Religionskritik
Hintergrund bzw. Vita Marx
Marx wird durch den ausgeprägten familiären Umgang mit Schriften und Büchern und den aufgeklärten Jüdischen Vater geprägt. Seine Berufliche Zukunft wurde durch die Jüdische Abstammung der Familie vorbestimmt: er sollte Jurist werden.
Mike : Exkurs zu Jüdischen Berufen bzw Berufsverboten.
Zur Marx Lebzeiten war es Juden verboten bestimmte Berufe auszuüben, sie waren daher in ihrer Wahl stark eingeschränkt. Zu den verbotenen Berufen gehörten, das Beamtentum insbesondere das Kriegsbeamtentum, Jegliche Zünfte und das Verbot auf Grundeigentum. Erlaubt waren der Handel mit Geld und Akademische Berufe. Es gab daher logischerweise einen Überschuss an Jüdischen Akademikern.
Mike: Frage nach dem Hintergrund des Jüdischen Handels mit Geld. Den Christen war es (ursprünglich) durch ein Zinsverbot nicht erlaubt mit Geld zu handeln.
Das Motto von Marx Religionskritik (bei Henning) ist: „Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur“ (aus: MEW 1, 378)
Marx geht es um die moderne Gesellschaft; die Theologie engt den Blick (himmelwärts/postvital) ein. Die Kirche betrachtet Marx als Philosophischen Religionskritiker und versucht dagegen zu argumentieren. Manche vor-marxschen Sozialisten kokettierten beim Propagieren ihrer frohen Gerechtigkeitsbotschaft mit der Nähe etwa zur „Nächstenliebe“ in der Botschaft Jesu.
Für Henning ist Marx ein Post-Atheist. Hegel hatte einen starken Einfluss auf Marx und man kann einige Parallelen zwischen dem Kapital und Hegel ziehen. Hegels Philosophie gipfelt in Theologie. Er redet viel von Vater, Sohn, Geist. (Geist über den Wassern / Schöpfer GottVater / GottesSohn: wahrer Mensch) Henning benennt: „eine seinen Hintergründen abgeschaute „christologische“ Form“: Selbstbewegung des Geistes, seine Selbstentäußerung und sein Zurückkommen zu sich selbst. : Die Formel von der Selbstbewegung lässt sich freilich auch auf die Bewegung des Geldes als Kapital anwenden. Hegel bringt das erste mal (franz./engl.) ökonomisches Denken in die deutsche Philosophie, zumindest in Grundzügen.
Marx schlägt eine Brücke von der Philosophie zur Wissenschaft, nimmt seine Anregungen aus der klassischen Philosophie, und aus dem damaligen aktuellen Geschehen. Er beginnt mit der Entwicklung seiner ökonomischen Ideen nicht gänzlich von vorne.
Marx Religionskritik bezieht sich (nach Henning) auf den „theologischen Beweismodus“ (außerhalb der Theologie), nicht auf die Theologie selbst.
An diesem Punkt hakt Richard ein und spricht sich für eine stärkere Interpretation der Marxschen Religionskritik aus. Die Religion ist für Marx eine Illusion und an einigen Stellen wird deutlich, dass Marx Theologie als abgetan betrachtet.
Hierzu gehen wir auf eine Stelle In der Kritik der Hegelischen Rechtsphilosophie, Einleitung S. 389 ein.
Mike bezieht sich (in Antwort auf Richards Interpretation) auf Henning, der keine Gründe für eine scharfe Religionskritik bei Marx sieht. Marx ist weit davon entfernt, einen religiösen Feldzug zu führen. Außerdem trennt Marx deutlich Religion und Staat, die Religion wird sozusagen Privatsache. Es wird zwischen einem Religiösen Menschen und einem Politischen Menschen unterschieden. Um den Unterschied deutlich zu machen, wendet Mike unsere Aufmerksamkeit in die USA, wo wir (in jüngster Vergangenheit) eine Vermischung von Religion und Politik beobachten konnten.
Richard ist von dieser Sichtweise der Religionskritik nicht überzeugt. Uli sieht hier vielleicht keinen Widerspruch und zitiert Henning S.386 „Religion um ihrer Selbstwillen war ihm egal.“
Mike: Kurzer Exkurs Marx
Marx beginnt mit der Religionskritik und endet in der Emanzipation des Menschen. Danach beginnt er die Revolutionsprogrammatik und 1848 wird dies im Kommunistischen Manifest veröffentlicht. Danach entdeckt er die Englischen Moralphilosophen/“Political Economy“.
Henning: Marx kritisiert nur den Heiligenschein, der die Kapitalistische Welt umgibt, Religion oder das Wesen der Religion werden nicht primär kritisiert. Das Unverständnis ökonomischer Geschehnisse bewirkt, dass man sich dem Kapitalismus religionsartig unterwirft. Obwohl dies nicht ein verehrenswerter Gegenstand ist. Dies ist die Grundlage der Religionskritik von Marx – und führt über Religionskritik hinaus.
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1 Kommentar:
Zitat aus Marxens Einleitung in "Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie" (Geschrieben Ende 1843 - Januar 1844)
(MEW 1/378)
|378|Für Deutschland ist die Kritik der Religion im wesentlichen beendigt, und die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik.
Die profane Existenz des Irrtums ist kompromittiert, nachdem seine himmlische oratio pro aris et focis |Gebet für Altar und Haushalt| widerlegt ist. Der Mensch, der in der phantastischen Wirklichkeit des Himmels, wo er einen Übermenschen suchte, nur den Widerschein seiner selbst gefunden hat, wird nicht mehr geneigt sein, nur den Schein seiner selbst, nur den Unmenschen zu finden, wo er seine Wirklichkeit sucht und suchen muß.
Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewußtsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur |Ehrenpunkt|, ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.
Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.
|379|Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über einen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.
Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt.
Es ist also die Aufgabe der Geschichte, nachdem das Jenseits der Wahrheit verschwunden ist, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren. Es ist zunächst die Aufgabe der Philosophie, die im Dienste der Geschichte steht, nachdem die Heiligengestalt der menschlichen Selbstentfremdung entlarvt ist, die Selbstentfremdung in ihren unheiligen Gestalten zu entlarven. Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik.
---Zitat-Ende--
Quelle: http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm
Auch wenn hier noch keine umfassende Religionskritik augearbeitet ist: So schreibt jedenfalls keiner, dem - laut Henning - die Religion um ihrer selbst willen "ziemlich einerlei" war, der nur kritisiert, "dass etwas anderes als Religion auftritt" oder der Henning zustimmen würde, dass es unerheblich sei, "was Marx geglaubt oder nicht geglaubt haben mag", etc.
Marxens Religionsbegrif ist sehr umfassend und geht weit über einen engen, auf die Welt der Theologie zielenden hinaus. Umgekehrt kann Marx nicht unterstellt werden, dass er die Theologie aus seiner Religionskritik ausnimmt. Aber so klingt stellenweise Henning.
Greetz stw
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