Sonntag, Juni 28, 2009

ZIRKULATIONSPROZESS

Abschnitt VI

ANALYSE DES ZIRKULATIONSPROZESSES -
DES KAPITALS




§1

Die Ende Abschnitt III entwickelte und in Abschnitt IV
weiter bestimmte Verwertungsbewegung G.. .G‘ wird nun
wieder aufgenommen. Dabei wird neu berücksichtigt, dass
alle Zirkulationsakte Zeit erfordern. Neben die Pro—-
duktionszeit tritt die Zirkulationszeit. Während der
Zirkulationszeit sind die Waren und das Geld Gestalten
des Kapitals; nämlich Warenkapital und Geldkapital.
Während der Produktionszeit hat das Kapital die Gestalt
des produktiven Kapitals. Produktives Kapital, Waren—
kapital, Geldkapital... usw. folgen als Resultate aus—
einander und bilden so die Stadien des Kapitalkreislau—
fes. Der Gang durch alle 3 Stadien heiße Umschlag.
(Umschlagszeit=Produkttionszeit+Zirku1ationszeit)

Die Thematisierung der Kapitalstadien Warenkapital und Geld—
kapital geschieht hier noch ganz vorm Blickwinkel der
Produktion aus. Die Bestimmungen des Zirkulationspro—
zesses ergeben sich noch unmittelbar aus dem Begriff kapitalistischer
Warenproduktion. Etwas später in der Analyse (VI §4)
werden wir sehen, dass mit den Begriffen Warenkapital
und Geldkapital das Kapital in der Zirkulationssphäre
noch nicht genügend charakterisiert ist. Es wird sich
herausstellen, dass das Kapital in der Zirkulationssphä—
re nicht nur eine verwandelte Gestalt des produktiven
Kapitals darstellt, sondern als “Zirkulationskapital“ in
eigener Gestalt neben das produktive Kapital tritt. Dies
wird die Basis abgeben für die Thematisierung der Ver-
selbständigung dieser verschiedenen Gestaltungen des
Kapitals (VI §7). -
Die Produktionszeit (auch: Produktionsperiode, vgl. MEW
24, Kapitel 5 und 13) ist bestimmt durch die durchschnittliche Aufenthaltsdauer einer Wareneinheit in der Produktionssphäre.
Entsprechendes gilt für die Zirkulationszeit (auch: Zirkulationsperiode oder Umlaufszeit, vgl. MEW 24, Kapitel 5 und 14).
Bei näherer Betrachtung ergibt sich das Problem, dass Marx schon MEW 24/71ff mit der Unterscheidung „diskreter“ (Nägel) und „kontinuierlicher“ (Passagierschiff) Produkte angesprochen hat. Der Unterschied selbst hängt davon ab, ob ein Produkt oder mehrere „auf einmal zu Markte geschafft“ (MEW 24/260, vgl. auch 256) werden.

Wareneinheit in der obigen Bestimmung der Produktionszeit ist also orientiert am Ausstoß auf den Markt. Die technische Produktionszeit ist daher für einzelne diskrete Produkte jedes Mal kürzer als die ökonomische, die sich eben an der größeren Einheit der (vom selben Erzeuger) miteinander auf den Markt gebrachten Produkte derselben Art bemisst. Das Gegenstück hierzu behandelt Marx MEW 24/73 beiläufig wie folgt: „Übrigens werden in der Praxis bei kontinuierlichen Warenkörpern, die sich nicht teilen lassen, die Wertbestandteile ideell für sich isoliert“. Beispiel ist der Hausbau mit Zahlung nach Fertigstellungsetappen.


§2 Die sich wiederholende Verwertungsbewegung G—G‘ des
Kapitals hatte unter der Voraussetzung, dass von der Zir—
kulationszeit abgesehen wird, Kontinuität des Produk—
tionsprozesses zur Folge. Diese Kontinuität wird nun
durch das Dazwischentreten der Zirkulationszeit durch-
brochen. Kontinuität der Produktion kann auf dieser Stu-
fe der Darstellung nur dadurch erlangt werden, dass man
die Bewegung des Kapitals nicht als einen Verwertungs—
kreislauf, sondern als mehrere phasenverschobene Kreis-
läufe fasst. Das Nacheinander der Kapitalstadien wird
so durch ein Nebeneinander von Kapitalsphären, in denen
sich Teile des Kapitals aufhalten, vermittelt. Die An-
zahl der Kreisläufe, die neben— und nacheinander den
Gesamtkreislauf des Kapitals vermitteln, hängt ab von.
den Einheiten, in denen das Warenprodukt zirkuliert und
dem Verhältnis:

Produktionszeit
_________________________

Zirkulationszeit


Eine ausführliche Darstellung mit Skizzen der 7 zu un—
terscheidenden Hauptfälle enthält V.M. Roth, Zum wissen-
schaftlichen Anspruch der Wertformanalyse, MS Konstanz -
1976, pp.95—l05, cf. auch Eldred/Roth 1978. Wir wollen hier jedoch nicht in die
Details gehen.

Zur Marxschen Darstellung des Nacheinanders der Kapital—
stadien vgl. MEW 24/59. Zur Aufhebung der dort formulier-
ten Darstellungsvoraussetzung siehe MEW 24/lO5ff, wo
Marx die Teilung des Kapitals einführt.

Nach einem Perspektivenwechsel tritt bei Marx MEW 24,
Kapitel 15 statt der Rede von der Kapitalteilung die Re-
de von “zusätzlichem Kapital“ (auch “Zuschüssiges“ p.262,
“Ersatzkapital“ p.267, “Zuschusskapital“ p.268), das nun
dem “ursprünglich produktiven“ (MEW 24/268) Kapital ge—
genüber gestellt wird. Wir wollen im folgenden terminologisch den Unter-
schied zwischen Originalkapital und Zusatzkapital machen.

Jede Teilung des Kapitalwerts im Sinne einer Verteilung
des Kapitals auf die verschiedenen Stadien, die sich noch
einmal als Produktionsstadium und Zirkulationsstadium
zusammenfassen lassen, lässt sich als ein quantitatives
Verhältnis von Originalkapital zu Zusatzkapital dar-
stellen. Vermittelnd ist für Marx der Gedanke der Kon-
tinuität der Produktion, vgl. MEW 24/26ff. Die Kon-
tinuität war ja in der Analyse des unmittelbaren Pro—
duktionsprozesses, rückblickend betrachtet, gegeben
durch die Darstellungsvoraussetzung: Zirkulationszeit = 0.



In der Analyse des Zirkulationsprozesses des Kapitals
wird diese Voraussetzung aufgehoben und nun stellt sich
das Problem der Annäherung an die Kontinuität. Uns stellt
sich zugleich die Frage, ob dies auf die Kontinuität des
Kapitals im Produktionsstadium beschränkt werden darf.
Es könnte in diesem Auszeichnen der Produktion der ar—
beitswerttheoretische Argumentationsstrang bei Marx
wieder durchschlagen.





§3 Nach einer Produktionsperiode tritt nicht das gesamte im produktiven Stadium sich befindende Kapital in die Zirkulationssphäre ein. Wie wir aus III §6 wissen, gibt es einen Teil des produktiven Kapitals, der in einer Produktionsperiode nicht vollständig produktiv konsumiert wird, sondern - insbesondere als Maschinerie — in der Produktionssphäre verbleibt. Dieser Teil des produktiven Kapitals heiße fixes Kapital. Das fixe Kapital zirkuliert also nicht auf einmal, sondern stückweise mit den Waren einheiten durch die verschiedenen Kapitalstadien.

Derjenige Teil des fixen Kapitals, der über eine Pro—
duktionsperiode hinaus in der Froduktionssphäre ver-
bleibt, lässt sich als restierendes fixes Kapital unter-
scheiden von demjenigen Teil des fixen Kapitals, der mit
dem Produkt zirkuliert und den wir von daher als zirku-
lierendes fixes Kapital bezeichnen.

Das in Geld realisierte zirkulierende fixes Kapital kann
in Anbetracht eines noch nicht vollständig aufgebrauch-
ten fixen Kapitals in der Produktionssphäre nicht sofort
wieder in dieses Stadium eingehen. Es bleibt vielmehr
im Stadium des Geldkapitals fixiert und bildet dort die
Geldbrache des fixen Kapitals. Entsprechend der Abnahme
des restierenden fixen Kapitals erhöht sich diese Geld—
brache bis schließlich das so aufgesparte Geld dazu be-
nutzt wird, die- aufgebrauchte- Maschinerie in der Pro—
duktionssphäre zu ersetzen. Dem fixen Kapital steht in
der Produktionssphäre das- zirkulierende Kapital gegen-
über. Dies enthält den Altwert, der während einer Pro—
duktionsperiode ganz in das Produkt eingehenden Pro-
duktionsmittel — etwa der Rohstoffe — und den Neuwert
der (vom geglückten Verkauf her betrachtet) in dieser
Produktionsperiode geschaffen wurde.[Die Arbeit, die
im fixen Kapital vergegenständlicht ist, erhielt ihre
Anerkennung in der Wertform, die in dem Kaufpreis je-
ner Produktionsmittel Ausdruck findet. Ist das fixe Kapital
nun erst einmal in den Produktionsprozess integriert,
geschehen nun laufend weitere Anerkennungen jener
Arbeit, nämlich im Preis der an den Produktions-
mitteln hergestellten Waren. (vgl. MEW 23/408). Dies
ist als “stückweises“ Zirkulieren des fixen Kapitals
angesprochen worden. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten.
Die ursprülnglich vorgeschossene Wertgröße kann abwei-
chen von dem gegenwärtigen Wiedereinkaufspreis der
konsumierten Produktionsmittel. Der “Altwert“, jener
Wertanteil im Preis der Waren, mit dem der Neukauf ver—
brauchter Produktionsmittel finanziert werden kann
(vgl. MEW 23/427), ist daher nicht notwendig gleich dem
“alten Wert“.

Vom wertformanalytischen Blickpunkt gibt es eine “Wert-
übertragung“, ein Sich—Erhalten des Werts der Produktions-
mittel im Wert des Produkts, wenn wir es genau nehmen,
nicht, denn es bedarf ja der erneuten Anerkennung in ei-
ner neuen Wertform.

Die hier aufgezeigte Problematik des Konzepts “Altwert“
wird durch die Ausdehnung der Umschlagszeit des fixen
Kapitals über einen längeren Zeitraum (und also unter
wechselnden relevanten Bedingungen) akzentuiert. Marx
betont einerseits in der Analyse des relativen Mehr—
werts die ständige Veränderung der Produktionsverfah-
ren, welche hauptsächlich auf “Verbesserung“ der Pro—
duktionsmaschinerie beruht, und führt daher MEW 23/426
“neben dem materiellen. . . - auch einen sozusagen mora-
lischen Verschleiß“ ein. Andererseits behandelt er die
Kapitalzirkulation in MEW 24 ausdrücklich unter der
(kontrafaktischen) Darstellungsvoraussetzung, dass keine
“Wertwechsel“ eintreten, vgl. MEW 24/32 und 110f.

Die Brache von Kapital ist ein wichtiger Untersuchungs—
gegenstand der folgenden Entwicklung. Es muss grund-
sätzlich zwischen zwei Arten von Brache unterschieden
werden: stoffliche Brache und Geldbrache. Wir werden
sehen, dass es einige Strategien gibt, die stoffliche
Brache zu verhindern und die stoffliche Gestalt des
Kapitals möglichst auf dessen- notwendiges Fixiertsein
im KreislaufProzess zu reduzieren. (Vgl. VI §6). So ver—
hindert z.B. die Kontinuität der Produktion die stoff-
liche Brache des fixen Kapitals. Zugleich aber erfor—
dert diese Kontinuität der Produktion ein gewisses Aus-
maß an stofflicher Brache von zirkulierenden Kapital
(Rohstoffe) die nun ihrerseits durch Verflüssigung der
Einkäufe (d.h. häufiger aber jeweils weniger) möglichst
gering gehalten wird. Zum Teil bedeutet dies jedoch
lediglich eine Verschiebung der Gestalt der Brache, von
der stofflichen Gestalt hin zur Geldgestalt.



§4
Die Unterscheidung zwischen fixem und zirkulierendem
Kapital gilt nicht nur für die Produktionssphäre, son-
dern auch für die Zirkulationssphäre, insofern für die
Zirkulation Zirkulationsmittel verwandt werden müssen. -
So stellen z.B. Lagerhallen, Computer etc. fixes Zir— -
kulationskapital dar, während z.B. Verpackungsmaterial,
elektrische Energie, Buchungspapier unter zirkulieren-
des Zirkulationskapital zu fassen sind. Die Zirku—
lationsmittel erfordern nur einen Teil der in der Zir—
kulationssphäre auftretenden Zirkulationskosten. Einen
weiteren wichtigen Teil machen die Kosten für Zirku—
lationsarbeit (das ist die Arbeit des Kaufens und Ver—
kaufens und auch des Aufbewahrens von Geld und Ware)
aus, aber auch Rente und Zinszahlungen, die in dieser
Sphäre erforderlich werden. Die Zirkulationskosten- be-
deuten einen Abzug vom Unternehmergewina, verringern
also diese Residualgröße noch weiter. Marx behandelt
Zirkulationskosten MEW 24, Kapitel 6 und dann bei der
Darstellung der merkantilen Kapitale in MEW 25, Ab-
schnitt 4.


§5
Auf der jetzt erreichten Darstellungsebene stellt sich der VerwertungsProzess des Kapitals als eine Kette verschiedener Geld-Vorschüsse und Geld-Rückflüsse dar. Zur quantitativen Bestimmung der Verwertung bedarf es daher
der Beachtung eines weiteren Moments, der Zeit. Der Überschuss (Unternehmergewinn) ist nicht mehr die Differenz einer einfachen abgeschlossenen Bewegung G—G‘, sondern wird während dieses nicht endenwollenden Prozesses per-
manent mit den Rückflüssen (=Verkaufspreis der produzierten Waren) realisiert. Seine quantitative Bestimmung ist also nur hinsichtlich eines festumgrenzten Zeitraums
möglich. Historisch hat sich diesbezüglich das Jahr als
allgemeiner Berechnungszeitraum herausgebildet. Der Über—
schuss pro Jahr wird auf das fungierende Kapital, die Sum-
me von Original-Kapital und Zusatzkapitalen, bezogen. In diesem Zusammenhang bekommen nun aber die Begriffe Original— und Zusatzkapital eine Bedeutungsverschiebung, die der Tatsache geschuldet ist, dass ein fungierendes Kapital über Jahre hinweg nicht immer gleich groß bleiben muss. Originalkapital* bezeichnet auf dieser Stufe der
Entwicklung das Kapital, das zu Beginn eines Jahres
(nicht zu Beginn des Verwertungsprozesses überhaupt)
als fixes oder zirkulierendes Kapital in der Produktions—
oder Zirkulationssphäre entweder stofflich gebunden oder
als Geldbrache vorgefunden wird. Als Zusatzkapital*(„Jahreszusatzkapital“)
gilt dagegen nun jener Kapitalanteil, welcher im ent—
sprechenden Jahr zusätzlich notwendig wird, um die
Verwertung dieses Originalkapitals*(„Jahreszusatzkapital“)
und überhaupt die Kontinuität der Verwertung zu gewährleisten, oder die-
se auch eventuell zu erweitern. In der quantitativen
Bestimmung des fungierenden Kapitals wird also ebenfalls
auf das Jahr Bezug genommen, wobei das Zusatzkapital in
der Summe entsprechend der kürzeren Verausgabungsdauer
gewichtet wird. Ein derart bestimmtes Kapital soll im
folgenden als Jahreskapital bezeichnet werden. Das
Verhältnis:

Jahresunternehmergewinn
------------------------------------
Jahreskapital

heiße Jahresverwertungsrate.

Es sei hier nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Jahreskapital nicht
die Summe der im Jahr auftretenden Vorschüsse darstellt.
Je nach der Umschlagszeit können Teile des als Jahreska—
pital geliehenen Geldes öfter als einmal im Verwer—
tungsProzess vorgeschossen werden und damit den Kreislauf
durchlaufen. Marx macht in einem ähnlichen Zusammenhang
(MEW 24, 16. Kapitel) die Unterscheidung von vorgeschos—
senem und angewandtem Kapital. Das angewandte Kapital ist
die Summe des im Jahr real fungierenden Kapitals und ent— -
spricht am ehesten bei uns der Summe der Vorschüsse. Das
vorgeschossene Kapital entspricht bei uns dem geliehenen
Jahreskapital, d.h. der Summe von Original— und Zusatz—
kapital. *

Marx diskutiert die Differenz von vorgeschossenem und -
angewandten variablen Kapital hinsichtlich ihrer Aus-
wirkung auf die “Jahresmehrwertrate“. Bei konstanter
“Mehrwertrate“ realisiert ein Kapital mit einer höheren
Umschlagsgeschwindigkeit des variablen Kapitals einen
höheren Mehrwert im Jahr als ein gleichgroßes, das ent-
sprechend langsamer umschlägt; es hat damit eine höhere
“Jahresmehrwertrate“. Wir können dem Argument nicht fol—
gen, da die Annahme einer festen “Mehrwertrate“ uns aus
wertformanalytischen Überlegungen unmöglich scheint.

- (Vgl. die Darstellung in den Abschnitten I,II,III).
Einen ähnlichen Sachverhalt können wir jedoch bezüg-
lich der Entwicklung der Jahresverwertungsrate inner-
halb einer Branche feststellen.

Es werden hierbei entweder zwei „ähnliche Kapitale“, d.h.
zwei Kapitale einer Branche, die bis auf die Umlaufs—
zeiten im wesentlichen gleich sind (die Argumentation

- verläuft analog zur Thematisierung der Erhöhung der
Aufteilungsrate in III §3), oder ein Kapital in zwei
verschiedenen Jahren mit verschiedenen Umschlagszeiten,
aber konstant gebliebenen Kosten und Preisen, verglichen.



§6
Die Jahresverwertungsrate ist also bestimmt durch zwei
Größen:
a)Jahresprofit und b) Jahreskapital

zu a) Der Jahresprofit hängt ab von der Differenz des
Verkaufspreises zu den Kosten der im Jahr verkauf-
ten Produkte.

Den Verkaufspreis als gegeben (durch den Markt be—
stimmt) gesetzt, ist es neben der Senkung der Kosten
(geringste Einkaufspreise/Leihpreise, kostensparen—
de Substitution) vor allem die Erhöhung der Um—
schlagsgeschwindigkeit und, die Kapazitätsauslastung,
was den Jahresprofit erhöhen kann. Dasselbe gilt für
Produktionssteigerungen, die durch Erweiterungen oder
durch erhöhte Produktivität hervorgerufen werden.

zu b) Kostensenkung und Beschleunigung des Umschlags, ins-
besondere die Verkürzung der Zirkulationszeit können
auch das Jahreskapital, das erforderlich ist, um ein
bestimmtes (stoffliches) Ausmaß an Produktion auf-
recht zu erhalten, verringern. Einzelne Kapitalteile
werden vermindert, Zusatzkapitale überflüssig etc.
Darüber hinaus bedeutet die “Verflüssigung“ der Vor-
schüsse und Rückflüsse eine Verminderung notwendiger
Geldbrache, aber auch stofflicher Brache.

Die verschiedenen Methoden, die zur Senkung eines Jahres—
kapitals, relativ zum Umfang der Produktion und zur Er-
höhung des Jahresprofits führen, können
zueinander in Widerspruch geraten. Nur wenn sie in ei-
nem ausgewogenen Maß angewandt werden, ergibt sich
eine Steigerung der Jahresverwertungsrate.



§7
Die Verwertung des Kapitals ist abhängig von Kosten und
Geschwindigkeit der Produktion und der Zirkulation, wie
die vorangehenden Paragraphen zeigen. Wir sind nun auf
der Entwicklungsstufe in der Darstellung angelangt, auf
der die Vermittlung des Kapitalverwertungsprozesses durch
verschiedene, selbständige Arten von Kapital thematisiert
werden kann. Das, was wir bisher einfach als das sich ver—
wertende Kapital bezeichnet haben, soll von nun an zur
Abgrenzung von dem Folgenden als Grundformkapital gefasst werden.
Kapital, das seine Aktivität auf die Produktion konzentriert, heiße industrielles Ka-
pital. Kapital, das sich auf die Ausführung der Zirku—
lationsarbeit konzentriert, heiße kommerzielles Kapital.

Da die Zirkulationssphäre die Funktionssphären des Waren—
kapitals und des Geldkapitals (VI §1f) umfasst, lässt sich
das kommerzielle Kapital näher in Warenhandlungskapital
und Geldhandlungskapital aufgliedern. Das industrielle
Kapital befindet sich hauptsächlich in der produktiven
Sphäre, umfasst aber in gleichsam abgekürzter Weise die
beiden Zirkulationsstadien, die ihrerseits hauptsächlich
Funktionsbereich der selbständigen Zirkulationskapitale
sind. Da das industrielle Kapital alle drei Stadien um-
fasst, ist sein Kreislauf dem des Grundformkapitals am
ähnlichsten. Das Warenhandlungskapital, das wie alles
Kapital unter die abstrakte Formel G—G‘ fällt, befindet
sich hauptsächlich in der Sphäre des Warenkapitals, taucht
aber im Kaufen und Verkaufen immer wieder in die Sphäre
des Geldkapitals ein. Das Geldhandlungskapital be-
schränkt sich im wesentlichen auf die Sphäre des Geld—
kapitals und vermittelt dort das Ineinandergreifen der
Kreisläufe von industriellem und Warenhandlungskapital,
indem es deren Geldgeschäfte tätigt. Auch das Zahlen
von Revenuen und das Aufbewahren von Geld kann das Geld—
handlungskapital als Arbeit übernehmen. Die Aufspal-
tung des Grundformkapitals, die Vermittlung seines
Kreislaufes durch drei gegeneinander selbständige Teil—
kreisläufe hat u.a. die Erhöhung der Umschlagsgeschwin—
digkeit (der betreffenden Waren), die Senkung der Kosten
und insbesondere die Verringerung der Brache von Zir—
kulationskapital zur Folge, da das kommerzielle Kapital
nicht nur die Warenverkäufe/Geldgeschäfte eines, sondern
mehrerer industrieller Kapitale übernimmt.

Mit der Differenzierung: industrielles Kapital, Waren—
handlungskapital, Geldhandlungskapital — scheint zum
ersten Mal die Besonderheit eines Kapitals Thema zu
werden. Nun ist diese Besonderheit gerade keine, die
der stofflichen Besonderheit einer produzierten Ware -
geschuldet ist. Diese bleibt noch ein Stück weit in
der Analyse gleichgültig. Dadurch ist es auch möglich,
all die Bestimmungen, so weit sie bisher als die allge-
meinen Bestimmungen des Kapitals entwickelt wurden (was
ja zuletzt zu einem schon ziemlich veräußerlichten Be-
griff des Kapitals geführt hat), auf diese drei Kapital—
arten anzuwenden. (Insbesondere geht es hier um die
Jahresverwertungsrate und die Revenue— bzw.

Leihverhältnisse. Als Oberbegriff der Arbeitsproduktivität (bei industriellen Kapitalen) und dem Ensprechenden bei den kommerziellen Kapitalen soll „Effektivität“ verwendet werden.) Zugleich aber beinhaltet die Diffe-
renzierung dieser drei Kapitalarten ein wichtiges, die
Analyse weitertreibendes Moment. Es ist der Hinweis auf
den gesellschaftlichen Zusammenhang der Kapitalkreis—
läufe. Bisher wurde das Kapital, seine Verwertung in
allgemeiner Weise quasi als etwas Einzelnes, Selbstän-
diges thematisiert. Und dies in einer eigentümlichen
Unterschlagung des gesellschaftlichen Aspekts des
Kapitals, der ja im Wertbegriff selbst liegt. Für die-
se Unterschlagung war der Wertbegriff ebenfalls verant-
wortlich, da er gerade von der Besonderheit, und damit
der Rolle der Besonderheit im gesellschaftlichen Re—
Produktionsprozess, abstrahierte. Die stoffliche Repro-
duktion wurde als gegeben, erfolgt genommen. Wir wer—
den im folgenden sehen, wie diese stoffliche Repro-
duktion selbst zum Ergebnis der Verwertungsprozesse
verschiedener, nun in ihrer Besonderheit wichtiger, Kapitale wird.

Erinnern wir uns. Ausgegangen wurde von den vielen Wa—
renproduzenten, ihre Gleichheit unter den Begriff des
Kapitals gefasst. Mit der absoluten und relativen Er-
höhung des Kapitalanteils (III §3) kamen erstmals
Differenzierungen zur Sprache, Differenzierungen, die
an konkreter Ausgestaltung der Produktion eines Pro-
dukts festmachten. Differenzierungen also innerhalb der
Branche. Die Besonderheit der Ware blieb gleichgültig
wie zuvor. Der Warenproduzent wurde gewissermaßen in—
dividuiert zu den vielen Kapitalen einer Branche. Diese
Individuierung betrifft alle Warenproduzenten, ist also
eine allgemeine Bestimmung derselben. Zugleich treffen
die vorhergehenden Bestimmungen des Warenproduzenten
auch auf alle einzelnen Kapitale einer Branche zu. Der
Kapitalbegriff ist damit verfeinert, bleibt dabei wei-
terhin allgemein, da ja die angesprochene Differenzie-
rung innerhalb einer Branche, das Produkt dieser Branche
in seiner Besonderheit gleichgültig lässt. (Und das geht
bis hin zur Bestimmung der Momente, die die Jahresver—
wertungsrate beeinflussen.)

Die weitere Verfeinerung des Kapitalbegriffs ändert noch
nichts an dessen allgemeiner Gültigkeit, unterscheidet
sich jedoch von der vorigen, insofern als nicht nur das
selbständige Nebeneinander von Kapitalen konsta-
tiert wird, sondern zugleich die Abhängigkeit der
drei Kapitalarten voneinander deutlich macht, denn nur
zusammen vermitteln sie den Kreislauf des Grundform—
kapitals. Diese Vermittlung beschränkt sich aber beim
kommerziellen Kapital nicht auf den Kreislauf eines,
sondern bezieht sich auf mehrere Grundformkapitale.
Mit dem Begriff des kommerziellen Kapitals werden die
Grundformkapitale, die hier gewissermaßen in verstüm-
melter Form als industrielle Kapitale auftauchen, in
ihren Kreisläufen miteinander verbunden. Der kommer-
zielle Profit speist sich nicht aus dem Profit eines,
sondern mehrerer Grundformkapitale, die gegenseitige
Abhängigkeit wird offensichtlich. Und ausgehend von
dieser Verflechtung erweist sich die Bedeutung der Be—
sonderheit der produzierten Waren, cf. VI § 14.




§8
Industrielles Kapital, Warenhandlungs— und Geldhandlungs—
kapital sind insoweit gleichrangig, als es bei ihnen je-
weils, wie beim Grundformkapital, um die Verwertung vor—
geschossenen Geldes geht. Die Bestimmungen der Verwer-
tung des Grundkapitals können entsprechend modifiziert
in äußerlicher Weise auf sie übertragen werden.
Industrielles Kapital, Warenhandlungs— und Geldhandlungs—
kapital vermitteln gemeinsam den VerwertungsProzess des
Grundformkapitals und partizipieren an ihm durch Verwertung
des jeweils vorgeschossenen Kapitals. Diese Partizipation
geschieht beim Warenhandlungskapital durch Differenzierung
in der Preisbildung zwischen den industriellen und den
Warenhandlungskapitalen. Der Profit des Warenhandlungs—
kapitals (auch als kommerzieller Profit bezeichnet) ist
nichts anderes als die Differenz von Ankaufs— und Ver-
kaufspreis der Waren abzüglich der Zirkulationskosten.
Dieses Auseinanderfallen von An— und Verkaufspreis der
Waren verfestigt das im oberflächlichen Bewusstsein vor—
handene „falsche“ Verständnis des Warenpreises als Summe
von Kosten und Gewinn. Und in der Tat drückt der Zwischen—
verkaufspreis nicht den Wert aus, sondern Kosten und Gewinn des verkaufenden Kapitals. Die Realisierung des Warenwerts geschieht erst im Endverkaufspreis.
Die durch die (vertikale) Aufspaltung des Grundformkapitals verursachte Gliederung des Warenmarktes hat Auswirkung auf die Entwicklung des Preisbegriffs (siehe MEW 25 /325 zum „merkantilen“ Preis.)

§9 Bankkapital
Durch das Aufbewahren großer Mengen von gerade brachliegendem Geldkapital (verschiedener fungierender Kapitale) ist es dem Geldhandlungskapital möglich, Geld gegen Zins an Dritte auszuleihen. Es ist damit zu Bankkapital geworden. Der Zins, den die Bank für ausgeliehenes Geld erhält, wird zwischen den Geldeinlegern und der Bank aufgeteilt.

§10 Konto / Guthaben / Geldgestalten
Jeder Einleger hat ein Konto bei der Bank, auf dem sein jeweiliges (positives oder negatives) Guthaben ausgewiesen ist. Die Guthaben bei der Bank stellen das Buchungs- oder Giralgeld dar. Und auch „Arbeitnehmer“ haben (seit einigen Jahrzehnten) Girokontos als Gehaltskonto, von dem die Bank durch Daueraufträge den „bargeldlosen Zahlungsverkehr“ (Miete, Autosteuer, Telefon, Strom, Wasser, ...) erledigt. Wir haben damit in der Kapitalanalyse wieder ein Stück Alltagswissen eingeholt.

Das Giralgeld ist zu unterscheiden vom „wirklichen“ Geld, das wir nun zur Abgrenzung mit Bargeld bezeichnen. Das Bargeld hat all die Bestimmungen, die aus der Analyse der Geldform des Werts sich ergaben. Bargeld ist Zirkulationsmittel, Zahlungsmittel und Wertausdruck, also Maß und selbständige Gestalt des Werts. Das Giralgeld fungiert dagegen bloß als Zahlungsmittel und „Rechengeld“, wobei es hierbei sein Maß vom Bargeld erhält. Das Giralgeld ist somit eine abgeleitete Geldgestalt.

Scheck
Der Einleger verfügt über sein Guthaben (und in gewissem Umfang darüber hinaus, „Kontoüberziehung“) , indem er/ sie Anweisungen an die Bank gibt. Zu unterscheiden sind Operationen, die
a)innerhalb des Giralgeldes stattfinden (eingehende und herausgehende Überweisungen)
b)Bargeld in Giralgeld (Bareinzahlungen) oder Giralgeld in Bargeld (Abhebung) verwandeln.
Die Abhebung von Geld als tagtägliche gesellschaftliche Praxis bringt verschiedene Sonderformen wie das Scheckbuch, die Geldautomaten und die maschinenlesbaren Bankkarten hervor. Es handelt sich um aus der abgeleiteten Gestalt (Giralgeld) abgeleitete Geldgestalten. So nimmt in unserem Alltag der Bezug auf den Wert (gesellschaftliche Arbeit) eine praktisch-begriffslose Form an wie: „Strom kommt aus der Steckdose“.

Geld und Staat – Hinweis auf einen späteren Ort der Behandlung
Die im Rahmen der allgemeinen Kapitalanalyse stattfindende Auseinandersetzung mit Geld ist als eine Form sozialphilosophischer Reflexion zu unterscheiden von spezialwissenschaftlichen Geldtheorien. Die Marxsche „Kritik der politischen Ökonomie“ schlägt dem bürgerlichen Staat, Abteilung Notenbank nicht eine bestimmte (andere) Höhe der Umlaufmenge des Geldes vor.
Die immense Bedeutung der abgeleiteten Geldformen und die in ihnen ebenfalls zum Ausdruck kommenden Möglichkeiten der Krise und damit der Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhangs ist die Grundlage für politische Regellungen. Dies umso mehr, als moderne Staaten sich selber durch Geldsteuern finanzieren. Schon aus diesem Grund sind politische Festlegungen zum „gesetzlichen Zahlungsmittel“ angesagt. Dies lässt sich systematisch freilich erst nach Darstellung der Verdopplung in (kapitalistische) Gesellschaft und (äußeren) Staat thematisieren. Nationalstaatlich koordiniertes, „transnationales“ Vorgehen kennzeichnet unsere europäische Lage seit Errichtung der Europäischen Zentralbank und der Ablösung nationaler Notenbanknoten durch den EURO in den Beitrittsstaaten der Währungsunion.

§11 Leihkapital
Wir sind inzwischen so weit in der Darstellung, dass die Darstellungsvoraussetzung, die wir bisher brauchten:
„Das ganze fungierende Kapital wird auf unbestimmte Zeit ausgeliehen“
nun so nicht mehr aufrechterhalten werden muss. Denn Kapitale können zurückfließendes Geldkapital, statt es brachliegen zu lassen, an die Banken zurückzahlen.
Freilich macht dies erforderlich, dass zu späterer Zeit, wenn wieder Kapital für den Verwertungsprozess vorgeschossen werden muss, passendes Leihkapital zu haben ist. Denn nur dann hat es Sinn, durch zwischenzeitliches Rückzahlen geliehenen Geldes die Jahresverwertungsrate nicht nur durch Einsparen von Zinskosten, sondern auch durch Verringerung des fungierenden Kapitals zu erhöhen. Für den Geldkapitalisten bedeutet die Rückzahlung des Geldes zunächst möglichen Zinsverlust und ist daher für ihn nur dann sinnvoll, wenn eine andere, passende Verleihmöglichkeit für sein Geld gefunden werden kann. Die Darstellung dieser Geldbewegungen ist somit zugleich Aufweis von Risiken.


Hinweis auf die Konkurrenz(formanalyse)
Es kann für eine mit anderen konkurrierendes Kapital ungünstig sein, seine gesamten Geschäfte
Sozusagen „mit einem Kapital“ (=mit eigenem Kapital) zu tätigen, obwohl es dadurch die Zinskosten sparen könnte, vgl. VII § 18ff . Die Entscheidung über Eigenkapital / Fremdkapital muss in der jeweiligen Konkurrenzsituation getroffen werden.

§12 Liquidität
Auf Grundlage eines konzentrierten Geldmarktes, eines Systems von Banken, kann das fungierende Kapital sich eines Großteils drohender Geldbrache entledigen. Die vorhandene Restbrache bestimmt die Liquidität.
Das der Brache entrissene Geld vermittelt den Verwertungsprozess zusätzlicher oder vergrößerter fungierender Kapitale. Die Kreisläufe der fungierenden Kapitale verschlingen sich. Das Geld vermittelt gleichzeitig die Verwertung mehrerer Kapitale. Bisher war es nur möglich, dass Geld hintereinander, eben in zwei verschiedenen Kreisläufen fungierender Kapitale auftauchen kann, vermittelt z.B. durch den Kauf von Produktionsmitteln. Nun ist es so, dass brachliegendes Bargeld (reale Brache 1) in Giralgeld (nominale Brache) überführt wird. Damit wird es zinstragend. Das bei der Bank deponierte Geld wird nun über den Bankkredit dem Verwertungsgeschehen erneut zugeführt. Dadurch wird durch Vermittlung der Banken die Geldbrache verkürzt / verringert. Sie nimmt die neue Form der Geld-Reserven (reale Brache 2) der Banken an. Da fungierende Kapitale Forderungen an Banken haben, wirkt sich die Liquidität der Banken aus auf die Liquidität der Kapitale.

§ 13 Krise / kommerzieller Kredit / Wechsel / Skonto
Das Ineinander der Verwertungskreisläufe lässt die Liquiditätsprobleme einzelner fungierender Kapitalisten / Banken leicht zu einer sich ausbreitenden Zahlungskrise heranwachsen. Die Krise ist im Kapitalismus nichts außergewöhnliches, sondern ihre Bewegungen sind ein ASPEKT dieser Form der Vergesellschaftung selber.
Die Zahlungskrise wirkt sich aus auf Verknappung / Verteuerung der Bankkredite. Dem können industrielle und Warenhandlungskapitale begegnen durch gegenseitiges Einräumen von kommerziellem Kredit. Dies kann zu einer weiteren abgeleiteten Form des Geldes führen, dem Wechsel. Der Käufer stellt dem Verkäufer (statt sofortiger Geldzahlung oder gleich einzulösender Anweisung) eine Geldanweisung zu einem späteren Zeitpunkt aus. Der Wechsel beläuft sich auf den Barpreis der Ware plus Zins für die Laufzeit des Wechsels. Wird die Zahlung doch früher beglichen (vor Fälligkeit des Wechsels), kann ein Teil des Zinses als Skonto wieder abgezogen werden.

„Geplatzte Wechsel“ können ihrerseits zu Kettenreaktionen führen. Bis zu seinen Verfallsdatum kann ein Wechsel als Zahlungsmittel zirkulieren. Ein „sicherer Wechsel“ kann zur Bank gebracht und dort „diskontiert“ (Abzug des Diskontsatzes) und dem Konto gutgeschrieben werden. Die Prüfung des Wechsels kann aber auch zu einer „vorsichtigen“ Einschätzung der Kreditwürdigkeit des Schuldners führen. In diesem Fall weigert sich die Bank, dem Gläubiger das Risiko abzukaufen. Er bleibt dann (jedenfalls vorläufig) „auf seinen Wechseln sitzen“ und seine Liquidität kann dadurch sich verringern oder zu einem abrupten Ende kommen. Dies hat in einem System vielseitiger „Verbindlichkeiten“ Verschärfung (schon bestehender Krise) zur Folge, bis hin zur Erklärung der Zahlungsunfähigkeit.

§14 Reproduktion(sschemata) - Darstellungsvoraussetzung
Die Kreisläufe der verschiedenen fungierenden Kapitale (industrielles, kommerzielles und Bankkapital) verschlingen sich zur Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Vom Standpunkt der stofflichen Reproduktion durch Produktion, Austausch und Konsumtion von Industriewaren lässt sich die Betrachtung zunächst auf die industriellen Kapitale (oder sogar: zwei Sorten von Grundformkapital) beschränken. Es wird in der Darstellung der gesellschaftlichen Reproduktion der Ausgangspunkt des KAPITAL, Reichtum als Warensammlung erneut thematisiert. Die bis hierhin fortgeführte Analyse gestattet nun eine inhaltsreichere, detaillierte Darstellung. Die Warenwelt wird nun nicht mehr nur als zeitgenössisches Faktum aufgegriffen, sondern es wird der komplexe gesellschaftliche Prozess zum Thema, der jene Warenwelt schafft. Dies zeigt im Übrigen, dass es sich auch am Anfang nicht um die sog. „einfache Warenproduktion“ vorkapitalistischer selbständiger Jäger und Fischer, kleiner Bauern, Handwerker etc. handelt.

Die produktiv konsumierten Industriewaren müssen ersetzt werden. Die Kreisläufe der Kapitale, die Produktionsmittel verwenden, welche sie nicht selber herstellen, sind daher auf die Produktion dieser Waren durch andere Kapitale angewiesen. Umgekehrt sind Kapitale, deren Lohnarbeiter Lebensmittelwaren konsumieren, die von anderen kapitalistischen Warenproduzenten hergestellt werden, in ihrer Verwertungsbewegung von jenen Kapitalen mittelbar abhängig

Marx hat diesen Zusammenhang der materiellen Reproduktion unter kapitalistischen Bedingungen (auch unter Einschluss der individuellen Konsumtion der Kapitalisten selber, was jedoch durch Hereinnahme der Akkumulation, also den Übergang von der einfachen zur „erweiterten“ Reproduktion an Bedeutung verliert) in den berühmten REPRODUKTIONSSCHEMATA (siehe: Ende von MEW 24) dargestellt.

Die Abteilung I, die die Produktionsmittel herstellt, tauscht bei einfacher Reproduktion Produkt in der Höhe ihres Neuwerts gegen Produkt in der Höhe des Altwerts der Abteilung II, die sie Konsumtionsmittel (für ArbeiterInnen und KapitalistInnen) herstellt, vgl. MEW 24/429.
Für die einfache Reproduktion (oder: „Reproduktion auf gleicher Stufe“) sind MEW 24/414f von Marx genaue Angaben in der Form eines Zahlenbeispiels gemacht. In: Holt/Pasero/Roth, „Zur Wertformanalyse“ (es , Ffm 1974) habe ich dies durch eine Skizze illustriert. Die Charakterisierung sei hier wiedergegeben: Im Marxschen Reproduktionsschema „erscheint das Kapital direkt in den Daseinsformen Geldkapital und Warenkapital. Es erscheint indirekt als produktives Kapital, was sich insbesondere in der Zusammensetzung des Produktenwerts (c+v+m) zeigt. Das Geldkapital wird durch Rückfluss, das Warenkapital durch Produktion, das produktive Kapital durch Zirkulation reproduziert. Das Jahresprodukt der Abteilungen stellt die verschieden formbestimmten Teile des Produktenwerts (c,v,m) in gemeinsamer Naturalform dar: eben als Konsumtions- bzw. Produktionsmittel. Die Auflösung des gesamtprodukts in seine Wertbestandteile ist Trennung der durch das Kapitalsverhältnis verschieden formbestimmten Teile der abstrakten Arbeit. Diese Auflösung ist praktisch nur möglich durch Warenzirkulation, in der Naturalform des konstanten Kapitals von Abteilung II Wertform des variablen Kapitals und des Mehrwerts von Abteilung I ist.“ (p.88).

DARSTELLUNGSVORAUSSETZUNGEN
Die Marxsche Darstellung arbeitet, um den soeben umrissenen Kern kapitalistischer Reproduktion „in reiner Form“ sichtbar werden zu lassen, mit vereinfachenden Darstellungsvoraussetzungen:
1.Die Produktionszeit beträgt einheitlich für alle Kapitale ein Jahr. (In MEW 24 nicht explizit formuliert, aber siehe p. 497)
2.Die Zirkulationszeit ist Null. Von den Zirkulationskosten ist abgesehen.


1.Alle Produktionselemente werden im Voraus für 1 Jahr gekauft.
2.Die Bezahlung erfolgt bar beim Kauf.
3.Vom restierenden fixen Kapital, das ja in den Wert des Jahresprodukts nicht eingeht, wird abgesehen, vgl. MEW 24/395).


§15 Die Bedeutung der Quesnay-Marxschen Reproduktionsschemata
Sie bieten die Grundlage zum Verständnis der gesellschaftlichen Reproduktion in ihrer kapitalistischen Form, bei „indirekter Vergesellschaftung“. Was in der Wertform von der insgesamt aufgewendeten industriellen Arbeit als gesellschaftliche Arbeit und also als Wertsubstanz Anerkennung findet, zeigt sich immer erst im Nachhinein.


Die Reproschemata sind für die bürgerliche Gesellschaft zu ergänzen durch das, was in den Familien an Reproduktionsarbeit geleistet wird und Analyse der „Form“, die diese „Hausarbeit“ hat.
Sie sind ferner zu ergänzen durch reproduktionsrelevante Staatsausgaben, wobei dem Staat wegen seiner Steuergewalt das Privileg zukommt, seine Einkäufe nicht durch Verkäufe decken zu müssen.

Taugen die Repro-Schemata für einen „Verein unmittelbarer Produzenten“ zur Planung der direkt vergesellschafteten Arbeit? Formulieren sie einen Zusammenhang, der in seinem materiellen Kern auch nach Abstreifen der kapitalistischen Formbestimmtheit für die Verteilung der Arbeit auf Produktionsmittel- und Konsumtionsmittel-Herstellung weitergilt? Geben die Repro-Schemata nicht auch Anlass, sich Fragen verringerter Produktion im Verhältnis zu erweiterter Reproduktion als bewusste gesellschaftliche Entscheidung zu stellen?
Mir scheint es ein Beleg für den fragmentarischen Charakter des KAPITAL, dass im Manuskript dieses Teils der Kapitalanalyse diese praktisch-politischen Perspektiven nicht thematisiert werden
.


§16 Zur Bedeutung des Gebrauchswerts
Die Reproduktion eines individuellen Kapitals muss innerhalb der Gesamtbewegung von Waren, anderen Produktionselementen (Natur / Wissenschaft / Arbeitskraft) und Geld erfolgen. Reproduktion bedeutet hierbei, dass die für das individuelle Kapital im Laufe seiner Aktivität entstehenden Kosten durch Rückflüsse gedeckt werden und darüber hinaus ein Unternehmergewinn als Überschuss realisiert wird. Beim individuellen industriellen Kapital hängen die Rückflüsse vom Verkauf der jeweils produzierten Waren ab. Dieser Verkauf ist im System der gesellschaftlichen stofflichen Reproduktion gebunden an den (individuell-konsumtiven / Abteilung I oder kapitalistisch-produktiven / Abteilung II) Gebrauchswert des Produkts. Die Realisation von Gebrauchseigenschaften im Zusammenhang gesamtgesellschaftlicher Reproduktion ist in „Gesellschaften, in denen kapitalistische Produktionsweise herrscht“ an die Vermittlung durch Geld gebunden.


Die individuelle Reproduktion eines merkantilen Kapitals ist ebenfalls an den Gebrauchswertaspekt der Ware gebunden, da das merkantile Kapital eine vermittelnde Rolle zwischen den industriellen Kapitalen und den letztlich kaufenden Konsumenten (der individuellen oder produktiven Konsumtion) spielt. Insofern ein merkantiles Kapital die Kreisläufe verschiedener (und auch wechselnder) individueller industrieller Kapitale vermittelt, ist seine Reproduktion nicht so sehr an einen einzigen Gebrauchswert, sondern an ein Teilsystem von Gebrauchswerten gebunden. Die Banken, die mit Leihkapital, als einer „Ware höherer Ordnung“ handeln, erfahren die Schwierigkeiten, die aus der materiellen Gestalt der Ware resultieren, auf vermittelte Weise. Die individuelle Reproduktion einer Bank ist ja gebunden an die Verwertung der jeweils von dieser Bank Geldhandlungsaktivitäten in Anspruch nehmenden Kapitale.

Das System der Besonderheiten (von Produzenten, Produkten und Konsumenten) ist Voraussetzung wie Resultat des Systems der Verwertung. In diesem Zusammenhang von Tauschwert und Gebrauchswert ist gesellschaftliche Arbeit konstituiert. Zugleich ist in der Wertform gesellschaftlicher Arbeit hier die Besonderheit der Ware der abstrakten Allgemeinheit des Geldes unterworfen.
Produkte konkreter Arbeit, die nicht verkauft werden, sowie konkrete Nachfrage, die nicht „kaufkräftig“ ist, fallen aus diesem System heraus. (Vgl. hierzu die Differenz von reeller und ideeller Gesellschaft in VIII § 2)

Die Zirkulation bietet vielerlei Anlässe zur Spekulation. Heike Faller: Wie ich einmal versuchte, reich zu werden. Mein Jahr unter Spekulanten, München 2009














ENDE DER REKONSTRUKTION DER ANALYSE des KAPITALs im Allgemeinen

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