Marx2 (Svea)
Protokoll (red.) zur zweiten Sitzung am 27. April 2009
Die Sitzung begann mit einem Rückblick auf die vergangene Stunde und auf den ersten Satz des KAPITAL: „Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine „ungeheure Warensammlung.““ Es wird darauf hingewiesen, dass man innerhalb des Konstanzer MARX-Projekts dafür argumentierte, man solle das KAPITAL als einen Dialog verstehen.
Siehe in diesem blog den post "Dialog ..." vom 26.04.09: auf der einen Seite steht das Alltagsbewusstsein, auf der anderen Seite das systematische Bewusstsein. Wichtig ist stets zu bedenken, dass alles eine Formanalyse ist. Was heißt das?
Es wurde ein kurzer Blick auf das KAPITAL im Kontext der Arbeiterbewegung geworfen.
Als der erste Band KAPITAL im Jahre 1867 in Hamburg erscheinen sollte, konnte Marx aus seinem Londoner Exil zur Fahnenkorrektur nach Deutschland reisen. Das KAPITAL wurde von Anfang an als DAS Buch der Arbeiterbewegung verstanden. Die Bildung der Arbeiter wurde großgeschrieben und das KAPITAL sollte hierfür dienlich sein. Marx ging davon aus, dass das KAPITAL für den wissensdurstigen einfachen Arbeiter verständlich sei. Ob dieser Anspruch erfüllt wurde, muss jedoch diskutiert werden.
Es wurde der Begriff der Ware genauer spezifiziert und im Endeffekt der Doppelcharakter der Ware herausgestellt. (Gebrauchswert auf der einen und Warenwert/Tauschwert auf der anderen Seite) Die erste Bestimmung von Ware lautet: ... hat einen Preis (in diesem Kontext muss Preis vom Wert unterschieden werden) und ist deshalb Teil der ungeheuren Warensammlung. Die einzelne Ware ist ein äußerer Gegenstand, der der Bedürfnisbefriedigung dient /Gebrauchswert. Hierbei ist es nicht von Bedeutung, ob er diese Bedürfnisse unmittelbar (Lebens-Mittel) oder als Mittel (Produktionsmittel) erfüllt. Die Menschen entdecken mit ihrer Kreativität die Gebrauchsweise der Dinge und schaffen durch Arbeit (in der Natur) neue Dinge: Marx nennt dies "geschichtliche Tat" KI-50.
In der zu betrachtenden Gesellschaftform gibt es
1.) Die ungeheure Warensammlung
2.) Kapitalistische Produktionsweise
3.) Gebrauchswert
4.) Tauschwert
Darstellungsvoraussetzung/Herleitung der Analysekategorie WERT
Wir wissen, es geht um eine kapitalistische Warensammlung. (Dass der Austausch durch GELD vermittelt wird, wird ausgeblendet. Es wird nur das Resultat betrachtet:) Eine gewisse Ware tauscht sich mit anderen Waren in verschiedenen Proportionen. Die eine Warensorte ist so gut, wie die anderen wenn der Tauschwert gleich groß ist.
Darstellungsvoraussetzung: man beginnt mit Industriewaren. In ihrem Austausch wird real von den verschiedenen individuellen Arbeiten und von den unterschiedlichen konkreten Arbeitsarten abstrahiert. Man erhält (hier, in der Theorie)
" Arbeitsprodukt ", als Ergebnis "abstrakt gesellschaftlicher" Arbeit - diese gibt es aber nur im Resultat. Denn als lebendige Arbeit in der Waren produzierenden kapitalistischen Gesellschaft findet man je konkrete Privatarbeiten individueller Kapitale der verschiedenen Produktionssparten.
Diskussion / Abgrenzung
Ein Ding kann Gebrauchswert haben ohne einen Wert zu haben. Beispiele hierfür sind die Luft oder wildwachsendes Holz. Einen Gebrauchswert (ohne Ware zu sein) stellen auch Dinge dar, die man für sich selber macht. Um Ware zu sein, reicht nicht, dass etwas Arbeitsprodukt ist. Zum Beispiel die Hausarbeit in der Uni / zu Haus oder selbstgesammelte Waldpilze... Den Wert gibt es nicht unabhängig von seiner Erscheinungsform. Waren müssen für jemand anderen produziert werden und in das Austauschverhältnis eingehen. Die Arbeit an sich bildet keinen Wert, nur Gebrauchswerte. Auch die Arbeit hat also einen Doppelcharakter.
In einem Einschub von Engels MEW 23, p.55 wird betont, dass es auch keine Ware sei, was ein (leibeigener) Bauer im Mittelalter für seinen Feudalherrn produziert. Es findet kein Austausch statt und ohne Austausch können Dinge nicht als Waren bezeichnet werden, auch wenn sie für andere produziert werden. Gewarnt wird vor der Lesart von Engels, die lange den orthodoxen MarxismusLeninismus (ML) prägte, zu Anfang des KAPITAL werde in einem Zusammenfallen von historischer und "logischer" (=systematischer) Darstellung eine (vorkapitalistische) "einfache Warenproduktion" behandelt. Im Semesterapparat findet ihr:
Ingo ELBE (2008), Marx im Westen. Die neue Marx-Lektüre in der Bundesrepublik seit 1965, Akademie Verlag Berlin. Zur allmählichen Abgrenzung der Rekonstruktion Marxscher Wertformen-Analyse vom "Engelsismus" siehe die Passage über Kittsteiner (1977), p. 104 ff
Schließlich wird betont, dass keine Sache Wert haben kann, ohne dass sie ein Gebrauchsgegenstand ist und Dinge, die nicht gekauft werden (können), sind nutzlos, wie die darin enthaltene Arbeit nicht zu Wert gerinnt. Die Anerkennung als gesellschaftliche Arbeit bedarf der Wertform, sie manifestiert sich im formbestimmten gesellschaftlichen Stoffwechsel. In dieser elementaren Bedingung steckt die Krise als Möglichkeit.
Donnerstag, April 30, 2009
Formanalyse KI Kap1
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