Seminar: Philosophie nach Marx
Kurzprotokoll der Sitzung vom 02.11.2006 von Daniel
• Formales:
Aktueller Seminarplan:
• 09.11.: Marx' Religionskritik. Referent: Mike. Text: Henning 2.6.4
• 16.11.: Fehlrezeptionen durch die Sozialdemokratie. Referat: Richard. Text: Henning 2.1.1, .2, .6
• 23.11.: Marx in der ökon. Theorie –Referent - Text: 2.3 – bitte melden!
weitere Themen (Reihenfolge veränderbar):
• Marx in der (deutschen) Soziologie. Interesse bei Anna, sofern nach dem 09.12.
• Lukacs: mystische Praxis
• Heidegger und ein Verphilosophieren Marx'scher Themen
• Kritische Theorie – die Anfänge* *Interesse angemeldet: Daniel
• Kritische Theorie – Fortsetzung(en) bei Habermas*
→ Haltestelle Heidegger: Festlegung des weiteren Vorgehens
Es haben weitere Seminarteilnehmer zu uns gefunden, auch sie werden in den eMail-Verteiler aufgenommen.
Erneute Empfehlung von Uli neben dem Seminar sich auch in Kritik der politischen Ökonomie.
Eine Einführung. Stuttgart 2004, von Michael Heinrich einzulesen. (zu bestellen auf http://www.theorie.org/ 10,- €)
• Inhalt:
Textgrundlage der Sitzung:
Der Vortrag „Lohn, Preis und Profit“ von Marx. Gehalten auf den Sitzungen des Generalrats der I.
Internationale am 20. und 27. Juni 1865.
Marx hat den Vortrag nicht selbst publiziert da das Kapital noch nicht veröffentlicht war und er verhindern wollte dass vorweg seine Theorie verballhornt bzw. verwässert wird.
Die These des Vortragenden vor Marx lautete damals, dass der Lohn sich um das Existenzminimum einpendle und dies auch so sein müsse. Gewerkschaftlicher Kampf sei daher unnötig.
Marx` eigene Theorie beginnt ab dem 6. Abschnitt. Bis dahin geht er auf die Ausführungen seines Vorredners Weston ein.
Zentrale Frage: Was ist der Wert einer Ware? Wie wird er bestimmt?
Waren werden getauscht. In quantitativen Proportionen zueinander.
Was ist Substanz aller Waren? -> Arbeit (Übereinstimmung mit bisheriger politischer Ökonomie/Ricardo)
Jedoch ist es bei Marx nicht nur Arbeit sondern gesellschaftliche Arbeit.
Waren stehen in gesellschaftlichem Verhältnis zueinander. Waren werden nicht für Bedürfnisse produziert sondern den gesellschaftlichen Tausch. Eine Ware hat für ihren Hersteller keinen Gebrauchswert. Für den Käufer ist aber der Gebrauchswert der Kaufgrund.
Der Gebrauchswert und der Wert einer Ware bilden somit einen Doppelcharakter der Ware.
Arbeit hat ebenfalls einen Doppelcharakter:
Sie besteht aus konkret nützlicher Arbeit und gesellschaftlicher Arbeit/abstrakter Arbeit.
Die abstrakte Arbeit wird von der konkreten Tätigkeit abstrahiert und der Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit betrachtet.
Das gemeinsame Dritte, der Wert (dessen Substanz die Arbeit ist) wird für den Tausch benötigt.
Wie wird der Wert nun bestimmt? Die Arbeitszeit ist das Maß.
Die gesellschaftlichen Verhältnisse wirken hinter dem Rücken der Teilnehmer, sie sind nicht geplant.
Der Wert ist das Regulativ um die gesellschaftlich notwendige Arbeit auf die verschiedenen Branchen zu verteilen. Durch die Ungeplantheit der Verhältnisse entstehen jedoch Fluktuationen, etc. bis hin zu Krisen.
Nach Marx bildet die gesellschaftliche durchschnittliche Arbeitszeit den Wert.
Das notwendige Arbeitsquantum wechselt mit der Änderung innerhalb der Produktivkräfte.
Höhere Produktivkräfte -> weniger Arbeit zur Herstellung einer Ware notwendig -> weniger anteiliger Wert (und umgekehrt)
Die Konkurrenz der Produzenten sorgt für die Steigerung der Produktivkräfte und damit für die Senkung der notwendigen gesellschaftlichen Arbeitszeit. Bis dahin erzielt ein Produzent der weniger Arbeitszeit einsetzen muss einen Extra-Mehrwert.
Einfügung: Marx’ Kritik kritisiert somit in erster Linie die kapitalistische Produktionsweise
Die Erscheinungen der Waren sind nicht ohne weiteres einsehbar. Daher ist nach Marx’ Ansicht Wissenschaft überhaupt notwendig.
Geld als Ausdruck des Wertes zu bestimmen zu können ist das Ergebnis.
Solange die kapitalistische Produktionsweise besteht wird sich an der Dynamik der Produktivkräfte nichts ändern.
Weil es den Wert als gesellschaftliches Produkt gibt braucht es das Geld um die Waren austauschen zu können.
Woher kommt Mehrwert?
Arbeiter verkaufen nicht Arbeit sondern ihre Arbeitskraft. Sie wird dem Kapitalisten zur Anwendung überlassen. Arbeitskraft ist Ware die mehr Wert zusetzt als sie verbraucht, d.h. der Wert der Waren die für die Reproduktion der der Ware Arbeitskraft notwendig sind.
-> Arbeiter arbeitet über den Wert seiner notwendigen Lebensmittel (und sonstiger zur Reproduktion notwendiger Waren) hinaus.
Die Arbeitszeit eines Arbeiters besteht aus einem Teil bezahlter Arbeit (seines Lohns) und eines unbezahlten Teils (dem Mehrwert).
Die Aufdeckung des Doppelcharakters der Arbeit und die Lösung des Mehrwerträtsels sieht Marx als seine eigene wissenschaftliche Hauptleistung.
Die Ware Arbeitskraft ist imstande mehr Wert zu produzieren als deren Reproduktion erfordert. Die Reproduktion der Ware Arbeitskraft enthält nicht nur rein physische Momente (Nahrung, Hygiene, etc.) sondern auch historische, d.h. zu einer bestimmten Epoche zur Reproduktion als zugehörig empfundene. Im heutigen Europa wäre das beispielsweise ein Kühlschrank.
Immanent eingebunden in die Arbeit ist ein Element für das der Kapitalist nicht zahlt. Dies ist die Quelle des Mehrwerts.
Wenn es kapitalistische Produktionsweise gibt, so wird diese auch immer wieder reproduziert.
Begriffe wie Wert, Ware und Arbeit sind bei Marx immer gesamtgesellschaftlich gedacht. Die Aussagen sind somit über grundlegende Verhältnisse (-> Klassenverhältnisse).
In der Lohnform entsteht der Eindruck als sei die gesamte Arbeit bezahlt.
Historisch betrachtet gibt es hierbei auch Unterschiede in den verschiedenen Epochen:
Sklavenhaltergesellschaft: Sklave bekommt lediglich die zu seiner Reproduktion notwendigen Mittel bereitgestellt, keinen Lohn, höchstens Taschengeld.
Feudalgesellschaft: Fronbauer arbeitet einige Zeit für sich (d.h. seine Reproduktion), anschließend komplett für seinen Gutsherren.
Der Teil der unbezahlten Arbeit war bis hierhin noch mehr oder wenig offen einsehbar.
Jedoch waren bis zu dieser Zeit Waren- und Tauschhandel noch nicht das gesellschaftlich bestimmende Verhältnis.
(-> noch keine Waren-/Wertproduktion sondern Güterproduktion)
Übergang von Wert zu Profit
Anmerkung von Uli: Im Band I des Kapitals spricht Marx in diesem Zusammenhang nur noch von Mehrwert. Bei diesem Text sagt Marx an mancher Stelle noch Profit wo er an späterer Stelle den Mehrwert meint.
Für den Kapitalisten bedeutet der Verkauf der Ware die Realisierung des Mehrwerts. Den Mehrwert muss der industrielle Kapitalist mit anderen Figuren teilen (falls er diese Rollen nicht auch in sich vereint):
Grundbesitzer: stellt Produktionsfläche zur Verfügung -> erhält Rente
Geldverleiher: vergibt Kredite zur Investition -> erhält Zinszahlungen
Der Mehrwert besteht somit aus:
1. Industrieller/kommerzieller Profit
2. Zins
3. Rente
Zins und Rente sind somit Ergebnisse der Produktion.
Die Staatsabgaben sind hierbei (noch) nicht berücksichtigt.
Subjekte spielen bei diesen Überlegungen keine Rolle, sondern Strukturen die sich in den Handlungen der einzelnen Teilnehmer vollziehen. à Reproduktion des Systems durch die Teilnehmer selbst.
Einschub: Die Kosten für Werkzeug und Ausgangsmaterialien werden in der Produktion von Wert übertragen („Werterhaltung“ – soweit keine Änderung der üblichen Herstellung: Altwert).. Aber die gesellschaftliche Arbeit ist entscheidend für die Bildung von Mehrwert (als Teil des Neuwerts).
Erst im Austausch wird die Realisierung des Mehrwerts wirklich. Das grundlegende Verhältnis ist aber schon gleichzeitig vorhanden. Die Wertsubstanz liegt in der abstrakten Arbeit.
Der Wert entsteht nicht entweder in der Produktion oder in der Zirkulation, sondern im gesamten gesellschaftlichen Verhältnis.
Profitformen wie Zins- und Rentenentstehung sind genauso wenig naturgegeben, sondern rückführbar auf den Mehrwert.
m = Mehrwert v = variables Kapital p = Profitrate c = für Maschinen, Rohstoffe etc. vorgesehenes „konstantes“ Kapital
p = m durch (c+v) à je höher c desto weniger Profit
Es ist nicht ganz klar (und wurde bislang höchst unterschiedlich interpretiert), ob die Theorie des tendenziellen Falls der Profitrate im Band III des Kapitals von Marx als Zusammenbruchstheorie verstanden wurde.
Verkürzt dargestellt: c steigt (vergleichsweise) immer mehr an, die Profitraten sinken generell, es kommt zu Krisen.
Absolute Mehrwertproduktion: Verlängerung des Arbeitstages
Relative Mehrwertproduktion: Verbilligung der notwendigerweise eingesetzten Waren zur Reproduktion (à höhere Produktivität)
Grenzen der Produktion:
Physisches Minimum: zur Reproduktion notwendiges Minimum
Physisches Maximum: maximale Länge des Arbeitstages
Es besteht die Tendenz ungelernte Arbeit durch Maschinen zu ersetzen und gelernte Arbeit zu entwerten.
Daraus folgt eine Tendenz zum Fall der Lohnrate.
Frage von Robin inwiefern auf die Tendenz zur Freisetzung von Arbeitskräften im Text eingegangen wird à im vorliegenden Text weniger einsehbar.
Freisetzungen („industrielle Reservearmee“) schwanken zyklisch und zu unterschiedlichen Zeiten in den verschiedenen Staaten. Die historische Rezeption (der SPD 1905), d.h. Zusammenbruch des Systems durch wachsende Arbeitslosigkeit ist nicht eingetreten.
Zusammenfassend trägt Marx die für ihn als richtig erachtete Losung vor:
Abschaffung des geltenden Lohnsystems!
Samstag, November 11, 2006
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