Sonntag, April 26, 2009

Dialog und systematische Darstellung




RULES OF THE GAME
-oder: zur Methode einer zeitkritischen Sozialphilosophie
In der von Kuno Lorenz herausgegebenen Lorenzenfestschrift „Konstruktionen versus Positionen. Beiträge zur Diskussion um die konstruktivistische Wissenschaftstheorie“ (Berlin / N.Y. 1979) hat Ivan Glaser unter dem Titel „Das dialektische Denken und das natürliche Bewusstsein“ die Rolle der Alltagssprache, in der das Alltagsverständnis der Alltagspraxis des Lebens in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Lebensform formuliert wird, beim Aufbau einer systematischen philosophischen Reflexion dieser unserer Lebensform thematisiert. Bei unseren Erlanger Lehrern Kamlah, Lorenzen, Lorenz und Mittelstraß waren wir in den mittleren 60ern in eine gründliche Vorschule vernünftigen Redens als Proponenten und Opponenten gegangen, die insbesondere Wert auf die Klärung der Spracheinführung (aus gemeinsamer Praxis) legte. Siehe dazu: Volkbert M. Roth: Vier Stufen der Spracheinführung , in: Jürgen Mittelstraß / Manfred Riedel: Vernüftiges Denken (Wilhelm Kamlah zum Gedächtnis), Berlin / N.Y. 1978, 71 –86 und: Wege \ Wittgen_Steine, in: Michael Astroh, Dietfried Gerhardus, Gerhard Heinzmann, Hg., Dialogisches Handeln. Eine Festschrift für Kuno Lorenz, HD / Berlin 1997, 427 – 438 sowie: Dialog und Leben im Bachtin-Kreis. Zur Leningrader Sprachphilosophie, in: Dascal/Gerhardus/Lorenz,Hg., Handbuch Sprachphilosophie, 1. Halbband, 685ff, Berlin / N.Y. 1992.
Die dialogische „Prozedur, welcher sich das natürliche Bewusstsein bei dem Eintritt in das spekulative Denken unterwirft“ (Glaser nimmt hier Hegel´sche Redeweise auf, die Entsprechungen sind im Folgenden in Klammern gesetzt) lässt sich kurz so summieren:
1. „Das spekulative (systematische) Denken mutet an keiner Stelle dem natürlichen Bewusstsein (Alltagsverständnis) zu, sich aufzugeben. Vielmehr baut es auf diesem in einer eigentümlichen Art auf und überführt es in etwas, was immer noch es selbst und zugleich nicht mehr es selbst ist.“
2. Das „natürliche Bewusstsein“ darf „auf seinen sämtlichen Erfahrungen beharren – unter der Voraussetzung, dass es die Geltendmachung seiner Erfahrungen dem Anspruch des spekulativen Denkens unterwirft, sich von diesem den systematischen Ort vorschreiben lässt, an dem es jeweils mit seinem Erfahrungen argumentiert. ... es muss bereit sein, Einwände zurückzustellen, bis die systematische Theorie die Stelle erreicht hat, wo sie erörtert werden sollen.“
3. In der „Artikulation seiner Einwände ist am Anfang des systematischen Vorgehens das natürliche Bewusstsein“ unbeschränkt. „Der mit der Systematisierung der Erfahrungen“ – des Alltags – „einhergehende kategoriale Fortschritt grenzt dann die Möglichkeiten ein, wie das natürliche Bewusstsein“ –im Dialog mit dem systematischen Denken – „seine Erfahrungen einbringen kann.“

4. „Die Analyse endet dort, wo das natürliche Bewusstsein die Herkunft der in ihm herrschenden Kategorien aus den durch die systematische Analyse aufgedeckten ... Verhältnissen erkannt hat ... Damit hat sich das natürliche Bewusstsein im systematischen spekulativen Denken aufgehoben ohne je seine Erfahrungen aufgegeben haben zu müssen.“

Vgl. auch: Volkbert M. Roth, Zum wissenschaftlichen Anspruch der Wertformanalyse: AUFGREIFEN aus dem Alltagsverständnis der Realität, HERLEITEN von Analyse-Kategorien, Begründung von DARSTELLUNGSVORAUSSETZUNGEN. Eine sozialphilosophische Studie, Habilitationsschrift Universität Konstanz 1976

Fortschritt (fast) überall, doch ? Mio hungern etc. ( www.fao.org )
Tendenz: seit 1999 wieder steigend.

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