absolute und relative Erhöhung des Kapitalanteils sind daher auch nicht aus einem postulierten "Heiß­hunger des Kapitals nach Mehrarbeit" (vgl. z.B. MEW 23/249ff; auf 5.247 heißt es auch "Das Kapital ist verstorbene Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und umso mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt.") abzuleiten, denn dies unterstellt wieder einen formunabhängigen Wert­begriff. Das Wichtige bei der Thematisierung der ab­soluten und relativen Erhöhung des Kapitalanteils ist nicht die Verwirklichung eines (geisterhaften) Prin­zips, sondern der Nachweis, dass die Art der Anwen­dung der lebendigen Lohnarbeit Auswirkung auf die Aufteilungsrate hat. Dies ist jedoch nur ein schein­barer Gegensatz zum wertformanalytischen Wertbegriff, der darauf hinweist, dass der Wert eines Produkts sich immer erst im Nachhinein auf dem Markt herausstellt, denn es werden bei der absoluten und relativen Erhöhung des Kapitalanteils kontemporäre Kapitale der gleichen Branche verglichen.
§4 Die absolute Erhöhung des Kapitalanteils bestand darin, dass durch "absolute" Vermehrung der Arbeit bei gleichem Lohn der Kapitalanteil am Produktenwert erhöht und damit der Lohnanteil gesenkt wurde.
Die Frage, die jetzt untersucht werden soll, ist:
Gibt es eine andere Möglichkeit der Senkung des Lohnan­teils am Wert als die unter dem Begriff der absoluten Er­höhung des Kapitalanteils gefasste?
Eine solche Möglichkeit gibt es genau dann, wenn bei gleich­bleibendem (Stunden)lohn die Arbeitsproduktivität erhöht wird, und zwar nicht durch Intensifikation der Arbeit (das haben wir schon unter der 'absoluten Erhöhung des Kapital­anteils' betrachtet), sondern durch Veränderung des Ar­beitsprozesses, die besseren Produktionsmitteln entspringt. War bei der absoluten Mehrwertproduktion die erforderliche Arbeit pro Stück gleichgeblieben, so verringert sie sich durch Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Die produktivere Arbeit kann in der gleichen Zeit mehr Produkte herstellen als die weniger produktive. (Da die Produkte der produk­tiveren Arbeit den gleichen Preis erzielt haben wie die der weniger produktiven - vgl. §3, Zusatz b) -, folgt im Nachhinein, dass die produktivere Arbeit auch eine höhere wertschaffende Potenz hat. Vgl. hierzu auch den Zusatz.) Der Lohnanteil am Wert des Gesamtprodukts verteilt sich also auf mehr Waren. Der Lohnanteil pro Ware sinkt. Der beschriebene Prozess heiße relative Erhöhung des Kapital­anteils. Für die Erhöhung der Arbeitsproduktivität können entscheidend sein:
a) natürliche Vorzüge des in der Produktion benutzten Stücks der Erdoberfläche (vgl. §5)
b) technische Überlegenheit der (produzierten) Pro­duktionsmittel (vgl. §6)
c) überlegene Kultivation des in der Produktion be­nutzten Stücks der Erde (vgl. §7)
Wir vermeiden die Redeweise von den "Produktiv­kräften" und beschränken uns darauf, von "Arbeitsproduktivität“ zu reden. Aus dem Vergleich von Arbeiten unterschiedlicher Produktivität wird abgeleitet die Rede von den Produktivkräften, die den einzelnen Produktionsfaktoren zugeschrieben wer­den. Die Produktivkräfte können sich jedoch nur im Arbeitsprozess verwirklichen, sie sind nichts für sich selbst. Dies wird insbesondere bei der Natur leicht vergessen, da sich die Analogie zwischen Wildwuchs und Agrikultur aufdrängt. Bei den physio­kratischen Politökonomen wird bekanntlich nur die Agrikultur als produktiv angesehen: die Arbeitspro­duktivität ist hier noch nach dem Bilde der Natur gesehen - aber gerade dies zeigt, dass die Natur - Produktivität im Zusammenhang mit dem Arbeits­prozess thematisiert ist.

§5 Durch Rentezahlungen sind die Kapitale in der Lage, in ihrem Produktionsprozess bestimmte Stücke der Erdoberfläche zu benutzen. Die Natur ist das grundlegende Produktions­mittel. In der jeweiligen Branche der Produktion können die natürlichen Unterschiede der verschiedenen Stücke der Erde sich in höherer oder niedrigerer Arbeitsproduktivi­tät auswirken.
Steigt aufgrund natürlicher Vorzüge des im Produktions­prozess verwendeten Stücks Erde die Arbeitsproduktivität eines Kapitals über die durchschnittliche Arbeitsproduk­tivität der Branche, so hat dieses Kapital einen bran­chenüberdurchschnittlich hohen Kapitalanteil am Wert sei­ner Waren.
Wir gehen von der Darstellungsvoraussetzung aus, dass die Rente aus dem Erlös der Waren gezahlt wird. (Die Rente ist Teil des Kapitalanteils.)
Über die absolute Höhe der Rente sollen hier keine Behauptungen aufgestellt werden. Für den Vergleich der Kapitale miteinander sind nicht nur die Unter­schiede in der Arbeitsproduktivität und folglich (bei gleichbleibendem Lohn) in der "Aufteilungsrate"

Kapitalanteil
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Lohnanteil

von Belang, sondern auch unterschiedlich hohe Ren­ten. Ein produktiveres Kapital kann in entsprechen­dem Maß gesteigerte Rente zahlen, ohne dass ihm we­niger Geld übrig bleibt als dem weniger Rente zah­lenden Kapital, das entsprechend niedrigere Arbeits­produktivität hat.

§6 Die erhöhte Arbeitsproduktivität, die zur relativen Erhöhung des Kapitalanteils führt, kann auch durch pro­duktivere Maschinen begründet sein. Die Tatsache, dass Produktionsmittel selbst Waren waren und vom Kapitalisten für den Produktionsprozess gekauft werden mussten, wird nun im Hinblick auf die relative Erhöhung des Kapitalanteils für die Analyse bedeutsam. Denn während bei der absolu­ten Erhöhung des Kapitalanteils der Preis der Produktions­mittel pro Produkt unverändert blieb, so kann er sich bei der relativen Erhöhung des Kapitalanteils verändern. Der Kapitalanteil pro Produkt kann bei den produktiveren Ma­schinen höher sein als bei den weniger produktiven. Wel­chen Einfluss hat dies auf die relative Erhöhung des Ka­pitalanteils? Um dies zu beantworten, muss zunächst die Rolle der gekauften Produktionsmittel im kapitalistischen Produktionsprozess geklärt werden.
Der Kapitalist muss Produktionsmittel (Rohstoffe, Hilfs­stoffe, Arbeitsmittel, Maschinerie) kaufen, um Lohnar­beit anwenden zu können. Lohnarbeit ist also Arbeit mit gekauften Produktionsmitteln. Dies bestimmt den kapita­listischen Produktionsprozess weiter. Kapitalistisches Produzieren hat nur dann stattgefunden, wenn es gelungen
ist, neben dem Lohn und der Rente den Preis der verbrauch­ten Produktionsmittel als Teil des Preises der produzier­ten Ware zu "re"produzieren und darüber hinaus der Preis des Produkts nicht bloß aus diesen drei Preisteilen bzw. Wertteilen besteht, sondern ein vierter Wertteil dem Ka­pital verbleibt. Der Kapitalanteil am Produktenwert ist also aufgespalten in Altwert einerseits, das ist der Wert­teil des Warenwerts, dessen Preisausdruck durch den Preis der verbrauchten Produktionsmittel bestimmt ist, und Rente sowie einen dem Kapital verbleibenden Wertteil anderer­seits. Die Rente und dieser dem Kapital verbleibenden Wertteil heißen zusammen Mehrwert. Mit dem Begriff des Mehrwerts haben wir die bekannte Dreiteilung des Pro­duktenwerts in Altwert, Lohnanteil des Werts und Mehrwert. Der Altwert wird dabei nicht als der (übertragene) Wert der verbrauchten Produktionsmittel gefasst, wie Marx es tut, sondern ist Teil des im Produktionsprozess neu ge­schaffenen Werts, er ist Teil des Kapitalanteils. Der dem Altwert gegenübertretende Wertteil der Ware kann als Neuwert bezeichnet werden. Neuwert, das ist also der Lohnanteil und der Mehrwert. Diese Zusammenfassung der beiden Wertbestandteile ist nicht bloß äußerlich, denn der Lohnanteil am Wert und der Mehrwert haben gemeinsam, dass sie als neu im Produktionsprozess entstanden erschei­nen, während im Altwert sich nur das zeigt, was schon in den Produktionsprozess (freilich als Geld) hineinge­steckt wurde.

Zurück zur relativen Erhöhung des Kapitalanteils.
Während die absolute Erhöhung des Kapitalanteils stets Steigerung der Mehrwertproduktion ist, führt relative Erhöhung des Kapitalanteils nur dann zu gesteigerter Mehrwertproduktion, wenn das Sinken des Lohnanteils nicht durch Steigen des Altwertanteils aufgehoben wird. (Vgl. hierzu auch §9). Rückblickend lässt sich nun die ab­solute Erhöhung des Kapitalanteils "absolute Mehrwert­produktion" nennen und die relative Erhöhung des Kapitalanteils, wenn sie die obige Bedingung erfüllt und zugleich Erhöhung der Mehr­wertproduktion ist, "relative Mehrwertproduktion".
a) Marx vermerkt MEW 23/414 eine "engere Grenze"
für den Einsatz von Maschinerie im Kapitalismus.
Es muss nicht nur die Arbeitsproduktivität erhöht werden, sondern der Preis der Maschinerie muss unter dem Preis für die "substituierte" Ar­beitskraft liegen. Wir nehmen dieses Argument auf.
b)Unsere im Vergleich zum Marx/Engelsschen KAPITAL viel frühere Thematisierung der Rente hat die Vorteile, dass die drei Ursachen unterschiedlicher Arbeitsproduktivität im Zusammenhang dargestellt werden können (III §§ 3 –7) und dass die Produktionselemente vollzählig in die Analyse des kapitalistischen Produzierens eingehen. Vgl. III §7 Zusatz zur damit zusammenhängenden Frage, inwiefern dies auch im Sinne von Rudolf Bahros Appell „Das KAPITAL ökologisch umschreiben!“ berücksichtigt/überflüssig macht.

§7 Die erhöhte Arbeitsproduktivität, die zu relativer Er­höhung des Kapitalanteils führt, kann an Vorzügen des im Produktionsprozess verwendeten Stücks Erde liegen, die nicht schon von Natur vorhanden sind, sondern außergewöhnlichen Kultivierungs- und Erschließungsmethoden entspringen. Wir ver­wenden die Darstellungsvoraussetzung, dass die Aufwendungen für diese Methoden, wie die Aufwendungen für Maschinerie, von den kapitalistischen Warenproduzenten gemacht wer­den. Auch der Boden ist hier zum produzierten Produktions­mittel geworden. Wir unterstellen, dass diese Meliorationen des Bodens wie die Maschinerie als Industriewaren ge­kauft werden. (In beiden Fällen muss vor Beginn des Pro­duktionsprozesses ein Kapitalvorschuss gemacht werden. Vgl. §8).

§8 Mit der Thematisierung des Preises der Produktions­mittel ist der Begriff des kapitalistischen Produktions­prozesses reicher geworden. Er ist weiter bestimmt durch den Vorschuss und Rückfluss von Geld. Vorgeschossen wurde das Geld durch den Kauf der Produktionsmittel. Es fließt zurück im Preis des Produkts, der neben diesem "Altwert" noch Lohn und Mehrwert umfasst. In dieser Weise "zirkulie­rendes" Geld heiße in Zukunft Kapital. Das wesentliche Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital-(ist), das sich im Verhältnis von Lohnanteil und Kapitalanteil am Pro­duktenwert ausdrückt, ist also entsprechend der Weiterent­wicklung des Kapitalbegriffs differenziert worden zu dem Verhältnis von Lohnanteil am Produktenwert einerseits und Altwert und Mehrwert andererseits. Dieses Verhältnis wird durch die Entgegensetzung von Altwert und Neuwert mystifi­­-
ziert. Ein Teil des Kapitalanteils erscheint als sich im Produktionsprozess "erhaltendes" und "verwertendes" Geld, als Kapital. Das dem Kapitalisten verbleibende Mehr an Wert in Bezug auf den Vorschuss von Geld heiße Profit. Die unter­schiedliche kategoriale Aufteilung des Kapitalanteils, ein­mal in Altwert und Mehrwert, das andere Mal in KapitalVorschuss und Profit, bringt zunächst nur die verschiedenen Bezugspunkte, gleichsam unterschiedliche Perspektiven zum Ausdruck. Der 'Mehrwert' nimmt (durch die Wertform hin­durch) auf die Wertsubstanz, die abstrakt-allgemeine Ar­beit bezug. 'Profit' bleibt auf der Ebene der Wertform.

§9 Die dem Profit gegenüberstehenden anderen Teile des Warenwerts: Altwert sowie Lohn und Rente - lassen sich als "Kosten" zusammenfassen. Eine Profitsteigerung ergibt sich
dann stets durch Senkung des Kostenanteils am Produkten­wert:
1. Die in §3 beschriebene Erhöhung des Kapitalanteils ist Profitsteigerung durch Senken der Lohnkosten, hier: Senken des Stundenlohns und/oder des Stücklohns.
2. Die in §§4-7 beschriebenen Erhöhungen des Kapitalanteils durch Steigerung der Arbeitsproduktivität (selbst bei gleichem oder leicht steigendem Lohn) lässt sich als Pro­fitsteigerung mittels kostensparender Substitution von Arbeitskraft durch produktivere Arbeit gestattende Pro­duktionsmittel verstehen. (Die Summe von Lohnkosten und Kosten der Produktionsmittel muss sich verringert ha­ben, wenn auch die letzteren gestiegen sein mögen.)
3. Eine dritte Möglichkeit der Profitsteigerung liegt da­rin, dass ein Kapital seine Produktionsmittel zu niedrigeren Preisen kauft bzw. den benutzten Boden zu einer günstige­ren Rente leiht. Hier liegt insofern eine Parallele zum ersten Fall (niedrigerer Preis der Arbeit) vor, als im Vergleich zu den Kapitalen der gleichen Produktionssphäre keine Veränderung des Arbeitsprozesses, keine Steigerung der Arbeitsproduktivität vorliegt. Nur der zweite Fall der Profitsteigerung ist an Produktivitätssteigerung ge­bunden. Doch es liegt eben bei Produktivitätssteigerung
nur Profitsteigerung vor, wenn (wie im Fall 1 und 3)
gleichzeitig die Kosten sinken.

Der "moralische Verschleiß" von Produktionsmitteln (MEW 23,426 cf. auch W.F.Haug(2003)zur „ästhetischen Veralterung“, p.86 ) lässt sich folgendermaßen darstellen:
Wir betrachten den Fall, wo der Preis der Produktions­mittel sinkt. Im Vergleich stehen zwei Kapitale, das eine K1, das den alten höheren Preis für seine Pro­duktionsmittel bezahlt hat, das andere K2, das den neuen niedrigeren Preis bezahlt. Also:

G1 – PM ... P ... W – G* – G´
/ /
samt A1 bezahlt mit L (Teil von G*)

G2 – PM... P ... W – G* – G´
/ /
samt A2 bezahlt mit L (Teil von G*)

Die beiden Kapitale verkaufen die Waren zum gleichen Preis.
Die Aufteilungsraten für die beiden Kapitale sind gleich, da Produktenwert (G*) und Lohn (L) sich nicht unter­scheiden. Der „Mehrwert“ von K2 jedoch ist größer als der von K1, da G1 einen höheren Abzug vom Verkaufswert G´ bildet als G2 (unterschiedliche „Altwert-Anteile“ des Warenwerts).

§10 Der kapitalistische Produktionsprozess lässt sich nun wie folgt als eine Bewegung von Geld G zu mehr Geld G´ skizzie­ren:


Bd R
G - Pm Produktion P ... W - G* / G´
Ak L

Geld wird als Kapital zum Kauf von Produktionsmitteln, so­weit diese Industriewaren sind, vorgeschossen (G - Pm), Boden (Bd - ->) und Arbeitskraft (Ak - ->) werden dazuge­mietet, zahlbar im Nachhinein. Das Produkt W des Produktions­prozesses P ist eine Warenmenge, deren Verkauf einen bestimmten Geldbetrag einbringt (W – G*). Hieraus müssen Rente ( R) und Lohn ( L) ausbezahlt werden. Der Rest­betrag (G') ist der um den Profit vergrößerte Kapital­Vorschuss, verwertetes Kapital.
Der Quotient aus Profit (G´- G) und KapitalVorschuss (G) gibt den Grad der Verwertung des Kapitals, seine Verwer­tungsrate oder Profitrate an.

Ob eine neue, teuere Produktionsmittel erfordernde Produktionsmethode eine höhere Verwertungsrate erzeugt, hängt von dem Ver­kaufspreis pro Einheit ab.

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