tag:blogger.com,1999:blog-367510952024-02-20T20:23:29.332+01:00Marx101Unknownnoreply@blogger.comBlogger76125tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-31317261476644520692013-02-18T18:40:00.002+01:002013-02-18T18:40:19.864+01:00<h3 class="post-title entry-title" itemprop="name">
</h3>
<div class="post-header">
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<b><span style="font-size: small;">Neue
MEGA zum KAPITAL </span></b></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-size: small;"> </span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-size: small;">taz
4.Feb 2013, p. 16: Marx, der Mathematiker (Artikel zur Veranstaltung
der Friedrich-Ebert-Stiftung >“Das Kapital“ von Karl Marx. Zur
vollendeten Edition eines unvollendeten Projektes< in Berlin), da
heißt es </span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
„<span style="font-size: small;">Für
Generationen von MarxleserInnen galten die drei (blauen) Bände
von Marx´ >Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie<
… als … Schlüsselwerk. Marx (veröffentlichte nur Band
I im Jahr 1867 und Auflage 2) starb 1883 und Friedrich Engels
>vollendete< das Werk seines Freundes (so schien es)... Die …
>blauen Bände< der Marx-Engels-Werke (23 - 25)…
präsentierte(n) … einen Text, aber …nicht den, den Marx
hinterlassen hat … In der neuen MEGA (Marx-Engels-Gesamtausgabe)
umfasst >Das Kapital< heute 15 Bände in 22 Teilbänden
auf 12 000 Seiten.“ „rund 5 000 Textänderungen (von Engels)
im 2. Band >Das Kapital<. … Regina Rothe befasste sich mit
Engels´Arbeit am 3. Band und belegte zum Beispiel, dass Engels
das Wort >Zusammenbruch< in den Text einfügte ...“ </span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-size: small;">(Mein)
Kommentar: Marx´ Versuch einer systematischen Darstellung der
kapitalistischen Gesellschaftsform ist Fragment geblieben und es ist
bereits eine Übertreibung (so in der taz) - von einem „Rohbau“
zu sprechen, den Marx uns hinterlassen habe. Vielmehr muss selbst der
Rohbau der Theorie noch teils rekonstruiert und teils neukonstruiert
werden. Dies ist allerdings beinahe die Regel bei aktuell bleibenden
„Klassikern“. Die Rolle von Engels ist kontrovers zu diskutieren. </span><br />
<span style="font-size: small;">1.Wer wollte ihn um die Aufgabe beneiden, aus den immer wieder
abbrechenden und neuansetzenden Marxschen Entwürfen zum
>Kapital< (als Basis einer noch umfangreicheren Analyse) eine
durchgängig nachvollziehbare Argumentation fertigzustellen? </span><br />
<span style="font-size: small;">2.Wo
verfestigt Engels durch „Hilfskonstruktionen“ und dogmatisch
werdende „Popularisierung“ <i>die unabgeschlossene Marxsche
Bemühung</i> - zur Ideologie (siehe oben: Zusammenbruch), wo wird der
wissenschaftliche Anspruch aufgegeben und geforderte Orthodoxie tritt
an ihre Stelle?</span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-size: small;">Die
Hinzufügungen von Engels zum „wissenschaftlichen Sozialismus“
entstehen oft aus Keimen Marxscher Formulierungen. <i>Bei der
Rekonstruktion kommt man um Re-Vision nicht herum.</i> Aber ist die
Konstanzer Dissertation von Zoran Djindjic überhaupt als ein
Rekonstruktionsversuch Marxscher Grundüberlegungen zu sehen? (Es
gibt im Text solche Formulierungen.) Oder ist seine Thematisierung
von <i>Marx´ kritischer Gesellschaftstheorie und dem Problem der
Begründung</i> Zorans Kritik der Kritik? Kommt sie zum Ergebnis
der Zurückweisung der Marxschen Kritik unserer Form der
Gesellschaft durch Aufzeigen von Problemen bei der Begründung? </span>
</div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-size: small;">>Unsere
kapitalistisch – demokratische Gesellschaft< , das ist seit den
Zeiten von Marx und Engels eine Kennzeichnung, die erst auf den
englischen Manchester Kapitalismus zutraf, Marx zitiert gern die
Berichte der Factory Inspectors ans Londoner Parlament, und dann auch
auf kontinentaleuropäische Länder und überseeische
Auswanderungsgebiete, insbesondere die USA - „erste Welt“ - den
Ausdruck sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen! Seit 1917
entsteht der Keimling einer „zweiten Welt“ unter dem roten
Banner einer Union sozialistischer Volksrepubliken. Der
nachrevolutionäre Name des vormaligen Zarenreiches ist
expansionistisches Programm: Union der sozialistischen Sowjet –
Republiken. Nach dem verlust- & siegreichen Verteidigungs- und
Gegenangriffskrieg der Roten Armee dehnt sich die zweite Welt aus
von Wladiwostok bis Berlin, Hauptstadt der DDR. Ein Sonderfall
entsteht in Südosteuropa: Titos Partisanen vertreiben die
italienischen und deutschen Besatzer überwiegend aus eigener
Kraft und Jugoslavien sowie Albanien entziehen sich dem direkten
militärischem Einfluss des „Ostblocks“. </span></div>
<div style="margin-bottom: 0cm;">
</div>
<span style="font-size: small;">"Wir waren kritische Marxisten" - so
der Autor des Filmes ZORAN DJINDJIC - Ein Leben (2005) im Rückblick auf
gemeinsame Studien in Beograd. Und sie waren glühende Kritiker <span style="font-size: small;">d</span>er<span style="font-size: small;"> autoritär "kommunistischen" Staatsführung<span style="font-size: small;"> unter Tito in den frühen 197<span style="font-size: small;">0ern.</span></span></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><span style="font-size: small;"><span style="font-size: small;"><span style="font-size: small;">Sie hatten Mühe, den (Weg zum) Marxschen "Verein freier Menschen" in <span style="font-size: small;">Titos</span> Vereinten Nationen der Südslawen zu sehen.</span></span></span></span>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-45747137523120014192011-10-31T16:22:00.003+01:002011-10-31T16:27:02.831+01:00Ivan Glaser zum KAPITALNachbemerkung nach der nochmaligen Lektüre von Rubel zwischen dem 23.10. und dem 31.10.2011<br /><br />An mehreren Stellen auf den letzten Seiten der Introduction von Rubel zu seiner Ausgabe bzw. Übersetzung des „Kapital“ finden sich Hinweise darauf, dass sich Marx in der Tat auf der Suche nach zusätzlichem Illustrationsmaterial für die Bücher 2 und 3 befand. Ich dokumentiere das unten unter 2.<br /><br />Vorweg stelle ich fest: die Position von Rubel im Hinblick auf Marxens Arbeit am „Kapital“ nach 1867 ist insgesamt fundierter als die von Borkenau. Dies obwohl Rubel nicht sieht, dass das Jahr 1871 eine ernstzunehmende Zäsur darstellt. <br /><br />Diese Zäsur bezieht sich auf die Arbeit an Entwürfen für das 2. und das 3. Buch. Die Intensität der Arbeit lässt nach. Die Manuskripte bleiben liegen. Das Ms. VIII und die mathematische Arbeit zur Profitrate, beide von Marx in seinen letzten Lebensjahren verfasst, gehören thematisch zum 3. bzw. zum 2. Buch, aber es sind selbständige Schriften. <br /><br />Es ist doch schade, dass das Ms. VIII nur in der MEGA publiziert ist und auf diese Weise nur einem kleineren Kreis der interessierten Leser jederzeit zugänglich ist. Denn bei diesem Manuskript handelt es sich um die letzte zusammenhängende Arbeit von Marx zur Thematik des „Kapital“. Die Ausgabe des 2. Buches durch Engels stellt eine eigentümliche Barriere für denjenigen dar, der gerne das Manuskript auf sich wirken lassen möchte. (Engels hat das Manuskript fast vollständig bei der Redaktion und Veröffentlichung des 2 Buches, insbesondere im 3. Abschnitt, ausgeschöpft. Er hat es aber in kleinere Partien zerlegt und diese, mit Auszügen aus anderen Manuskripten vermischt, in einer Anordnung, die von jener im Manuskript abweicht, abgedruckt.) <br /><br />Aber Marx hat an seinem Werk festgehalten. Daran kann vernünftigerweise nicht gezweifelt werden. Auf der einen Seite hat er eine zweite deutsche Ausgabe des ersten Bandes vorbereitet (ershienen im Jahr 1873) und sich an seiner Übersetzung ins französische beteiligt (ershienen im Jahr 1875), beides nicht ohne inhaltlich zu intervenieren. Und auf der anderen Seite war sein Entwurf zum dritten Buch weit von einer druckreifen Fassung entfernt. Was Marx da hinterlassen hat, kann inzwischen direkt der MEGA entnommen werden. Aber bereits Engels hat im Vorwort zur Edition des dritten Bandes ausführlich den weit von der Vollendung entfernten Zustand des ihm vorliegenden Textes geschildert. Borkenau unterstellt, Marx habe nach 1871 ein fast fertiggestelltes Buch in seiner Schublade aufbewahrt und der Öffentlichkeit vorenthalten. Aus inhaltlichen Vorbehalten. Dass auch Vorbehalte eine Rolle spielten, wollen wir unten unter 3 ansprechen. Sie mögen Marx gelähmt haben. Aber eine Irreführung der potenziellen Leserschaft und der Anhängerschaft - wie es sich bei Borkenau anhört- lag nicht vor. <br /><br /><br />Im Einzelnen erfordern folgende Fragen Klärung: <br /><br />1. Wieso wurde der erste Band (dazu noch, abweichend von manchen Ankündigungen von Marx, nur das Buch 1 enthaltend) selbständig veröffentlicht?<br />2. Wo gibt es Nachweise dafür, dass Marx sich um das Illustrationsmaterial für die Bücher 2 und 3 bemühte?<br />3. Waren sich Marx und der ihm bei der Verfassung des „Kapital“ als Ratgeber stets zur Seite stehende Engels dessen bewusst, dass man den Charakter und die Tragweite des Inhalts der Bücher 2 und 3 wird dem kritischen Leser nur schwer vermitteln können?<br /><br />Zu 1. Noch am 31. Juli 1865 bei der Arbeit wohl am Entwurf zum 3. Buch des „Kapital“ teilt Marx Engels mit, er könne das Werk nicht in Partien veröffentlichen. Das Werk sei ein artistisches Ganzes und würde das nicht zulassen. Mag sein, dass Engels bereits damals eine sukzessive Publikation der einzelnen Partien anregte. Es lässt sich belegen, dass er das ein Jahr später tat. Und Marx griff nun seinen Vorschlag auf – voraussetzend, sein Verleger Meißner wird keine Schwierigkeiten machen. Dem war aber nicht so. Meißner verwahrte sich gegen diese Idee und erklärte sich nur bereit, mit dem Druck zu beginnen , wenn er das ganze Werk in Händen hat.<br /><br />An dieser Stelle ist es nicht schlecht daran zu erinnern, dass Marxens Pläne sich auf die Veröffentlichung von aus voraussichtlich auf zwei Bände sich verteilenden drei oder vier Büchern bezogen. Zu den uns vertrauten drei Büchern hätte sich ein weiteres, viertes Buch hinzugesellen sollen, das nicht systematischer sondern literaturhistorischer Natur hätte sein sollen. Die Idee wurde auch von Engels weiterverfolgt und schließlich auch insofern realisiert, als Karl Kautsky Teile des in den Jahren 1861-63 entstandenen Entwurfes unter dem Titel „Theorien über den Mehrwert“ im Jahre 1910 veröffentlichte. <br /><br />Zurück zum Verleger des „Kapital“ Otto Meißner. Mit ihm hatte Marx im März 1865 einen Vertrag abgeschlossen, wonach Marx bis Ende Mai des gleichen Jahres das ganze Werk liefern werde, welches in zwei Bänden erscheinen soll. Wenn Marx 1967 in seinen Verhandlungen mit Meißner verlangte, dass ein von ihm im Jahr 1866 an den Verleger übersandter Text gedruckt werde, so verstand Marx damals noch unter dem Band 1 ein Werk, das die Bücher 1 und 2 hätte enthalten sollen und dessen Anfang (genauer: vermutlich die Abschnitte, damals Kapitel, 1-5) der Text enthielt. <br /><br />Meißner wehrte sich, er blieb hartnäckig. Er wollte nicht mit dem Druck beginnen, bevor er das ganze Werk von Marx erhalten habe. Erst als Marx ihn im Frühjahr 1867 in Hamburg besuchte und ihm ein Manuskript überreichte, von dem er behauptete, dass es das erste Buch abrundet, ließ sich Meißner weich machen und stimmte dem Vorschlag zu, wonach der erste Band selbständig erscheinen wird. Was den zeitlichen Abstand zur Lieferung der Fortsetzungsmanuskripte betrifft, machte Marx Meißner gegenüber ganz unrealistische Aussagen. <br /><br />Dabei bekam Meißner von Marx nicht die Bücher 1 und 2, sondern nur das Buch 1. Und auch dieses Buch hatte nicht den geplanten Umfang. Ein Abschnitt (in der damaligen Einteilung als Kapitel bezeichnet) wurde Meißner vorenthalten. Daraus kann geschlossen werden, dass Marx unbedingt veröffentlichen wollte, den Umfang des Publizierten aber möglichst klein halten wollte: erst nur einen Teil des 1. Buches (anstatt der beiden Bücher 1 und 2). Dann vorgeblich das 1. Buch vollständig. Ein Abschnitt fehlte aber immer noch. Nur besaß Meißner keinen Einblick in feinere Gliederungsangelegenheiten, so dass er sich schließlich ohne es zu durchschauen mit einem unvollständigen Text des 1. Buches begnügte.<br /><br />Gegenüber meinen unglücklichen Behauptungen, dass Marx den theoretischen Gehalt seines Werkes hinter den herangezogenen historischen Illustrationen zu verstecken versuchte, möchte ich hier auf die Äußerung von Marx (im Brief an J. Ph. Becker vom 17. April 1867, geschrieben also im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit seinem Besuch bei Meißner) hinweisen, wonach das 1. Buch theoretisch einen verheerenden Schlag auf den Kopf der Bourgeoisie darstelle. Wie kann das gemeint gewesen sein? Es lohnt sich, dieser Frage nachzugehen, auch wenn Marx mit seiner Äußerung sein Vorgehen rechtfertigen wollte, wonach der erste Band für sich erscheint. Das zeigt sich u.a. daran, dass Marx im gleichen Brief Becker gegenüber seine Hoffnung ausdrückt, bereits im nächsten Jahr werde das ganze Werk, also neben dem zweiten auch ein dritter, das 3. Buch enthaltender Band, publiziert sein. <br /><br />Hier der Versuch einer Antwort: Für Marx stellen einen Kern seines Werkes die Gleichstellungen von Wert und Arbeit, von Mehrwert und Mehrarbeit dar. Die Bände 2 und 3 sollen die erforderliche theoretische Fortsetzung auf der damit begonnenen Linie liefern. Aus ihnen wird sich ergeben, dass der Gewinn in all seinen Ausformungen (neben dem industriellen Profit also auch der Zins und die Grundrente) sich aus der Differenz speist zwischen dem Produktwert und dem Wert der Arbeitskraft. Die grundlegende Aufhellung dieses Punktes macht in den Augen von Marx bereits aus der Publikation des 1. Buches ein erstrangiges Ereignis. Also hätte es dafür keiner Illustrationen bedurft, obwohl auch sie die Wucht des Schlages verstärkten. Das hatte Marx – wenn man auf einen größeren Zeitraum zurückblickt – richtig eingeschätzt.<br /><br />Zu 2. Nachweise dafür, dass Marx sich um das Illustrationsmaterial für die Bücher 2 und 3 bemühte, findet der Leser der Introduction auf den Seiten CXVIII f. Im Frühjahr 1868 Marx beklagt Engels gegenüber, es fehlen ihm dokumentarische Quellen. In der Ökonomie differieren die maßgeblichen Fakten erheblich von theoretischen Postulaten. Daher müsse er die nötigen Materialien sammeln (Brief an Engels vom 16. Mai 1868). Im Einklang damit drängt Marx seine in der Ferne wohnenden Freunde, ihn mit Material zu den Voraussetzungen, unter denen die landwirtschaftliche Produktion in den USA stattfindet, zu versehen, das einen anti-bourgeoisen Charakter trägt, so in einem am 4. Juli 1868 verfassten Brief an A. S. Meyer, in dem er auf seine Arbeit am 2. Band verweist.<br /><br />Zu 3. Dass sich Marx oder zumindest der ihm bei der Verfassung des „Kapital“ als Ratgeber stets zur Seite stehende Engels dessen bewusst waren, dass man den Charakter und die Tragweite des Inhalts der Bücher 2 und 3 wird dem kritischen Leser schwer vermitteln können, darüber informiert Rubel die Leser seiner Introduction auf der Seite CXXIII. Das von Rubel verwendete Material bezieht sich auf die Zeit nach Marxens Tod, in der Engels an der Edition der Bücher 2 und 3 arbeitete. In seinen Briefen an Kautsky und Lavrov aus dem Zeitraum zwischen September 1883 und Juni 1884 macht Engels die Voraussage, wonach das zweite Buch die Vulgärsozialisten arg enttäuschen wird. Denn es enthalte – und das sind Äußerungen, die Engels mehrfach wiederholen wird – fast ausschließlich sehr subtile und streng wissenschaftlich ausgerichtete Untersuchungen über Angelegenheiten, die sich innerhalb der Klasse der Kapitalisten abspielen. Also nichts, woraus man spektakuläre Formeln oder Deklamationen herleiten könnte (Brief an Kautsky vom 18. September 1883). Das zweite Buch sei rein wissenschaftlich und behandelt Fragen, die sich im Verhältnis des einen Bourgeois zum anderen stellen (Brief an Lavrov vom 5. Februar 1884). Engels fügt hinzu, das dritte Buch werde dagegen Passagen enthalten, von denen er sich fragt, ob es unter den Bedingungen des Sozialistengesetzes in Deutschland werden überhaupt publiziert werden können. Hier, so meint Rubel, kommt womöglich zum Ausdruck, dass Engels selbst vom Inhalt des Nachlasses enttäuscht war. Und dass er versucht, sich selbst zu trösten.Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-71278948269090001412011-08-14T22:33:00.004+02:002011-08-14T22:55:42.330+02:00Konstanzer Kreise MARX IS MUSS 1971-2011... <span style="font-weight:bold;">im Blick zurück</span>
<br />
<br />Der bielefeld/ZG kollege IG blickt im juli 2011 zurück und hat MiR angesteckt …
<br />
<br />IG in einem mail an seinen bielefelder diskussionskreis, aus dem ihm ein bericht, ausgelöst von der veranstaltung MARX IS MUSS juni 2011 berlin, geschickt wurde (auszug):
<br />„ … Bei mir hat der Text zahlreiche Erinnerungen geweckt, z. T. persönlicher Natur. Auf seiner Grundlage sehe ich mich in der Lage, vielleicht etwas dazu sagen, wohin ich selbst gehöre, allgemein und speziell im Hinblick auf verschiedene Richtungen der wissenschaftlichen Befassung mit Marx in Deutschland der 70er Jahre des 20. Jhts. ...
<br />...Auch in Erlangen hörte ich nicht damit auf, an der Universität dies und jenes zu treiben. Aber ich gewann dort Zugang zu einem festen Kreis von Personen und verstand einiges von dem, was sie bewegt. Es würde mich verlegen machen, wenn ich jetzt das Wissen ausbreiten müsste, das ich mir in Erlangen dabei aneignete (glücklicherweise erwartest Du das ganz sicher nicht von mir), dafür glaube ich in meinem Denken davon geprägt zu sein, eine Zeitlang einem bestimmten Kreis von philosophisch Denkenden Menschen angehört zu haben. Ich kann das insofern verallgemeinern, als ich für mein Leben sagen kann: für den geistigen Gewinn war stets der lebendige Zusammenhalt einer Gruppe oder eine Freundschaft oder am besten beides gleichzeitig unersetzlich. Das gilt insbesondere auch für meine Konstanzer Zeit.
<br />
<br />1971 trat ich eine Stelle am Philosophischen Seminar der Universität Konstanz an. Es war eine Assistenz bei Jürgen Mittelstraß, der kurz zuvor als „Erlanger“ nach Konstanz berufen worden war. Zwei „Erlanger“ fand ich in Konstanz vor, nach und nach kamen auch noch andere hinzu, so dass wir schließlich insgesamt fünf waren, die am Philosophischen Seminar der Universität Konstanz ihre akademische Laufbahn begannen oder fortsetzten. Allerdings ging schon sehr bald ein Riss durch diese Gruppe, mit dem sich ein Prozess fortsetzte, der als Auswirkung der Studentenbewegung bereits in Erlangen begonnen hatte und sich in Konstanz freilich nicht auf die aus Erlangen Gekommenen beschränkte.
<br />
<br />Der Hintergrund war: einige von uns, darunter zunehmend auch ich, gerieten unter den Einfluss der Studentenbewegung in der Weise, dass zum einen die marxistische Theorie, so wie sie im „Kapital“ sich darbot, Gegenstand unserer wissenschaftlichen Arbeit wurde und zum anderen wir Marxisten auch im Sinne unserer politischen Orientierung wurden, was heißen soll, dass wir unser Tun als einen direkten Beitrag zur Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse verstanden. In diesem breiteren Kontext wurden wir zu einem Teil jener wissenschaftlichen Strömung, die in dem Deiner Zusammenstellung zugrunde liegenden Text von Ingo Elbe als die „Neue Marx-Lektüre“ bezeichnet wird.1
<br />
<br />Wenn man das an Personen und persönlichen Kontakten festmachen will, so kann ich die Namen beider Gründer nennen: Helmut Reichelt und Hans-Georg Backhaus. Reichelt (um zunächst auf ihn einzugehen, auf Backhaus gehe ich später ein) war unmittelbar vor seiner Berufung nach Bremen noch eine zeitlang in Konstanz. In dieser Zeit war einer der „Erlanger“, Volkbert M. Roth mit ihm in Berührung gekommen und wurde dann ... mehrere Jahrzehnte lang die zentrale Figur eines Konstanzer Kreises, in dem „Das Kapital“ im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeit stand.
<br />
<br />
<br />Als ich selbst nach Konstanz kam, war Reichelt bereits nach Bremen gegangen. Mit Roth war ich befreundet und das bin ich auch heute noch. Ich weiß nicht, wie ich meine anfängliche Konstanzer Zeit überstanden hätte, wenn ich mich persönlich nicht auf ihn gestützt hätte. Ich weiß ebenfalls nicht, wie ich – wenn ich mir damals auch einbildete, eine gewisse Kenntnis der Lehre von Marx zu besitzen – den Zugang zu einer ernsthaften Beschäftigung mit dem „Kapital“ gewonnen hätte, wenn ich mich bei meinen ersten (und auch zweiten und dritten) Schritten damals auch in dieser Hinsicht nicht auf ihn gestützt hätte.
<br />
<br />Roth organisierte Forschungsprojekte und ob formell oder auch informell bildete sich um ihn herum immer wieder ein Kreis von Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern der Universität, den ich hier als den „Konstanzer Kreis“ bezeichne. Einige Arbeiten aus einem ersten Projekt, an dem ich kaum teilnahm, wurden bereits Anfang der siebziger Jahre bei Suhrkamp publiziert (Autoren: Roth, Dirk von Holt, Ursula Pasero – vielleicht die wichtigste publizistische Spur des Kreises)2. Meine Mitwirkung in dem Kreis erreichte ihre größte Intensität wohl zwischen 1975 und 1978. Referate, die ich zu einzelnen Themen aus dem „Kapital“ oder zum „Kapital“ vor dem Kreis hielt, wurden zur Grundlage meiner Habilschrift „Warum Das Kapital ein Torso blieb“, mit der ich allerdings den in dem Kreis vorhandenen partiellen Konsens bereits verließ. Bald danach nahm ich an der Arbeit des Kreises nicht mehr teil.
<br />
<br />Bevor ich versuche, zu meinem Thema auch inhaltliche Angaben zu machen, muss noch die Beziehung des Kreises zu Hans-Georg Backhaus kurz dargestellt werden: Den persönlichen Kontakt zwischen Roth und Backhaus hatte wohl Reichelt vermittelt, in der Folge davon stand auch ich mit Backhaus in Kontakt, den ich mehrfach in Frankfurt besuchte. Weil ich damals sehr schön wohnte – in der Schweiz auf dem Lande, dazu in einem „kleinen Patrizierhaus“, wie gerade Backhaus richtig bemerkte – war Backhaus bei einem kurzen Gastaufenthalt an der Konstanzer Universität bei mir untergebracht.
<br />
<br />Auf Veranlassung von Roth erhielt nämlich Backhaus in den siebziger Jahren (ich tippe auf das WS 1974/75) einen Lehrauftrag in Konstanz, dessen Wahrnehmung sich allerdings auf eine einzige Kompaktsitzung beschränkte. ...
<br /><span style="font-weight:bold;">
<br />II. Der Ansatz „Neue Marx-Lektüre“</span>
<br />Diese Schilderungen insgesamt indizieren einen inhaltlichen Zusammenhang. Die Arbeit von Roth und die des Kreises um ihn herum und schließlich auch meine eigene Arbeit entfalteten sich auf der Grundlage des Ansatzes „Neue Marx-Lektüre“, auch wenn sie uns und insbesondere mich zu Positionen geführt hat, von denen sich die sonstigen Vertreter der Richtung sicherlich energisch abgegrenzt hätten.
<br />
<br />Um den Ansatz zu charakterisieren stütze ich mich auf den Text von Elbe und frage mich anschließend, ob ich ihn aufgrund von meinen eigenen Erfahrungen ergänzen kann. Was charakterisiert nach Elbe den Ansatz?
<br />
<br />Die „Neue Marx-Lektüre“ war eine philosophische Lektüre von Marx. Dennoch stellte sie das Werk des reifen Marx, insbesondere „Das Kapital“ in den Mittelpunkt und räumte damit mit der Tradition der philosophischen Marx-Lektüre auf, die, in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen begründet, ihre Aufmerksamkeit vor allem dem jungen Marx geschenkt hatte.
<br />
<br />Obgleich das zumindest vordergründig sich als ökonomietheoretisch darstellende Opus von Marx ihr Gegenstand ist, konzentrierte die „Neue Marx-Lektüre“ ihr Interesse nicht darauf, Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Ökonomie empirisch auszumachen. Sie orientierte sich auch nicht an den geschichtstheoretischen Erwartungen auf ein Ende der Epoche, das aus ihr heraus sich von selbst einstellen wird.
<br />
<br />Positiv gewendet: die „Neue Marx-Lektüre“ stellte die Analyse der Formen, in denen sich, immanent gesprochen, die kapitalistische Vergesellschaftung vollzieht, in den Mittelpunkt. Sie bewahrte sich dabei die kritische Haltung gegenüber der Epoche und wollte zur Bewältigung der Aufgabe beitragen, den Zustand der „destruktiven gesellschaftlichen Naturwüchsigkeit“ (Elbe) zu beenden.
<br />
<br />...
<br />
<br />Ich erinnere mich, dass Backhaus sich während eines meiner Aufenthalte in Frankfurt intensiv mit Geldtheorien befasste. Er las nicht nur Marx, er las verschiedene Autoren aus der Zeit, in der vom Grundsatz her auch die Positionen von Marx Gegenstand der Diskussion unter Wirtschaftswissenschaftlern waren. Im Gespräch mit mir referierte er, nahm Stellung, formulierte seine Zielvorstellungen. Aber für mich war schon damals sein Ansatz mit methodischen Grundmängeln behaftet. Auf der anderen Seite fehlte bei mir die Bereitschaft, mich mit ihm auf eine offene Diskussion einzulassen.
<br /><span style="font-weight:bold;">
<br />III. Wie ich mich von der „Neuen Marx-Lektüre“ absetzte</span>
<br />Ich versuche jetzt in mich hineinzuhören und mir die spezifischen Akzente unserer Arbeit von damals in Stichworten in Erinnerung zu rufen. Ja, in der Tat: Formanalyse, Wertform, Analyse der Wertform. Formen ableiten. D.h. sie in einen größeren Zusammenhang stellen bzw. aus ihm plausibel „herleiten“. Dabei die Totalität des gesellschaftlichen Zusammenhangs, die Entfaltung des gesellschaftlichen Gesamtsubjektes erfassen.
<br />
<br />Auf der einen Seite haben derartige Aufgaben breit angelegte und sorgfältige Studien der einzelnen Partien des „Kapitals“ erfordert. Diese betrieben wir tatsächlich. Auf der anderen Seite war unter den Bedingungen der „Neuen Marx-Lektüre“ auch ein gewisser freier Umgang mit Elementen der Theorie möglich, ja sogar nötig. Wie stellt man, stets mit der besten Absicht die im Werk enthaltene Theorie zu begreifen, größere Zusammenhänge her, wie setzt man die Elemente zu größeren Einheiten zusammen? Was schließt sich aneinander an, was passt am besten wohin?
<br />TREFFLICH !
<br />Wenn ich jetzt aber sagen soll, wie der Zusammenhang begriffen wurde, was als Ausgangspunkt und was als Zielpunkt angesehen wurde, so fällt es mir schwer, irgendetwas Bestimmtes zu sagen. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemand aus Konstanz bzw. aus der Schule der „Neuen Marx-Lektüre“, methodischen Reflexionen von Marx und zugleich der Hegelschen Phänomenologie im Grundsatz folgend, Wendepunkte in die Theorie hineinkonstruiert hätte. So dass man den Ort bestimmt hätte: bis hier hat die Theorie einen vorläufigen Charakter. Sie sucht immer noch ihren endgültigen Anfangspunkt. Hier hat sie ihn gefunden. Von hier an wird das System der sicheren Erkenntnis aufgebaut.
<br />
<br />Die Rezeption der Theorie durch die „Neue Marx-Lektüre“ rekonstruierte den Gedankengang des „Kapital“ vielmehr wie eine Einbahnstraße und nahm besonders ernst die am Anfang des ersten Buches stehenden Ausführungen. Die dort stehende Herleitung der Begriffe der Ware, des Wertes und des Mehrwerts war ein zentraler Punkt dieser Rezeption. Dass ich diese Begriffe als vorläufige Festlegungen auffasse, die als Zugriff auf den Punkt dienen, von dem aus die definitive Sicht der Dinge möglich wird, ist (soweit ich sehe) ein Moment, das meine Position von den innerhalb der „Neuen Marx-Lektüre“ eingenommenen Positionen unterscheidet.
<br />
<br />Dazu sah ich mich gezwungen durch Joachim Nanninga. Auch er ein „Erlanger“, ein sehr scharfsinniger junger Mann, der die am Anfang des ersten Buches stehenden Ausführungen mit Mitteln der Erlanger Schule (Logik, Sprachphilosophie) zerpflückte. Das war der Inhalt seiner Dissertation und, in zusammengefasster Form, eines Vortrags in Konstanz3. Bei dieser Gelegenheit traf ich mich mit Nanninga zu einer Diskussion, die die meine folgende Überlegung zum Ergebnis hatte: Die am Anfang des ersten Buches stehenden Ausführungen können nicht als eine taugliche, strenge Herleitung von Begriffen angesehen werden. Sie können aber in einer anderen Weise aufgefasst werden und behalten dann ihren Sinn.
<br />
<br />Also - um auf die oben gestellte Frage nochmals anzuknüpfen - was wird woraus hergeleitet? Formen aus Formen? Ich war damals schon so weit zu meinen, dass auf jeden Fall die Reihenfolge umzukehren ist. Bei der Gewinnung der gesicherten Erkenntnis wird nicht Kapital aus Ware und Wert, sondern Ware und Wert aus Kapital hergeleitet. Hergeleitet, indem die Funktionalität von Ware und Wert für die Funktionsweise des Kapitals aufgezeigt wird. Kapital als objektiver Geist. Und als Form zugleich. Aber wo es Form gibt, da muss es nach der urklassischen philosophischen Lehre auch eine Substanz geben. Wo bleibt sie, woraus besteht sie?
<br />
<br />Die Antwort, die ich fand, formulierte ich wohl erst in Bielefeld im Jahre 1990. Den Anlass bot das Angebot meines Freundes Jürgen Buchmann, einen Vortrag in einer Veranstaltung zu halten, die er im WS 1990/91 am Oberstufenkolleg hielt. Meine Antwort wird dokumentiert in dem Vortragstext, der Euch zur Verfügung steht. Mit ihm schloss ich meine Beschäftigung mit Marx in substanzieller Hinsicht ab. Meine Antwort ist auf jeden Fall dem Verständnis seiner im „Kapital“ dargelegten Theorie als einer philosophischen Theorie angemessen. Denn sie betrifft seine grundlegende Position darüber, was den Menschen (Menschen als Gattungswesen) ausmacht: seine Fähigkeit in einem unbegrenzten Prozess seine produktiven Fähigkeiten zu entfalten. Die Formen, in denen sich der kapitalistische Produktions- und Zirkulationsprozess vollzieht, werden aus ihrer Funktionalität für diesen Prozess begriffen.
<br />
<br />Natürlich ist das eine Lösung, die nur zu einem sehr teuren Preis erkauft werden kann. Zum Preis, dass man sich eingesteht, dass man zum Kernpunkt der Theorie von Marx etwas erklärt, was Marx gerade zum Gegenstand seiner Kritik an der klassischen politischen Ökonomie gemacht hat, die Überzeugung nämlich, wonach der Kapitalismus in einer vollendeten Weise die menschliche Produktivität fördert. Dass man also beansprucht, Marx dessen überführt zu haben, er habe selbst mit seiner Arbeit statt einer Kritik ungewollt eine weitere Bekräftigung der klassischen politischen Ökonomie geliefert. Er sei also mit seinem Vorhaben gescheitert, und dies nicht nur, indem er es nicht vollenden kann, sondern indem er darüber hinaus seinen Lesern genau das Gegenteil von dem zeigt, was er hat zeigen wollen. All das selbstverständlich hinter der Oberfläche des Werkes, in dem das Scheitern nicht eingestanden, sondern der Schein aufrechterhalten wird, das Werk halte das Versprechen, die Kritik vollende sich mit jedem Schritt, mit dem sie äußerlich voranschreite.
<br />
<br />Bekanntlich wurde das Werk nicht vollendet oder zumindest: es wurde von Marx nicht vollständig publiziert. Dass der Verfasser möglicherweise sogar mit seiner Produktion gescheitert sei, dafür gibt es höchstens einmal so etwas wie ein Eingeständnis. Jemandem, der danach fragte, wann er die von ihm nicht herausgegebenen Partien von „Das Kapital“ publizieren werde, gab Marx in seinen späten Jahren zur Antwort, dafür müssten sie erst geschrieben werden.4
<br />
<br />In welchem Maße das nicht publizierte Werk von Marx „geschrieben“ war, darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Ja, man kann es sogar unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten und dann voneinander abweichende Antworten geben, die aber dennoch weitgehend zutreffend sind, wie das z. B. auf der einen Seite Maximilian Rubel und auf der anderen Franz Borkenau taten, beide noch bevor Marxsche Manuskripte veröffentlicht waren. Das ist nämlich erst in den letzten Jahren geschehen. Erst mit einigen nach 1990 veröffentlichten Bänden der MEGA 2 stehen uns in publizierter Form alle Handschriften von Marx zur Verfügung, die Engels bei seiner editorischer Arbeit an den Bänden 2 und 3 des Werkes nutzte5.
<br /><span style="font-weight:bold;">
<br />IV. Wie kam ich mit Manuskripten von Marx in Berührung </span>
<br />Mit der Erwähnung der beiden Männer kann ich z.T. wieder auf die biographische Ebene zurückkehren. Mit Rubel stand ich in den 80-er Jahren eine Zeitlang in Kontakt und besuchte ihn 1985 oder 1986 in Paris. Wer war Maximilian Rubel? Der Mann, der im Rahmen der Bibliotheque de la Pleiade (einer französischer Reihe mit Ausgabe der klassischen Werke vor allem der französischen Literatur, alle Bände in Leder gebunden) eine Übersetzung des „Kapitals“ ins Französische herausgegeben und mit einer sehr ausführlichen und wertvollen Einleitung versehen hat. Der Herausgeber einer Zeitschrift (Cahiers de ?), eines Forums für ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzungen über Marx und Marxismus. Ein bedeutender Marx-Forscher selbst, der weitgehend seine Arbeit auf das eigene Studium der Manuskripte stützte. Die Pleiade-Übersetzung besorgte er z.T. selbst und zog dabei direkt das große Manuskript von Marx zum 3. Buch heran.
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<br />Marx-Manuskripte werden zum grössten Teil im Archiv des IISG in Amsterdam aufbewahrt. Zunächst befanden sie sich im Archiv der SPD und gerieten während der Zeit der NS-Herrschaft und des 2. Weltkriegs auf eine abenteuerliche Reise durch verschiedene Länder. Dem von Rjazanow in Moskau geleiteten Institut wurde in den zwanziger Jahren erlaubt, auf photomechanische Weise eine Parallelsammlung anzulegen, in der dann auch einige Originale landeten. Auf unlautere Weise wohl.
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<br />Zu solchen, in Moskau aufbewahrten Manuskripten gehört ein wichtiger Entwurf zum 2. Buch, das Manuskript II, das in russischer Übersetzung publiziert wurde noch lange bevor man innerhalb der MEGA die ersten zum „Kapital“ gehörenden Manuskripte zu veröffentlichen begann. So war im 20. Jh. ein erster Einblick in die Manuskripte von Marx zum 2. und 3. Buch und ein erster Vergleich damit, wie Engels sie bearbeitete, durch zwei Veröffentlichungen möglich, die beide nicht in deutscher Sprache erfolgten: durch die soeben erwähnte Moskauer Publikation und durch die Rubelsche Übersetzung des 3. Buches.
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<br />Ich reiste Ende der 70-er und Anfang der 80-er Jahre öfter nach Amsterdam, zunächst um mir im IISG einen eigenen Überblick über die Manuskripte von Marx zum 2. und 3. Buch zu verschaffen. Dabei ist für den Normalbenutzer des Archivs gleichgültig, ob das Archiv ein Manuskript im Original besitzt oder nur als Kopie des in Moskau aufbewahrten Originals. Denn in jedem Fall werden ihm im Lesesaal des Instituts nur Kopien der Manuskripte zur Verfügung gestellt. Das ist zwar verständlich, erschwert aber die Arbeit insofern, als die Handschrift von Marx ohnehin nur schwer zu entziffern ist. Im Nachhinein meine ich, es habe sich dennoch für mich gelohnt, selbst mit diesem Material in Berührung gekommen zu sein.
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<br />Später machte ich mich an den Versuch, einen Text für die Publikation vorzubereiten. Es handelte sich dabei um das Manuskript VIII für das 2. Buch, ein später Entwurf für einen Teil des 2. Buches, der den Charakter einer eigenständigen Schrift hat. Engels hat es für seine Publikation des 2. (?) Abschnitts des 2. Buches fast vollständig verwertet, ist dabei aber sehr frei vorgegangen, d.h. er hat die Reihenfolge seiner Teile verändert und mit Teilen des Manuskriptes II kombiniert. In seinem Vorwort hat Engels sehr genau angegeben wie er vorgegangen ist, so dass schon auf der Grundlage seiner Edition und seiner Angaben eine Rekonstruktion des Originals in seinen Hauptzügen möglich ist.
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<br />Aber für die genaue Paginierung ist die Heranziehung des Manuskriptes erforderlich und dann kommt man in Verlegenheit: wie sonst auch und wie von ihm selbst beschrieben, hat Engels am Text, an der Sprache der Manuskripte stets sprachlich, stilistisch geändert. Daher ist es in vielen Fällen nicht mehr möglich in der Ausgabe von Engels die genaue Stelle, das Wort zu finden, mit dem die eine Seite des Manuskriptes endet und die andere beginnt. An solchen Stellen entschied ich mich, ganze Passagen aus dem Originalmanuskript zu übernehmen. Dabei musste ich auf die Grenze achten, unter der bei der Übernahme des Originals eine Veröffentlichung ohne besonders eingeforderte Zustimmung der Archivleitung möglich ist.
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<br />Als die weitere Zukunft des Unterfangens MEGA 2 Ende der 80-er Jahre ungewiss wurde, eröffnete sich für meine Arbeit am Manuskript VIII die Perspektive, im Falle einer Veröffentlichung als mittelfristiger Ersatz für die unmittelbare Publikation des Manuskriptes sinnvoll zu sein. Inzwischen ist das Schicksal des Gesamtunterfangens MEGA 2 geklärt und das Manuskript VIII in seinem Rahmen publiziert.
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<br />Übrigens, zum 100. Todesjahr von Marx veröffentlichte Rubel eine Überlegung zu einer neuen kritisch-wissenschaftlichen Ausgabe der Werke von Marx. Seine Argumentation weist Mängel der beiden MEGA-Ausgaben nach, von denen der erste in der Tat darin besteht, dass sie eine Ausgabe der Werke zweier Autoren ist – ein merkwürdiger Tatbestand, der anzeigt, dass hier die editorische Arbeit sich politischen Kriterien unterwirft und Legenden perpetuiert (Marx und Engels als Väter des wissenschaftlichen Sozialismus).
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<br />Auf die Frage, wie weit Marx „Das Kapital“ vollendete, können unterschiedliche Antworten gegeben werden, wie bereits gesagt. Ich hielt mich lange an die Darstellung von Rubel, wonach Marx eine ganze Menge von Manuskripten und Manuskriptfragmenten hinterließ, die von einem verzweifelten Bemühen, sein Werk voranzubringen, zeugen. Engels scheute sich, daraus ein Werk zu machen. Seine Interventionen in den Text betrafen nur die Oberfläche. Aber mit seiner Edition errichtete er schließlich eine Fassade, die den Anschein eines vom Autor vollendeten Werkes erzeugt. So weit Rubel.
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<br />Ganz anders ein Forscher, der sich wohl nicht eingehend mit Manuskripten selbst beschäftigt hatte: Franz Borkenau. Im Vorwort zu einer kleinen Ausgabe der Werke von Marx, als Fischer Taschenbuch in den sechziger (oder bereits fünfziger) Jahren des 20. Jahrhunderts erschienen, legte er Wert auf die Feststellung, dass Marx seine Arbeit am Kapital um das Jahr 1871 herum abbrach. Was Marx hinterließ, waren nicht nur Fragmente, sondern auch Entwürfe für ganze Bücher, die er aber für sich behielt, in den Schubladen seines Schreibtisches „schmoren“ ließ. Borkenau kann seine Darstellung vor allem auf die Tatsache stützen, dass Marx im Jahre 1865 einen zusammenhängenden Entwurf des 3. Buches niederschrieb. Genau dieser Entwurf wurde zur Grundlage der Ausgabe von Engels, dem es aber sehr viel Kopfzerbrechen bereitete und dessen Edition sich um 10 Jahre verzögerte. Warum wurde es von Marx selbst nach dem Erscheinen des 1. Buches im Jahr 1867 nicht überarbeitet und nicht publiziert?
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<br />Hier ist ratsam, in die Betrachtung Ereignisse einzubeziehen, die der Publikation des 1. Buches im Jahr 1867 unmittelbar vorausgingen. Von seinem Hamburger Verleger Meißner erwartete Marx, dass er das 1. Buch für sich veröffentlichen wird. Meißner wollte dagegen das ganze Manuskript haben, bevor er zu drucken beginnt. Marx setzte sich durch, versprach allerdings die schnelle Nachlieferung weiterer Manuskriptteile, ein Versprechen, dessen unrealistischen Charakter er selbst sehr gut kannte. Dieser Zusammenhang wurde von Rubel erforscht und zutreffend dargestellt.
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<br />Das erste Buch enthält historisches, illustrierendes Material im großen Umfang. Theoretische Partien, denen es zugeordnet ist, betreffen die Länge des Arbeitstages, die Mechanisierung der Produktion und die Vertreibung der Landbevölkerung am Anfang der Industrialisierung. Dieses historische Material entnahm Marx weitgehend amtlichen Berichten, den parlamentarischen Industrial Reports, speziellen parlamentarischen Berichten zur Kinderarbeit etc. Es waren all das Ergebnisse der Arbeit von parlamentarischen Kommissionen, die eingesetzt wurden, um Missstände zu bekämpfen. Auch wenn man die entsprechenden Partien des Werks von Marx nicht kennt, es ist leicht sich vorzustellen, dass es sich um ein düsteres, oft empörendes Bild handelt, die die Reports zeichnen.
<br />
<br />Weil es so ist, kann auch die Theorie für sich den kritischen und revolutionären Charakter beanspruchen. Aber nur zum Schein. Das erweist sich schon darin, dass sich kaum historisches Material anbot, mit dem Marx seine Theorie der folgenden Bücher bzw. seine Theorie im Ganzen hätte mit dem gleichen Effekt illustrieren können: der Theorie den Anschein zu verleihen, kritisch und revolutionär zu sein. Wie aber in verbleibenden Partien aus einer ausgesprochen affirmativen Theorie eine kritische zu machen, das war die unlösbare Aufgabe vor der Marx nach der Publizierung des 1. Buches stand. Diese Frage rief bei ihm eine Verlegenheit hervor, die ihn zum Verstummen brachte.
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<br />Wie Borkenau richtig beobachtete, gab Marx sein Vorhaben Anfang der siebziger Jahre auf und bearbeitete seine Manuskripte nicht mehr - übrigens unabhängig davon, wie abgerundet oder fragmentarisch sie auch geraten waren. Dass das Ergebnis seiner Arbeit an der Kritik der politischen Ökonomie für Marx enttäuschend ausfiel, bedeutete freilich nicht, dass sich seine Haltung gegenüber dem Gegenstand selbst verändert hätte. Die Krisen des Kapitalismus, wie im Text von Haug im Kasten am Anfang Deiner Zusammenstellung in Anschluss an Marx gesagt wird, pauken „zumindest den Wacheren jeder Generation“ Dialektik ein.
<br />
<br />Eine Aporie durchzieht das Denken von Marx. Auf der einen Seite hängt er dem Ideal einer menschlicheren Gesellschaft an, in der es kein Elend und keine Erschütterungen durch Krisen gibt. Auf der anderen Seite schreibt er dem Menschen die Bestimmung zu, seine Produktivkraft immer weiter zu entfalten. Und insgeheim muss er eine Gesellschaftsordnung feiern, in der Menschen unabhängig von den Intentionen, die sie in ihrem Handeln leiten, in unabdingbarer Weise ihre Bestimmung erfüllen. Von dieser Seite her setzt er eine Tradition des neuzeitlichen Denkens fort: Hegels objektiver Geist oder Hobbes Leviathan leben in seinem Denken fort. Das Ergebnis seiner Kritik ist also nicht ein bloßes Malheur seiner gedanklichen Bemühungen, in ihm kommt zum Vorschein ein ureigenes Element seines Denkens, … -es ist mit anderen Elementen unvereinbar.
<br />
<br />Schließlich möchte ich noch sagen, dass Deine Zusammenstellung wertvolle Gedanken über die Frankfurter Schule enthält. Sie verfuhr eklektisch. Zur Lehre von Marx traten Elemente empirischer Sozialwissenschaft und der Psychoanalyse hinzu und es entstand eine heute für uns nur schwer verdaubare Mixtur. Aber sie hatte einen großen Vorzug: sie versuchte sich am Erfahrbaren zu orientieren und verwarf Fiktionen, vor allem die Fiktion des revolutionären Bewusstseins der Arbeiterklasse. Das erwähne ich, weil wir in unserer Sitzung bei der Einschätzung der Frankfurter Schule ins Grübeln kamen und keiner von uns etwas Erhellendes sagen konnte. ...“ <span style="font-weight:bold;">Soweit IG 2011
<br />
<br />nun zurück in die sixties & MiR</span>
<br /><span style="font-style:italic;">latein & griechisch, dialogische logik, 1968</span>
<br />… es wurmte mich schon früh, jenes mir (MiR) undurchschaubare „argumentieren“ (einiger lehrer) mit etymologien und antikisierender „bildungssprache“ - und so erwarb ich, um durchzublicken, in einer kleinen hochschule am rande eines großen waldes nördlich ffm mir grundkenntnisse in der muttersprache der ersten philosophen, so gerüstet kam ich an die Uni Erlangen zu kamlah/lorenzen mit ihren assistenten mittelstraß und lorenz. Kuno lorenz wurde mein mentor. er hatte die ddr verlassen müssen, um studieren zu können (wie backhaus). IG war schon vor ort und bald auch der philosophierende mitschüler WOP. in erinnerung ist mir ein seminar LOGIK & GRAMMATIK 1965, das mich zu meiner diss EINIGE LOGISCHE STRUKTUREN DEUTSCHER GEGENWARTSSPRACHE anregen sollte. (es blieb dies ein volkssprachbezogener seitenast der „erlanger schule“; ) mein gedanke dabei war, ob nicht die zugehörigkeit zur deutschen sprachgemeinschaft schon kenntnis (know how) logisch begründbaren vorgehens einschließt, was BEIM BERATEN in der öffentlichkeit wirksam werden kann. man sagte mir manchmal bescheid, wenn eine diskussionsleitung bei einer der studentischen versammlungen gebraucht wurde und da konnte ich, wenn die versammelten mich wählten, die gerade bei lorenzen gelernten unterscheidungen einsetzen: was nicht mit überzeugenden gründen verlangt oder verboten werden kann, ist freizustellen. dies motto verband sich gut mit dem bewegten und bewegenden zeitgeist von ´68 ! und dann gab es da noch veranstaltungen der „kritischen universität“ (altvater, 2 x neusüss, huisken, krause, sieveking, schnepel, ... die wop und mir anlass gaben zur mutigen frage: „und warum braucht der kapitalismus alle 7 jahre einen mörderischen raubkrieg?“ → Kapitalvernichtung /Überakkumulation<- ! „und warum geht das nur mit kriegsmaschinen, nicht auch mit kitzelmaschinen?“ (nach einem moment verblüffter stille, einige gluckser -) → Euch fehlt das Klassenbewusstsein: es geht auch um Macht!
<br /><span style="font-style:italic;">
<br />Lässt sich MARX verstehen oder ist das alles murks?</span>
<br />später dann lasen wir in konstanz u.a. erlanger texte zur OBERFLÄCHE mit interesse und verglichen sie mit unseren ergebnissen... hinter der trinitarischen formel schien uns bei näherem zusehen eine >Troika mit Lenkendem< zu flitzen, …
<br />
<br />1969: an der neu gegründeten kleinen feinen uni am bodensee gab es einen ableger der „ERLANGER SCHULE“ . friedrich kambartel (später ffm) war als junger mann von der uni münster dorthin auf den ersten philosophielehrstuhl berufen worden. dies machte die runde auf dem heidelberger philosophiekongress 1966 DAS PROBLEM DER SPRACHE; ich war 21 und wohl durch eine unerschrockene wortmeldung aufgefallen...1967 war ich in oxford und 1969 wurde ich in erlangen promoviert und trat ein in den konstanzer mittelbau. Als mitglied im personalausschuss setzte ich mich 1971 erfolgreich für die vergabe einer ass.-stelle an IG ein. seine stelle war mittelstraß zugeordnet, meine kambartel.
<br />wir verfolgten aber eigenständig unsere pläne in forschung und lehre im kontakt mit „den jüngeren leuten“. damals wurde im konstanzer großen senat der uni die drittelparität eingeführt und ich war ein mittelbau senatsmitglied. vielleicht lernte ich so rudolf hickel kennen. An unserer reformuni gab es keine veranstaltungen zur KRITIK DER POLITISCHEN ÖKONOMIE : hickel regte an, die lücke zu schließen, kam aber selber nicht dazu – und so beantragten wir ein forschungsprojekt der universität und ich organisierte mit verschiedenen partnern, so auch IG, interdisziplinär gut besuchte lehrveranstaltungen, „lernklubs“ zum KAPITAL. Hickel wurde an die uni bremen berufen (wie später auch reichelt) und manche „unserer“ leute gingen auch dorthin. Ich blieb. Nico und Ulla pasero hatten kontakt zur familie reichelt, helmut studierte in ffm , wohin er jede woche für ein paar tage mit einem schnellen auto fuhr, weib und kind lebten in konstanz. „wertform“ wurde als stichwort von ulla in unsere anfangsdebatten eingeworfen und ich hörte ihr aufmerksam zu, so war es dann auch in den seltenen begegnungen mit helmut, dessen diotima schien ein h.g. backhaus zu sein, selber voller frankfurter schnurren steckend (adorno / krahl / …). und offenbar angefressen von der mikrolektüre verschiedener fassungen der marxschen gedanken zur wertform (der ware). backhaus war (damals) bedeutend älter als ich, aber typ „ewiger student“ mit einer bude im zweiten hinterhaus - wir mochten einander, als ich hingefahren war. und in meinen semesterferien fuhren wir zum philosophie – kollegen emilo agazzi nach pavia (mit emilio gab es jahre später eine zusammenarbeit während seiner wiederholten sommerreisen zum bodensee; er stöberte in den konstanzer buchhandlungen und übertrug auch ergebnisse des zweiten MARX-forschungsprojekts).
<br />KERNSTRUKTUR UNSERER KAPITALISTISCHEN GESELLSCHAFT , Ffm 1972 ist ein schmales bändchen geschrieben an der adria, in dem ich festhalten und weitergeben wollte, was wir uns zu kapital bd. I (MEW 23) erarbeitet hatten. Ein beispiel dafür , was nun NEUE MARX – LEKTÜRE genannt wird.
<br />Für mich war es ein zwischenschritt hin zur ausweitung der wertformanalyse auf den umfang der 3 systematischen bände DAS KAPITAL. 1974 bot sich die gelegenheit in der edition suhrkamp ein zwischenergebnis vorzulegen unter dem titel ZUR WERTFORMANALYSE (es 633); im von mir verfassten schlussteil versuchte ich eine erste fassung des inneren argumentativen bands der systematischen gesamtanalyse zu skizzieren. damit sollte eine durchgängig philosophische auffassung des hauptwerks von marx für mich gestalt annehmen – und dies sollte „das ganze“ in den blick nehmen / statt wie bei (vielleicht gründlicheren) anderen wertform-forschern über die anfangskapitel nicht hinauszukommen. dies mochte unbescheiden sein. unbestreitbar nötig ist es. und inzwischen standard. ich denke, dass hier auch eine gemeinsamkeit mit den arbeiten von IG zu den manuskripten (bd. I bis III) vorliegt.
<br />
<br />Eben diese versprechung, das ganze des KAPITAL zum thema (formanalytischer) betrachtung zu machen, brachte 1976 die einladung an die sydney university. Hier beginnt eine freundschaft und intensive zusammenarbeit mit michael eldred und dann, nach der rückkehr im herbst 1976 der zweite KONSTANZER KREIS. ein weiterer sydney student betreut den druck von GUIDE to READING CAPITAL, London 1978: wir legten karl eins aufs grab. Damit fand das projekt LERNCLUB zunächst einmal seinen abschluss. inzwischen bieten elektronische medien neue möglichkeiten und ich nutze sie; with a little help from my friends ...
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<br />IG (1) und MiR (2)<span style="font-style:italic;"></span></span>
<br />kennen sich 2011 bereits 45 jahre, waren gemeinsam in der „erlanger schule“, dann mittelbaukollegen, wohnten zeitweise zusammen, machten gemeinsam reisen, so auch zu den marx-manuskripten nach amsterdam. 1 hatte von >MARXISMUS< schon kenntnis erhalten in titos jugoslawien. 2 war im gymnasium im rheinland ohne das durchgekommen und erst gegen ende der universitätsausbildung durch die (leicht verspätete) süddeutsche „studentenbewegung“ neugierig geworden, konzentrierte sich dann erst als junger dozent auf die mikrolektüre der 3 bände KAPITAL – in der annahme, dass sich hier der systematische kern „kritischer theorie“ zeigen müsste, wenn es einen solchen gab. es verstand sich, dass dieser weg weder von der älteren, noch von der jüngeren frankfurter schule beschritten worden war. 2 zog 1, unterstützt vom zeitgeist, in dieses unterfangen mit hinein. 1 aber sank nicht kopflos hin, er ging immer wieder auch eigenen einfällen nach. Einer davon wird dann für 2 zum leitfaden, das erarbeitete material neu zu organisieren: als dialog.
<br />Die dialogische „Prozedur, welcher sich das natürliche Bewusstsein bei dem Eintritt in das spekulative Denken unterwirft“ (Glaser nimmt hier Hegel´sche Redeweise auf, die Entsprechungen sind im Folgenden in Klammern gesetzt) lässt sich kurz so summieren:
<br /><span style="font-weight:bold;">1. „Das spekulative (systematische) Denken mutet an keiner Stelle dem natürlichen Bewusstsein (Alltagsverständnis) zu, sich aufzugeben. Vielmehr baut es auf diesem in einer eigentümlichen Art auf und überführt es in etwas, was immer noch es selbst und zugleich nicht mehr es selbst ist.“
<br />2. Das „natürliche Bewusstsein“ darf „auf seinen sämtlichen Erfahrungen beharren – unter der Voraussetzung, dass es die Geltendmachung seiner Erfahrungen dem Anspruch des spekulativen Denkens unterwirft, sich von diesem den systematischen Ort vorschreiben lässt, an dem es jeweils mit seinem Erfahrungen argumentiert. ... es muss bereit sein, Einwände zurückzustellen, bis die systematische Theorie die Stelle erreicht hat, wo sie erörtert werden sollen.“
<br />3. In der „Artikulation seiner Einwände ist am Anfang des systematischen Vorgehens das natürliche Bewusstsein“ unbeschränkt. „Der mit der Systematisierung der Erfahrungen“ – des Alltags – „einhergehende kategoriale Fortschritt grenzt dann die Möglichkeiten ein, wie das natürliche Bewusstsein“ –im Dialog mit dem systematischen Denken – „seine Erfahrungen einbringen kann.“
<br />4. „Die Analyse endet dort, wo das natürliche Bewusstsein die Herkunft der in ihm herrschenden Kategorien aus den durch die systematische Analyse aufgedeckten ... Verhältnissen erkannt hat ... Damit hat sich das natürliche Bewusstsein im systematischen spekulativen Denken aufgehoben ohne je seine Erfahrungen aufgegeben haben zu müssen.“</span> In der von Kuno Lorenz herausgegebenen Lorenzenfestschrift „Konstruktionen versus Positionen. Beiträge zur Diskussion um die konstruktivistische Wissenschaftstheorie“ (Berlin / N.Y. 1979) unter dem Titel „Das dialektische Denken und das natürliche Bewusstsein“ veröffentlicht. Vgl. auch: Volkbert M. Roth, Zum wissenschaftlichen Anspruch der Wertformanalyse: AUFGREIFEN aus dem Alltagsverständnis der Realität, HERLEITEN von Analyse-Kategorien, Begründung von DARSTELLUNGSVORAUSSETZUNGEN. Eine sozialphilosophische Studie, Habilitationsschrift Universität Konstanz 1976
<br />Wie es MiR 2011 (heute) scheint, macht 1 die größeren sprünge, 2 scheint beharrlicher. das zeitweise enge, dann wieder lockerere verhältnis führt zu gegenseitiger anregung. in auseinandersetzung mit habermas (starnberg) auf einladung von welmer (konstanz) hatte 2 die meinung vertreten, es lohne sich nicht, <span style="font-style:italic;">das</span> rekonstruieren zu wollen, was der unwichtigere bestandteil in der mischung MARXISMUS sei. Er warf auf dem stuttgarter hegel-kongress 1975 „ist systematische philosophie möglich?“ die frage auf, ob nicht mit der starnberger rekonstruktion „des historischen materialismus“ ein weg eingeschlagen werde: MIT MARX AN MARX VORBEI? 1 konnte an die Unterscheidung von unvereinbaren bestandteilen anknüpfend zur these verschärfen: nur wegen der breitenwirkung des „schwächeren Teils“ habe sich der marxismus durchgesetzt. „Die große Autorität, die sich Marx und Engels in der Arbeiterbewegung erworben haben, beruht nicht darauf, dass sich Marx und Engels mit ihren eigentlichen wissenschaftlichen Werken durchgesetzt haben.“ Warum der Plural? „Sie haben sich vielmehr Autorität erworben, indem sie (mehr oder weniger willkürlich) Kompromisse mit dem herrschenden Bewusstsein dieser Bewegung eingegangen sind“ Ivan Glaser, Die historische Dimension der dialektischen Theorie. In: Mittelstraß/Riedel (Hg.), Vernünftiges Denken. Studien zur praktischen Philosophie und Wissenschaftstheorie. Wilhelm Kamlah zum Gedächtnis, Berlin-New York 1978, S. 300
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<br />
<br /> Es spricht einiges für diese these. Was aber ist mit dem stärkeren teil? lorenzens wiederaufnahme des griechischen ΆΓΩΝ (wettkampf) in der konzeption einer dialogischen logik und hegels eintreten für eine versöhnung von spekulativem denken und natürlichem bewusstsein wird von 1 so formuliert, dass 2 darin die möglichkeit eines dialogischen selbstverständnisses für die formanalytische rekonstruktion des stoffs der systematischen kapitalanalyse sehen kann. Rückblickend betrachtet lag das nahe, denn das schon von wittgenstein praktizierte verfahren der spracheinführung ausgehend vom alltagshandeln hatte 2 während der erlanger zeit schätzen gelernt. Darüberhinaus erinnern die von 1 umrissenen „SPIELREGELN“ an die zusammenarbeit von proponent und opponent in dialogen , in denen die gültigkeit von aussagen, die logische funktoren enthalten, geprüft wird.
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<br />1 schreibt „torso“ und 2 „systemfragment“ - sie sehen beide den fragmentarischen charakter. Was bedeutet die rede vom systemfragment in der anwendung auf die marx-engels texte?
<br />1 untersucht die marx-manuskripte, mit deren bearbeitung engels den anschein einer mit KAPITAL bd III abgeschlossenen marx-engelsschen kapitalanalyse herstellen konnte: warum hörte MARX nur wenige jahre nach der erstveröffentlichung von KAPITAL bd. I mit der arbeit zum abschließen seines hauptwerks auf? 2 meint, das könne ja verschiedene gründe haben … wobei es schon nachdenklich stimmt!
<br />Bei 1 jedoch verfestigen sich einzelfeststellungen schließlich zu diesem bild: „Das erste Buch enthält historisches, illustrierendes Material im großen Umfang. Theoretische Partien, denen es zugeordnet ist, betreffen die Länge des Arbeitstages, die Mechanisierung der Produktion und die Vertreibung der Landbevölkerung am Anfang der Industrialisierung. Dieses historische Material entnahm Marx weitgehend amtlichen Berichten, den parlamentarischen Industrial Reports, speziellen parlamentarischen Berichten zur Kinderarbeit etc. Es waren all das Ergebnisse der Arbeit von parlamentarischen Kommissionen, die eingesetzt wurden, um Missstände zu bekämpfen. Auch wenn man die entsprechenden Partien des Werks von Marx nicht kennt, es ist leicht sich vorzustellen, dass es sich um ein düsteres, oft empörendes Bild handelt, das die Reports zeichnen.
<br />Weil es so ist, kann auch die Theorie für sich den kritischen und revolutionären Charakter beanspruchen. Aber nur zum Schein. Das erweist sich schon darin, dass sich kaum historisches Material anbot, mit dem Marx seine Theorie der folgenden Bücher bzw. seine Theorie im Ganzen hätte mit dem gleichen Effekt illustrieren können: der Theorie den Anschein zu verleihen, kritisch und revolutionär zu sein. Wie aber in verbleibenden Partien aus einer ausgesprochen affirmativen Theorie eine kritische zu machen, das war die unlösbare Aufgabe vor der Marx nach der Publizierung des 1. Buches stand. Diese Frage rief bei ihm eine Verlegenheit hervor, die ihn zum Verstummen brachte.
<br />Wie Borkenau richtig beobachtete, gab Marx sein Vorhaben Anfang der siebziger Jahre auf und bearbeitete seine Manuskripte nicht mehr - übrigens unabhängig davon, wie abgerundet oder fragmentarisch sie auch geraten waren. Dass das Ergebnis seiner Arbeit an der Kritik der politischen Ökonomie für Marx enttäuschend ausfiel, bedeutete freilich nicht, dass sich seine Haltung gegenüber dem Gegenstand selbst verändert hätte. Die Krisen des Kapitalismus ... pauken „zumindest den Wacheren jeder Generation“ Dialektik ein.
<br />Eine Aporie durchzieht das Denken von Marx. Auf der einen Seite hängt er dem Ideal einer menschlicheren Gesellschaft an, in der es kein Elend und keine Erschütterungen durch Krisen gibt. Auf der anderen Seite schreibt er dem Menschen die Bestimmung zu, seine Produktivkraft immer weiter zu entfalten. Und insgeheim muss er eine Gesellschaftsordnung feiern, in der Menschen unabhängig von Intentionen, die sie in ihrem Handeln leiten, in unabdingbarer Weise ihre Bestimmung erfüllen. Von dieser Seite her setzt er eine Tradition des neuzeitlichen Denkens fort: Hegels objektiver Geist oder Hobbes Leviathan leben in seinem Denken fort. Das Ergebnis seiner Kritik ist also nicht ein bloßes Malheur seiner gedanklichen Bemühungen“ (mail an die bielfelder freunde 2011)
<br />Für 2 ist dies zu starker tobak. 1 mischt hier verschiedene Behauptungen zusammen. Was zeigt sich, wenn wir sie eine nach der anderen prüfen?
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<br />01: Die positive Bemerkung vorweg: Die Krisen des Kapitalismus ... pauken „zumindest den Wacheren jeder Generation“ Dialektik ein. (So auch 1 und 2 und vielen mehr.)
<br />02: „Das erste Buch enthält historisches, illustrierendes Material im großen Umfang. Theoretische Partien, denen es zugeordnet ist, betreffen die Länge des Arbeitstages, die Mechanisierung der Produktion und die Vertreibung der Landbevölkerung am Anfang der Industrialisierung. Dieses historische Material entnahm Marx weitgehend amtlichen Berichten, den parlamentarischen Industrial Reports, speziellen parlamentarischen Berichten zur Kinderarbeit etc. Es waren all das Ergebnisse der Arbeit von parlamentarischen Kommissionen, die eingesetzt wurden, um Missstände zu bekämpfen.“ - und die wurden ja auch abgeschafft. die kapitalistische form der gesellschaft blieb.
<br />03: durch die illustrationen mit (inzwischen abgeschafften) empörenden verhältnissen in einer phase des kapitalismus habe marx dem in KAPITAL I formulierten theoriestück einen „kritischen und revolutionären Charakter“ geben können -
<br />„zum schein“ . IG lässt zunächst offen , inwieweit der autor von KAPITAL bd 1 selber diesem schein aufsaß – zunächst (1867-71 ?).
<br />04: entsprechende illustrationen für die theoriestücke der bände 2 und 3 aber habe marx nicht gefunden. IG belegt die gewagte These nicht, „dass sich kaum historisches Material anbot, mit dem Marx seine Theorie der folgenden Bücher bzw. seine Theorie im Ganzen hätte mit dem gleichen Effekt illustrieren können: der Theorie den Anschein zu verleihen, kritisch und revolutionär zu sein.“ schon sein hinweis auf die krisenanfälligkeit wiederspricht dem. gerade wieder aktuelle einzelpunkte dabei sind die verschlungene globale kapitalzirkulation, abgeleitete kapitalformen durch „kapitalisierung“ von erträgen, spekulation. weitere illustrationsquellen liefert heute die sich verschärfende ökologische lage im zusammenhang mit der marxschen formanalyse der „grundrente“ und des privateigentums an stücken der oberfläche des planeten... Gegenthese:
<br />damit schwankt auch IGs kühne metakritik
<br />05: „Dass das Ergebnis seiner Arbeit an der Kritik der politischen Ökonomie für Marx enttäuschend ausfiel“ - wissen wir schlicht nicht, meint 2.
<br />können wir zufrieden sein mit unserer verstehensbemühung?
<br />
<br />Fakt ist, marx lenkt sich mit gelegenheitsarbeiten ab von der (in unseren augen) hauptsache. Als autor der (wenig gelesenen, aber hochgehaltenen bibel der internationalen arbeiterbewegung) wird er zur vielbeschäftigten autorität bzw. festigt diese autorität. Eine schwache fortsetzung des KAPITAL könnte schlimmere folgen haben als die aufgeschobene fortsetzung …
<br /><span style="font-weight:bold;">
<br />mit marx an marx vorbei ?</span>
<br />für jürgen habermas war nach der debatte um REKONSTRUKTION ( http://marx101.blogspot.com/2009/05/iii-kapitalistisches-produzieren.html ) die marx-rekonstruktion bald kein thema mehr. Seine bedeutung für eine NEUE MARX-Lektüre: er sagte mir einmal, er habe die ersten KAPITAL-lesekreise an einer westdeutschen uni initiiert. verglichen damit setzten unsere konstanzer marx-arbeiten relativ spät ein, (wo sie andernorts schon aufgehört hatten). 1976 wird die arbeit ZUM WISSSENSCHFTLICHEN ANSPRUCH DER WERTFORMANALYSE als habilschrift eingereicht und sie wird dann ausgangspunkt für das konstanz/SYDNEY MARX-projekt, dessen ergebnisse nach diskussion mit emilio agazzi in einer von ihm besorgten übersetzung 1982 im druck erscheinen als Eldred/Hanlon/Kleiber/Roth: La Forma
<br />Valore – mit einem untertitel, in dem unverdrossen von rekonstruktion und ausbau des marxschen systemfragments die rede ist. überarbeitete deutsche vorlagen finden sich unter: marx101.blogspot.com seit
<br />
<br />bei projekten der marx-rekonstruktion ist ja:
<br />1. ausgangspunkt: MEW 23 – 25 ist noch nicht die fertige form der systematischen darstellung
<br />2. zu klären: welche position hat die rekonstruierte kapitalanalyse in einem anvisierten größeren ganzen?
<br />3. darzustellen der schlüssige gedankengang (erfolgreiche dialog) kapitalanalyse
<br />4. die frage: inwiefern ist gelingende darstellung kritik ?
<br />
<br />der erste marx-rekonstrukteur ist sein freund engels und alle weitere rekonstruktionsbemühung erscheint als re-vision. wir sind revisoren. und es gibt keine re-vision ohne meinungsstreit. dabei ist neben revisionismus der komplementäre befund des dogmatismus in solchem streiten naheliegend. Und wir fragen uns selbst und gegenseitig: ist dies ein weg zum kern oder (mit oder gegen marx) an noch fortdauernd gültiger, rekonstruierbarer einsicht vorbei? manchmal helfen debatten weiter. manchmal archive. manchmal gibt es entdeckungen in der einsamkeit und freiheit des selberdenkens – ausgehend von bekanntem. ich beiße zum beispiel (1976 fern der heimat) zum wiederholten mal in die formulierung in der ganz gewöhnlichen kapitalausgabe mew 23: der wert der ware arbeitskraft löst sich auf … und erschrecke plötzlich vor dem sich auftuenden abgrund … war ich etwa gerade dabei aufzudecken, was bisher nicht aufgefallen war?
<br />
<br />Es führte mich zu „stufen“ im begriff der ware. kapitalistisch erzeugte industriewaren (der verschiedensten zweige) sind die ausgangswaren, waren erster ordnung, mit ihnen, soweit sie eingehen in die reproduktion der arbeitskraft / der arbeiterfamilien lässt sich das produktionselement AK (arbeitskraft) verstehen als ware zweiter ordnung. Und nun ließe sich mit IG die diskussion aufnehmen über : „Ich war damals schon so weit zu meinen, dass auf jeden Fall die Reihenfolge umzukehren ist. Bei der Gewinnung der gesicherten Erkenntnis wird nicht Kapital aus Ware und Wert, sondern Ware und Wert werden aus Kapital hergeleitet. Hergeleitet, indem die Funktionalität von Ware und Wert für die Funktionsweise des Kapitals aufgezeigt wird. Kapital als objektiver Geist. Und als Form zugleich.“ entsprechend der von IG explizierten spielregel geht es beim aufbau eines sozialphilosophischen denksystems um ein ineinander von aufgreifen aus dem allen zeitgenossen zugänglichen alltagswissen und einem herleiten von analysekategorien (fachausdrücken des spezifischen systematischen denkens). beispiele für aufgreifen gibt es viele. das erstemal geschieht aufgreifen im text des marxschen KAPITAL im ersten satz. hergeleitet wird „wertform“ , … die ware zweiter ordnung AK und damit macht sich die analyse auf den weg zum „sich selbst verwertenden wert“, zeigt dabei die >Funktionalität von Ware und Wert für die Funktionsweise des Kapitals<, ohne in die Falle angeblich „einfacher Warenproduktion“ zu tappen.
<br />ABER HEBEN WIR UNS DAS AUF FÜR EIN ANDERMAL !
<br />
<br />
<br />Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-26518707852901082912011-08-14T20:49:00.004+02:002011-08-14T22:32:45.250+02:00things & peopleELDRED on ANAXIMANDER/Heidegger, Aristotle & Marx
<br />(Auszug / Ende eines längeren Textes 2011: http://www.arte-fact.org/untpltcl/prncprsn.html#5.1)
<br />WOHLRAPP zum Glauben ans ARGUMENT & bringing all into joint
<br />
<br />Zit.n. Rapp, S. 45 – in Parenthese ein in der Forschung strittiger Passus, den Rapp eher Aristoteles zurechnet; altgriechisch: (ἐξ ὧν δὲ ἡ γένεσίς ἐστι τοῖς οὖσι, καὶ τὴν φθορὰν εἰς ταῦτα γίνεσθαι) κατὰ τὸ χρεών· διδόναι γὰρ αὐτὰ δίκην καὶ τίσιν ἀλλήλοις τῆς ἀδικίας κατὰ τὴν τοῦ χρόνου τάξιν.
<br />Christof Rapp: Die Vorsokratiker. München (Beck) 1997 ISBN 3-406-38938-4
<br />http://de.wikipedia.org/wiki/Anaximander: Mit dem einzigen erhaltenen Anaximander-Fragment liegt der erste schriftlich gefasste und überlieferte Satz der griechischen Philosophie überhaupt vor. Allerdings ist die diesbezügliche Forschung uneins, in welchem Umfang das Überlieferungsgut tatsächlich authentisch auf Anaximander zurückgeht.Die Kernaussage lautet:
<br />„(Woraus aber für das Seiende das Entstehen ist, dahinein erfolgt auch ihr Vergehen) gemäß der Notwendigkeit; denn sie schaffen einander Ausgleich und zahlen Buße für ihre Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit.[Rapp]“ Eldred könnte bemerkt haben, dass es in der Übertragung zwischen „das Seiende“ im ersten Teil des Klammerausdrucks und „ihr Vergehen“ im zweiten Teil eine (kognitive ?) Dissonanz gibt ...
<br />
<br />
<br />… the sky can be said to 'esteem' the Earth, for instance, in raining upon it. In the case of mortals, i.e. human beings, the coming and going out of the present is the initial coming ( ἡ γένεσις ) and the final going-away ( φθορά ), since human beings are those beings who are ex-posed to, stand-out toward death, death itself being a present withheld for a life-time in absence toward which each mortal is ecstatically stretched.
<br />
<br />/ AUSLASSUNG
<br />
<br />The phenomenological interpretation of the extant fragment of Anaximander's archaic saying
<br />
<br />… for they do right by giving each other due esteem, thus bringing everything into joint
<br />
<br />
<br /> allows deeper insight into the temporal meaning of being as presencing in its relation to (human) beings in their interplay than that provided, say, by the fifth book of the Nicomachean Ethics, not to mention modern discussions of commodity exchange-value in political economy and its critique from Adam Smith on in which all trace of being as standing presence has been lost in oblivion. Commodity value (ΤΙΜΗ τιμη) and the striving for τιμη (esteem) among men already abundantly thematized in Plato and Aristotle are shown to be more deeply games of presencing played in presencing's time-space, in particular, games among mortals vieing for estimation of their finite, mortal powers. Through such insight, rivalry among individual mortals is not done away with, but seen no longer merely in the light of individual personal ambition and the striving for the gain of wealth. Rather, such mortals are first of all granted presence as the presents of presencing, and strive and vie with each other to stand phallically in the shining light of the present for a while. The temptation of hubris, however, misleads them to strive to present themselves not uprightly and to exceed their allotted time in shining presence, thus putting the interplay of mutual estimation out of joint.
<br />
<br />By contrast, Heidegger suggests in the following passage that a recasting of being and human being from the insight into its temporal nature as presencing amounts to an overcoming of so-called individualism altogether, which he locates solely in the modern age. "Insofar as they are human beings out of the essencing of their presencing in the gleaming of the pure brightness, they have already met in destinal sending through themselves as presents." (Insofern sie Menschen sind aus dem Wesen ihres Anwesens im Erglänzen des reinen Lichten, haben sie [sich] einander, durch sich als Anwesende, schon im Geschick getroffen. GA78:93) Insofar as he conceives such individualism as "some sort of non-destinal meeting-together of the already individualized multitude of people in some sort of agreement [that] effects community" (Nicht irgendein geschickloses Zusammentreffen der bereits vereinzelten Vielen der Menschen in irgend eine Übereinstimmung bewirkt Gemeinschaft, GA78:93), his rejection of individualism is justified. However, such a conception has itself overlooked that the modern individual itself is already enabled by, and goes hand in hand with, and is, a kind of sociation mediated by a reified medium, namely, value, an insight to be had from the mature Marx and Hegel. This kind of sociation is itself a destinal sending from being with its own kind of reified interplay among beings.
<br />
<br />Heidegger does not conceive value as a reified medium of sociation (in the various value-guises of money, commodity, capital, wages, interest, etc.) in the gainful game of estimation among things and mortals. Rather, he asserts that value as "the goldness of gold has dissolved into an effectiveness within the circulation of payment transactions" (Das Goldsein des Goldes hat sich aufgelöst in eine Wirksamkeit innerhalb des Umlaufs des Zahlungsverkehrs, GA78:70) in an "effectiveness in causing effects" (Wirksamkeit im Verursachen von Wirkungen, GA78:70). Heidegger thus has a technical-causal conception of value and money, and displays a patent lack of elementary understanding of a market economy. Moreover, (exchange-)value in its various masks is the reification of what the Greeks experienced as ΤΙΜΗ. <span style="font-style:italic;">Heidegger ignores that value in the modern age is, and has already been disclosed by Marx to be, the medium for estimating the value of things and people</span>
<br /> <span style="font-weight:bold;"> -doch Marx löste ja den „Wert“ der Ware Arbeitskraft auf - </span> (Siehe: http://marx101.blogspot.com/2008/03/value-of-labour-power.html)
<br /> in an "exchange process" (Austauschprozeß) that, more properly, is to be seen as a gainful game ungraspable by the schema of cause and effect.
<br />
<br /> Would the gainful game be overcome when human beings knew themselves as presents of the giving of presence into the finite, temporal clearing? Or would it be only gotten over in a stepping back from an unconditional striving for gain and estimation that puts the game out of joint?
<br />
<br />Human beings are used by being / vom Sein / as the destination for the presencing of beings as such. Their shining in the present would have no recipient, their being no radiance, were it not for recipient human being(s) existing as Da-sein in the Da of time-space. Hence human beings, as those exposed to the clearing of time-space in which the interplay of mutual estimation takes place, are never 'out of play'. They are the presents needed as witnesses to the spectacle of beings' interplay. Anaximander's saying ( in a phenomenological reading:
<br /> . . . giving one another due worth in estimation, thus bringing the present conjuncture of presents into joint )
<br />
<br />points to the interplay of estimation among all beings in their plurality. Only by virtue of this interplay do beings come to shine and hence be in having their shine of presence reflected in due heed and esteem. They would have no worthy stand in presence as disclosed without such interplay and without such interplay being witnessed. Insofar, their very being as presents depends not only on the granting-withholding handing-out by presencing itself, but also on the interplay of estimation among beings of all kinds to which human beings as such are witness. The plural forms employed in Anaximander's saying are therefore indispensable and should be given due regard explicitly, and not conflated carelessly with the singular, as is natural in German.The in-jointness of right can then be seen as fair interplay among a plurality of presents in the present.
<br />(Eldred had mentioned earlier that Heidegger discusses at length in GA78:48ff why it is justified to render in German the Greek plural ΤΑ ΟΝΤΑ in German as the singular 'das Seiende' rather than 'die Seienden'/die Präsenten, die Mitspieler des gainful game in Eldreds Redeweise. And he disagrees. Im Anaximander-Fragment finden sich die plural Formen τοῖς οὖσι und sie logisch vorausetzend, ἀλλήλοις / gegenseitig)
<br />
<br />Anaximander: they do right by giving each other due esteem
<br /> Marx hat zeigen wollen, dass „giving each other due esteem“
<br /> - im Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital nicht der Fall ist.
<br />The point is: humans would do right giving each other due esteem.
<br /> Doch geht das im „gainful game“? Ist es mit dem System der Lohnarbeit vereinbar?
<br />
<br />
<br />Eldred folgt Heidegger in der Ablehnung einer strikt naturphilosophischen Interpretation jenes ältesten überlieferten Textschnipsels unserer philosophischen Tradition. Die dort angesprochene umfassende „Aktion“ (Eldred überträgt διδόναι γὰρ αὐτὰ ἀλλήλοις : „giving each other“) wird als Austausch gefasst. Der materiell-kommerzielle AUSTAUSCH ist aber zugleich Stoffwechselprozess, Natur und (nicht nur „Agri“-)Kultur verbindend. Und unter nun „öko“-logisch genannter Perspektive bekommt auch der vorsokratisch -„natur“philosophische Aspekt des fragmentarischen Weisheitsspruchs Anaximanders in der Verbindung mit sozialkulturaler Argumentation eine sinnvollerweise wiederzubelebende Bedeutung. Wie handeln wir > giving due esteem to each other <, - other = einschließlich der anderen Teile im Ganzen der (für eine Weile) menschliches Leben auf Terra ermöglichenden Natur?
<br />
<br />Über die Beziehungen zwischen Wissen, Forschen, Glauben IM HANDELN erschien in zweiter Auflage 2009 /Würzburg das magnum opus des erfrischend scharfsinnig formulierenden Harald Wohlrapp. Erhellend die Begleitumstände der zuletzt aufgeworfenen Frage ist seine Behandlung der Kontroverse “Autofahren?“ (ja, bitte! / nein,danke?) in DER BEGRIFF DES ARGUMENTS, - was Manche/r hinter diesem Titel vielleicht nicht erwartete.Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-53439951780856054252010-11-16T13:06:00.002+01:002010-11-16T13:20:01.725+01:00Schotter & SchotternNEUE DEUTSCHE VOLKSPARTEI ?<br />(SPIEGEL 15.11.10)<br />SPIEGEL:"hab das Schottern verpasst, bin beim Rave versackt" ...<br />TAZIO MÜLLER: Nach jedem Wahlkampf gibt es Party...<br />SPIEGEL: Sie rechnen sich der radikalen Linken zu. Was soll das heißen?<br />TAZIO: ...Wir können Entscheidungen, die unser Leben angehen, kollektiv treffen. Aber die wichtigen ökonomischen Entscheidungen, wer was wo produziert, sind ... privatisiert. Das wollen wir ändern.<br />aus: "Es ist hip, Aktivist zu sein", Interview vgl. Titel 87Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-28313290257168339282009-12-06T10:54:00.008+01:002009-12-08T10:49:22.726+01:00ein wenig mehr ZUM SPIEL (WertSpiel)Warum ist "Spiel" der geeignete Name für das Austauschgeschehen auf den Märkten - angefangen mit dem Tausch der Warenaustauschprodukte? Dabei geht es darum, dieses Austauschgeschehen auf seinen ontologischen (Wert-Form-)Begriff zu bringen. Es geht erst mal überhaupt NICHT darum, zu bestimmen, zu behaupten oder zu meinen, ob bzw. daß das Austauschgeschehen ein faires oder abgekartetes Spiel, ein schönes oder unfreies Spiel sei. Marxistische Kritiker von mir sind immer bloß empört zu hören, daß das Austauschgeschehen überhaupt "fair" sein könnte, ohne sich zu überlegen, warum es als Spiel überhaupt ontologisch zu begreifen ist. Zudem empören sich "Kritiker" bloß über die im Deutschen verpönten Wörter "Spiel" und "Spieler". Die Deutschen -- das unspielerische Volk schlechthin?<br />><br /><br />Warum nicht das Austauschgeschehen "Austauschprozeß" nennen, wie Marx dies tut? Der Austauschprozeß wäre dann vom "Produktionsprozeß" begrifflich unterschieden, der dann später im begrifflichen Gedankengang vom Zirkulationsprozeß unterschieden wird. Dann gäbe es verschiedene "Prozesse" im sog. "kapitalistischen System", und man bliebe ganz sachlich-objektiv-"wissenschaftlich".<br /><br />Bei der Produktion geht es um die Herstellung von Gütern. Die Herstellung steht<br />dem Austausch gegenüber, der sie ergänzt. Nach wertformanalytischer Einsicht wird der (Tausch-)Wert nicht im Produktionsprozeß hergestellt und dann bloß diese hergestellte "Wertsubstanz" auf dem Markt im Austauschgeschehen "ausgedrückt", sondern die Arbeitsprodukte werden erst auf dem Markt durch die Spegelung in anderen Waren zu wirklichen (actualitas, _energeia_) Tausch-Werten, die wirklich die Kraft (_dynamis_, Macht) haben, in der Tausch-Bewegung sich gegen andere Waren zu tauschen. Der Wert ZEITIGT SICH imAustauschgeschehen, d.h. in TauschVERHÄLTNISSEN.<br />><br />Bei der Herstellung hingegen geht es um die Hervorbringung eines fertigen Produkts unter der Führung eines wissenden Einblicks, d.h. von know-how. Marx kannte sein Griechisch und vor allem seinen Aristoteles, der die ontologische Struktur der Herstellung genauso beschreibt, wie Marx es wiedergibt, wenn er die "Arbeit" einer Biene von der menschlichen Arbeit (_dynamis meta logou_) unterscheidet (Met. Buch Theta).<br />><br />Bei der Herstellung geht es um einen kontrollierten, beherrschten, vorhersehbaren Prozeß, der im Endresultat eines fertigen Produkts in sein Ende kommt (_entelecheia_). Der Herstellungsprozeß ist vom Ausgangspunkt des Know-How aus beherrscht.<br />><br />Es kann nicht überbetont werden, daß das Paradigma der Herstellung seit der griechischen Philosophie das westliche Denken insgesamt durchherrscht -- auch bei Marx, sofern er auf der Suche nach dem "Wertgesetz" bzw. dem "Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft" ist. Ein Gesetz gibt eine Regel in die Hand, wodurch eine Bewegung wissend beherrscht werden kann, und sei es, daß sie lediglich VORHERGESEHEN werden kann, wie z.B. die Newtonschen Gesetze es erlauben, die Bewegung der Himmelskörper vorherzusehen, vorauszukalkulieren. Und die Newtonschen Gesetze sind das ganz große Paradigma der modernen Wissenschaften, das auch die Wirtschaftswissenschaft bestrebt ist nachzuäffen.<br />><br />Das Paradigma der Herstellung jedoch trifft nicht zu für das<br />Austauschgeschehen. Schon deshalb ist es irreführend, von einem <br />Austauschprozeß zu reden. Im Austausch gibt es zumindest zwei Ausgangspunkte, und nicht _einen_ wie bei der Herstellung. Die beiden oder vielen Ausgangspunkte des Austauschgeschehens sind die Warenhüter, die die Waren zu Markt bringen, um mit denselben zu handeln. Der Handel ist kein sicherer Prozeß mit voraussehbaren Ausgang, sondern hängt von den Entscheidungen der vielen Warenhüter ab im Wechselspiel miteinander (vgl. die Dialektik der Anerkennung bei Hegel: "Der eine tut, was der andere tut, usw."). Solche Entscheidungen, zu (ver-)kaufen oder nicht und zu welchem Tauschverhältnis (bzw. zu welchem Preis), entstehen aus der Spontanität (Kant) bzw. der abgründigen Freiheit jedes einzelnen Ausgangspunktes, die dann spielerisch aufeinandertreffen. Das Ergebnis bleibt unsicher und unvorhersehbar, bis das Geschäft wirklich (actualitas) abgeschlossen ist. Selbst wenn es "Erfahrungswerte" für das Marktgeschehen "in der Regel" gibt, können diese Erfahrungswerte auf einen Schlag auch ungültig werden.<br />><br /> Aus der Gegenüberstellung zum Produktionsprozeß und aufgrund der Grundllosigkeit des Austauschgeschehens unter vielen Warenhütern nach bestimmten Regeln des Marktes, womit auch die wesenhafte menschliche Freiheit (einschl. der Unfreiheit!) mit im Spiel ist, verdient dieses Geschehen den Namen SPIEL. Der Wert, der sich aus der Spiegelung in anderen Waren zeitigt, ist somit ein Spielergebnis.<br />><br /> Wie gesagt, ob das Tauschspiel fair oder unfair ist oder sein kann, ob es ein win-lose, win-win, lose-lose Spiel ist oder sein kann, steht auf einem anderen Blatt. Es muß festgehalten werden, daß ontologische Begriffe grundsätzlich auch ihre Negation mit einschließen, z.B. ein Tauschspiel kann nur unfair sein, weil es auch fair sein kann, und umgekehrt, und der Mensch kann nur unfrei sein, weil er wesenhaft ein freies Wesen ist (ein Stein kann weder frei noch unfrei sein). Eine einfache Negation als Gegenargument zu behaupten, trifft die Sache nie.<br />><br /> Es wäre schön, wenn sich ein paar Nachdenkliche auf solche Gedankengänge einlassen würden, statt bloß Festgefahrenes noch einmal gedankenlos zu behaupten.<br /><br />> So viel für heute. Michael Eldred, Köln, 3.12.09<br />>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-83452515105294828032009-11-29T18:28:00.002+01:002009-11-29T18:37:52.012+01:00Dass der Wert in der Produktion entsteht und nicht erst im Austausch, wo das, was vorher entstanden ist, sich „ausdrückt/darstellt“, bedeutet aber nicht, dass er quasi als Ding mit hergestellt wird wie ein Brötchen. Die von Marx verwendeten Ausdrücke wie „Kristall“ und „geronnen“ könnten so gelesen werden, aber so kann es nicht gemeint sein. Zu denken, der Wert sei wirklich ein Ding und kein gesellschaftliches Verhältnis, das unter dinglicher Hülle versteckt ist (vgl. MEW 23: 88, Fn 27), wäre fetischartiges Denken.<br /><br /> Fetischform bezieht sich also darauf, dass dem Produzenten seine vergangene Arbeit als „geronnene“ Produkteigenschaft erscheint. (Kurz 1987: 104)<br /><br />Allgemein gesprochen werden jeweils Prozesse, die „an sich“ gesellschaftlich sind, „für den Menschen“ (hier den Produzenten) zu etwas Wertförmigem und die widersprüchliche Einheit des „an sich“ und „für ihn“ begründet solch widersprüchlichen Ausdrücke wie „geronnene Arbeit“, „geronnene Zeit“ usw. Es geht dabei immer um eine spezifische (d.h. verkehrende) Formung eines an sich unspezifischen Sachverhalts.<br /><br />Der Inhalt des Kapitels „Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis“ (MEW 23: 85-108) im „Kapital“ bezieht sich auf die Ergebnisse der Wertformanalyse. Der Inhalt dieses Kapitels sollte von den eben ausgeführten Ergänzungen kaum berührt werden. Wenn Marx in diesem Fetischkapitel schreibt, dass „die spezifisch gesellschaftlichen Charaktere ihrer Privatarbeiten erst innerhalb des Austausches“ erscheinen (MEW 23: 87),...<br /><span style="font-style:italic;">( Stefan: Annette Schlemm, hat -- wie ich<br />finde -- das Problem überzeugend aufgearbeitet:<br />http://www.thur.de/philo/notizen/fetisch/fetisch1.htm)</span>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-42266697072057183982009-11-29T17:56:00.005+01:002009-11-29T18:11:11.755+01:00Der Wert , ein Spiel?- ein bedenklicher Artikel von Michael Eldred<br />Hallo Franz!<br /><br /><br /><br />Eldred: "Der Wert läßt sich überhaupt nicht herstellen und er läßt<br />sich nur nach Erfahrungsregeln und nicht von einem Prinzip her<br />quantitativ voraussagen. Vielmehr verhält sich die Sache umgekehrt: Die Arbeit, die die Ware produziert, wird erst im Spiegelspiel des Werts als wertvoll auf dem Markt faktisch anerkannt. Der Wert hat keine Substanz, sondern als gesellschafliche Kategorie kommt er erst in einem gesellschaftlichen Reflexionsverhältnis, d.h. erst in einer<br />Vergesellschaftung der Ware als Ware im Spiegel der anderen Waren, zustande. Das Wertsein selbst ist ein Wertverhältnis. Deshalb ist der Wertbegriff ein Grundbegriff einer sozialen Ontologie, d.h. einer Lehre des gesellschaftlichen Seins der Menschen. "<br /><span style="font-style:italic;">Stefan: In vergleichbarer Form findest du genau das bei Michael Heinrich (ohne die »soziale Ontologie«).</span><br /><br />Die Idiotie die schon Engels mit ein paar dürren Worten abzukanzeln<br />versuchte, aber die sich damit nicht aus der Welt schaffen ließ, ist<br />dass der Wert dann doch aus der Zirkulation entsteht.<br /><span style="font-style:italic;">Stefan: Dito das Problem bei Heinrich. Gleichzeitig darf es aber keinen Rückfall in eine substanzialistische AWT (Arbeitswerttheorie) geben. Die hat Heinrich nämlich zurecht kritisiert. Annette Schlemm, hat -- wie ich<br />finde -- das Problem überzeugend aufgearbeitet:</span><br /><span style="font-weight:bold;">http://www.thur.de/philo/notizen/fetisch/fetisch1.htm<br /></span><br /><br />Engels hätte aber nicht blökend auf das FAKTUM der Produktion<br />verweisen sollen ("dass eine Nation verreckt, die nicht....")<br />sondern umgekehrt fragen sollen warum sich dann jemand überhaupt die<br />Mühe der Produktion antut und nach welchen Gesetzen diese Produktion<br />denn sonst abläuft.<br /><br />Wenn sich Wert nicht produzieren ließe, gäbe es keine Produktion oder<br />ihre Gesetze wären unbegreiflich. Das ist wenn man so will der<br />"Beweis" der Arbeitswertlehre. Und wir sind seit Marx noch keinen<br />Flohsprung weiter was die Schwierigkeit betrifft diesen einfachen<br />Satz verständlich zu machen.<br /><span style="font-style:italic;">Stefan: Ja, ein Knackpunkt. Aber daraus kann man nicht die Gültigkeit der AWT (in ihrer substanzialistischen Ausprägung wie sie aktuell von<br />Cottrell/Cockshott vertreten wird) schließen. Also nix mit »Beweis«.</span><br /><br /><br />Ansonsten ist Eldred ein Haus von wandelnden Widersprüchen. Der Wert<br />lässt sich das eine Mal nicht produzieren, und dann rekurriert er<br />doch auf die Arbeitswerte, Das eine Mal verwandelt sich der Wert<br />notwendig in Kapital das die sozialen Charaktere unwiderruflich<br />scheidet, das andere Mal bleiben gleichberechtigte faire Spieler<br />übrig.<br /><br />Das Blöde ist: diese Positionen sind unglaublich populär auch in der<br />Marx-Rezepti0n.<br /><br />gute Ideen sind gefragt!<br /><br /><span style="font-style:italic;">Stefan:<br />Meine Idee wäre nur, konsequent von einem Begriff des Werts als<br />gesellschaftlichem Verhältnis auszugehen (was Eldred zurecht stark<br />macht), dabei aber nicht in die substanzialistische AWT oder eine leere<br />Geltungstheorie des Werts zu kippen. Ich habe das Empfinden, dass wir<br />damit durchgehend bei »Verhältnisbegriffen« landen würden, mit denen<br />nichts mehr »dingfest« zu machen ist, sondern sich alles nur noch in<br />Gegensätzen als den Momenten der zu begreifenden Verhältnisse bewegt.<br />So ein Denken wird _nie_ populär im Vergleich zur so schlichten und<br />anschaulichen substanzialistischen AWT: »Ich habe gearbeitet, also<br />steckt meine Arbeit jetzt im Ding«.<br /><br />Ciao,<br />Stefan<br /><br />P.S. Schreib doch so'ne Sache in einen Blog, irgendeinen wirst du dafür<br />finden. Dann bleibt das keine private Zirkeldiskussion per Mail (wenn<br />überhaupt).<span style="font-style:italic;"></span></span>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-89478621956471487332009-11-28T17:47:00.003+01:002009-11-28T17:54:48.615+01:00DenkNussAnmerkung von FN<br /><br /><br />Eldred: "Der Wert läßt sich überhaupt nicht herstellen und er läßt sich<br />nur nach Erfahrungsregeln und nicht von einem Prinzip her quantitativ<br />voraussagen. Vielmehr verhält sich die Sache umgekehrt: Die Arbeit, die<br />die Ware produziert, wird erst im Spiegelspiel des Werts als wertvoll auf<br />dem Markt faktisch anerkannt. Der Wert hat keine Substanz, sondern als<br />gesellschaftliche Kategorie kommt er erst in einem gesellschaftlichen<br />Reflexionsverhältnis, d.h. erst in einer Vergesellschaftung der Ware als<br />Ware im Spiegel der anderen Waren, zustande. Das Wertsein selbst ist ein<br />Wertverhältnis. Deshalb ist der Wertbegriff ein Grundbegriff einer<br />sozialen Ontologie, d.h. einer Lehre des gesellschaftlichen Seins der<br />Menschen. "<br /><br />Die Idiotie, die schon Engels mit ein paar dürren Worten abzukanzeln<br />versuchte, aber die sich damit nicht aus der Welt schaffen ließ, ist, dass<br />der Wert dann doch aus der Zirkulation entsteht.<br /><br />Engels hätte aber nicht blökend auf das FAKTUM der Produktion verweisen<br />sollen ("dass eine Nation verreckt, die nicht....") sondern umgekehrt<br />fragen sollen warum sich dann jemand überhaupt die Mühe der Produktion<br />antut und nach welchen Gesetzen diese Produktion denn sonst abläuft.<br /><br />Wenn sich Wert nicht produzieren ließe, gäbe es keine Produktion oder ihre<br />Gesetze wären unbegreiflich. Das ist wenn man so will der "Beweis" der<br />Arbeitswertlehre. Und wir sind seit Marx noch keinen Flohsprung weiter, was<br />die Schwierigkeit betrifft, diesen einfachen Satz verständlich zu machen.<br /><br />Ansonsten ist Eldred ein Haus von wandelnden Widersprüchen. Der Wert lässt<br />sich das eine Mal nicht produzieren, und dann rekurriert er doch auf die<br />Arbeitswerte. Das eine Mal verwandelt sich der Wert notwendig in Kapital,<br />das die sozialen Charaktere unwiderruflich scheidet, das andere Mal<br />bleiben gleichberechtigte faire Spieler übrig.<br /><br />Das Blöde ist: diese Positionen sind unglaublich populär auch in der<br />Marx-Rezeption.<br /><br />gute Ideen sind gefragt!Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-39013437792072163872009-11-27T11:08:00.004+01:002009-11-27T11:20:30.966+01:00SpielSpiel / global players - pejorativ, ganz zu Unrecht?<br /> winwin or winloose ?<br /><br />Lieber MiEl,<br /><br />"der Mensch ist nur ganz Mensch wo sie/er spielt"<br />- so schon Schiller.<br /><br /> "die Deutschen das produktionistische<br />> Volk par excellence"<br /> freut Friedrich N.: Schöpfer sollst Du sein!<br /><br /> "Im Englischen hat das Wort 'player' keineswegs solche pejorativen Konnotationen, und ontisch-experientiell ist es schon längst verstanden und akzeptiert, daß wir alle player sind. <br /> ("Konkurrenzsubjekt", wie wir das damals genannt haben, sitzt noch nicht ganz.)" Und auch die Witti-Spiele, die Sloter-Übungen ... fallen dazu leicht ein.<br />><br /> "Bei mir ist die Einsicht, daß der Mensch wesenhaft ein Spieler ist (oder besser: die Menschen wesenhaft Spieler sind -- Plural!!), erst im Zusammenhang mit meiner Arbeit 2000-2002 an der Ontologie/Metaphysik des Austausches aufgegangen (im Gegen-Satz zum für das westliche Denken Maß-gebenden Paradigma der Herstellung). Den Menschen als Subjekt zu apostrophieren ist die neuzeitliche Wesensbestimmung, die den Menschen als das -- v.a. vermittels der Wissenschaft und Technik -- Zugrundeliegende, _archae meta logou_, Beherrschende, Kontrollierende, Produzierende entwirft. Seit langem habe ich nicht mehr vom Menschen als Subjekt gesprochen, aber ihn Spieler/player zu nennen, kam erst in den letzten Jahren.<br /><br /> So erhält die Wesensbestimmung des Kapitalismus als GEWINNST Spieler im<br /> Gewinn-Spiel."<br />><br />Und damit ist auch gemeint: alle Mitspieler gewinnen ? <br />Manche halt TrostPreise ... ? and the globe wins too,<br />die große NährerinUnknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-52296078523678844092009-11-26T19:40:00.006+01:002009-11-26T20:42:52.568+01:00Michael Eldred 2007<span style="font-style:italic;">manchmal ist es angezeigt, etwas Selbstverständliches vorab auszudrücken: dieser Beitrag wird hier wiedergegeben, um ihn zur Diskussion zu stellen. vieles in Eldreds Text ist "schön und gut". Jedoch wenn ich auf das Ende sehe ...<br /> the blogger<br /></span><br /><br /><span style="font-weight:bold;">Abstract</span><br />'Value is a game — Thinking Marx differently', talk given at the Philosophical Café in Wuppertal on 22 January 2007. The famous "labour theory of value" that provides the conceptual foundation for Marx's Capital has been attacked ever since the first publication of Marx's main work. As a price theory, the LTV has been shown to be untenable. A consistently phenomenological reading of the value-form in the first chapter, however, allows an alternative concept of value to be developed upon whose basis a socio-ontological vista of civil society opens up, played out as the struggle for the powers residing in things and the abilities residing in the human players to be recognized, estimated, valued and validated. <br /><br /><span style="font-weight:bold;">1. Werte</span><br />Unsere natürliche metaphysische Einstellung heute zum Wert ist eine subjektive, man könnte sagen, eine Kantische. Das Subjekt 'projiziert' seine Werte in die Dinge, die ihrerseits 'objektiv' gegeben sind. Eine solche Denkweise ist gang und gäbe. Wir reden auch von unseren abendländischen oder christlichen Werten und grenzen sie ab etwa gegenüber den orientalischen und muslimischen. Zu unseren heutigen Werten gehören auch die Menschenrechte, deren Inhalt im Westen immer umfassender geworden ist. So gibt es nicht nur ein universales Menschenrecht auf Eigentum an seiner eigenen Person, das die Sklaverei verbietet, sondern auch etwa angeblich ein Menschenrecht auf soziale Absicherung, auf einen gesellschaftlich zulässigen Lebensstandard, der ein Absinken in die Armut verhindert, usw. <br /><br />Von Werten in diesem allgemeinen und hohen Sinn wird hier nicht die Rede sein. Stattdessen wollen wir uns auf den Weg machen zu sehen, wie der Wert ganz alltäglich an den Dingen und gar an den Menschen selbst im gesellschaftlichen Verkehr entsteht und erscheint. So werden wir sehen, daß der Wert nicht als etwas Subjektives, geschweige denn als eine Sache der bloßen subjektiven Meinung, begriffen werden kann. <br /><br />Für den folgenden Weg wird es nützlich sein, den phänomenalen Gehalt des Worts 'Wert' ganz vorläufig zu umreißen. Etwas oder jemand hat Wert oder ist wertvoll in einem ganz profanen Sinn, wenn es bzw. er zu etwas gut ist bzw. zu etwas taugt innerhalb der Gebräuche des Alltags. In einem abgeleiteten Sinn hat ein gut brauchbares Etwas Wert, indem es gegen etwas anderes Brauchbares getauscht werden kann. Das deutsche 'Wert haben' entspricht dem lateinischen 'valere', was so viel bedeutet wie 'stark, mächtig, einflußreich sein; auch Wert haben, einschließlich monetären Werts'. Das lateinische 'valere' wiederum entspricht dem griechischen du/nasqai, das Verbum zu du/namij, das griechische Wort für Macht, Kraft, Vermögen, Fähigkeit, Wert. Insbesondere etwas Wertvolles hat die du/namij oder Kraft, gegen Geld oder etwas anderes Wertvolles getauscht zu werden. <br /><br />Unser Ausgangspunkt ist das berühmte erste Kapitel 'Die Ware' aus dem Kapital von Karl Marx, in dem die berühmt-berüchtigte Arbeitswerttheorie und der Wertbegriff als Erstes systematisch entwickelt werden. <br /><br /><span style="font-weight:bold;">2. Die Marxsche Arbeitswertlehre und die Marxsche Wertformanalyse <span style="font-weight:bold;"></span></span><br />Nach einer gängigen oder gar orthodoxen Deutung der Marxschen Werttheorie besagt sie, daß die Waren, die auf den unzählig verschiedenen Märkten "unsrer kapitalistischen Gesellschaft" (MEW23:58) tagtäglich getauscht werden, die Hände wechseln im Verhältnis zu der in ihnen verkörperten "gesellschaftlich notwendigen Arbeit" (MEW23:89). Diese "gesellschaftlich notwendige Arbeit" soll das quantititive Maß abgeben für die Austauschverhältnisse sowie für den Wert, den eine bestimmte Ware objektiv verkörpert und darstellt. Die Substanz des Werts nach dieser Deutung ist demnach die geleistete und in der fertigen Ware verkörperte Arbeit, die, wie man sagt, durch die Zeit 'objektiv' gemessen werden kann. Die Wertsubstanz dann regelt die Tauschverhältnisse unter den Waren als ein inneres Maß, das unabhängig ist von den Tauschverhältnissen und in der Produktionssphäre bestimmt werden kann. So ungefähr lautet die sogenannte Arbeitswertlehre. <br /><br />Sie bildet die begriffliche Basis, auf der die Theorie des Mehrwerts im Kapital entwickelt wird, die besagt, daß die vom Kapitalisten beschäftigten Arbeiter den Mehrwert produzieren, weil sie mehr Arbeit leisten, in Arbeitsstunden gemessen, als sie vom Kapitalisten in Arbeitslohn bezahlt bekommen[, der im Wert nur einem Teil der für den Kapitalisten geleisteten Arbeit entspricht]. Demnach ist der Profit des Kapitalisten nichts anderes als eine verwandelte Form der Mehrarbeit, die die Arbeiter über die notwendige Arbeit leisten[, die notwendig ist in dem Sinn, daß in den notwendigen Arbeitsstunden des Arbeitstags die Arbeiter das Wertäquivalent ihres Arbeitslohns produzieren]. So — nach dieser orthodoxen Arbeitswertlehre — werden die Arbeiter als die Wertschöpfenden vom Kapitalisten systematisch ausgebeutet. <br /><br />Nun ist diese Marxsche Arbeitswertlehre[, die sich von der Ricard'schen Arbeitswertlehre nicht unterscheidet,] von Anfang an heftig angegriffen worden[ sowohl empirisch als auch gedanklich. So hat es z.B. das sogenannte Transformationsproblem gegeben, das sich mit dem theoretischen Problem beschäftigt, wie die Arbeitswerte der Waren sich in Preise verwandeln, die einen durchschnittlichen Profit darstellen, die sog. Produktionspreise, die schon für Ricardo ein theoretisches Problem darstellte. Aber] bereits 1894 hat ein früher Kritiker des Marxschen Kapital Eugen von Böhm-Bawerk eher im Vorbeigehen(2) seinen Finger auf den eigentlichen wunden Punkt der Arbeitswertlehre gelegt. Er fragte im Rückgang auf Aristoteles, warum überhaupt die Arbeit die Substanz des Warenwerts ausmachen soll und nicht vielmehr die Brauchbarkeit bzw. der Gebrauchswert, der jedoch kein auf der Hand liegendes, inhärentes, quantitatives Maß besitzt. <br /><br />[Das gedankliche Problem mit der Marxschen Arbeitswertlehre liegt schon in der Qualifizierung des Wertmaßes als "gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit". Warum ist dies ein Problem? Weil nicht alle Arbeiten gleichermaßen wertproduzierend sind, so daß quantitativ betrachtet qualitativ wertschöpfendere Arbeit quantitativ als "multiplizierte einfache Arbeit" (MEW23:59) gelten, so daß in der gleichen Zeit unterschiedlich große Wertquanta produziert werden. Und wie wird nach Marx der Multiplikationsfaktor bestimmt, mit dem die einfache Arbeit multipliziert werden soll, um der wertschöpfenderen Arbeit gleich viel Wert zu sein? Wie Marx ausdrücklich sagt: nur über die Tauschverhältnisse auf dem Markt, d.h. "durch einen gesellschaftlichen Prozeß hinter dem Rücken der Produzenten" (MEW23:59). Die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit soll jedoch gerade die Tauschverhältnisse regeln. Dies ist offenbar eine Zirkularität, die die Marxisten seit jeher angeblich 'dialektisch' aufzulösen bestrebt sind. Wie wir sehen werden, entstammt diese Zirkularität einem grundlosen Spiegelspiel.] <br /><br />Marx selber läßt den Widerspruch in seiner Fassung der Arbeitswertlehre stehen. Er löst ihn nicht auf, auch wenn er die schlichte Ricardo'sche Fassung der Arbeitswertlehre mit seiner Wertformanalyse ergänzt. "Die Wertform," sagt Marx, "deren fertige Gestalt die Geldform, ist sehr inhaltslos und einfach. Dennoch hat der Menschengeist sie seit mehr als 2000 Jahren vergeblich zu ergründen gesucht,..." (MEW23:11f) Die "2000 Jahre" sind ein Hinweis auf Aristoteles, der in seiner Nikomachischen Ethik die Wertform durchaus analysiert, aber die Arbeit als die Wertsubstanz nicht zu entdecken vermochte, angeblich "weil die griechische Gesellschaft auf der Sklavenarbeit beruhte", wie Marx schreibt (MEW23:74). <br /><br />Schon der Ausdruck "Wertform", der das Wort "Form" enthält, stellt einen Hinweis auf den Umstand dar, daß wir es hier mit einer ontologischen Fragestellung zu tun haben. 'Form' ist eine Standardübersetzung vom griechischen i)de/a und ei)=doj, die beide eine maßgebliche Rolle in sowohl der Platonischen als auch der Aristotelischen Metaphysik spielen. Diese beiden Begriffe benennen das Sein des Seienden, d.h. den Anblick, den ein Seiendes als solches von sich zeigt. Was aber hier signifikant ist, ist, daß die Wertform in einem fundamentalen, universellen und einfachen gesellschaftlichen Prozeß — nämlich im tagtäglichen Austausch der Waren — angesiedelt ist, und deshalb als Phänomen die Möglichkeit enthält, einen Grundbegriff für eine Sozialontologie zu liefern, denn auf den Märkten haben Menschen auf praktische, handelnde Weise miteinander zu tun und sind dadurch auf alltägliche Weise 'assoziiert', d.h. vergesellschaftet. <br /><br />Wenden wir uns einem sehr knappen Umriß der begifflichen Analyse der Wertform zu. <br /><span style="font-weight:bold;">3. Spiegelspiel der Werte </span><br />Die Wertform entsteht erst durch ein Spiegelspiel. Die verschiedenen Wertformen — einfache, relative, äquivalente, entfaltete, allgemeine Wertform und die Geldform, — sind alle Tauschverhältnisse bzw. Momente derselben. Die eine Ware drückt ihren Wert in einer anderen Ware, in anderen Waren oder in Geld aus. Dieser "Wertausdruck" (MEW23:67) braucht laut Marx einen "Wertspiegel" (MEW23:72),(3) der durch die Ware oder das Geld in der Äquivalentform gegeben ist. Der Wert als abstrakt allgemeine Arbeit, behauptet Marx, drückt sich in einem "Wertverhältnis" (MEW23:66) aus, das ein Spiegelverhältnis ist. Marx nennt dieses Wertverhältnis auch eine "Reflexionsbestimmung" (MEW23:72), in der die eine Ware eine Wertform annimmt, nur weil die andere Ware diese Wertform widerspiegelt — und auch umgekehrt. Wir befinden uns also in der Spiegelhalle des Werts. Betrachten wir die Sache näher. <br /><br />In erster Linie ist ein Arbeitsprodukt, das auf dem Markt als Ware angeboten wird, ein Gebrauchswert. Es ist wertvoll, weil es zu irgendeinem menschlichen Zweck brauchbar ist. [Es ist gut zu irgendeinem Zweck. ]Solche Zwecke entstehen und sind nur im Zusammenhang mit den Gebräuchen oder gewohnten Praktiken, in denen Menschen in Gesellschaft leben. Schuhe z.B. sind Gebrauchswerte, nur weil und insofern Menschen den Brauch haben, Schuhe zu tragen. Gebrauchswerte sind deshalb weder rein objektiv noch rein subjektiv, sondern subjekt-objektiv. Etwas ist nur objektiv zu einem bestimmten Zweck zu gebrauchen, wenn es gewisse Eigenschaften besitzt, und etwas ist nur wertvoll und nützlich, wenn menschliche Subjekte die entsprechenden Alltagspraktiken pflegen, in denen das betreffende Etwas gebraucht wird. In einer Gesellschaft z.B., in der Pferdewagen als Verkehrmittel nicht mehr gebraucht werden, d.h. diesen Brauch nicht mehr pflegen, haben Pferdewagen keinen Gebrauchswert (mehr). <br /><br />Gebrauchswerte sind in der Regel nicht Gebrauchswerte nur für einen einzelnen Menschen[ bzw. nur für den Menschen, der den Gebrauchswert produziert hat]. Sie sind Gebrauchswerte-für-andere, indem sie auch von anderen Menschen gut gebraucht werden können. Dieser Umstand verleiht dem Gebrauchswert einen abgeleiteten Tauschwert. Gebrauchswerte können unter einander getauscht werden, weil jeder Gebrauchswert sich auch potentiell anbietet als ein Gebrauchswert-für-andere. In einer Marktgesellschaft wie der unseren werden Gebrauchswerte in der Regel für andere, für den Markt hergestellt, auf dem sie einen Tauschwert besitzen, in dem Sinn, daß sie die Kraft innehaben, sich gegen andere Gebrauchswerte in einem gewissen, meist schwankenden quantitativen Marktverhältnis auszutauschen. Wo das Geld sich als der allgemeine Vermittler des Warentausches etabliert hat, nennt sich das quantitative Tauschverhältnis gegen Geld der Preis einer Ware. Das Geld als Ding übernimmt die Rolle des Wertspiegels, der den Wert aller Waren reflektiert. Der Preis einer Ware kann real oder wirklich sein, wenn die Verkaufstransaktion vollzogen wird, oder aber ideal und potentiell, so lange die Ware nur zu einem bestimmten Preis angeboten wird, der nicht notwendig auf dem Markt tatsächlich erzielt wird. Durch das Geld steht jedes Warenprodukt in einem potentiellem Tauschverhältnis mit jeder anderen Ware, so daß man sagen kann, daß der Tauschwert ein allgemeines, abstraktes, gesellschaftliches Verhältnis ist, das alle Warenprodukte — und vermittelt durch die Produkte, auch die unzähligen verschiedenen konkreten Arbeiten, die sie produziert haben — miteinander abstrakt-allgemein assoziiert. [Dieses geldvermittelte Sozialverhältnis ist abstrakt, weil alle Waren durch ihre verschiedenen, meist schwankenden Preise dem Geld gleichgesetzt sind, und das Geld ist ein qualitätsloses, d.h. abstraktes Medium, das nur quantitative Wertunterscheidungen zuläßt. Der Tauschwert drückt sich nur quantitativ in einem Preis aus. ]Das Geld dient als quantitativer Wertspiegel für den Wert einer jeweiligen Ware, und vermittelt durch das Geld dient jede Ware als Wertspiegel, quantitativ sowie qualitativ, für jede andere Ware. <br /><br />Kontra Marx läßt sich jedoch nicht behaupten, daß der Tauschwert in Geld oder anderen Waren nur ausgedrückt wird in dem Sinn, daß eine bestimmte Menge geleistete Arbeit, die nun im Arbeitsprodukt steckt, das Tauschverhältnis quantitativ regelt. Vielmehr sind die unzähligen Warentauschverhältnisse in einer Marktwirtschaft ein Spiegelspiel, in dem jede Ware als Wertspiegel der anderen dient und jede Ware erst im Wertspiegel der anderen Waren sieht, was sie wert ist. Erst im vollzogenen Tauschverhältnis stellt sich heraus, daß und inwiefern eine Ware wert ist und zwar durch die Anerkennung ihres Werts im Durchgang durch den Wertspiegel der anderen Waren bzw. im Geld. Es nützt nichts, daß geleistete Arbeit[, sogar mit den jeweils herrschenden Produktionsverfahren geleistete Arbeit] in einem nützlichen Arbeitsprodukt steckt, wenn der Markt dieses Arbeitsprodukt faktisch nicht anerkennt als einen Wert und ihm die Wertspiegelung verwehrt. Es sind die jeweils herrschenden und immer schwankenden Marktbedingungen, die die Wertanerkennung gewähren oder vorenthalten bis hin zur völligen Verweigerung, die angebotene Ware als wertvoll anzuerkennen. <br /><br />Damit ist der kausale Zusammhang zwischen der Produktion einer Ware und ihrer Anerkennung als Wert durchgeschnitten. Der Wert zeitigt sich in einem Spiegelspiel der Anerkennung unter den Waren selbst auf dem Markt. Er wird nicht produziert, so wie eine Ware als Gebrauchswert technisch präzise und berechenbar hergestellt wird, und auch die Arbeit, die die Ware herstellt, schafft keinen Wert. Der Wert, den eine Ware darstellt, kann nicht durch die geleistete Arbeit, die sie verkörpert, im voraus berechnet werden. Der Wert läßt sich überhaupt nicht herstellen und er läßt sich nur nach Erfahrungsregeln und nicht von einem Prinzip her quantitativ voraussagen. Vielmehr verhält sich die Sache umgekehrt: Die Arbeit, die die Ware produziert, wird erst im Spiegelspiel des Werts als wertvoll auf dem Markt faktisch anerkannt. Der Wert hat keine Substanz, sondern als gesellschafliche Kategorie kommt er erst in einem gesellschaftlichen Reflexionsverhältnis, d.h. erst in einer Vergesellschaftung der Ware als Ware im Spiegel der anderen Waren, zustande. Das Wertsein selbst ist ein Wertverhältnis. Deshalb ist der Wertbegriff ein Grundbegriff einer sozialen Ontologie, d.h. einer Lehre des gesellschaftlichen Seins der Menschen. [Die Kategorien einer sozialen Ontologie sind Reflexionsbestimmungen, in denen sowohl die Dinge als auch die Menschen in einem Spiegelverhältnis zueinander stehen. Darüber hinaus ist der Wert als Kategorie eines gesellschaftlichen Anerkennungsspiels eine Idee, und insofern ist es unsinnig, eine Gesellschaft, in der es um die Schätzung von Werten in einem Marktgeschehen geht, 'materialistisch' zu nennen. <br /><br />Die Verhältnisse unter den Menschen sind ein Spiel, weil jeder individuelle Mensch als freies Wesen der grundlose Ausgang oder Ursprung seiner eigenen Selbstbewegungen ist, so daß, wenn Menschen zusammenkommen, es immer ein Zusammentreffen von zwei oder mehr Grundlosigkeiten ist, was eben ein grundloses Wechselspiel in Gang bringt. ]Das Spiegelspiel, in dem sich der Wert zeitigt, ist als Spiel grundlos und läßt sich nicht kausal, nicht einmal als komplizierte kausale Wechselwirkung bestimmen bzw. ausrechnen, weder empirisch noch im Prinzip. Das Wertspiegelspiel ist deshalb zwar ein Wechselspiel aber keine Wechselwirkung. Die Ware als Wert existiert, oder vielmehr schwebt in der Differenz zwischen Objekt und Subjekt, zwischen der Realität und der Idealität der Ware. Als ein Reales ist die Ware ein endliches Ding mit bestimmten Qualitäten und Eigenschaften. Als ein Ideales ist die Ware entworfen als Gebrauchswert innerhalb eines menschlichen Entwurfs. Im Tauschgeschehen auf dem Markt sind diese beiden Wesensmomente der Ware in einem unkalkulierbaren Wechselspiel miteinander verschränkt. Deshalb liegt auch eine ontologische Kluft zwischen der Wirtschaftswissenschaft und den Naturwissenschaften. <br /><br />[Der Kern der Wahrheit in der Marxschen Arbeitswertlehre ist, daß in einer Marktgesellschaft die menschliche Arbeit — zuächst vermittelt durch die Arbeitsprodukte, die diese Arbeit verkörpern — in Geld abstrakt-allgemein als wertvoll anerkannt wird. Das Marktgeschehen selbst bewertet die Waren und die Arbeit, die sie verkörpern. Das Geld selbst als Ding ist in Wahrheit ein verdinglichtes gesellschaftliches Verhältnis bzw. eine Reflexionsbestimmung, da es ist, was es ist, nur durch die vermittelnde Rolle, die es im Spiegelspiel des Werts spielt, und nur solange die Waren das Geld erkennen als das, worin sie ihren Wert spiegeln. Der Wert als eine abstrakt-allgemeine und auch im Geld verdinglichte Kategorie assoziiert auch die menschliche Arbeiten als wertvoll auf abstrakt-allgemeine, verdinglichte Weise gerade durch das Spiegelspiel auf dem Markt. ]<br /><br /><span style="font-weight:bold;">4. Vergesellschaftung als Wechselspiel der Kräfte</span><br />Jetzt mit dem Wertbegriff als einem genuin sozialontologischen Begriff ausgestattet sind wir in der Lage, ein paar Schritte auf dem Terrain einer Sozialontologie zu tun. Zunächst kann sich der Weg fortsetzen durch eine Marxsche Landschaft. Bisher haben wir nur das Wertsein von Waren, die Arbeitsprodukte sind, betrachtet. Arbeitsprodukte als Gebrauchswerte haben das Potential, im Gebrauch brauchbar zu sein und haben insofern eine Kraft. Gebrauchswerte sind Gebrauchskräfte. Sie können gebraucht werden. Insofern ist das Spiegelspiel der Warenwerte auf dem Markt ein Kräftespiel aber nicht, indem die in den Waren innewohnenden Gebrauchskräfte auf dem Markt verwirklicht werden, sondern nur indem sie ideel von potentiellen Käufern — in einem Kräftespiegelspiel reflektiert — gesehen, eingeschätzt und geschätzt werden. Die Warenprodukte, die Konsum- oder Produktionsgüter sein können, zeigen sich auf dem Markt als die Träger von brauchbaren Qualitäten, die potentielle Käufer zum Kauf verlocken sollten. Sie stellen sich ideel als wertvoll dar und zu diesem Zweck stellen sie ihre Vorzüge zur Schau. Das Spiegelspiel der Werte ist daher auch eine Zurschaustellung von brauchbaren und manchmal verlockenden Kräften, die die Waren vorgeben zu besitzen. <br /><br />Bekanntlich jedoch gibt es nicht nur Arbeitsprodukte, und nicht einmal alle Arbeitsprodukte sind dinglich — Dienstleistungsprodukte sind genauso Warenwerte [wie handgreifliche Warendinge ]und auch sie nehmen teil am Spiegelspiel der Warenwerte. Zudem umfaßt die Welt der käuflichen Waren auch die Arbeitskraft, die Erdoberfläche sowie das Geld selbst. Verpachteter Grund und Boden wirft eine Grundrente ab, und geliehenes Geld Zinsen. Die dem Arbeiter innewohnende Arbeitskraft wird einem sogenannten 'Arbeitgeber' geliehen, der die Arbeitskraft dann ins Werk setzt, d.h. verwirklicht als ausgeführte Arbeit. Arbeitskraft, Boden und Produktionsmittel werden die drei Produktionsfaktoren genannt, und nur durch ihr Zusammenwirken kommt ein Arbeitsprozeß zustande. Das Produkt, das in diesem Arbeitsprozeß entsteht, wird verkauft, d.h. als ein Wert honoriert, und dadurch werden die in den Produktionsfaktoren innewohnenden Produktivkräfte auch indirekt anerkannt als zum Endwarenwert beitragend. Umso mehr ist es unsinnig zu behaupten, daß der Wert einer Ware allein durch die Arbeitszeit, in der Arbeitskraft im Produktionsprozeß verausgabt wird, gemessen werden könnte[, denn verschiedene und vor allem produktivere Produktionsmittel bedeuten auch qualitativ verschiedene Arbeiten und deshalb auch ein quantitativ verschiedenes Ausmaß an Wertanerkennung im Geld]. <br /><br />Mit der Erweiterung des Kreises des Käuflichen auf beinahe alles Seiende in der Welt — Dinge sowie Menschen bzw. deren unterschiedliche Fähigkeiten und andere Qualitäten wie z.B. gesellschaftlicher Status — hat die Warenwelt ihre möglichst große Ausdehnung erfahren. Alles spiegelt seinen Wert im abstrakt-allgemeinen Wertspiegel des Geldes. Alles kann wie Alice durch den Spiegel des Geldes schlüpfen und sich in alles Mögliche verwandeln. Die Zauberkraft des Geldes als Wertding, worin Alles sich wertmäßig spiegelt, ermöglicht dies. <br /><br />Aber es gibt noch eine weitere Spielart des Werts, in der der Wertspiegel des Geldes selbst anfängt zu tanzen, und das ist die Selbstbewegung des Werts als Kapital. Indem der in Geld dinglich kristallisierte Wert selbst sich in Bewegung setzt, mobilisiert er alles Andere, nämlich die Produktionsfaktoren in einem Produktionsprozeß. Als Kapital bewegt sich der Wert in einer Kreisbewegung von Geldkapital durch Produktion und zurück zum Geldkapital. Eine solche Bewegung hat nur einen Sinn, sofern das Geldkapital, das am Anfang des Kreislaufs vorgeschossen wird, sich vom Geldkapital, das am Ende des Kreislaufs steht, unterscheidet. Da aber das Geld ein abstrakt-allgemeines Medium ist, unterscheidet es sich in sich nur quantitativ. [Das Quantitative ist ja die Abstraktion von jeder Bestimmtheit des Qualitativen.] Die Kreisbewegung des Werts muß deshalb eine sein von Geld zu mehr Geld; der Wert muß sich im Kapitalkreislauf vermehren, damit sich die Kreisbewegung nicht zerstört durch eine allmähliche Wertvernichtung des eingesetzten Kapitals. Das Kapital setzt also — unter der Regie eines einzelnen Unternehmers oder eines kollektiven Unternehmers genannt Management — ein Zusammenspiel der Produktionsfaktoren in Bewegung, das zugleich ein komplexes Spiegelspiel des Werts ist, sofern die vielen verschiedenen Produktionsfaktoren (Arbeitskräfte, Produktionsmittel, Boden) eingekauft bzw. angemietet werden müssen, und das Endprodukt dann auch verkauft werden muß, und all das unter der Grundbedingung, daß am Schluß das Spielergebnis so dasteht, daß der eingesetzte Kapitalwert sich vermehrt hat. [Mehrfach müssen sich die unterschiedlichen Waren dem Risiko der Wertspiegelung und -anerkennung auf dem Markt aussetzen, damit das umfassende Kreisspiel der Selbstverwertung des Werts insgesamt gelingt. <br /><br />Die Produktivkräfte der verschiedenen Produktionsfaktoren, die das Kapital im Produktionsprozeß in Bewegung und ins Werk setzt, können technisch planbar und genau eingesetzt und gesteuert werden, so daß mit voller Vorausberechenbarkeit das jeweilige Produkt hergestellt wird, aber sämtliche Schnittstellen zum Markt bzw. zu Anderen bleiben den Schwankungen des Wertspiegelspiels ausgesetzt. Ob es dem Kapital überall gelingt, das Spiegelspiel der Verwertung des Werts erfolgreich zu spielen, ist nicht planbar, nicht kalkulierbar. Alle Wertparameter der Kreisbewegung bleiben dem Spiegelspiel selbst ausgesetzt, so daß es darauf ankommt, möglichst gut zu spielen, aber ohne Erfolgsgarantie. Fehler in der Einschätzung des künftigen Verlaufs des Wertspiegelspiels müssen möglichst rasch korrigiert werden, um die Spielstrategie möglichst auf Erfolgskurs zurückzubringen. ]<br /><br />Wenn der Austauschprozeß auf dem Markt einschließlich des Marktes für Arbeitskräfte allein vom Standpunkt der menschlichen Teilnehmer betrachtet wird, dann erscheint das Marktgeschehen als ein Wertspiegelspiel, in dem menschliche Kräfte, Vermögen, Fähigkeiten entweder direkt oder indirekt als wertvoll anerkannt, honoriert und in dem Sinne 'geehrt' werden. Ein Arbeiter in diesem fundamental sozio-ontologischen Sinn ist nicht unbedingt einer, der in einer Fabrik arbeitet, sondern jeder, der Fähigkeiten welcher Art auch immer besitzt und sie gegen Geld, sei es Lohn oder Gehalt oder Honorar oder Servicegebühr etc., zur Verfügung stellt. Wir alle, die wir in einer Marktwirtschaft leben, spielen mit im Spiegelspiel der Werte, indem wir unsere Arbeitskraft in Geld honorieren lassen. Solche Wertanerkennung und Honorierung der Arbeitskraft umfaßt hier grundsätzlich auch defiziente Modi derselben, so daß selbst der Arbeitslose eine defiziente Wertanerkennung seiner Arbeitsfähigkeiten genießt oder vielmehr erleidet. <br /><br />In erster Linie sind es unsere Fähigkeiten, die im Spiegelspiel des Werts eingeschätzt und monetär anerkannt werden, und nur in zweiter Linie unser gesellschaftlicher Status und Vermögensstand[, den wir durch unsere Fähigkeiten oder vielleicht durch die Fähigkeiten unserer Vorfahren im Erwerbsspiel erreicht haben]. Unser gesellschaftlicher Status als Blendwerk unseres [im etymologischen Sinn genommenen ]Prestiges(4) ist auch oft nur der Widerschein der Geldanerkennung unserer Fähigkeiten oder unseres akkumulierten Vermögens. Die Wertanerkennung unserer Fähigkeiten ist selbst ein Teilspiel des Spiegelspiels des Werts und läuft auf einen Kampf der Anerkennung hinaus. Es kommt darauf an, nicht nur Fähigkeiten genuin zu entwickeln und zu besitzen, sondern diese Fähigkeiten im Spiegelspiel des Marktes möglichst scheinen und so honorieren zu lassen. Die persönlichen Fähigkeiten müssen sich zeigen, sie müssen zur Selbstdarstellung gebracht werden, nur so kommen sie in den Genuß einer Reflexion im Wertspiegel des Geldes. Wer einer ist gesellschaftlich, ist eine Sache nicht nur der Fähigkeiten, die er ausgebildet hat und besitzt, sondern auch deren Widerspiegelung in Anerkennungsverhältnissen mit anderen. Die Achtung und Anerkennung durch andere, die man genießt oder nicht genießt, macht das Wersein mit aus, und insofern ist das Wersein ein gesellschaftliches Werverhältnis als Werspiegelspiel,(5) genauso wie das Wertsein ein gesellschaftliches Wertverhältnis als Wertspiegelspiel ist. <br /><br />Die eigenen Fähigkeiten müssen nicht nur zum Scheinen gebracht werden[ in einer Selbstdarstellung, um einen Stand im Spiegelverhältnis der Anerkennung zu genießen], sondern sie müssen unausweichlich zu einem Mehrscheinen kommen gegenüber dem Scheinen der Fähigkeiten vergleichbarer Anderen, um überhaupt zu glänzen. Persönliche Fähigkeiten sind eine Art Macht, nämlich die Macht, eine Änderung, welcher Art auch immer, in der Welt hervorzubringen, wie z.B. ein Komiker die Macht besitzt, Menschen zum Lachen zu bringen. Das Bestreben, die eigenen Fähigkeiten zum Scheinen zu bringen, um in den Genuß der Anerkennung anderer und speziell in den Genuß der Geldwertanerkennung zu kommen, ist deshalb ein Machtspiel gegen andere, eine Rivalität, um die eigenen Vorzüge möglichst glänzen zu lassen. [Dieses Machtspiel wird teils anonym über den Markt und teils persönlich gegen bekannte Rivalen ausgespielt. Wie jedes Spiel einschließlich des Wertspiels ist das Machtspiel der persönlichen Fähigkeiten, um möglichst glänzend als Wer dazustehen, grundlos, sofern viele verschiedene Machtzentren gegen- und miteinander ins Spiel kommen. Selbst wo ein Ethos der Solidarität in einer Gruppe herrscht, hat diese Solidarität stets ihre Grenze in der Rivalität gegenüber einer anderen, konkurrierenden Gruppe. ]<br /><br />Selbst bei der Wertanerkennung auf dem Markt von Waren, die Gebrauchswerte sind, ist die Macht im Spiel, sofern ein Gebrauchswert eine Kraft, und in dem Sinn eine Macht besitzt, irgendeine nützliche Änderung hervorzubringen, wie z.B. Schuhcreme die Kraft besitzt, die Farbe von Schuhen zu ändern bzw. zu verbessern. Solche Waren müssen sich auch auf dem Markt gegen Konkurrenzprodukte darstellen als die Träger von nützlichen und nützlicheren Kräften, um überhaupt als solche anerkannt zu werden und damit einen Wert, einen Preis erzielen zu können. Es gibt also auch ein Machtspiel und eine Rivalität unter den Waren selbst, um möglichst viel Wertanerkennung im Geldspiegel zu erhalten. Ähnliches gilt auch für die Produktionsfaktoren. Insgesamt können wir deshalb sagen, daß das Spiegelspiel des Werts auf dem Markt überhaupt in seinen vielen verschiedenen Segmenten und Facetten ein Machtspiel ist[, in dem es darum geht, Kräfte und Fähigkeiten als möglichst wertvoll gegenüber anderen anerkennen zu lassen]. Gesellschaft überhaupt ist ein Machtphänomen und ein Machtspiel um die wertschätzenden Anerkennung. <br /><br /><span style="font-weight:bold;">5. Zivilgesellschaft als faires Kampfspiel um die Wertanerkennung<span style="font-weight:bold;"></span></span><br />Ist es jedoch nicht beklagenswert, daß Macht und Rivalität zum Wesenskern von dem, was Gesellschaft heißt, gehören? Hat nicht schon Marx die Verdinglichung und Entfremdung in einer Gesellschaftsform, die durch Wertdinge — vor allem durch das Geld und das Kapital — vermittelt ist, angeklagt und eine Überwindung derselben gefordert? Soll nicht Gesellschaft höhere Werte haben als die Werte, die in einem kleinlichen Ringen um Anerkennung auf dem Markt unter Dingen und Menschen zustande kommen? Ist nicht die durch Geld vermittelte Gesellschaft eine egoistische Gesellschaft, die es gilt, in eine Gesellschaft der Solidarität und des Miteinanders aufzuheben? Soll nicht der Staat einschreiten, um diesem Machtspiel aller gegen alle Einhalt zu gebieten und das gesellschaftliche Miteinander in sozialere Bahnen zu lenken? <br /><br />Es hat eine eigene Bewandtnis mit dem Sollen. Das Sollen ist ohnmächtig gegenüber dem, was in einem wesenhaften Sinn ist. Freilich ist das bloß Faktische niemals wesenthaft, niemals wahr, sondern höchstens richtig und kann deshalb von einem geforderten Sollen berichtigt werden, aber das Sollen muß dem Wesen entsprechen und darf nicht gegen es sprechen, wenn es nicht abprallen will. Insbesondere bringt der Ruf nach dem Staat, um etwa eine abgesichertere oder solidarischere Gesellschaft einzurichten, lediglich nur noch eine Macht mehr — nämlich die politische Macht — ins gesellschaftliche Machtspiel und schafft keineswegs das Machtspiel aller gegen alle ab, sondern verändert bloß das Medium — nämlich die Politik im weitesten Sinn —, in dem dieses Machtspiel ausgetragen und ausgefochten wird. Alle gesellschaftliche Macht einschließlich der politischen ist wesenhaft ein Spiegelspiel der Anerkennung. Insofern bringt die Forderung, das Spiegelspiel der Wertanerkennung im Marktgeschehen um der sogenannten 'sozialen Sicherheit' willen außer Gefecht zu setzen bzw. es durch politische Machtausübung zu lenken, lediglich eine weitere, letztendlich auch unkalkulierbare gesellschaftliche Macht ins Machtspiel. Und dieses Machtspiel ist genauso geprägt durch die Spannung zwischen Besonderheit und Allgemeinheit, Selbstinteresse und Allgemeinwohl. <br /><br />Das Spiegelspiel der Anerkennung als Werte unter den Dingen und den Menschen rührt daher, daß Gesellschaft als ein Miteinanderleben überhaupt ein Anerkennungsprozeß ist, und was in diesem Anerkennungsprozeß anerkannt wird, sind vor allem die nützlichen Kräfte der Dinge und die Fähigkeiten der Menschen. Dinge und Menschen taugen zu etwas, und diese Tauglichkeit wird von anderen im gesellschaftlichen Verkehr eingeschätzt, geschätzt, bewertet und anerkannt. Deshalb präsentieren sich die Waren und die Menschen auf dem Markt von ihrer besten Seite. Sie streben nach Anerkennung von anderen und bieten deshalb etwas an. Sie zeigen, was sie können. Auch wenn sie Geld dafür verlangen, der vereinbarte Tausch ist in der Regel gegenseitig gewollt und befriedigend. Beide Seiten haben etwas davon. Von einem 'puren Egoismus' im Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Marktgeschehen zu reden, ist deshalb insofern phänomenologisch unhaltbar, als der Andere in dieses Wertspiegelspiel wesentlich einbezogen ist und sein muß, so daß die Negation des Egoismus, nämlich der Altruismus, immer mit im Spiel ist. Die Gegenseitigkeit des Tauschspiels ist bereits die Aufhebung des bloßen einseitigen Egoismus oder des bloßen einseitigen Altruismus, und es könnte keine Gesellschaft bestehen, die rein auf dem Egoismus oder aber auf dem Altruismus beruhte. Sofern es die menschlichen Teilnehmer betrifft, bewegt sich die Wirtschaft durch das, was Menschen gegenseitig selbstinteressiert durch die Verwirklichung ihrer Fähigkeiten füreinander tun können. Insbesondere bedeutet dies, daß es keine ökonomische Wachstumgrenze gibt dafür, was Menschen kraft ihrer Fähigkeiten sich gegenseitig anzubieten haben. <br /><br />Darüber hinaus ist das Gegeneinander auf dem Markt immer ergänzt durch ein Miteinander in der Produktion und sonstwo im Geschäftsleben, da keiner ohne die Kooperation mit Anderen irgendetwas zustande bringen könnte. Das Negative des Gegeneinander ist also notwendig durch das Positive des Miteinander ausgewogen und mit ihm verflochten. Aber noch mehr: das Negative des Gegeneinander ist selbst positiv, sofern es die Entwicklung und Verfestigung der eigenen Fähigkeiten fördert. Zudem liegt im Wertspiegelspiel untereinander auch die gegenseitige Anerkennung, Achtung und Ehrung der Person im allgemeinen sowie die Einschätzung und Schätzung ihrer individuellen Fähigkeiten im besonderen. Jeder kommt zu Stand, als wer er ist, nicht ohne sich selbst auch im Spiegel der Anerkennung durch Andere zu erkennen. Auch die Selbständigkeit ist eine Reflexionsbestimmung im Wechselspiel mit der Welt und vor allem mit Anderen in der Welt. <br /><br />Außerdem übersieht die Klage über die Entfremdung und die Verdinglichung der gesellschaftlichen Verhältnisse in einer kapitalistischen Marktgesellschaft, daß es genau dieses abstrakte, dinglich vermittelte Miteinander ist, das die Menschen als Individuen freiläßt und sie so zum ersten Mal geschichtlich als Individuen entwirft, selbst wenn — oder vielmehr gerade weil — es sie mit Gleichgültigkeit in einen Freiraum entläßt. Abstrakte, dinglich vermittelte Vergesellschaftung eröffnet Menschen die Freiheit, sich als Individuen über vielfältige mögliche selbstgewählte Weisen ins Gesellschaftsgeschehen einbinden zu lassen.(6) Gerade die Abstraktheit, Einfachheit und Gleichgültigkeit des Geldes als Vermittlungsglied von Gesellschaft öffnen einen abstrakten Raum der Selbstgestaltung, lösen dadurch traditionelle Bindungen durch Autorität, Tradition, familiäre, geschlechtliche und stammesmäßige Machtstrukturen auf und setzen damit individuelle Frauen und Männer als Einzelne frei zur Selbstwerdung ohne die Vorbelastung ungeprüfter und so gedankenlos übernommener Bindungen. Die menschliche Freiheit ist nur als individuelle Freiheit, d.h. nicht ohne sie, gleichgültig ob der Mensch im Einzelfall sie verkraftet oder nicht. In den abstrakten Raum geldvermittelter Vergesellschaftung lassen sich in vielfältiger Weise Selbstentwurf und Selbstdefinition des Individuums einzeichnen. <br /><br />Das praktizierte Ethos einer derartigen Zivilgesellschaft von freigesetzten, sich selbst definierenden Individuen im Wertspiegelspiel miteinander ist deshalb die Zivilität: das Ethos des gegenseitigen Wortgebens und -haltens, des gegenseitigen Vertrauens, der Fairneß, der Höflichkeit, sogar der Freundlichkeit. Dieses Ethos oder diese Sittlichkeit gehört mit zum Wertspiegelspiel, in dem jeder Spieler auch gegen andere bestrebt ist, seine Fähigkeiten anerkennen zu lassen, sie zum Scheinen zu bringen nicht nur im Geldspiegel, sondern auch in den Augen Anderer. Die anderen Spieler werden abstrakt-allgemein und deshalb gleich-gültig als Personen anerkannt, indem jeder Spieler sich an die allgemein gültigen Spielregeln der Fairneß hält. Im konkreten Umgang miteinander muß zudem die gegenseitige Anerkennung auch konkreter werden, indem die besonderen Fähigkeiten des Anderen nach bestimmten Gebräuchen der Höflichkeit wertgeschätzt werden. Vor allem jedoch muß das Vertrauen untereinander genährt werden durch das gegenseitige Wortgeben und -halten, denn die Bewegung der Zivilgesellschaft würde ohne das Vertrauenselement ins Stocken geraten. Das englische Wort 'fairness' kommt von 'fair', was auch 'schön' heißt, wie man auch auf Deutsch sagt, eine Sache sei "schön und recht".(7) Dies deutet darauf hin, daß das Wertspiegelspiel, auch wenn es mitunter ein hartes Gegeneinander ist, gerade wegen aller Unberechenbarkeit auch schön sein kann. Denn das Lebenselement gesellschaftlicher Freiheit — als wesentlich vergesellschafteter individueller Freiheit — ist dieses Spiel, das wie jedes Spiel wesenhaft grundlos ist.(8)<br /> <br /><br /> <br /><br /> Anmerkungen<br /> 1. Zuerst am 22. Januar 2007 im Philosophischen Café Wuppertal vorgetragen. Passagen in eckigen Klammern [ ] wurden beim Vortrag ausgelassen. Der Vortrag stellt dar, wie nach 25 Jahren durch ein erneutes Durchdenken der Wertform die Rekonstruktion der Kapitalanalyse wieder in einem anderen Licht — im Licht eines sozio-ontologischen Grundbegriffs des Spiegelspiels — erscheint. Vgl. den Anhang 'A Value-Form Analytic Reconstruction of Capital' von Michael Eldred, Marnie Hanlon, Lucia Kleiber & Mike Roth in M. Eldred Critique of Competitive Freedom and the Bourgeois-Democratic State Kurasje, Copenhagen 1984. Vgl. auch M. Eldred Kapital und Technik: Marx und Heidegger Verlag J.H. Röll, Dettelbach 2000. <br /><br /> 2. "Im Vorbeigehen" bedeutet hier, daß Böhm-Bawerk in Zum Abschluß des Marxschen Systems en passant in Frage stellt, warum die (abstrakt-allgemeine) Arbeit die Wertsubstanz ausmachen sollte (etwa im Gegenentwurf zu einer Grenznutzenlehre), aber dann seine Kritik darauf fokussiert, das sogenannte Transformationsproblem zwischen 'Arbeitswertpreisen' und Produktionspreisen als Problem einer quantitativen Preistheorie ins Visier zu nehmen. Wenn jedoch es keine Wertsubstanz überhaupt gibt (weil der Wert ein Wertspiegelverhältnis ist), dann gibt es auch überhaupt kein Transformationsproblem. Vgl. meinen Aufsatz 'Exchange, Value, Justice – Aristotle, Adam Smith,Karl Marx'. <br /><br /> 3. "Es ist mit solchen Reflexionsbestimmungen überhaupt ein eigenes Ding. Dieser Mensch ist z.B. nur König, weil sich andre Menschen als Untertanen zu ihm verhalten. Sie glauben umgekehrt Untertanenen zu sein, weil er König ist." Das Kapital Bd. I Marx-Engels Werke Dietz Verlag, Berlin 1962/75 Bd. 23 p. 72 = MEW23:72 Fußnote 21. <br /><br /> 4. OED: ad. L. præstigium a delusion, illusion, usually in pl. præstigiæ, illusions, juggler's tricks, for *præstrigium f. præstringere to bind fast (præstringere oculos to blindfold, hence, to dazzle the eyes. <br /><br /> 5. Zum Wersein vgl. M. Eldred Phänomenologie der Männlichkeit als Wersein: kaum ständig noch Verlag Dr. Josef H. Röll, Dettelbach 1999. <br /><br /> 6. "Wenn also die ökonomische Form, der Austausch, nach allen Seiten hin die Gleichheit der Subjekte setzt, so der Inhalt, der Stoff, individueller sowohl wie sachlicher, der zum Austausch treibt, die Freiheit. Gleichheit und Freiheit sind also nicht nur respektiert im Austausch, der auf Tauschwerten beruht, sondern der Austrausch von Tauschwerten ist die produktive, reale Basis aller Gleichheit und Freiheit. Als reine Ideen sind sie bloß idealisierte Ausdrücke desselben; als entwickelt in juristischen, politischen, sozialen Beziehungen sind sie nur diese Basis in einer andren Potenz." Karl Marx Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie Dietz, Berlin 1974 S. 156. <br /><br /> 7. "...daß sich etwas schöne und recht verhält" G.W.F. Hegel Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie I Werke Band 18, Suhrkamp, Frankfurt/M. 1971 VGPI:385. <br /><br /> 8. [Ausblick: Das Ethos der Fairneß, wenn auch kongeniales sittliches Lebenselement der wertspielvermittelten Gesellschaft, reicht freilich nicht aus, um das Spiegelspiel des Werts innerhalb der Bahnen eines fairen Spiels zu halten. Wegen des Moments des Gegeneinanders wird ein faires, schönes Spiel zuweilen unfair, häßlich. Es entsteht ein Streit darüber, wer eigentlich Recht hat. Dies kann daran liegen, daß Regeln des fairen Spiels gebrochen werden oder aber daran, daß die Spielregeln selbst unfair sind oder beides. So sind ein Schiedsrichter und ein Richter vonnöten. Der Schiedsrichter richtet über eine umstrittene Auslegung der Spielregeln — im zivilen Recht —, während der Richter die Spielregeln wieder herrichtet, wenn sie mißachtet werden, und dies ist das Strafrecht. Beide Funktionen übernimmt der Staat als die überlegene — und als solche in einem Reflexionsverhältnis anerkannte — gesellschaftliche Macht. Zudem können die Spielregeln selbst unfair sein, und dies ist die naturrechtliche Grundfrage der Gerechtigkeit. Durch Gesetz und Vorschrift ist der Staat gefordert, die Spielregeln so zu setzen, daß sie der Idee eines fairen Spiels entsprechen. So begriffen greift der Staat bei all den genannten Funktionen nicht ins Spielgeschehen ein, um bestimmte Ergebnisse zu erzwingen, sondern beschränkt sich darauf, das Spiel fair und schön zu halten, selbst wenn es hart wird und nie gegen Risiko abgesichert werden kann, es sei denn, daß die Bürger ihre individuelle Freiheit gern gegen Sicherheit unter staatlicher Herrschaft eintauschen und in dem Maße aufhören, freie Spieler zu sein. ] <br /><br /> <br /><br /> <br /><br /> <br /> <br /><br /> Copyright (c) 2007-2009 by Michael Eldred, all rights reserved. This text may be used and shared in accordance with the fair-use provisions of U.S. and international copyright law, and it may be archived and redistributed in electronic form, provided that the author is notified and no fee is charged for access. Archiving, redistribution, or republication of this text on other terms, in any medium, requires the consent of the author.Unknownnoreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-56590953515982098652009-08-06T21:06:00.007+02:002009-11-05T20:51:44.028+01:00über den Commonismus<span style="font-weight:bold;">Vom Kapitalismus über den Commonismus zum Kommunismus?</span><br />Eine Betrachtung in Marx' Kategorien<br />Verfasser: <span style="font-weight:bold;">Daniel Scharon</span><br /><br />Inhaltsverzeichnis<br />1. Einleitung........................................................................1<br />2. Was ist Freie Software?..................................................................2<br />2.1 Geschichte von Freier Software.........................2<br />2.2 „Freie Software“ oder „Open Source“?...................................................................4<br />2.3 Die Lizenzfrage (oder die Rolle des bürgerlichen Rechts)........................................................5<br />2.4 Das Entwicklungsmodell von Freier Software..........................................................................6<br />3. Freie Software im Kapitalismus ..................................................................................9<br />3.1 Freie Soft-Ware?..............................................................9<br />3.2 Welchen Wert hat Freie Software?...........................................................11<br />3.3 Abstrakte gesellschaftliche Arbeit und die Produktion Freier Software...... ...........................12<br />3.4 Kapitalistische Produktionsweise und Freie Software/Open Source.......................................14<br />4. Vom Commonismus zum Kommunismus?.......................................................15<br />4.1 Was heißt Kommunismus? ...................................................................16<br />4.2 Was heißt Commonismus? ...................................................................18<br />4.3 Eine Keimform einer neuen Gesellschaft?......................................................21<br />5. Fazit...........................................................24<br />Literaturverzeichnis..........................................26<br /><br />II<br /><span style="font-weight:bold;">1. Einleitung</span><br />Die zunehmende Verbreitung und Bedeutung von <span style="font-style:italic;">Freier Software</span> rückt die Zusammenhänge<br />ihrer Entstehung sowie ihre grundsätzlichen Bedeutung in den Fokus wissenschaftlichen Untersuchungsinteresses. Doch dabei bleibt es nicht stehen. Freie Software und dessen Entwicklungsmodell wird von vielen als etwas ganz neues angesehen, das dem bisherigen Modell, Software zu produzieren, diametral entgegen steht. Einige Menschen, welche sich in dem Projekt Oekonux zusammengefunden haben, versuchen nun diese neue Art zu produzieren in die ökonomische Sphäre an sich zu übertragen. Die so entworfene Produktionsweise bekommt je nach AutorIn Bezeichnungen wie Peer-Ökonomie oder Commonismus zugewiesen. Doch nicht nur das, einige von ihnen sind dabei zu der These gekommen, dass Freie Software eine „Keimform einer neuen Gesellschaft“ ist ( Meretz/Merten 2005: 303). Viele der am <span style="font-style:italic;">Oekonux-Projekt</span> Beteiligten sehen in dieser neuen Gesellschaftsform Marx' Vorstellung einer kommunistischen Gesellschaft erfüllt: „Der kommunistische Anspruch lebt, und die commonistische Produktionsweise ist heute seine beste Chance auf Realisierung“ (Siefkes 2009: 23). Sie bestätigen somit die Wahrnehmung vieler Menschen, wie zum Beispiel Microsofts CEO Steve Ballmer, <span style="font-style:italic;">von Freier Software als „irgendwie kommunistisch“ </span>(Grassmuck 2004: 230).<br />Diese Arbeit soll nun ein Versuch sein, zu überprüfen, ob das Potenzial und der damit verbundene Anspruch der kommunistischen Produktionsweise tatsächlich mit Hilfe von Freier Software und deren Entwicklungsmodell eingelöst werden könnte. Die Fragestellung geht hierbei weit über die Konzepte der Freien Software-Bewegung hinaus. Es sind nicht vorwiegend KommunistInnen, die die Freie Software-Bewegung tragen, sondern hauptsächlich Bürgerrechtsliberalisten und sogar Wirtschaftsliberale (vgl. Meretz 2000). KommunistInnen greifen sie jedoch auf und meinen darin einen Ansatz gefunden zu haben, welcher ihnen eine neue, moderne Perspektive bietet.<br />Innerhalb dieser Arbeit kann nicht der Kommunismus selbst entworfen werden, es beschränkt sich die Analyse daher auf die folgenden Schritte: Zunächst wird Freie Software definiert und auf ihren Warencharakter sowie ihre Wertform hin analysiert, d.h. ob beides überhaupt zutrifft. Anschließend folgt eine Charakterisierung des „commonistischen“ Modells und eine kritische Auseinandersetzung damit, ob das Entwicklungsmodell Freier Software (Commonismus) zur Aufhebung des Kapitalismus bzw. zum Kommunismus führen kann.<br /><br />1<br /><span style="font-weight:bold;">2. Was ist Freie Software?</span><br />Bevor erläutert werden kann, welche Kennzeichen eine Software zu Freier Software machen,<br />sollte definiert werden was Software an sich ist. Software ist ein Begriff, der in Abgrenzung zu Hardware die Gesamtheit ausführbarer Datenverarbeitungsprogramme und ihre dazugehörenden Daten bezeichnet und in diesem Sinne seit den 60er Jahren benutzt wird. Es handelt sich um kodierte Information, ausführbar gemachten Quellcode (engl.: source code). Zum besseren Verständnis sollte hierbei erwähnt werden, dass der Quellcode einer Software der von Menschen lesbare Code ist, welcher mit Hilfe eines Compiler genannten Übersetzungsprogramms erst in Maschinencode übersetzt werden muss, damit dieser auf Computern lauffähig ist. Der so erstellte Binärcode (0,1) ist dann aber von Menschen nicht mehr (ohne sehr großen Aufwand) zu entschlüsseln. Programme können verbreitet werden und auf Computern ablaufen, ohne dass der Quellcode mitgeliefert wird. Das ausführbare Programm ist nur maschinenlesbar und lässt sich ohne den zugehörigen Quellcode nicht verändern. Fehler können so nicht bereinigt, Verbesserungen nicht ergänzt werden. Derart verbreitete Software wird von der Freien Software-Bewegung als closed source, proprietäre oder un-freie Software bezeichnet.<br />Die von Richard Stallman geschriebene und von der Free Software Foundation (FSF) angenommenen Definition von Freier Software stellt klar, dass mit der im Englischen missverständlichen Bezeichnung free, frei im eigentlichen Sinne, und nicht kostenlos gemeint ist: „‚Free software‘ is a matter of liberty, not price. To understand the concept, you should think of ‚free‘ as in ‚free speech‘, not as in ‚free beer‘“ (Stallman 2004: 43) . Die den Benutzern der Software zugestandene Freiheit wird mit folgenden vier Freiheiten definiert:<br />● Freedom 0: The freedom to run the program, for any purpose.<br />● Freedom 1: The freedom to study how the program works, and adapt it to your needs. (Access to the source code is a precondition for this.)<br />● Freedom 2: The freedom to redistribute copies so you can help your neighbor.<br />● Freedom 3: The freedom to improve the program, and release your improvements to the public, so that the whole community benefits. (Access to the source code is a precondition for this.)<br />(ebda.)<br /><span style="font-weight:bold;">2.1 Geschichte von Freier Software</span><br />Die Entstehungsgeschichte von Freier Software ist eng mit Richard Stallman, dem Autor der vorangehenden Definition verbunden. Als Stallman 1971 anfing, im Labor für künstliche Intelligenz des MIT zu programmieren, war fast jegliche Software per se „frei“. Der Quellcode<br />2<br />von Programmen wurde auf Nachfrage herumgereicht und Modifikationen des Codes zur Anpassung an eigene Bedürfnisse waren durchweg üblich. Im MIT-Labor für künstliche Intelligenz erfuhr Stallman somit eine „Kultur des freien Wissensaustausches [...], eine Oase der konstruktiven Kooperation“ (Grassmuck 2004: 218), welche retrospektiv auch als frühe Phase einer sogenannten akademischen Hackerkultur bezeichnet wird (vgl. Raymond 1999: 8ff.).<br />Diese begann zu zerfallen, als Softwarehersteller Ende der siebziger Jahre den Quellcode ihrer Programme nicht mehr mitlieferten und das Urheberrecht sowie einschränkende Softwarelizenzen benutzten, um zu verhindern, dass auf Rechnern von Konkurrenten sowie auf den Rechnern von Endkunden ohne dafür zu bezahlen, ihre Software lief. Prominentestes Beispiel war das damals weit verbreitete Betriebssystem UNIX. Im Zuge dieser generellen Kommerzialisierung von Software war bis spätestens Anfang der achtziger Jahre fast sämtliche Software proprietär, d.h. unfrei geworden und es veränderten sich auch die Bedingungen im Labor für künstliche Intelligenz des MIT. Stallman gründete daher 1983 das GNU-Projekt. Ziel des Projektes war die Schaffung eines vollständigen, freien, Unix-kompatiblen Betriebssystems.<br />GNU ist ein rekursives Akronym und steht für „Gnu’s Not Unix“ (Stallman 2004: 33). GNU sollte ein Betriebssystem sein, das „funktional äquivalent zu Unix ist, aber keine einzige Zeile von AT&T geschütztem Code enthält und vor allem, das in freier Kooperation weiterentwickelt werden kann, ohne irgendwann dasselbe Schicksal zu erleiden wie Unix“ (Grassmuck 2004: 222). Daher kündigte Stallman seine Stelle am MIT 1984, denn das Ergebnis seiner Arbeit würde als Angestellter der Universität gehören, welche dadurch komplett die Vertriebsbedingungen der von ihm geschrieben Software bestimmen könnte (vgl. a. a. O.: 223).<br />Die rechtliche Basis für die Freie Software Bewegung kam mit der Gründung der Free Software Foundation (FSF) 1985 und vor allem mit der Schaffung einer auf dem Urheberrecht basierenden, freien Softwarelizenz im Jahr 1989, der GNU General Public License (GPL).<br />Die GPL ist bis heute die am häufigsten gewählte Lizenz für Freie Software. Sie bestimmt jedoch nicht nur die damit lizenzierte Software als frei, sondern führt erstmal auch das Prinzip des Copyleft ein. Dieses basiert zwar auf dem Copyright bzw. Urheberrecht, verlangt aber, dass sämtliche aus GPL-lizenziertem Programmcode abgeleiteten bzw. modifizierten Werke auch wieder unter eine freie Lizenz gestellt werden müssen. Das „Wissen“ bleibt somit dauerhaft frei verfügbar. Im 1985 erschienen GNU Manifesto begründet Stallman (2004: 38) diesen Grundsatz mit Kant:<br />This is Kantian ethics; or, the Golden Rule. Since I do not like the consequences that result if everyone hoards information, I am required to consider it wrong for one to do so. Specifically, the desire to be rewarded for one’s creativity does not justify depriving the world in general of all or <br />3<br />part of that creativity.<br />Bis 1991 war GNU jedoch noch nicht komplett, es fehlte noch der zentrale Bestandteil eines jeden Betriebssystems, der sogenannte Kernel. Diese Lücke füllte damals der finnische Informatikstudent Linus Torvalds, welcher seinen selbst entwickelten Kernel Linux taufte und unter der GPL lizenziert. Die seitdem bestehende Möglichkeit, das komplett freie Betriebssystem GNU/Linux zu benutzen, hat sich bis heute zu einem weltweiten Netz von Entwicklern, Nutzern und Distributionen entwickelt, welche in fast allen gesellschaftlichen Bereichen GNU/Linux einsetzen.<br /><span style="font-weight:bold;">2.2 „Freie Software“ oder „Open Source“?</span><br />In vielen Publikationen wird nicht von Freier Software sondern von Open Source Software<br />gesprochen. Technisch und lizenzrechtlich gesehen bezeichnen beide Begriffe in der Regel<br />auch die selbe Art von Software und werden daher oft als Synonyme gebraucht. Innerhalb<br />dieser Arbeit wird jedoch hauptsächlich von Freier Software gesprochen. Zum einen, da der Begriff Freie Software 14 Jahre früher in Gebrauch kam als der Begriff Open Source Software, zum anderen da er umfassender in seiner eigentlichen Bedeutung ist. Der Fokus bei Open Source liegt am offenliegenden Quellcode eines Programms. Offen zugänglicher Quellcode ist zwar eine notwendige Bedingung für Freie Software, jedoch keine hinreichende. Der Code kann im Open Source Sinne beispielsweise offen sein, seine Modifikation oder Weitergabe aber beschränkt. Der Begriff Open Source Software wurde 1998 auf dem Gründungstreffen der Open Source Initiative (OSI) geprägt, um der Wirtschaft eine Bezeichnung bieten zu können, welche das extrem effiziente Softwareentwicklungsmodell ohne die vermeintlichen Nachteile anpreist, die das Wort „free“ mit sich bringt. Zum einen die bereits erwähnte Doppelbedeutung mit kostenlos, zum anderen schreckte viele Investoren die normative Aufladung der von Stallmans „Bürgerrechtsliberalismus“ (Meretz 2000) geprägten Definition Freier Software ab. Durch die daraufhin folgende Spaltung der Entwicklergemeinde wird als Kompromissvorschlag<br />in einigen Publikationen seit mehreren Jahren auch die Bezeichnung Free/Libre Open Source Software (FLOSS) verwendet, welche jedoch als Pleonasmus nicht unbedingt mehr Sinn macht.<br />Einer der herausragendsten Vertreter der wirtschaftsliberalen Strömung der Bewegung und<br />Mitbegründer der Open Source Initiative, Eric Raymond, vertritt in seinem erstmals 1998 veröffentlichten Essay Homesteading the Noosphere die Ansicht, dass es auch in der Open-Source-Szene eine implizite Eigentumsauffassung gibt, welche er mit der Eigentumstheorie von<br />4<br />John Locke vergleicht. Nach Lockes Verständnis von Landbesitz erwirbt jemand einen Besitztitel durch die Besetzung und Bearbeitung eines vorher unbewohnten Landes. Das Urbarmachen, das Bearbeiten, das Eingrenzen, kurz: das Homesteading des Landes steht somit im Mittelpunkt des Besitzanspruchs: „one can acquire ownership by homesteading, mixing one's labor with the unowned land, fencing it, and defending one's title“ (Raymond 1999: 93). Das individuelle Eigentum ist bei Locke demnach naturrechtlich begründet, und nicht, wie noch vor Locke, basierend auf vertraglichen Konventionen sowie ohne automatische Exklusion des Gebrauchs durch Dritte. Doch Raymond sieht Lockes', auf menschlicher Arbeit basierendes Verständnis von Eigentum als universelle Selbstverständlichkeit an und erwähnt andere Vorstellungen erst gar nicht. Und nicht nur das, er sieht dieses Verständnis auch in der Entwicklung Freier Software als implizit gegeben und fasst dies, frei übersetzt, als Landnahme der Noosphäre zusammen. Mit der Sphäre des menschlichen Geistes, von griechisch νοῦς (Nous), bezieht er sich auf Wladimir Wernadskis und Pierre Teilhard de Chardins Verständnis vom<br />„territory of ideas, the space of all possible thoughts“ (a. a. O.: 94). Wenn ein Entwickler ein Projekt ins Leben gerufen hat, so zeige er durch diese „Entdeckung“ dass er gewisse Ansprüche darauf erheben kann. In der von Raymond postulierten „Geschenkkultur“ der Open-Source-Gemeinschaft erlangen nun aber EntwicklerInnen ihre Reputation nicht durch Macht oder Besitz, sondern durch das Verschenken der Ergebnisse ihrer Arbeit. Raymond vergleicht dies explizit mit der akademischen Kultur. Raymonds Auffassung basiert auf der Behauptung einer nun entstehenden (immer noch kapitalistischen) „Post-Mangel-Gesellschaft“, welche diese Kultur des Schenkens ermögliche. Da Kapitalismus aber immer auch (sozial erzeugte) Knappheit bedeutet, ist seine Denkfigur eigentlich ein Widerspruch in sich.<br />Den grundlegenden Unterschied zwischen den Konzepten Open Source und Freie Software<br />charakterisiert Richard Stallman (2007: 2) folgendermaßen: „Open Source ist ein Entwicklungsmodell. <br /><br />Freie Software ist eine soziale Bewegung. Für die Open-Source-Bewegung ist nicht-freie Software eine suboptimale Lösung. Für die Freie-Software-Bewegung ist nichtfreie<br />Software ein soziales Problem und Freie Software ist die Lösung“.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">2.3 Die Lizenzfrage (oder die Rolle des bürgerlichen Rechts)</span><br />Es gibt ein ganzes Spektrum von Software-Lizenzen angefangen mit proprietärer Software<br />(closed source) über diverse Open Source Varianten bis hin zu Freier Software.1 Die proprietären Software-Lizenzen beziehen sich auf Fragen des ausschließlichen Eigentums und des<br /><br />5<br />Ausschlusses von Teilhabe. Die Freie Software-Bewegung beruft sich für die Durchsetzung<br />der Garantie von Teilhabe auf bestehende Urheberrechtsgesetze und will die Lizenzen auch<br />innerhalb des bestehenden Systems und seiner Rechtsprechung durchsetzen. Das Urheberrecht wird somit nicht ausgehebelt, sondern bestenfalls subversiv eingesetzt. An sich freie Lizenzen, die jedoch bestimmte Nutzungsformen ausschließen, z.B. kommerzielle Verwertung, den Einsatz in Unternehmen oder den Einsatz in bestimmten Bereichen wie Militär oder Atomindustrie gelten laut FSF als nicht-freie Software, da sie die in ihrer Definition genannte Freiheit 0 verletzen. Begründet wird dies hauptsächlich damit, dass bei einer Einschränkung der Nutzung die Gefahr bestehe, dass die Liste der einzuschränkenden Tätigkeiten jederzeit ausgeweitet oder deren Interpretation angepasst werden könnte, und somit Raum für Missbrauch biete. Die Frage nach dem emanzipatorische Gehalt von Handlungen durch Freie Software wird also aus der Sphäre des Rechts ausgelagert.<br />Das in dieser Arbeit gebrauchte Konzept von Freier Software bezieht sich hauptsächlich auf Lizenzen wie die GPL oder ihr ähnelnde mit einem Copyleft-Effekt, nicht auf eine der diversen Opensource-Lizenzen, denen oft wesentliche Merkmale der Freien Software fehlen.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">2.4 Das Entwicklungsmodell von Freier Software</span><br />Eines der bestechendsten Merkmale von Freier Softwareentwicklung besteht darin, „dass alle ProjektteilnehmerInnen ausschließlich auf der Basis von Freiwilligkeit am Projekt teilnehmen“ (Meretz/Merten 2005: 299). Dies natürlich unter der Voraussetzung, dass die daran teilnehmenden dies nicht im Rahmen von Lohnarbeit tun, wie es zunehmend selbst von großen Firmen praktiziert wird. So produzierte Freie Software nennen Meretz und Merten „doppelt frei“, da in solchen Projekten allein die Selbstentfaltung der EntwicklerInnen den Fortgang des Projekts bestimme (vgl. a. a. O.: 296). Im Gegensatz dazu sehen sie „einfach freie“ Software, bei denen zwar das Endprodukt frei ist, die EntwicklerInnen jedoch in ihren Entscheidungen nicht frei, sondern an einen Auftraggeber gebunden sind (vgl. ebda.). Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass die Verwendung der Formulierung „doppelt frei“ Verwechselungsgefahr mit dem Begriff von „doppelt frei“ nach Marx bietet, welche ihm zufolge den ArbeiterInnen zugeschrieben wird, welche zugleich frei von Eigentum an Produktionsmitteln sind und die Freiheit haben den Unternehmer zu wechseln.<br /><br />Ein weiteres Merkmal des Entwicklungsmodells Freier Software besteht darin, dass die Projekte grundsätzlich selbst darüber entscheiden, welche Organisations- bzw. Koordinationsform sie sich geben. Maßgeblich für die meisten Projekte heutzutage ist jedoch das Vorbild<br />6<br />des Entwicklungsmodells von Linux seit 1991: „GNU/Linux wird heute als Paradebeispiel einer Organisationsform betrachtet, bei der Tausende von Menschen in der ganzen Welt in einer selbst organisierten Zusammenarbeit ein komplexes Softwareprojekt entwickeln“ (Nuss 2006:77). Mit den durch die GPL vorgegebenen Freiheiten sind einige Elemente der Entwicklung bereits vorgegeben. Der Quellcode muss zum Beispiel offen zugänglich sein und jeder darf Modifikationen vornehmen. Beim Linux-Kernel kamen nun weitere Eigenschaften hinzu. Der Code wird häufig und in einem recht frühen Entwicklungsstand veröffentlicht. Dies bedeutet, dass in solchen sogenannten „beta releases“ noch viele Fehler, „Bugs“ genannt, enthalten sein können. Im Gegensatz zu proprietärer Software sind diese Fehler jedoch für jeden, der es wünscht, im Code einsehbar, und es besteht zudem auch für jeden die Möglichkeit, diese selbst zu beheben, da das Projekt grundsätzlich offen für Einsteiger bzw. deren Beiträge ist.<br /><br />Für ein so großes und komplexes Projekt wie die Linux-Kernel-Entwicklung wäre dadurch eigentlich ein großes Durcheinander zu erwarten. Jedoch ist bei Linux wie bei vielen anderen Projekten genau das Gegenteil der Fall. Die so erzeugte Software ist von hoher, professioneller Qualität, welche in kritischen Systemen und auf hohem Anwendungsniveau ihre Verbreitung in Wissenschaft, Finanzwelt, usw. findet. Für ein hohes Entwicklungstempo bei gleichzeitig hoher Qualität bürgt anscheinend die Feststellung: „Given a large enough beta-tester and co-developer base, almost every problem will be characterized quickly and the fix obvious to someone“ (Raymond 1999: 41).<br />Eric Raymond vergleicht dieses Entwicklungsmodell mit einem großen, plappernden Bazar,<br />voll mit unterschiedlichen Agenden und Ansätzen (vgl. a. a. O.: 30). Das Gegenteil sieht er im Kathedralen-Modell, bei welchem einzelne oder in kleinen Gruppen arbeitende Entwickler in Isolation arbeiten und kein „beta release“ veröffentlichen, bevor sie selbst nicht davon überzeugt sind, es sei Zeit dafür (vgl. a. a. O.: 29). Bis zum Auftauchen von Linux war das von Raymond bezeichnete Kathedralen-Modell bei den meisten Freie Software Projekten noch die Regel. Und auch heute noch kann man nicht alle Projekte als reine basaar-orientierte Entwicklermodelle bezeichnen. Je nach Organisationsmodell gibt es feine Unterschiede, welche Elemente beider Modelle beinhalten. Raymonds simple Aufteilung hat hier daher eine deutliche Lücke.<br />Allen Freie Software-Projekten ist gemein, dass sie stets „work in progress“ sind (Nuss 2006: 79). Ein wirklicher Abschluss findet nicht statt, da immer wieder Fehler bereinigt werden, neue Ideen einfließen oder aufkommende Probleme gelöst werden müssen. Diese Neuerungen sind zudem Teil von Veröffentlichungen, „die sie eher nach Gesichtspunkten der Qualität frei-<br />7<br />geben und nicht nach Gesichtspunkten kommerzieller Verwertungszwänge“ (ebda.). Volker<br />Grassmuck (2004: 235) schließt daher auf zwei grundverschiedene Modelle, die sich mit freier und proprietärer Software gegenüberstehen:<br />Hier der Quelltext als ein in geschlossenen Gruppen, unter Vertraulichkeitsverpflichtung gefertigtes Masterprodukt, das in geschlossener, binärer Form vermarktet und mit Hilfe von Urheberrechten, Patenten, Markenschutz und Kopierschutzmaßnahmen vor Lektüre, Weitergabe und Veränderung geschützt wird. Dort der Quelltext als in einer offenen, nicht gewinnorientierten Zusammenarbeit betriebener Prozess, bei dem eine ablauffähige Version immer nur eine Momentaufnahme darstellt, zu deren Studium, Weitergabe und Modifikation die Lizenzen der freien Software ausdrücklich ermutigen. Hier eine Ware, die dem Konsumenten vom Produzenten<br />verkauft wird, dort ein kollektives Wissen, das allen zur Verfügung steht. Hier konventionelle Wirtschaftspraktiken, die tendenziell immer auf Verdrängung und Marktbeherrschung abzielen. Dort ein freier Wettbewerb um Dienstleistungen mit gleichen Zugangschancen zu den Märkten. Der von Grassmuck erwähnte freie Wettbewerb um Dienstleistungen deutet auch darauf hin, dass die Entwicklung von Freier Software nicht ausschließlich in der Freizeit von Hobbyisten betrieben wird, die ihren Beitrag als Teil einer Geschenkkultur verstehen (vgl. Raymond 1999: 97ff.). Vielmehr gibt es auch hier Auftragsarbeiten, welche von hauptberuflich bezahlten EntwicklerInnen ausgeführt wird. Man vergleiche hier allein das Engagement von Sun Microsystems in der Entwicklung des freien Office-Pakets OpenOffice.org2. Die Vorteile für kommerzielle Anbieter liegen vor allem in der erleichterten Anpassbarkeit im Sinne von Kundenwünschen und dem Profitieren von Beiträgen anderer Anbieter sowie aus der Community.<br />Unabhängig davon, ob EntwicklerInnen Geld für ihre Beiträge bekommen, oder nicht, gibt es in der organisatorischen Gestaltung der Projekte einige gemeinsame Merkmale. So gibt es häufig ein sogenanntes Core-Team, in welchem die aktivsten EntwicklerInnen bzw. diejenigen, die am längsten dabei sind, grundsätzliche Entscheidungen treffen und die allgemeine Richtung des Projekts ausdiskutieren. Bei besonders großen Projekten gilt eher das sog. Maintainer- Modell (vgl. Meretz/Merten 2005: 299f.). Dort gibt es für einzelne Bereiche oder Module sogenannte Maintainer, welche als Ansprechpartner für diesen Bereich gelten und vor allem die Entwicklergemeinschaft koordinieren, sowie grundsätzliche Richtungsentscheide für ein Projekt vornehmen. Da die TeilnehmerInnen freiwillig am Projekt teilnehmen, können Entscheidungen nur getroffen werden, wenn der Konsens der wichtigen TeilnehmerInnen erreicht wird. Konsens meint hier nicht Einstimmigkeit, sondern Konsens ist vielmehr erreicht, wenn die TeilnehmerInnen einer Entscheidung nicht widersprechen müssen. Schafft daher eine MaintainerIn nicht, einen Konsens herbeizuführen, steht sie bald ohne TeilnehmerInnen da. Somit besteht eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen MaintainerInnen und anderen Pro-<br /><br />8<br />jektteilnehmerInnen (vgl. Meretz/Merten 2005: 300). Innerhalb einer erweitert gedachten<br />Community sind die Grenzen zwischen Usern, Beta-Testern, Personen die Fehler berichten<br />und EntwicklerInnen fließend bzw. oft in Personalunion vorzufinden. Aufgrund des nicht vorhandenen Zwangs, das Rad jedes Mal neu erfinden zu müssen, sondern ohne große Hürden auf bereits geschaffene Arbeit zurückzugreifen zu können, haben sich insbesondere<br />bei großen, komplexen Projekten wie beispielsweise kompletten GNU/Linux-Distributionen<br />sehr große Interdependenzen zwischen Programmen herausentwickelt, größer als dies bei Software allgemein schon der Fall ist. Dies verstärkt noch zusätzlich die bereits vorhandene Vernetzung zwischen den verschiedenen Projekten von Freier Software.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">3. Freie Software im Kapitalismus<br />3.1 Freie Soft-Ware?</span><br />„Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ‚ungeheure Warensammlung‘, die einzelne Ware als seine Elementform“<br />(MEW 23: 49). So beginnt Band I des Kapital. In der heutigen Phase des Kapitalismus erscheint das Internet, als notwendige Voraussetzung von Freier Software und deren Entwicklung, als eine unendlich reproduzierbare Warensammlung. Doch ist Freie Software überhaupt Ware, und hat dies mit der unendlichen Reproduzierbarkeit zu tun?<br />Die etymologische Herkunft von Ware lässt sich folgendermaßen zurückverfolgen. Das altenglische <span style="font-style:italic;">wær</span> geht auf das germanische <span style="font-style:italic;">wēra </span>(Adj.: wahr, Subst.: Vereinbarung Versprechung)<br />oder das mittelhochdeutsche war(e), „in Verwahrung Genommenes“ zurück und hat<br />die Bedeutung von (beweglichen) Gütern oder Produkten, die gehandelt, sprich gekauft und<br />verkauft werden können. Ein wirtschaftliches, materielles Gut also, das Gegenstand des Handels ist. Software ist das immaterielle Gegenstück zur materiellen Ware. Eine „nichthandelbare immaterielle Ware“ wie eine Definition von Freier Software lauten könnte, ist somit ein Oxymoron. Doch wie steht es mit der Bestimmung von Freier Software aus dem Warenbegriff bei Marx heraus? Ein Produkt ist nur dann eine Ware, wenn es zum Tausch nicht nur vorgesehen ist, sondern dieser auch erfolgreich stattfindet. Eine notwendige Bedingung hierfür ist dass neben einem Gebrauchswert auch ein Tauschwert<br />vorhanden ist. Ob diese notwendige Bedingung bei Freier Software zutrifft, wird im nächsten Kapitel behandelt. Eine Ware ist ein Produkt konkreter Arbeit. Derlei Produkte, welche je-<br />9<br />doch nicht verkauft werden, fallen aus dem Warensystem heraus und bleiben lediglich Kandidaten für Waren. Unter Produkte konkreter Arbeit fallen auch Dienstleistungen bzw. „immaterielle Güter“, und sind somit unter bestimmten Bedingungen ebenfalls Waren. Damit erledigt sich auch das Argument, dass in der immateriellen Produktion, wie der von Software, Marx' Werttheorie nicht zuträfe (vgl. Heinrich 2004: 42).<br />Jedoch gibt es Einwände, die den Warencharakter bei Freier Software nicht erfüllt sehen.<br />„Freie Software ist keine Ware“ so die eindeutige These von Meretz/Merten (2005: 297). Sie sei vielmehr von Anfang bis Ende jenseits des Tauschprinzips angesiedelt, da der Bezug einer Freien Software nicht an das Erbringen von Leistungen gekoppelt sei. Es gäbe keine Konkurenz zwischen Freien Softwareprojekten und Freie Software habe sogar das „Zeug dazu, die Warenwirtschaft zu ersetzen“ (a. a. O.: 298). Als ein Kernelement der These wird darauf verwiesen, dass Freie Software aufgrund ihrer nahezu kostenlosen, unendlichen Reproduzierbarkeit nicht knapp sei. Allein diese Eigenschaft sei ein nachhaltiges Hindernis, Freie Software zu einer Ware zu machen.<br />Aufgrund der offensichtlichen Eigenschaft von Software als prinzipiell unter geringem Aufwand unendlich reproduzierbar, kann übrigens exemplarisch das Argument von der „natürlichen Knappheit“ von Gütern im Kapitalismus besonders leicht dekonstruiert werden. Denn diese Knappheit ist nicht irgendwie „von Natur aus“, sondern über die Warenform einer Ware qua Tauschwert vermittelt. Dass diese Knappheit bei Software als besonders künstlich und willkürlich erscheint, könnte für weitere gesellschaftliche Kreise den Blick schärfen: Bei Getreide beispielsweise liegt eine künstliche Verknappung des Angebots vor, wenn Bauern durch genetisch verändertes Saatgut gezwungen sind, jedes Jahr aufs Neue bei Monsanto einzukaufen, statt aus der eigenen Ernte Saatgut zu gewinnen.<br />Bei Freier Software herrscht hingegen erkennbarer Überfluss, und zwar „nicht nur beim Nehmen, sondern auch die Hineingabe ist potenziell unbegrenzt“ (ebda.). Dies ermöglicht auch die grundsätzliche Offenheit des Codes, welcher keine Betriebsgeheimnisse mehr zulässt. Zudem gibt es wirkliche Konkurrenz zwischen Freie Softwareprojekten laut Meretz/Merten nicht, nur ein Nebeneinander oder eine mehr oder weniger starke Kooperation. Dies legt für sie den Schluss nahe, dass Freie Software im Gegensatz zu proprietärer Software nach einem „Inklusionsmodell“ funktioniere.<br />Freie Software ist in der Epoche des Kapitalismus jedoch kein Einzelfall für ein Beispiel von nicht-warenförmigen Produkten. Im Rahmen von Hausarbeit, Familie, Ehrenamt usw. kooperierenden Menschen existiert zwar ein Wechsel von Stoffen und Informationen zwischen den<br />10<br />Individuen, jedoch existiert kein Tausch, und damit keine Ware. <br /><br /><span style="font-weight:bold;">3.2 Welchen Wert hat Freie Software?</span> <br />Laut Meretz/Merten hat Freie Software keinen Wert: „Freie Software ist wertlos – und das ist gut so!“ (Meretz 2000). Es wird von ihnen behauptet, dass die verschiedenen Geschäftsmodelle, mit denen Unternehmen im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise versuchen, mit Freier Software Kapital zu akkumulieren, sich (mit einer Ausnahme, dem Vertrieb Freier Software über sog. Distributionen) jenseits von „Buchstaben und Geist der GPL“ bewegen.<br />Die zahlreichen Open Source-Lizenzen, die nicht den strengen Richtlinien der GPL genügen, und somit dem „neoliberalen Modell Freier Software von Eric S. Raymond“ entsprechen, nimmt allerdings auch Meretz von dem Gütesiegel „Wertfreiheit“ aus (vgl. Meretz 2000). Ein Ergebnis von empirischen Studien lautet daher: „Open Source ist weder ein eigenständiger Markt, noch impliziert sie zwangsläufig ein bestimmtes Business-Model“ (Diedrich 2008).<br />Für die Bestimmung des Wert nach Marx gilt folgendes. Als Ware kann nur etwas bezeichnet<br />werden, was außer seinem Gebrauchswert auch einen Tauschwert besitzt: „Ware als ein Zwieschlächtiges, Gebrauchswert und Tauschwert“ (MEW 23: 56). Der Gebrauchswert ist hierbei Voraussetzung und Träger von Tauschwert: „Seine Ware [die des Warenbesitzers] hat für ihn keinen unmittelbaren Gebrauchswert. Sonst führte er sie nicht zu Markt. Sie hat Gebrauchswert für andre. Für ihn hat sie unmittelbar nur den Gebrauchswert, Träger von Tauschwert und so Tauschmittel zu sein“ (MEW 23: 100). Hierbei macht es nur Sinn vom Begriff „Gebrauchswert“ zu reden im Gegensatz zu Tauschwert, d.h. wenn es um kapitalistische Gesellschaft geht. Bei nicht-kapitalistischen Gesellschaften ist es daher vielleicht besser direkt von „Nutzen“ oder „Nützlichkeit“ zu reden. Da Freie Software nun nicht getauscht wird, handelt es sich bei ihrer Produktion um eine, „bei der die Nützlichkeit eines Produkts im Vordergrund steht, [und] ein absoluter Qualitätsanspruch in der Logik der ganzen Produktionsweise“ (Meretz/ Merten 2005: 297). Ein Tauschwert besteht somit für Freie Software nicht.<br />Dass Freie Software in der Regel keinen Preis hat, spielt dabei in der Wertermittlung keine Rolle. Als Beispiel seien nur die Handy-Vertragsangebote für 1 € genannt, bei welchen die Mobiltelefone sicherlich einen Tauschwert haben, ihr Preis sich aber über die Vertragskosten erst zeigt. Auch das Gegenteil ist für Marx möglich, ein Preis ohne Tauschwert. Dinge, die nicht Arbeitsprodukt sind, die daher auch keinen Wert haben, können verkauft werden und somit einen Preis haben, bspw. unkultivierter Boden oder das eigene Gewissen. „Ein Ding kann ... formell einen Preis haben, ohne einen Wert zu haben“ (MEW 23: 117). Somit ist<br />11<br />es auch möglich, dass Freie Software zu einem bestimmten Preis verkauft wird. Hier muss beachtet werden, dass die Quelle des Werts, d.h. die Wertsubstanz, gesellschaftliche Arbeit ist.<br />Wert erhält Freie Software nur dann, wenn ein Weg gefunden wird, sie der Allmende zu entreißen und wieder einem Verwertungsregime einzugliedern, z.B. durch eine Lizenänderung <br />des Maintainers, durch Doppellizensierung, was inzwischen oft schon die Regel darstellt,<br />usw. Entsprechend der Thesen von Meretz/Merten heißt das, dass Freie Software nur dann<br />keinen Wert hat, wenn sie eine Freie Lizenz (im Sinne des Copyleft) besitzt und in Meretz' Sinne "doppelt frei" ist. Demzufolge kann Freie Software, die unter den Bedingungen von Lohnarbeit erstellt wird, Wert besitzen. Die Höhe des Werts bemisst sich nach der gesellschaftlich durchschnittlich notwendigen Arbeitszeit für das Erstellen der Software. Dieser Wert bestimmt sich unabhängig von der Bepreisung oder dem Erfolg eines Produktes auf dem Markt. Kann eine durch abstrakte Arbeit zustandegekommene Software nicht mehr verkauft werden, weil der Preis zu hoch oder das Angebot aufgrund von Überfluss nicht mehr knapp ist, realisiert sich der Wert nicht. Freie Software im privatkommerziellen Unternehmen ist ein Verwertungs-Modus der besonderen Art. Ein möglicher Wert von Freier Software gilt jedoch nicht für Dienstleistungen, welche nur auf Freie Software aufbauen, da für diese Freie Software<br />lediglich ein Produktionsmittel ist, welches als Allmende, so wie beispielsweise das Wasser eines Flusses für eine Mühle, frei zugänglich und benutzbar ist. Da inzwischen Freie Software im Rahmen von regulären Beschäftigungsverhältnissen produziert wird, stellt sich daher auch die Frage, was die Unternehmen – es sind nicht nur öffentliche Arbeitgeber – davon haben, Allmende produzieren zu lassen?<br /><span style="font-weight:bold;"><br />3.3 Abstrakte gesellschaftliche Arbeit und die Produktion Freier Software</span><br />Abstrakte Arbeit verhält sich zur konkret-nützlichen Arbeit wie der Wert zum Gebrauchswert. Während keine Gesellschaftsformation ohne konkret-nützliche, d.h. am Gebrauchswert orientierte Arbeit auskommt, zeichnet sich eine auf Warenproduktion basierenden Gesellschaft dadurch aus, dass wertbildende Arbeit als abstrakte Arbeit fungiert und der Gebrauchswert lediglich Mittel zum Zweck ist. Den Doppelcharakter der Ware (Gebrauchswert und Tauschwert zu besitzen), seine „zwieschlächtige Natur“, kommt laut Marx durch die in der Ware enthaltene Arbeit zustande (vgl. MEW 23: 56f). Der Wert einer Ware entspricht der für sie geleisteten abstrakten Arbeit, der Gebrauchswert die in ihre dargestellte konkret nützliche Arbeit.<br />12<br />Doch warum sollte ein Unternehmer Arbeit (in der Softwareentwicklung) bezahlen, wenn es<br />sich für ihn nicht lohnt? Gerne wird an dieser Stelle auf die Verwertungsmöglichkeiten mit Support, Wartung, Dokumentation um die Software herum argumentiert. Aufgaben wie Installation Betrieb, Konfigurationen, Fehlerbereinigungen, Customizing und die Umsetzung von Sonderwünschen des Kunden, etc. erfordern ein erhebliches Know-How und entsprechendes Personal, das gerade bei dem Unternehmen bereit steht, das an der Entwicklung einer Freien Software beteiligt ist. Das tangiert jedoch nicht die Verwertungsmöglichkeiten des Quellcodes selbst.<br />Eine andere Antwort ist, dass der Unternehmer Wege finden muss, die Software zu verknappen ohne die Lizenzbedingungen zu verletzen. Dazu bieten sich u.a. folgende „Geschäftsmodelle“<br />an (vgl. Diedrich 2008):<br />● Das Schlupfloch der Doppellizenzierung zu nutzen, die es ermöglicht, ein- und die selbe Software einmal mit einer freien und einmal mit einer unfreien Lizenz zu versehen<br />und eben letztere der Verwertung zuzuführen<br />● Freie Software mit einer unfreien Software zu kombinieren und das Gesamtergebnis<br />zu verwerten. Dem steht eigentlich entgegen, dass bei einer Lizenz die sog. Viruseigenschaft bzw. das Copyleft-Prinzip greift und die mit ihr kombinierte Software ebenfalls der Freien Lizenz unterworfen sein muss. Schon die leicht abgeschwächte Lizenz<br />namens LGPL macht diese Voraussetzung nicht mehr, wird aber dennoch als Freie Software bezeichnet.<br />● Freie Software, die nicht verbreitet wird, sprich nur abgeändert und dann z.B. im Hostingbetrieb für Kunden eingesetzt wird, muss selbst bei GPL-ähnlichen Lizenzen nicht<br />offengelegt werden und erzielt über diesen Hebel die gleiche Wirkung wie eine<br />Dienstleistung unter Knappheitsbedingungen.<br />● Eine weitere Grauzone ist der Bereich, der definiert, wann die Kombination einer Freien Software mit einer weiteren Software dazu führen muss, dass das Ergebnis wieder<br />unter die freie Lizenz fällt. „Wenn identifizierbare Teile des Werkes nicht von dem<br />Programm abgeleitet sind und vernünftigerweise als unabhängige und eigenständige<br />Werke für sich selbst zu betrachten sind, dann gelten diese Lizenz und ihre Bedingungen<br />nicht für die betroffenen Teile, wenn Sie diese als eigenständige Werke weitergeben“<br />(FSF 1991). Mit einer wenig strengen Interpretation dieses Passus ist es möglich,<br />Freie Software mit unfreier Software zu kombinieren und zu verwerten.<br />● Freie Software kann von seinem Maintainer, z.B. einem Unternehmer, zu einem ge-<br />13<br />wissen Zeitpunkt, bspw. wenn die Software einen größeren Versionssprung gemacht<br />hat, unter eine andere, weniger Freie Lizenz gestellt werden. Die vorangegangene Version<br />der Software bleibt zwar der Allmende erhalten, wird aber aufgrund des geringeren<br />Reifegrades oder Funktionsumfangs deutlich weniger attraktiv sein als die neulizensierte<br />Software, die einer Verwertung zugeführt wird.<br />● Distributionen, also Zusammenstellungen von Freier Software und Open Source Varianten<br />auf CDs und DVDs werden teilweise von Unternehmen geleistet, die privatwirtschaftlich<br />orientiert sind. Eine Technik, ihre Software-Zusammenstellung zu versilbern<br />ist das Programmieren von nicht-Freien Installationsprogrammen, die jedoch erforderlich<br />sind um die Distribution auf bequeme Art und Weise in Betrieb zu nehmen.<br />Bislang galt: Freie Software wird ausschließlich in „Nischen“ kapitalistischer Vergesellschaftung geschaffen (Uni, private Selbstausbeutung), die ohne die kapitalistische Lohnarbeit nicht existieren würden. Zu Beginn der Entstehung von Freier Software war dies tatsächlich so. Inzwischen gibt es jedoch eine Reihe von sog. Global Players (IBM, Sun Microsystems, Intel, etc.) welche EntwicklerInnen hauptberuflich für die Produktion Freier Software beschäftigen.<br />Neben den bereits erwähnten Vorteilen bedeutet es für diese Firmen auch, dass wenn sie sich an der Entwicklung eines selbständigen freien Softwareprojekts beteiligen, sie einen Fuß in der Tür dieses Projekts haben und sowohl die Entwicklungsrichtung mitbestimmen als auch von der Arbeit der Community profitieren können.3 Die Beteiligung großer Software-Konzerne an Freier Software hat einen vergleichbaren strategischen Stellenwert wie die Mitarbeit derselben Konzerne in Standardisierungsgremien.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">3.4 Kapitalistische Produktionsweise und Freie Software/Open Source</span><br />Für jede Gesellschaftsformation gibt es ein spezifisches Entsprechungsverhältnis zwischen<br />14<br />dem je aktuellen Stand der Produktivkraftentwicklung, was nicht nur technisch gemeint ist sondern die Summe menschlicher Fähigkeiten umfasst, und den Produktionsverhältnissen als den gesellschaftlichen Bedingungen unter denen produziert wird, z.B. freie Assoziation, Ausbeutungsverhältnisse, Sklavenarbeit, etc., was Marx unter dem Begriff Produktionsweise zusammenfasst.<br />Unter den Bedingungen des heutigen Kapitalismus und seiner hochtechnologischen Produktionsweise sind die Produktivkräfte sehr weit entwickelt.<span style="font-style:italic;">4</span> Gerade in ihren entwickeltesten Bereichen werden die Potenziale immer wieder durch Produktionsverhältnisse begrenzt, die teilweise anachronistisch wirken. Im Bereich der Informationstechnologien scheint selbst das Kapital zu der Einsicht zu gelangen, dass neue Formen der dezentral vernetzten Zusammenarbeit wie sie durch Informationstechnologien ermöglicht werden, profitabler sind als traditionelle Formen entfremdeter Arbeit unter den Prämissen des Ausschlusses und der Arbeitsteilung,<br />selbst wenn damit Teilautonomie und Selbstorganisation Einzug in die Arbeitsorganisation<br />halten.<br />Die Modelle zur Arbeitsorganisation in Softwareprojekten wie bspw. SCRUM, Extreme Programming oder Agile Softwareentwicklung füllen die Seiten der Managementliteratur zumindest für den Sektor der Informationswirtschaft und lösen hinsichtlich ihres Hypes ältere toyotistische Managementmodelle, die zuerst in der Automobilproduktion Verwendung fanden, wie Lean Production, Just-in-time-Produktion, etc. ab bzw. entwickeln sie weiter. Keine Softwarefirma kommt heute mehr ohne Entwicklungswerkzeuge wie Versionskontrollsysteme, oder Bugtrackingsysteme aus, die ursprünglich in Freien Softwareprojekten ihren Anfang nahmen. Man könnte daher letztlich darauf schließen, dass die Adaptionsfähigkeit des Kapitalismus evtl. stärker wiegt, als das Potenzial der Freien Software, die „ganze alte Scheiße" (MEW 3: 35) aufzuheben und sie zu überwinden.<br /><span style="font-weight:bold;"><br />4. Vom Commonismus zum Kommunismus?</span><br />Die folgenden Fragen ergeben sich sowohl aus dem bisher diskutierten, als auch aus den<br />Überlegungen des Oekonux-Projekts heraus. Ist das Entwicklungsmodell Freier Software nur ein Hobby innerhalb einer gesellschaftlichen Nische und somit Teil der kapitalistischen Produktionsweise, so wie Tätigkeiten innerhalb der Familie oder ehrenamtliche Freiwilligenarbeit? Oder ist es schon eine Keimform für etwas neues innerhalb des Alten? Oder sehen wir am Ende gar nur eine erneuerte, d.h. renovierte<br /><br />15<br />Variante des Kapitalismus damit aufziehen? Wie lässt sich die folgende Feststellung erklären? „Im Gegensatz zu allen früheren Beispielen konnte sich freie Software aber nicht nur eine Nische sichern, sonder wächst im Gegenteil immer weiter und wird nach und nach zu einer ernsten Bedrohung für die proprietäre Software“ (Meretz/Merten 2005: 298). Bringt Freie Software eine Voraussetzung für einen Verein unmittelbarer Produzenten? Entspricht Peer-Ökonomie bzw. Commonismus dem Kommunismus bzw. der kommunistischen Produktionsweise wie Marx sie entwarf?<br />Für den Versuch einer Klärung dieser Fragen wird zunächst erörtert, was unter Kommunismus in Marx' Sinne zu verstehen ist. Anschließend werden die bestehenden Konzepte von Peer-Ökonomie bzw. Commonismus vorgestellt und zum Schluss erfolgt die Diskussion inwiefern diese Modelle bereits als Keimform in der derzeitigen Gesellschaft vorliegen.<br /><span style="font-weight:bold;">4.1 Was heißt Kommunismus?</span><br />Kommunismus wird meist negativ definiert, d.h. in der Abwesenheit von bestimmten Rahmenbedingungen des Kapitalismus, wie die Warenförmigkeit von Beziehungen. Es ist das<br />Unbekannte, das noch zu schaffen ist. Es ist weit mehr als eine (verwertungsfreie) Organisationsform der Produktion, und bezieht sämtliche Bereiche und Verhältnisse der Gesellschaft mit ein, also Herrschaftsverhältnisse, Ausbeutung, Geschlechterverhältnisse ebenso wie andere Ungleichheitsverhältnisse, die es abzuschaffen gilt: „daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (MEW 1: 385). „An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen<br />und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die freie Entwicklung aller ist“ (MEW 4: 482). D.h. auch bei Marx wie bei Freier Software ist Freiheit ein Teil der Formel.<br />Konkretere Vorstellungen von Marx zu Kommunismus bzw. zum Übergang dorthin sind, wie<br />seine gesamte systematische Arbeit, leider Fragment geblieben. Man sieht sie bspw. in der Kritik des Gothaer Programms, wo auch der bekannte Satz „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ zu finden ist:<br />In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschrit-<br />16<br />ten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen! (MEW 19: 21)<br />Ebenso finden wir darin: Womit wir es hier zu tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eignen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt. (MEW 19: 20).<br />„Der Kommunismus ist eine Produktionsweise“ (Andreani 1986: 680). Was genau ist uns darüber aus Marxens Sicht bekannt? Für die einen KritikerInnen hat er zu viel gesagt, insbesondere zuviel Utopisches, für die anderen hat er viel zu wenig gesagt und zu viel offen gelassen (vgl. Andreani 1986: 678f.). Welche Anhaltspunkte hierfür lassen sich finden?<br />Der Großteil davon befindet sich in der bereits erwähnten Kritik des Gothaer Programms. Deren historische Rezeption war jedoch in vielen Fällen mindestens zweifelhaft bis verfälschend. So haben Lenin und Trotzki bspw. eine Übergangsphase zwischen Kapitalismus und Kommunismus herausgelesen, welcher dann von ihnen die Bezeichnung sozialistische Produktionsweise gegeben wurde. Marx spricht jedoch eigentlich von einer historischen Sequenz von wie im Folgenden beschriebenen drei Phasen. Die erste Phase ist relativ kurz, in ihr herrscht die revolutionäre Diktatur des Proletariats, in welcher die Expropriation der Expropriateure erfolgt. Diese Phase ist für Marx bereits kommunistische Produktionsweise. Die anschließende zweite Phase ist für Marx zugleich die erste Phase des Kommunismus, und somit nicht, wie von Lenin behauptet, gleichbedeutend mit Sozialismus. Sie ist zwar, wie bereits zitiert, noch mit den „Muttermalen der alten Gesellschaft“ (MEW 19: 20) behaftet, jedoch gibt es in ihr schon keine Warenverhältnisse und keine Klassen mehr, und somit auch keinen Staat als politische Macht einer Klasse. Die „Muttermale“ sind hier noch hauptsächlich der Austausch zwischen Arbeitslieferungen und Konsumtionsmitteln (vgl. Andreani 1986: 680). Die dritte Phase schließlich, und somit die zweite Phase des Kommunismus, zeichnet sich durch das Verschwinden der Arbeitsteilung sowie einer Verteilung nach den Bedürfnissen aus.<br />Als Grundlage für die Produktionsverhältnisse des Kommunismus sieht Marx das Gemeineigentum der assoziierten Arbeiter, wobei Eigentum hierbei die Ausübung bestimmter „gesellschaftlicher Funktionen“ (MEW 19: 28) meint, und nicht die Eigentumsvorstellung des bürgerlichen Rechts, welche sich noch in der ersten Phase des Kommunismus vorfinden ließe. Die kommunistische Produktionsweise ist deshalb nicht mehr Warenproduktion, da die Trennung zwischen den einzelnen Produktionseinheiten nicht mehr besteht und die assoziierten<br />17<br />Arbeiter ihre Produktion nach einem Plan organisieren. Diese Organisation ist nun freiwillig und wird nicht mehr als eine äußere, fremde Gewalt von den Arbeitern wahrgenommen. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass diese Planung von Marx nicht zentralisiert gedacht war, sondern eher den dezentralistischen Konzeptionen der Pariser Kommune entsprechend (vgl. Andreani 1986: 681).<br />Was die Aufteilung der Produktion angeht, so müssen laut Marx auch die assoziierten Produzenten sowohl notwendige Arbeit als auch Mehrarbeit leisten. Die Mehrarbeit wird dabei für mehrere Fonds reserviert werden müssen. Zunächst einen Fonds für diejenigen, die nicht arbeitsfähig sind, dann einen Reservefonds für unvorhergesehene Zwischenfälle, einen Akkumulationsfonds, sowie einen Fonds für unproduktive Arbeit, zum Beispiel innerhalb der Verwaltung der Arbeit (vgl. a. a. O.: 681f.).<br />Dass für Marx in der ersten Phase des Kommunismus noch das Prinzip des äquivalenten Austauschs von Konsumgütern nach geleisteter Arbeit besteht, wird von mehreren Seiten kritisiert bzw. als „Schnitzer“ (a. a. O.: 682) bezeichnet, da gerade dieses Prinzip der Rechtfertigung von Lohnhierarchie und Stücklohn im Kapitalismus diene und laut Marx selbst eigentlich untrennbar mit dem kapitalistischen Lohnsystem verbunden sei. Eine Bezahlung nach dem Arbeitsertrag lässt daher noch die Tür offen für den Fortbestand der Arbeitsteilung und von Ausbeutung. In der zweiten Phase des Kommunismus wird dagegen jeder „nach seinen Bedürfnissen“ (MEW 19: 21) arbeiten können.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">4.2 Was heißt Commonismus?</span><br />Unter Peer-Ökonomie bzw. unter Commonismus wird von den VertreterInnen des Oekonux-<br />Projekts eine Produktionsweise verstanden, welche sich prinzipiell von marktwirtschaftlicher und zentralverwaltungswirtschaftlicher Produktion unterscheide. Dabei wird die Praxis der Produktion von Freier Software in die Produktion jeglicher Güter, materielle wie immaterielle, übertragen. Der Anspruch, eine der kommunistischen Produktionsweise entsprechende Produktionsform gefunden zu haben, kann sich jedoch nur erfüllen, wenn dadurch der Kapitalismus aufgehoben werden kann, ohne dabei gleichzeitig hinter seine Vorzüge zurückzufallen (vgl. Siefkes 2009: 2). Für die UnterstützerInnen des commonistischen Modells, d.h. insbesondere für Siefkes, bietet dieses auch Antworten auf Fragen und Probleme, die von Marx bezüglich der kommunistischen Produktionsweise unbeantwortet blieben: „Wie soll man die Produktivität der verschiedenen Produktionszentren einander angleichen? Wie soll man die<br />Arbeitsverausgabung von einem Arbeitsplatz zum anderen und von einer Branche zur anderen<br />18<br />vergleichen und ausgleichen? [...] Marx und Engels sehen nicht [...] die Schwierigkeiten einer geplanten Wirtschaftsführung, insbesondere auf der Ebene der Kalkulations- und Kommunikationsmittel“ (Andreani 1986: 683).<br />Folgende Merkmale der kapitalistischen Produktionsweise werden dabei als überwunden deklariert. Ihr Fetischismus, der die wirklichen Verhältnisse, d.h. die Beziehungen zwischen Personen, systematisch verzerrt. Deren Krisenhaftigkeit mit ihren unvermeidlichen zyklischen Krisen. Die aufgrund der Konkurrenz und des Zwangs zum Wachstums im Kapitalismus bestehende Destruktivität gegenüber menschlichen Arbeitskräften und der Natur. Die der kapitalistischen Produktionsweise inhärente Ausbeutung, aufgrund derer die ArbeitskraftverkäuferInnen länger arbeiten müssen, als zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse notwendig ist.<br />Dabei sind diejenigen schlimmer dran, die nicht einmal ausgebeutet werden.<br />Für die nun folgenden Merkmale der „commonsbasierten Peer-Produktion“ (Siefkes 2009: 5)<br />gilt die Nicht-Warenförmigkeit digitaler Güter als Voraussetzung. Die Scheidung zwischen<br />Produktionsmittel-EigentümerInnen und ProduzentInnen wird aufgehoben. Natürliche Ressourcen und Produktionsmittel werden zu Commons, die in gemeinsamen, auf Absprachen<br />und loser Koordination basierenden Produktionsprozessen gestaltet und genutzt werden. Die Peer-Produktion basiert auf Beiträgen und nicht auf Tausch, und es ist der Gebrauchswert und nicht der Tauschwert, der die Teilnehmenden motiviert. Die Peer-Produktion basiert auf freier Kooperation und nicht auf Zwang oder Befehl. Trotz möglicher vorhandener Strukturen und Hierarchien bestehen keine strukturellen Abhängigkeitsverhältnisse, sondern eine Kooperation zwischen Gleichen (Peers). Niemand ist gezwungen zu gehorchen, oder kann anderen befehlen.<br />Die formale Vertragsfreiheit des Kapitalismus wird dabei übertroffen. An die Stelle<br />der unpersönlichen Abhängigkeitsverhältnisse treten aber auch keine persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse, sondern eine „allgemeine Abhängigkeit aller von allen“ (Siefkes 2009: 20). Die Organisationsweise bei Peer-Projekten ist „stigmergisch“ (a. a. O.: 7), d.h. eine von jemandem begonnene Arbeit hinterlässt Zeichen (stigmata), die andere dazu anregen, sie fortzusetzen. Es bleibt hierbei jedoch jedem selbst überlassen, welche Aufgaben er/sie erledigt. Unterschiedliche Kenntnisse und Fähigkeiten werden so optimal eingesetzt, da jedeR macht, was er/sie sich zutraut. Wobei wie auch bei der Produktion Freier Software eine Qualitätsprüfung stattfindet und nicht alle Beiträge akzeptiert werden. Die Konzepte der Produktion sind alle bewusste Konventionen, nicht wie bei der Wertbildung Prozesse, die sich „hinter dem Rücken<br />der Produzenten“ (MEW 23: 59) vollziehen. In der Peer-Ökonomie wird daher von Anfang an<br />für den bereits bekannten oder abgeschätzten gesellschaftlichen Bedarf produziert. Die Pro-<br />19<br />duktion ist also von vornherein gesellschaftlich. Notwendige Arbeit wird unter den Menschen nur aufgeteilt, es besteht somit kein Zwang zur Konkurrenz. Damit entfällt auch die Destruktivität gegenüber der Natur und den Menschen.<br />Eigentlich sehen wir hier eine arbeitsteilig tief gestaffelte, international vernetzte Praxis, in der die Wert- und Herrschaftsförmigkeit und damit die Kapitalverhältnisse aufgehoben sind. Der Genuss an schöpferischer Tätigkeit und am selbst geschaffenen Produkt ist darin wie bei der Entwicklung von Freier Software die entscheidende Triebkraft des Entstehens von nützlichen Dingen, die zudem auch noch allgemein ohne äquivalente Gegenleistung zugänglich sind. Kein äußerlicher Zwang treibt hier die Akteure, keine Notwendigkeit, Ansprüche auf die Leistungen anderer zu akkumulieren, keine Verpflichtung, Äquivalente zu bieten. Antrieb ist weder Askese noch Uneigennützigkeit und die gesellschaftlichen Bedürfnisse werden effektiv erfüllt. Die zur Bedürfnisbefriedigung notwendige Arbeit enthält auch weniger Redundanzen, da keine Konkurrenz wie im kapitalistischen Sinne besteht. Da materielle Güter jedoch nicht unendlich reproduzierbar sind, führt nun Siefkes in seinem persönlichen Modell der Peer-Ökonomie wieder die Kopplung von Arbeitsleistung und Güterbezug ein und gibt ihr die Bezeichnung Pool-Modell. Dieser sei als Verteilungspool grundsätzlich offen und verteile auch Aufgaben. Das Pool-Modell teilt er in zwei Submodelle. Zum einen in das bereits bekannte Flatrate-Modell: Der Gesamtaufwand der Produktion wird auf die Gesamtheit der KonsumentInnen aufgeteilt, aber unabhängig von der individuellen Konsumtion.<br />Über dieses Modell sei in Siefkes gesellschaftliche Entscheidung nötig, welche Güter<br />so produziert werden. Das andere Submodelle nennt er proportionales Allokationsmodell:<br />KonsumentInnen geben den Produktionsaufwand in selbem Maße dem Pool zurück, wie sie<br />ihm entnehmen, um so zu erreichen, dass auch unangenehme Arbeiten erledigt werden. Dies<br />soll nicht nur über die Abrechnung von Arbeitszeit geschehen. Sein Vorschlag lautet: Je weniger Leute bereit sind, eine Aufgabe zu übernehmen, je mehr Gewichtung bekommt sie (größer<br />1). Dass er hierbei den bereits erwähnten „Schnitzer“ von Marx nicht nur wiederholt, sondern die Kopplung auch noch verfestigt, indem er sie nicht einmal in eine Übergangsphase packt, ist kaum zu übersehen. Dementsprechend kritisch wurde seine Vorstellung auch rezipiert.<br />Ebenso problematisch ist seine Gegenüberstellung von Besitz und Eigentum. Seiner Meinung<br />nach basiere die Peer-Produktion auf Gemeingütern und Besitz, nicht auf Eigentum. In Privatbesitz befindliche Produktionsmittel „fungieren als Besitz (etwas, das man benutzt), nicht als Eigentum (etwas, das man verkaufen oder verwerten kann)“. Dies ist bei fungierenden Kapitalisten aber bereits in vielen Fällen auch nicht anders. Freier Unternehmerwillen wird dadurch<br />20<br />ausgedrückt, dass sie mit fremdem Eigentum umgehen.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">4.3 Keimform einer neuen Gesellschaft?</span><br />„Wo und wie ist anzusetzen innerhalb der vorgefundenen und zunächst die gesamte Reproduktion beherrschenden kapitalistischen Vergesellschaftungsform, um in diese sozusagen von innen eine Bresche zu schlagen und aus ihr herauszukommen, erste Schritte zu tun, einen formulierbaren Anfang der sozialen Emanzipation zu setzen?“ (Kurz 1997)<br />In Meretz/Merten (2005: 303ff) wird quasi in Beantwortung dieser von Kurz in seinem Artikel „Antiökonomie und Antipolitik“ aufgeworfenen Frage, vermutet, dass das Entwicklungsmodell Freier Software die Keimform einer neuen Gesellschaft darstelle. Die neue Gesellschaft wird in Anlehnung an die einflussreichste Lizenz der Freien Software Bewegung als „GPL-Gesellschaft“ bezeichnet. <br />Mit Verweis auf einen Artikel von Kurz, der die Keimformthese seinerseits im Hinblick auf die mikroelektronische Revolution entwirft und unter Einsatz eines sog. Fünfschrittmodells, das aus der Kritischen Psychologie (Holzkamp 1983) entlehnt ist, wird beschrieben, wie innerhalb einer alten Gesellschaftsformation zunächst nur in Ansätzen etwas qualitativ neues, die Keimform entsteht. Wie das alte Modell in die Krise gerät, das Neue zur dominanten Größe heranwächst und schließlich alle Aspekte des Gesamtprozesses in Bezug auf das Neue umstrukturiert werden folgen im Anschluss. Der Prozess sei hinsichtlich seiner Dauer oder seines Ergebnisses nicht determiniert und die Bezeichnung Keimform impliziere nicht automatisch, dass das Neue sich letzlich auch durchsetze.<br />Teile dieser periodisierenden Abfolge von fünf qualitativen Entwicklungschritten erinnern entfernt an das gramscianische Hegemoniekonzept, mit dem Machtgewinnungs- und -ausübungsformen zwischen Staaten, Gruppen von Staaten und Gruppen innerhalb von Staaten<br />(z.B. zwischen herrschenden und subalternen Klassen) analysiert werden, ohne jedoch die<br />Flexibilität des Hegemoniebegriffs zu erreichen oder die Menschen und ihre Handlungsfähigkeit im gleichen Ausmaß in den Mittelpunkt zu stellen. Immerhin kann mit der Keimformthese aber ein dialektisches Nebeneinander unterschiedlicher und widersprüchlicher Produktionsweisen innerhalb einer Gesellschaft beschrieben werden und somit das Problem vermieden werden, das Kurz wie folgt beschreibt: Die angebliche Blindheit des Marxismus für die „Frage des Übergangs, der praktischen Transformationsbewegung, des berühmten ‚Herankommens‘ an eine nicht-wertförmige Reproduktion“ (Kurz 1997). Während Kurz es in seinem Artikel von 1997 noch nicht gelingt, zu entwickeln, wie die „Mi-<br />21<br />kroelektronik als universelle Rationalisierungs- und Kommunikationstechnologie“ (ebda.) die Transformation zu einer neuen Gesellschaft befördern kann, meinen Meretz und Merten beinahe ein Jahrzehnt später in dem Entwicklungsmodell für Freie Software eine gesellschaftliche Form gefunden zu haben, die die kapitalistische Produktionsweise in Frage stellt, sich in ihr zur Reife entwickelt und darüberhinaus das Potenzial besitzt, das Zeitalter einer kommunistischen Produktionsweise einzuläuten. Mit Hintergrundwissen aus der Informatik, Erfahrungen aus der Praxis der Freien Softwareentwicklung und einem Schuss utopischen Voluntarismus gelingt es ihnen, die bei Kurz noch vorhandene Lücke zu schließen und mit einem konkreten Fallbeispiel einer Keimform auf dem letzten Stand der Produktivkraftentwickung im hochtechnologischen Kapitalismus zu argumentieren. Freilich sind auch sie sich nicht sicher, ob wir uns erst in Phase 1 (Entstehung der Keimform) oder bereits in Phase 3 (Keimform wird zur wichtigen Entwicklungsdimension) befinden. Wichtig ist ihnen aber vor allem, die Debatte nicht auf das Feld der Informatik und die Produktion immaterieller Güter zu begrenzen, sondern das hier vorgefundene Entwicklungsmodell auch auf andere gesellschaftliche Bereich und insbesondere unter Einbezug von Technologien wie Robotern und sog. Fabbern auf die materielle Produktion zu verallgemeinern.<br />Gegen die These der Keimform von Freier Software haben sich jedoch prominente Stimmen<br />wie Sabine Nuss und Michael Heinrich ausgesprochen. Ein dominierendes Merkmal kapitalistischer Produktion sei nach wie vor (künstliche) Verknappung, sowohl in der materiellen Produktion industrieller Güter, als auch in der digitalen Sphäre (vgl. Nuss 2006: 205ff.). Nuss und Heinrich kritisieren den positiven Bezug auf Freie Software und dessen angeblich systemsprengendes Potential. Es sei eine Illusion, dass sich Freie Software der Verwertung entziehe.<br />In der Analyse von Meretz/Merten werde Verwertung mit Verkauf gleichgesetzt, aber<br />der profitable Einsatz Freier Software finde bereits im Produktionsprozess statt und in der Verwertung von Dienstleistungen rund um das Produkt. Die Potentiale zur Selbstentfaltung werden von Unternehmen ausgenutzt. Die neue (GPL-)Gesellschaft, auf die der Begriff „Freie Software“ laut Meretz verweist, sei ein modernisierter Kapitalismus. Zugestanden wird jedoch, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln sich nicht mehr ausschließlich in der Hand der Unternehmen befinde (vgl. Nuss/Heinrich 2001).<br />So betrachtet steht das Konzept der Entwicklung Freier Software, was die Arbeitsorganisation und die Lizenzbedingungen angeht, nicht im Widerspruch zum Kapitalismus. Weder schließen die Lizenzen Lohnarbeitarbeitsverhältnisse oder Privateigentum aus, noch den Einsatz privatwirtschaftlicher Geschäftsmodelle zur Verwertung von Dienstleistungen rund um die<br />22<br />Produkte Freier Software. Dies wären jedoch notwendige, wenngleich noch nicht hinreichende Voraussetzungen für kommunistische Produktionsweise (vgl. Adriani 1986). Eine in einem nPrivatunternehmen unter den Bedingungen von Lohnarbeit entwickelte Software, die aus Gründen der Profitmaximierung unter eine Freie Lizenz gestellt wird, kann ebenso das Label „Freie Software“ beanspruchen wie eine in der Freizeit entwickelte Software. Wie der Tauschwert zum Gebrauchswert, so steht die Verwertung der Freien Software zur Freien Software selbst. In der kapitalistischen Produktionsweise ist die Produktion von Freier Software nur ein Mittel für den Verwertungsprozess, Zweck und Inhalt bleibt weiterhin die Produktion von Mehrwert, nicht das interesselose Wohlgefallen an der Verbreitung nützlicher Software.<br />Auf eine erstaunliche Kompatibilität bzw. Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus lässt sich im Rahmen der Betrachtung der Koexistenz mit Freier Software schließen. Trotz der Umstrukturierung in Teilen der Softwarewirtschaft, induziert durch die Konkurrenz, die die proprietäre Software und deren Verwertungsformen durch Freie Softwareprodukte erfuhr, scheinen sich neue Verwertungsformen auf der Basis von, in Symbiose mit oder in Koexistenz zu Freier Software etablieren. Wie sehen solche Geschäftsmodelle aus? Dieser Vorgang wurde ausführlich bei Nuss (2006: 84ff.) am Beispiel der Firma CollabNet und der Freien Software Scarab beschrieben und ist keineswegs ein Einzelfall. Zur Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus meint dementsprechend Wolfgang-Fritz Haug: „Doch als dynamische Spezifik der kPw [kapitalistischen Produktionsweise] stellt Marx gerade die permanente innere Veränderung heraus. Um sie zu kennzeichnen, zitiert er in KI (511, Fn. 306) das Manifest: »Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren. Unveränderte Beibehaltung der alten Pw war dagegen die erste Existenzbedingung aller früheren industriellen Klassen.« (4/465) ›Invariant‹ an der kPw wäre demnach gerade ihre Variabilität“ (Haug 2008: 298).<br />Die Existenz von nichtwarenförmigen Beziehungen kündigt dementsprechend nicht das Ende<br />des Kapitalismus an sondern war schon immer Bestandteil des Kapitalismus. Er könnte wahrscheinlich nicht existieren ohne die großen Bereiche, in denen Werte nicht verwertet werden.<br />Innerhalb der Familie zahlt man nicht für sein Essen (Reproduktionsarbeit), unter Freunden hilft man sich ohne unmittelbare Gegenleistungen, und zahllose Vereine bis hin zur freiwilligen Feuerwehr sind grundsätzlich nicht kommerziell organisiert.<br /><br />23<br /><br /><span style="font-weight:bold;">5. Fazit</span><br />Die These der nicht Warenförmigkeit Freier Software und die These der Keimform einer<br />nichtkapitalistischen Produktionsweise, lässt sich bei näherem Hinschauen nur mit diversen Kunstgriffen aufrecht erhalten. Die mannigfaltigen, von den Vertretern dieser These erkannten Erscheinungsformen der Verwertbarkeit von Freier Software im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise werden von ihnen oft als Ausnahmeerscheinungen abgetan. So werden die meisten (GPL-artigen) Open Source Varianten von vorneherein aus der These ausgeklammert und selbst bei der Freien Software, bei der alle Voraussetzungen wie freie Verfügbarkeit, freie Quellen, freie Änderbarkeit und freie Verteilbarkeit erfüllt sind, müssen sie noch unterscheiden zwischen „einfach freier Software“ (Software, die unter Lohnarbeitsverhältnissen entwickelt wird) und „doppelt freier Software“ (die in der Freizeit und unter Bedingungen freier Selbstentfaltung zustande kommt) um die These aufrecht zu erhalten. Nicht abgestritten aber vernachlässigt wird die Unsitte der Doppellizensierung, also der bemerkenswerten Ausbeutung der unentgeltlichen Arbeit der Open Source Community durch die Privatwirtschaft und deren Verwertungsinteressen.<br />Das emanzipatorische Potenzial des Ideals der Freien Softwareentwicklung soll hier nicht in Frage gestellt werden sondern kritisch die vielfältigen Wege aufgezeigt werden, wie Freie Software immer besser in die kapitalistische Produktionsweise integriert wird und keine reale Gefahr für das System des Kapitalismus mehr darstellt. Man könnte auch, um im Bild der Keimformthese (Mertez/Merten 2005: 303ff.) zu bleiben, sagen, dass wenn die Keimform theoretisch zwei Richtungen einschlagen kann, so liegt die „Integration in das Alte“ sprich in die kapitalistische Produktionsweise immer näher und unterstreicht die These von Marx, dass für den Kapitalismus „sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren“ geradezu eine Existenzbedingung ist (MEW 4: 465). Dass es noch möglich ist, den Weg aus der Restauration des Alten herauszugehen, soll dabei jedoch nicht ausgeschlossen werden.<br />Offene, noch nicht entschiedene Kämpfe können uns noch überraschen, auch wenn eines ganz<br />sicher stimmt: Die Integration ins Alte, und damit dessen Auffrischung ist voll im Gange.<br />Die Grundprinzipien von Freier Software bzw. der Art ihrer Produktion bleiben trotzdem eine Grundbedingung für eine moderne, nicht-kapitalistische Produktionsweise. Sie sind also notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung.<br />Nur im Sinne von Meretz/Merten „doppelt freie“ Software5, welche somit auch nicht dual-li-/wiki/Red_Hat_Enterprise_Linux).<br />24<br />zenziert ist, hätte das Potential zur Entfaltung eines neuen Produktionsmodells. Das Copyleft- Prinzip, bietet hierfür ebenfalls einen so wichtigen Faktor, dass Einschränkungen der Nutzung auf einen Bereich ausschließlich emanzipatorischer Anwendungen nicht mehr nötig werden. Das Problem wäre dann letztlich nicht das Konzept an sich sondern dessen viele Schlupflöcher und die ungelösten Fragen. Z.B. die Frage der Koordination, d.h. die Maintainer-Frage. Wie schaut diese Koordination aus? Wie emanzipatorisch ist diese gedacht? Braucht es noch zum Beispiel einen Abstimmungsmodus für ein ganzes Projekt?<span style="font-style:italic;">6</span> Oder ergibt sich dies alles aus den Einzelentscheidungen auf Graswurzelebene? Auf dieser Ebene klaffen große Lücken.<br />Weder Marx noch bestimmte Verfechter der Peer-Ökonomie wie Siefkes werfen auf befriedigende Weise „die Frage der politischen Macht“ (Andreani 1986: 683) auf. Dementsprechend stellt sich die Frage der politischen Ausgestaltung im Sinne einer emanzipierten Gesellschaft, nicht nur die ihrer ökonomischen Prinzipien oder ihrer bürgerlichen Rechtsform innerhalb der noch herrschenden kapitalistischen Produktionsweise.<br /><br />25<br /><span style="font-weight:bold;">Literaturverzeichnis</span><br />Andreani, Toni 1986: Kommunistische Produktionsweise in: Kritisches Wörterbuch des Marxismus,<br />Bd. 4, S. 678-684, Argument<br />Diedrich, Oliver 2008: Open Source ist kein Business-Modell<br />http://www.heise.de/open/Open-Source-ist-kein-Business-Modell--/artikel/117309O<br />FSF 1991: http://www.gnu.de/documents/gpl-2.0.de.html<br />Grassmuck, Volker 2004: Freie Software - zwischen Privat- und Gemeineigentum. Bundeszentrale<br />für politische Bildung: Bonn.<br />Haug, Wolfgang Fritz 2008: Kapitalistische Produktionsweise. in: Historisch-Kritisches Wörterbuch<br />des Marxismus, Bd. 7/1, S. 292-316, Argument<br />Heinrich, Michael 2004: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung. Schmetterling:<br />Stuttgart<br />Holzkamp, Klaus 1983: Grundlegung der Psychologie, Campus, Frankurt a. M.<br />Kurz, Robert 1997: Antiökonomie und Antipolitik. Zur Reformulierung der sozialen Emanzipation<br />nach dem Ende des "Marxismus" in: Krisis 19<br />Maier, Axel; Jaeger, Till 2006: Open Source Software. Rechtliche Rahmenbedingungen der<br />Freien Software. Beck. München<br />Meretz, Stefan 2000: Linux & Co. Freie Software - Ideen für eine andere Gesellschaft<br />Meretz, Stefan 2003, in Widerspruch 45: "Freie Software. Über die Potentiale einer neuen<br />Produktionsweise"<br />Meretz, Stefan; Merten, Stefan 2005: Freie Software und Freie Gesellschaft, in: Lutterbeck,<br />B., Gehring, R.A., Bärwolff, M., Open Source Jahrbuch 2005. Zwischen Softwareentwicklung<br />und Gesellschaftsmodell. Lehmanns Media. Berlin<br />MEW 19<br />Marx, Karl 1867-94: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, 3 Bde, in: MEW 23-25<br />Nuss, Sabine; Heinrich, Michael 2001: Warum Freie Software dem Kapitalismus nicht viel<br />anhaben kann - aber vielleicht trotzdem etwas mit Kommunismus zu tun hat.<br />http://erste.oekonux-konferenz.de/dokumentation/texte/nuss.html<br />Nuss, Sabine 2006: Copyright & Copyriot. Aneignungskonflikte im informationellen Kapitalismus<br />Siefkes, Christian 2009: Ist Commonismus Kommunismus? Commonsbasierte Peer-Produkti-<br />26<br />on und der kommunistische Anspruch. In: Prokla - Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft,<br />Bd. 39.2009, 2 = 155 (Jun.), S. 249-267. Verl. Westfälisches Dampfboot: Münster.<br />Stallman, Richard 2007: Warum Open Source das Wesentliche von Freier Software verdeckt,<br />in: Lutterbeck, B., Gehring, R.A., Bärwolff, M., Open Source Jahrbuch 2007. Zwischen freier<br />Software und Gesellschaftsmodell. Lehmanns Media: Berlin.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">Anmerkungen</span><br />1 Mehr als 200 sind bekannt. Siehe http://www.ifross.de/ifross_html/lizenzcenter.html<br /><br />2 Mehr dazu mit Veranschaulichungen auf http://www.gnome.org/~michael/blog/ooo-commit-stats-2008.html<br /><br /><br />3 Ein spannendes Beispiel: die Softwareentwicklungsumgebungen Eclipse (hinter der Firmen wie Borland, IBM, Nokia, Motorola, Oracle, SAP, Red Hat, SuSE stehen) und NetBeans (SUN Microsystems und 100 weitere Partner, vgl. http://www.netbeans.org/community/partners/index.html). Aus zwei ehemals traditionell verwerteten proprietären Softwareprodukten sind inzwischen zwei Flaggschiffe der Open Source-Softwareentwicklung<br />geworden, hinter denen sich zahlreiche potente Unternehmen versammeln. Jeweils eine erhebliche Anzahl von ansonsten scharf konkurrierenden Software-Unternehmen schließen sich zu einer strategischen Allianz zusammen um sich gegenüber der konkurrierenden Entwicklungslinie einer anderen „Community“ von multinationalen Unternehmen durchzusetzen. Eine derartige Formation führt beunruhigend neue Konnotationen in den bisherigen Begriff der „Open Source-Community“ ein.<br /><br /><br />4 Die Zirkulationszeit von Freier Software beträgt oft beispielsweise quasi 0.<br /><br />5 Vgl. hierzu Projekte wie Debian (http://de.wikipedia.org/wiki/Debian) im Gegensatz zu kommerziell vertriebenen Projekten wie Red Hat Enterprise Linux (http://de.wikipedia.org<br /><br />6 Das Debian-Projekt hat sich bspw. hierzu eine Art „Gesellschaftsvertrag“ gegeben:<br />http://www.debian.org/social_contractUnknownnoreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-71914948856185058572009-07-21T05:38:00.002+02:002009-07-21T05:41:41.581+02:00Doppelkonkurrenz<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEipAJwWxFyK39z7bofjiGJc4ZfUfF_SqNgzt0ZjV5ZQzBsbjjvB6YmNYE6plFLUuRf4emyTtooQPzFx03rEv8XEVGWWMb_z6ewotbirJzwZCpKUh2oxxzdXfU6_oD6JfXnqWKl8/s1600-h/MenschHolzMyc.jpg"><img style="float:left; margin:0 10px 10px 0;cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 301px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEipAJwWxFyK39z7bofjiGJc4ZfUfF_SqNgzt0ZjV5ZQzBsbjjvB6YmNYE6plFLUuRf4emyTtooQPzFx03rEv8XEVGWWMb_z6ewotbirJzwZCpKUh2oxxzdXfU6_oD6JfXnqWKl8/s400/MenschHolzMyc.jpg" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5360753196975847218" /></a><br /><br /><br /><br /><br />Protokoll zum 13.07.2009 von Miklos Mihalik<br /><br />Dieses Protokoll soll nicht den Text der Vorlesung zusammenfassen, sondern gewisse inhaltliche Aspekte des Textes herausgreifen und zu einer Diskussion anregen.<br /><br />§33-39 Zur Konkurrenz der LohnarbeiterInnen untereinander und mit den fungierenden Kapitalisten.<br />Fungierende Kapitalisten bieten Arbeitsplätze unterschiedlicher Art an. Unterschiedlich nicht nur an der Art, sondern auch an Ort und Zeit. Die Kapitalisten dürfen den Lohn an die Arbeiter nicht zu hoch ansetzen, da sie sonst mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen hätten, aber auch nicht zu niedrig, da sie sonst keine geeigneten Bewerber für ihre Stellen hätten. Abgesehen von der richtigen Höhe des Lohns konkurrieren die Kapitalisten auch mit ihren Produkten auf dem Markt. Somit ergibt sich für sie eine „Doppelkonkurrenz“. Kapitalisten konkurrieren als Anbieter von Produkten und als Nachfrager nach Arbeitskräften. Die Arbeitskräfte konkurrieren um höhere Löhne, die sie nur von den fungierenden Kapitalisten erhalten können – wobei gilt: kompliziertere Arbeit sei potenzierte einfache Arbeit.<br />Hier nun möchte ich anmerken, dass heutzutage die sogenannte „invisible hand“ definitiv nicht auf allen Arbeitssektoren der Arbeiterklasse richtig funktioniert. Es scheint eher, dass die Arbeiter nicht um höhere Löhne konkurrierten, sondern überhaupt um einen Arbeitsplatz - dank der in Mode gekommener Auslagerung der Arbeitsplätze ins „billigere Ausland“ oder auch beispielsweise im Bereich des Baugewerbes und der Metzgerbetriebe, in denen es vollkommen normal ist, ausländische Billiglohnempfänger einzustellen, die sich nur wenige Monate in Deutschland aufhalten und wieder in ihre Heimat zurückkehren. Dieser Gastarbeiter wird nun nahtlos von einem anderen Gastarbeiter ersetzt. Hierbei entsteht aber das Problem, dass die heimischen Maurer/Metzger nicht für solch geringen Lohn arbeiten können, da der hiesige Lebensunterhalt teurer ist als in der Heimat des Gastarbeiters. Somit wird nicht mehr um höheren Lohn gekämpft, sondern um eine Arbeitsstelle überhaupt. Selbstverständlich können wir es dem Gastarbeiter nicht verübeln, dass er versucht eine gewisse Zeit lang in Deutschland zu einem höheren Lohn als in seiner Heimat zu arbeiten – auch wir würden dies an seiner Stelle machen. Fest steht, dass heutzutage die Arbeiter nicht nur untereinander auf nationaler Ebene konkurrieren, sondern auch auf internationaler. Doch wie können wir dieser Entwicklung entgegen wirken? Gerade in Zeiten der EU… Würde hier der Mindestlohn Abhilfe schaffen? <br /><br />Zum Ende des §33 gelangen wir im Text an den Punkt des Aufrechterhaltens des Kapitals durch Vernichtung von Einzelkapitalen. Anders formuliert kennen wir diesen Punkt als „Gesundschrumpfen der Wirtschaft“, als eine Selbstreinigungskraft. Doch die dabei zugrunde gehenden impliziten sozialen Strukturen dürften hier meiner Meinung nach nicht übergangen werden. Schließlich geht es hier, anhand des aktuellen Beispiels von Opel oder Arcandor (Thomas Cook, Primondo und Karstadt), um fast 200.000 Arbeitsplätze! Kann man an dieser Stelle denn noch ein solch positives Wort wie „gesund“ verwenden? Welche Auswirkungen solch eine Selbstreinigungskraft insgesamt hätte sind vielleicht nicht einmal annähernd vorhersehbar. Nicht nur die drohende, hohe Arbeitslosenzahl auf sozialer Ebene, auch die fehlenden Steuereinnahmen, der entstehende Mehraufwand für den Staat durch die Arbeitslosengeldzahlungen wären immens. Wie viele Zulieferer-Betriebe würden mitgerissen werden? Welche Auswirkungen mögen diese Geschehnisse auf die Zukunft unseres Staates haben? Bankrott Deutschlands durch Bürgschaften an marode Unternehmen und Banken? Und wo wird die Grenze gezogen, welchen Unternehmen staatlich geholfen wird und welchen nicht? Wird die Grenze durch Arbeitnehmerzahl oder Finanzvolumen bestimmt? Gleichzeitig muss eine andere Seite betrachtet werden: zurecht werden Stimmen laut: „ich bin eine Bank/Opel/Arcandor, helft mir!“ „Warum können nicht in mein Unternehmen Gutachter und Berater geschickt werden, die meinem Unternehmen bei der Gesundung (im positiven Sinne) helfen?<br />__<br />(§34) Arbeiter und Unternehmer werden zu Arbeitskollegen, ebenfalls auf Doppelkonkurrenz basierend, mit einem horizontalem und einem vertikalem Aspekt. Der vertikale Aspekt bezieht sich auf den Unternehmer und die Arbeitskräfte, von denen verlangt wird, für das gleiche Geld mehr zu arbeiten. Horizontale Konkurrenz meint die Stellung der einzelnen Arbeiter in der Arbeitsgruppe, wenn beispielsweise für die gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnt wird. Der härteste Fall horizontaler Konkurrenz ist, wenn die Person gar nicht erst angestellt wird, kein Eintritt in die Gruppe der Arbeiter stattfinden kann. (Jugendarbeitslosigkeit). <br />In wirkliche Konkurrenz fließen auch Aspekte von Freundschaft und Geselligkeit ein, aber auch im negativen Sinne, durch Rassismus zum Beispiel.<br />(§35 – vertikale Konkurrenz) Wenn Lohnarbeiter ein höheres Einkommen anstreben sollten, müssen sie sich einem Kollektiv (Gewerkschaft) anschließen, um ihre Forderungen besser durchsetzen zu können, da die Unternehmer eher zu einseitigen, isolierten Abschlüssen neigen.<br />(§36 – horizontale Konkurrenz) Ständige Bedrohung des Arbeitsplatzes durch andere Lohnarbeiter. Diese Bedrohung kann auch in Form von Substitution der Männerarbeit durch Frauen- und Kinderarbeit erfolgen. Beispiel: drei Kinder zu je 8 Schilling ersetzten einen Mann der bis zu 45 Schilling pro Woche verdient hat. Diese Substitution kann natürlich auch durch Maschinen erfolgen.<br />(§37) Die Koexistenz von Kapitalist und Arbeiter ist ein Unterordnungsverhältnis, in dem der Wille des Kapitalisten festgelegt und durchgesetzt wird. Sein Wille steht in der Hierarchie an der Spitze. Da der Arbeiter willentlich mit der Arbeit einverstanden ist, wird die Arbeitszeit in selbstbestimmte Lebenszeit zurückverwandelt.<br />(§38) Da nun die Arbeitskraft willentlich vom Arbeiter zur Verfügung gestellt wird, verwandelt sich der Preis der Arbeitskraft in die Form des Preises der Arbeit. (Aber müsste Arbeitskraft nicht eine höhere Wertform sein?) Hierdurch erscheint die geleistete Arbeit als „die eigene Arbeit des Arbeiters“ – Subjektivität und willentliches Handeln vorausgesetzt.<br />(§38 – erste Bemerkung) Es gibt auch noch eine weitere, systematische Einordnung der Lohnformanalyse, die auf die Gerechtigkeit Augenmerk legt. Dies ist notwendig, denn mit derjenigen Ansicht, die Arbeit werde freiwillig verrichtet kann Ungerechtigkeit und Ausbeutung überspielt werden – was sehr nach dem Sinne des Kapitalisten ist.<br />(§38 – zweite Bemerkung) Weitere Formen des Lohn: Zeitlohn und Stücklohn.<br />(§39) Die Auffassung sei falsch, dass Lohn Preis der Arbeit sei. Der Arbeiter kann seine Arbeit nur in Verbindung mit den Produktionsmitteln des Kapitalisten durchführen. Somit kann er seine Arbeit nicht verkaufen, weil sie (zu einem Teil) nicht ihm selber gehört. Nun kann man nicht mehr von Konkurrenz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sprechen, es ist vielmehr eine Beziehung wie zwischen „Herr und Knecht“.Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-53059742648184795742009-07-14T08:22:00.004+02:002009-07-15T08:12:35.169+02:00L I B E R T éFreiheut Gleichheut<br />alle Mensschen<br /><br /> sicher<br /><br />HEUT vor 220 Jahren<br /> beginnt in Paris<br />die anhaltende Moderne<br /><br />in der Nacht<br />brennen Autos<br />"wie jedes Jahr"<br />(drs)<br />zu Beginn des<br />Nationalfeiertags<br /><br />wie auch am 31.12.Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-61466623038125318692009-07-10T15:11:00.004+02:002009-07-14T08:21:34.539+02:00Freiheit, Gleichheit, EinkommenProtokoll (red.) zur Sitzung am 06. Juli 2009<br /><br />HS Von Marx zu Marx<br />Protokollantin: Ute Wolf<br /><br />Die Sitzung begann mit einer kurzen Zusammenfassung der vergangenen Sitzungen, in denen es um die Abschnitte 1 bis 6 der Rekonstruktion der Analyse des "Kapitals im Allgemeinen" ging. Nach dieser kurzen Einführung, wurde mit dem Thema der Sitzung begonnen, das sich mit dem siebten Abschnitt (der Rekonstruktion) befasst. Hierbei geht es um die <span style="font-weight:bold;">Konkurrenzformanalyse<span style="font-weight:bold;"></span></span>.<br />In der Sitzung wurde auf die folgenden Punkte eingegangen:<br /><br /><span style="font-weight:bold;">VII a (§§ 1 -11) Freiheit, Gleichheit, Einkommen</span><br /><br />§1. Die Revenueformen des Neuwertes und der Unternehmergewinn sind auf das industrielle, das kommerzielle Kapital und das Bankkapital zu beziehen. Die Konkurrenzformanalyse gibt es, weil es verschiedene Kapitale gibt, also nicht ein Gesamtkapital und daher gibt es auch mehrere Kapitalisten.<br />§2 Vom Kapital zur Konkurrenz der Kapitale: es entwickelt der Unternehmer sich weiter zum Konkurrenz<span style="font-style:italic;">subjekt</span>. Das Einzelkapital wird so eingesetzt, dass es einen Unternehmergewinn hervorbringt.<br />§3 Das Konkurrenzsubjekt bestimmt, was für eine Funktion sein persönliches Kapital hat. Die Freiheit ist auf die Mittelwahl eingeschränkt. Diese Freiheit auf Widerruf bedeutet, dass der Kunde dies anerkennt oder nicht. Die Kehrseite der Freiheit ist der „Fetischismus der Ware“. Das Produkt muss als Ware sich zeigen, verkaufbar sein.<br />§4 Die handelnden Kapitalisten haben eine Sonderrolle. Sie stehen in Kontakt zu anderen agierenden Kapitalisten und zu Haltern der Revenuequellen.<br />Die Unternehmer wettstreiten gegeneinander bei Leihverhältnissen mit Haltern von Revenuequellen. Die Revenueformen sind vorgegeben. Die Konkurrenzsubjekte haben Geldeinkommen als Ziel.<br />§5 Die Freiheit der Konkurrenzsubjekte hat Einkommen zum Ziel und Eigentum zum Mittel. Beim Halter von Revenuequellen ist sein Eigentum die Revenuequelle. Beim Unternehmer ist das Eigentum die Firma. Die Konkurrenzsubjekte sind alle gleich, sie haben freie Verfügung über das Privateigentum.<br />§6 Die qualitative Gleichheit schließt nicht aus, dass Klassen von Konkurrenzsubjekten in manchem Aspekt gleich und unter anderen Gesichtspunkten betrachtet ungleich sind. Qualitative Gleichheit vermittelt quantitative Ungleichheit.<br />§7 Eigentümer müssen sich mit anderen Eigentümern zusammenschließen und den gleichen Willen haben, um mit ihrem Eigentum umzugehen. Daraus entsteht ein Vertrag, jeder Eigentümer strebt nach den eigenen Einkommenszielen, was aber nur in der kapitalistischen Gesellschaft möglich ist. <br />§8 Gesellschaft ist für die Kapitalanalyse immer nur als Resultat zu sehen.<br />Es gibt Eigentümer, die nicht Einkommensbezieher sind. Nur die erfolgreich Konkurrierenden sind in der kapitalistischen Gesellschaft enthalten. Die nicht erfolgreich Konkurrierenden sind „potenzielle Mitglieder“, da ihr Eigentum keine Früchte getragen hat. Mitglieder eines Volkes. die nicht an der Konkurrenz teilnehmen, sind Nichteigentümer. <br />§ 9 Bei dem Willen nach Einkommen sind Verleihverträge und Verkaufsverträge wichtig. Bei dem Verleihvertrag ist der Verleiher nur noch der „bloße Eigentümer“ der Leihende wird zum Besitzer. Beim Verkaufsvertrag wechselt das Eigentum den Eigentümer. Der Unternehmer muss bei Leihverträgen gegenüber den Revenuequelleneigentümern seiner Zahlungspflicht nachkommen, der Unternehmer muss in der Lage sein zu ausreichenden Preisen verkaufen zu können. <br />§ 10 Der Unterschied zwischen den Eigentümern von Revenuequellen und Firmen ist, dass die Revenuequelleneigentümer bei ihrer Freiheit auf die Zirkulationssphäre eingeschränkt sind. Die Firmeneigentümer sind in der Zirkulationssphäre auf gleiche Weise frei Konkurrierende. Bei der Funktionssphäre gibt es keine Gleichheit, weil es sich um das Privateigentum des Firmeneigners handelt und deswegen gilt der Wille des agierenden Kapitalisten. Sein freier Unternehmerwillen wird dadurch ausgedrückt, weil er mit fremdem Eigentum umgeht.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">b Konkurrenz der fungierenden Kapitalisten untereinander (§§ 11-17)<span style="font-weight:bold;"></span></span><br /><br />§17 Durch die Konkurrenz der Kapitale kommt es auch zum Bankrott von einzelnen Kapitalisten. Der Zwang, etwas zum Marktpreis verkaufen zu müssen, oder nicht verkaufen zu können, kann Kapitale in die Lage bringen, dass Waren zu einem Preis angeboten werden, der nicht einmal die Kosten deckt. Wenn dieser Zustand länger anhält, kann das Einzelkapital den vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Bankrotte Firmen werden dann von einem anderen Kapital preisgünstig übernommen, was zu Folge hat, dass die Revenuequelleneigentümer sich mit niedrigeren Revenueforderungen zufrieden geben, um überhaupt noch Revenue zu erhalten..<br /><br /><span style="font-weight:bold;">c Konkurrenz der fungierenden Kapitalisten mit den Geldeigentümern (§§ 18-23)<br /></span><br />§18 Für einen Kapitalvorschuss auf geliehenes Geld müssen Zinsen gezahlt werden . Kapital erreicht seine Ziele nur, wenn es zu einer Akkumulation kommt. Das Bankkapital ist teils Revenuebezieher und teils agierendes Kapital. Geldverleih gegen Zins ist die Geschäftssphäre , in der das Bankkapital agiert und das Stammkapital verwendet wird. Dabei stellt sich die Frage ob der Geldverleih eingeschränkt werden soll, oder ob das Bankkapital als kommerzielles oder industrielles Kapital eingesetzt werden soll. Auch bei dem agierenden Kapital stellt sich die Frage in welcher Dimension es mit dem Eigenkapital und welches Kontingent es mit Fremdkapital wirtschaftet. <br />§21 Eine Firma die Eigenkapital besitzt, hat eine gewisse Unabhängigkeit, unter welchen Bedingungen sie sich Kapital leihen kann. Die Bildung von Eigenkapital kann als Maßnahme des Konkurrenzkampfes gesehen werden. Firmen, die viel Eigenkapital besitzen, sind in schlechten Zeiten nicht so betroffen. In guten Zeiten kommt Eigenkapital allerdings eine nicht so große Rolle zu.<br />§22 Die dritte Art der Finanzierung einer Firma ist die Ausgabe von Aktien. Das Aufnehmen von Fremdkapital oder die Ausgabe von Aktien sind Alternativen geworden sich Kapital zu beschaffen. Neben dem Aktienkapital kann bei der freien Rücklage außerdem noch Eigenkapital gebildet werden. Wichtig ist bei der Formanalyse der Konkurrenz, dass bei der Arbeitsform des Kapitals eine Verschmelzung von Geldkapital und agierendem Kapital vorliegt und zum anderen stellt die Aktie und die Aktiengesellschaft die erste bürgerliche Form gemeinsamen Eigentums dar.Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-74388017221459508042009-07-08T11:49:00.003+02:002009-07-08T12:19:17.693+02:00CARITAS IN VERITATE«moralisches Ausrufezeichen»<br /><br />Gestern, 14:40 Uhr<br />ddp<br /><br /> <br /><br />München (ddp). Der Vorsitzende der Sozial-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard <span style="font-weight:bold;">Marx</span>, sieht in der neuen Sozialenzyklika von Papst Benedikt XVI. ein «moralisches Ausrufezeichen». Der Papst plädiere in «Caritas in veritate» («Die Liebe in der Wahrheit») für eine Weiterentwicklung der Marktwirtschaft, «für ein neues Justieren von Staat, Markt und Zivilgesellschaft», sagte der Erzbischof von München und Freising am Dienstag. Dies sei eine der Hauptherausforderungen des 21. Jahrhunderts, und der Papst gebe dazu »bemerkenswerte Anregungen».<br /><br /> * Papst verlangt «echte politische Weltautorität" gegen die Krise<br /> * Zollitsch betont Bedeutung der neuen Sozialenzyklika<br /> * Sozialenzyklika des Papstes wird veröffentlicht<br /> * Weitere Nachrichten zum Thema Papst & Vatika<br /><br />Benedikt XVI. stelle klar, dass der Markt kein moralfreier Raum sei. Nötig seien Regeln und Rahmenordnungen, die aber ohne moralische Normen nicht funktionierten. Ohne ein an Werten orientiertes Verhalten wäre «die eine Menschheitsfamilie nicht aufzubauen und Globalisierung nicht zu gestalten», betonte Marx.<br /><br />Der Papst mache auch deutlich, dass eine verbindlichere Autorität auf Weltebene notwendig sei. Er ermutige ferner zu einer stärkeren gewerkschaftlichen Organisation auf internationaler Ebene, um die Rechte der Arbeitnehmer zu wahren. Als Überraschung und Herausforderung wertete Marx den Impuls Benedikts, über neue Formen marktwirtschaftlichen Denkens, über verschiedene Unternehmensformen zu diskutieren. Der Erzbischof hob die «ermutigende Weltsicht» hervor, die der Enzyklika zugrunde liege, da Benedikt XVI. dem Menschen viel zutraue.<br /><br />Eine Enzyklika sei weder ein wissenschaftlicher Text, noch ein politisches Programm, sondern eine «lehramtlich verbindliche Richtungsanzeige», erläuterte Marx und betonte: «Diese Richtungsanzeige hat der Papst zur rechten Zeit in guter Weise gegeben.»Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-79391108093335486202009-07-02T05:08:00.001+02:002009-07-02T05:13:15.250+02:00für Neil<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiZA-FOpki9dKqCbih9ZtQ8us-BWyOfTITxWuIplmTgb94Papi2urn8V4YpQGYD79J5Dnch2r5LzTjA50t2GL2Qdl0LjH3KHr7NhgkdH2XYP6uyf-vDmfRhkAw6u3xyt9bLXd6N/s1600-h/blondeKirschen.jpg"><img style="float:left; margin:0 10px 10px 0;cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 395px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiZA-FOpki9dKqCbih9ZtQ8us-BWyOfTITxWuIplmTgb94Papi2urn8V4YpQGYD79J5Dnch2r5LzTjA50t2GL2Qdl0LjH3KHr7NhgkdH2XYP6uyf-vDmfRhkAw6u3xyt9bLXd6N/s400/blondeKirschen.jpg" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHOTO_ID_5353694817161865234" /></a><br /><br />... und Heinrich Heines ZuckererbsenUnknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-74979636400204319932009-06-30T09:07:00.005+02:002009-09-30T11:16:15.944+02:00KONKURRENZFORManalyseAbschnitt VII: FORMANALYSE DER KONKURRENZ<br /> <br /> <br /> <br /> <span style="font-weight:bold;">a (§§ 1 -11) Freiheit, Gleichheit, Einkommen</span><br /> <br /> <br /> §1 Die Wertformen sind in den Abschnitten I—V entwickelt<br /> worden und ihr Begriffsumfang ist in Abschnitt VI so <br />erweitert worden, dass die Revenueformen des Neuwerts und der<br /> Unternehmergewinn nicht nur auf das industrielle, sondern<br /> auch auf das kommerzielle Kapital und das Bankkapital<br /> bezogen sind. Die Konkurrenzformanalyse nimmt von der<br /> Individuierung der Kapitale und folglich der (sie personifizierenden) fungierenden Kapitalisten ihren Ausgang.<br /> <br /> <br /> <br /> §2 Der Übergang vom Kapital im Allgemeinen zur Konkurrenz<br /> der Kapitale entwickelt die Charaktermaske des fungieren-<br /> den Kapitalisten weiter zum Unternehmer als Konkurrenz—<br /> <span style="font-style:italic;">subjekt</span>. Die Verwertungsbewegung des Einzelkapitals wird<br /> als willentliches Streben nach Unternehmergewinn vollzogen. <br /> <br /> <br /> <br />§3 Der Wille des unternehmerischen Konkurrenzsubjekts<br /> - bestimmt die Inhalte der Funktion des durch den Unter-<br /> nehmer personifizierten Kapitals. Die Freiheit des Willens<br /> — ist erstens auf Mittelwahl (bei vorgegebenem Zweck) be—<br /> schränkt, zweitens erweist die Anerkennung oder Nicht-<br /> anerkennung auf dem Waren— oder Geldmarkt (zu einem Preis,<br /> der Unternehmergewinn ermöglicht) die Unternehmerfrei-<br /> heit als Freiheit auf Widerruf. Die Kehrseite der Frei-<br /> heit in der Konkurrenz ist somit das Ausgeliefertsein an<br /> den “Fetischismus der Waren“. Es ist eine nicht hinter—<br /> gehbare (und nicht herstellbare) Eigenschaft einer Ware,<br /> verkäuflich zu sein.<br /> <br /> <br /> <br /> §4 Der gesellschaftliche Stoffwechsel hat in der kapi-<br /> talistischen Epoche die Form der Verschlingung der Kreis-<br /> läufe der Einzelkapitale zum ReProduktionsprozess des Ge—<br /> samtkapitals. Den fungierenden Kapitalisten kommt daher<br /> die Sonderrolle zu, dass sie in Kontakt zu anderen fun-<br /> gierenden Kapitalisten und in Kontakt zu Haltern von<br /> Revenuequellen stehen. Der Bezug der Halter von Revenue—<br /> quellen auf die abstrakt—gesellschaftliche Arbeit, die<br /> Substanz ihrer Revenuen, ist durch die Beziehung der<br /> Kapitale aufeinander vermittelt.<br /> <br /> In der Form des Unternehmergewinns ist der Zweck des<br /> Prototyps des Konkurrenzsubjekts, des Unternehmers, fest-<br /> gelegt. Die Quantität des Unternehmergewinns liegt nicht<br /> fest. Um sie geht es den Konkurrierenden. Die Unternehmer<br /> konkurrieren gegeneinander auch beim Eingehen von Leih—<br /> verhältnissen mit den Haltern der Revenuequellen. Die <br /> Revenueformen sind vorgegeben, aber hinsichtlich der<br /> Quantität der Revenue besteht Bewegungsraum. Im Eingehen<br /> auf die Nachfrage der konkurrierenden Unternehmer werden<br /> die Halter von Revenuequellen ihrerseits in die Bewegung<br /> der Konkurrenz hineingerissen. Sie verwandeln sich, ziehen<br /> wir dies in Betracht, nun ihrerseits aus bloßen Charakter-<br /> masken (Personifikationen derjenigen Wertteile, die die<br /> Substanz ihrer Revenue ausmachen) in Konkurrenzsubjekte.<br /> Als solche verfolgen sie ihr Geldeinkommen als willent—<br /> liches Ziel.<br /> <br /> Es ist hiermit insofern die “Oberfläche“ der kapitalistischen<br /> Gesellschaft erreicht, als durchgängig Freiheit und inso-<br /> weit- Gleichheit die Beteiligten "personae dramatis" kennzeichnen.<br /> <br /> <br /> <br /> <br /> <br /> §5 Die Freiheit der Konkurrenzsubjekte hat Einkommen<br /> zum Ziel und Eigentum zum Mittel. In Falle der Halter<br /> von Revenuequellen ist dieses Eigentum die Revenue—<br /> quelle. Im Falle der Unternehmer ist dieses Eigentum -<br /> die <span style="font-weight:bold;">FIRMA</span> . So wie alle an kapitalistischer Produktion<br /> Beteiligten freie Subjekte (Konkurrenzsubjekte) sind, -<br /> sind auch alle Eigentümer und insoweit qualitativ gleich.<br /> Alle Konkurrenzsubjekte haben die freie, andere Subjekte<br /> ausschließende Verfügung über ihr Privateigentum.<br /><br /><br /> §6 Die qualitative Gleichheit schließt Differenzen ein.<br /> Klassen von Konkurrenzsubjekten mögen in mancher<br /> Hinsicht gleich, in anderer ungleich sein. Qualitative<br /> Gleichheit mag gerade auch quantitative Ungleichheit<br /> vermitteln.<br /> <br /><br /><br /> <br /> §7 Angewiesenheit der Eigentümer aufeinander<br /><br /> Die aus der Kapitalanalyse entwickelten<br /> „Eigentümer“ schaffen sich ihr Einkommen nicht, indem<br /> sie allein mit ihm umgehen. Sie können ihren Willen nach<br /> Einkommen nur verfolgen, wenn sie das Mittel der Bildung<br /> eines mit anderen Eigentümern übereinstimmenden Willens<br /> anwenden. Der Vertrag ist dieses wechselseitig eingesetzte (gleiche) Mittel zur Erreichung der je eigenen (entgegengesetzten) Ziele. Die Eigen-<br /> tümer verfolgen ihre je eigenen Einkommensziele, aber sie<br /> können sie nur als Mitglieder der kapitalistischen Ge-<br /> sellschaft (vgl. §2) erreichen. Neben Freiheit und (quali-<br /> tative) Gleichheit tritt daher nicht Unabhängigkeit,<br /> sondern der (kapitalistische) Zusammenhang,<br /> die soziale Bestimmtheit des Eigentums.<br /> <br /><br /> §8 faktische und potentielle Gesellschaftsmitglieder<br /><br /> In der Kapitalanalyse wurde die Gesellschaftlichkeit<br /> als das bestimmt, was sich in den ökonomischen Formen,<br /> in der Wertform manifestiert. Gesellschaft gibt es für<br /> die Kapitalanalyse somit immer nur als Resultat.<br /> <br /> Die Konkurrenzanalyse aber betrachtet den Prozess, der<br /> teils dies Resultat hat, teils keine gesellschaftliche<br /> Anerkennung in der Wertform findet. Zugespitzt formuliert:<br /> <br /> es gibt Mitglieder der Konkurrenz (also Eigentümer), die<br /> nicht Mitglieder der kapitalistischen Gesellschaft (also<br /> Einkommensbezieher) sind. Die kapitalistische Gesellschaft<br /> umfasst nur die erfolgreich Konkurrierenden.<br /> <br /> Die Mitglieder der kapitalistischen Gesellschaft personi-<br /> fizieren somit Werte, Teile der abstrakt gesellschaft-<br /> lichen Arbeit. Diesen faktischen Mitgliedern der kapi—<br /> talistischen Gesellschaft können die nicht—erfolgreich<br /> Konkurrierenden als bloß „potentielle Mitglieder“ gegenübergestellt werden.<br /> Ihr Eigentum hat keine Früchte getragen <br /> <br /> Ein Volk aber hat auch Mitglieder, die nicht, nicht mehr <br /> oder noch nicht an der Konkurrenz teilnehmen. Diese Mit— <br /> glieder des Volkes sind Nicht—Eigentümer. Kapitalistische<br /> Gesellschaft, Gesellschaft der konkurrierenden bürgerlichen <br /> Eigentümer und Gesellschaft im Sinne von Bevölkerung sind<br /> - ihren Umfang nach wie drei konzentrische Kreise: <br /> Die kapitalistische Gesellschaft ist die Grundlage der<br /> Gesellschaft im weiteren Sinne. Die Mitglieder der kapitalistischen Gesellschaft haben einen direkten Bezug auf die gesellschaftliche Arbeit. Die restlichen Gesellschaftsmitglieder müssen vermittelt über sie (vgl. VIII<br /> und IX) auf die gesellschaftliche Arbeit bezugnehmen.<br /><br /> § 9 Umgang von Gleichen miteinander: Vertrag<br /><br /> Mit Bezug auf den Willen nach Einkommen sind Verleih—<br /> verträge und Verkaufsverträge zu betrachten. Die Verleihver—<br /> träge machen den Verleihenden zum “bloßen Eigentümer“, den<br /> Leihenden zum Besitzer. Bei Verkaufsverträgen wechselt das<br /> Eigentum selbst die Hände. Der Leihpreis wie der Verkaufs-<br /> preis soll vertragsgemäß den Eigentümern zufallen.<br /> <br /> Es entsteht so ein Geflecht von Ansprüchen der Eigentümer<br /> aneinander. Zugleich ist deutlich, dass die Fähigkeit der<br /> Unternehmer, die in den Leihverträgen gegenüber den Re—<br /> venuequelleneigentümern eingegangenen Zahlungsverpflich-<br /> tungen zu erfüllen, abhängig davon ist, dass die Unternehmer<br /> ihrerseits in der Lage sind, zu hinreichenden Preisen zu ver—<br /> kaufen. Können sie es nicht, tritt der Widerspruch des<br /> Privateigentums, das nur im gesellschaftlichen Zusammenhang<br /> Früchte trägt, ans Licht. <br /> <br /> <br /> <br /> <br /> § 10 Unterschied zwischen den Eigentümern <br /> <br /> Ein auffälliger Unterschied zwischen den Eigentümern<br /> von Revenuequellen und den Eigentümern von Firmen besteht<br /> sicher darin, dass die Freiheit der Revenuequelleneigner<br /> auf die Zirkulationssphäre beschränkt ist (Aushandeln<br /> der Verleihbedingumgen). Die Firmeneigner treten in<br /> der Zirkulationssphäre in gleicher Weise als frei Kon—<br /> kurrierende auf. In der eigentlichen Funktionssphäre<br /> (bei industriellen Kapitalen: die Produktionssphäre)<br /> besteht jedoch nicht Gleichheit, sondern da es sich hier<br /> um das Privateigentum des Firmeneigners handelt, gilt<br /> der Wille des fungierenden Kapitalisten. Er betätigt ja<br /> seinen freien Unternehmerwillen gerade dadurch, dass er<br /> (im Rahmen der Verleihbedingungen) frei mit fremden Eige-<br /> tum umgeht.<br /><br /> <span style="font-weight:bold;"> VII b Konkurrenz der fungierenden Kapitalisten untereinander (§§ 11-17)</span><br /> <br /> <br /> §11 Es wird in diesem zweiten Unterabschnitt der Konkurrenz—<br /> analyse das Verhältnis der fungierenden Kapitalisten zuein-<br /> ander behandelt. (Dabei gelten Kommerzielles und Bankkapi—<br /> tal, siehe VI §§ 8—1O, nur als besondere Anlagesphären von<br /> Kapital, neben den verschiedenen Sektoren des industriellen<br /> Kapitals.)<br /> <br /> <br /> Das im Konkurrenzkampf verfolgte Ziel der fungierenden Ka-<br /> pitalisten ist, Unternehmergewinn zu machen. Das Erreichen<br /> dieses Ziels hängt ab vom Kostenanteil im Verkaufspreis und -<br /> dem Marktanteil des Kapitals in der Sphäre sowie vom Anteil<br /> dieser Sphäre am gesellschaftlichen Gesamtkapital.<br /> <br /> <br /> Betrachten wir die Kosten näher, so enthalten sie Posten,<br /> die auf die Konkurrenz mit anderen Kapitalen verweisen,<br /> und Posten, die auf die Konkurrenz mit den Revenuequelleneigentumern<br /> hinweisen. Kapitale können gegeneinander konkurrieren, selbst wenn hinsichtlich ihrer<br /> Abschlüsse mit Revenuequelleneigentümern keine Unterschie-<br /> de bestehen. Die Konkurrenz der Kapitale in diesem engeren<br /> Sinne soll vorab in VIIb dargestellt werden, bevor dann in<br /> c,d und e die Erweiterung um die Konkurrenz der Kapitalisten<br /> mit den Revenuequelleneigentümern und die Konkurrenz der<br /> Revenuequelleneigentümer untereinander, welche notwendig<br /> durch Konkurrenz mit Kapitalisten vermittelt ist, erfolgt.<br /><br /> §12 Das Kapitalverhältnis ist primär etwas Qualitatives<br /> und hinsichtlich des quantitativen Umfangs gleichgültig<br /> (solange er nur überhaupt gegeben ist). Die “Selbstrei—<br /> nigungskräfte“ des Kapitals bestehen eben darin, Quanti-<br /> tät abzulegen und dadurch das Kapitalverhältnis durch Kri-<br /> sen hindurch, wenn auch auf Kosten einzelner Kapitale, zu<br /> erhalten.<br /> Das Kapitalverhältnis kann freilich nur als Resultat der<br /> interessengeleiteten Handlungen der Konkurrenzsubjekte be—<br /> stehen, zugleich bilden aber die kapitalistischen Verhältnis-<br /> se den gesellschaftlich objektiven Rahmen und die Manifestationsformen für das subjektive Handeln.<br /> <br /> Indem die fungierenden Kapitalisten ihr eigenes Ziel, Un—<br /> ternehmergewinn zu machen, verfolgen, treiben sie die Ver—<br /> wertungsbewegung voran. Für den erfolgreichen Unternehmer<br /> ist sein Gewinn die (residuale) Erscheinungsform der Ka—<br /> pitalverwertung, die Einkommen der beteiligten anderen<br /> Konkurrenzsubjekte fallen ihm hingegen unter die Erscheinungsform von Kosten. Die Kapitalbewegung hat die oberflächliche Form des Überschusses des Erlöses (Verkaufspreis) der Firmenoperationen über ihre Kosten (geliehene “Hauptsumme“, Zinsen, Renten, Löhne). Der Verkaufspreis stellt somit eine “obere Grenze“, die Kosten stellen eine “untere Grenze“ der Verwertung und des Gewinns dar. Preise erhöhen und Kosten senken sind Mittel zur Steigerung des Gewinns (durch Erhöhung der Verwertungsrate).<br /><br /><br /> §13 Die Konkurrenz um Unternehmergewinn (= kapitalistische<br /> Konkurrenz) ist immer zugleich Konkurrenz der (kapitalis-<br /> tischen) Warenproduzenten: alle Anbieter haben das Ziel,<br /> dass ihre Produkte bzw. Leistungen als Waren verkauft wer-<br /> den, auch wenn die Konkurrenz auf unverkauften Produkten/<br /> Leistungen sitzen bleibt.<br /> <br /> <br /> Insofern Waren verschiedener Hersteller als gleichartig<br /> gelten, wird sich von dieser Warenart die Ware mit dem<br /> niedrigsten Preis am leichtesten verkaufen lassen. Es<br /> läuft somit dem Ziel, zu verkaufen, entgegen, wenn das<br /> eigene Produkt teurer als das Produkt der Konkurrenz anneboten wird. Daher gibt es eine Tendenz zum “Aufschließen“, zum einheitlichen Marktpreis für Produkte, die als gleichartig gelten.<br /> <br /> <br /> Andererseits schafft das Senken des Preises eines Produkts<br /> unter den Preis der anderen Produkte dieser Warenart den<br /> schon erwähnten Verkaufsvorteil. Jedes erreichte Niveau<br /> eines einheitlichen Narktpreises wird darum wiederum zum<br /> Ausgangspunkt neuer Abweichung.<br /> <br /> “Der Kapitalist, der die verbesserte Produktionsweise<br /> anwendet, eignet sich ... einen größern Teil des Ar—<br /> beitstags für die Mehrarbeit an als die übrigen Kapi—<br /> talisten in demselben Geschäft. Er tut im einzelnen,<br /> was das Kapital bei Produktion des relativen Mehrwerts<br /> im großen und ganzen tut. Andrerseits aber verschwin-<br /> det jener Extramehrwert, sobald die neue Produktions—<br /> weise sich verallgemeinert und damit die Differenz<br /> zwischen dem individuellen Wert“ — im Sinne von Ar-<br /> beitsaufwand —“der wohlfeiler produzierten Waren und<br /> ihrem gesellschaftlichen Wert verschwindet.“ Und nun<br /> folgt eine betont arbeitswerttheoretische Formulierung,<br /> die sich jedoch übertragen lässt: “Dasselbe Gesetz der<br /> Wertbestimmung durch die Arbeitszeit, das dem Kapita-<br /> listen mit der neuen Methode in der Form fühlbar wird,<br /> dass er seine Ware unter ihrem gesellschaftlichen Wert<br /> verkaufen muss“ - “Unter sonst gleichbleibenden Um—<br /> ständen erobern seine Waren nur größern Markt-<br /> raum durch Kontraktion ihrer Preise“,heißt es<br /> eine Seite vorher —“treibt seine Mitbewerber als<br /> Zwangsgesetz der Konkurrenz zur Einführung der<br /> neuen Produktionsweise.“ MEW 23/337, vgl. auch<br /> MEW 25/l90 ff!<br /><br /> <br /><br /><br /><br /><br /><br /> §14 Der Unternehmergewinn erhöht sich, wenn bei sonst<br /> gleichbleibenden Umständen (zusammenfassbar als “konstante<br /> Verwertungsrate“) ein größeres Kapital fungiert. Es werden<br /> dann die Firmenoperationen in größerem Umfang ausgeführt<br /> und mehr Geschäftsabschlüsse (kurz: “Verkäufe“) getätigt,<br /> mehr Gewinn gemacht. -<br /> <br /> Hier handelt es sich am Akkumulation auf gegebenem Funktionsniveau (Akkumulation 1). Schon hier konkurrieren die<br /> Kapitale um Marktanteile. Mehr Unternehmergewinn zu machen,<br /> ist das Motiv dieser Akkumulation. Ein Zwang zur Akkumulation<br /> besteht hier jedoch nicht. (Aber s.u.) -<br /> <br /> Anders, wo Akkumulation mit Senkung der Stückkosten und der<br /> Verkaufspreise verbunden wird (Akkumulation 2). Der Vor—<br /> reiter handelt da interessengeleitet (vgl. §13, Motiv der<br /> Abweichung vom einheitlichen Marktpreis), aber aus freien<br /> Stücken. Doch für die Firmen mit Effektivitätsrückstand<br /> entsteht dadurch ein Zwang der Konkurrenz zum “Aufschließen“.<br /> Ist die kostensparende Funktionsweise an einen gewissen<br /> Umfang des Kapitals gebunden, kann ein kleineres Kapital<br /> nicht konkurrieren. Es muss entweder ebenfalls akkumulieren<br /> (“Konzentration“ MEW23/654) oder es wird verdrängt. Eine Form<br /> der Verdrängung ist die “Zentralisation“: “Das Kapital<br /> schwillt hier in einer Hand zu großen Massen, weil es dort<br /> in vielen Händen verloren geht.“ (MEW 23/654)<br /> <br /> Auch wenn durch Akkumulation auf gegebenem technisch—or-<br /> ganisatorischem Niveau das Angebot steigt, ohne dass sich<br /> die zahlungsfähige Nachfrage erhöht, kommen die einzelnen<br /> Kapitale der Branche unter Konkurrenzdruck. Es geht dann<br /> darum, wer auf seinem Produkt sitzen bleibt, da der Markt<br /> das gestiegene Angebot nicht ganz abnimmt. Hier haben die<br /> Kapitale mit Effektivitätsvorsprung die beste Chance, sich<br /> in der Konkurrenz durchzusetzen. Akkumulation 1 geht somit<br /> leicht in Akkumulation 2 über. Die Effektivitätssteigerung<br /> wird dann verallgemeinert und, wenn die produktivere Funk-<br /> tionsweise nur von einem gewachsenen Kapital durchgeführt<br /> werden kann, bedeutet das einen Zwang der Konkurrenz zur<br /> Akkumulation. Vgl. MEW 23/618:“die Konkurrenz herrscht je-<br /> dem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der<br /> kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze<br /> auf.“<br /><br /><br /> §15 Die Konkurrenz um Unternehmergewinn führt zu Zustrom<br /> von Kapital in Anlagesphären, worin hohe Verwertungsraten<br /> bestehn. In dieser Bewegung konkurrieren die Kapitale als<br /> Kapitale. Zugleich wirkt sich das aus auf die Konkurrenz<br /> der Kapitale als Warenproduzenten (i.w.S., also unter Ein-<br /> schluß der kommerziellen und der Bankkapitale): gestiege-<br /> nes Angebot drückt die Verkaufspreise (vgl. §14), wenn<br /> nicht im selben Maß die zahlungsfähige Nachfrage gestiegen<br /> ist. Umgekehrt kann Abfluss von Kapital aus einer Sphäre<br /> niedriger Verwertung zum Nachlassen des Drucks auf die<br /> Preise und zur Möglichkeit von Preissteigerung führen. Die<br /> Bewegung des gesellschaftlichen Kapitals tendiert so in<br /> ihrem Resultat zu einer Ausgleichung der verschiedenen Ver—<br /> wertungsraten der Anlagesphären. Freilich ist diese Bewegung<br /> selbst Reaktion auf immer wieder entstehende Unterschiede.<br /> der Kapitalverwertung in den diversen Branchen.<br /> <br /> Kapitale, die gleiche oder füreinander substituierbare-<br /> Firmenoperationen ausführen, bilden eine Branche oder<br /> “Anlagesphäre von Kapital“. In jeder Branche gibt es<br /> Kapitale, die (gewichtet mit ihrer Größe) durchschnitt-<br /> lich viel, überdurchschnittlich viel oder unterdurch—<br /> schnittlich viel Profit machen. Von der branchendurch—<br /> schnittlichen Verwertung der Einzelkapitale ist die ge—<br /> sellschaftsdurchschnittliche Verwertung der Branchen—<br /> Kapitale zu unterscheiden.<br /> Ausgehend davon, dass sich der Wille des Konkurrenzsub—<br /> jekts Unternehmer auf möglichst hohes Einkommen richtet,<br /> wird bei Neuanlagen von Kapital nicht eine Sphäre unter-<br /> durchschnittlicher Verwertung attraktiv sein, sondern ei-<br /> ne Sphäre überdurchschnittlicher Verwertung.<br /> Umgekehrt sind Kapitale, die aus einer Sphäre unterdurch-<br /> schnittlicher Profitrate nicht abfließen, der Gefahr aus-<br /> gesetzt, dass sie den Ansprüchen der Revenuequelleneigen-<br /> tümer, soweit diesen in der Konkurrenz gesellschaftlich<br /> durchschnittliche Angebote gemacht werden, nicht genügen<br /> und in diesem Zangengriff der allgemeinen Konkurrenz ihrer<br /> Produktionselemente nicht mehr habhaft werden können.<br /> Vgl. auch §17 und §19.<br /><br /><br /><br /> §16 Besteht in einer Sphäre eine höhere als die branchen—<br /> durchschnittliche Kapitalverwertung und gibt es Hinder-<br /> nisse für Zustrom von Kapital, der zu einer Erniedrigung<br /> der Verwertungsrate führen würde, so-hat das Kapital die-<br /> ser Sphäre eine Monopolstellung inne, das Produkt der<br /> Sphäre wird zu einem “Monopolpreis“ verkauft. Ob sich dies<br /> in “Monopolgewinn“ für die Unternehmer niederschlägt,<br /> hängt insbesondere davon ab, ob jene Hindernisse für den<br /> Zustrom von Konkurrenzkapital in der Verfügung über be-<br /> stimmte natürliche Produktionsbedingungen, die Grundeigen—<br /> tümern gehören, liegen. (Zur “Monopolrente“ vgl. VII d,<br /> §28).<br /> <br /> Marx erwähnt die Monopole MEW 25/206 und 209<br /> und verweist die Behandlung “in die Spezialunter—<br /> suchung der Konkurrenz“ (p.2O7).<br /><br /> §17 Die Konkurrenz der Kapitale führt immer wieder<br /> zum Bankrott einzelner Kapitalisten. Wie schon (in <br /> §12) erwähnt, liegen im “Abspecken“ -ja die Selbst—<br /> reinigungskräfte des Kapitalverhältnisses.<br /> <br /> <br /> Der Zwang, zum Marktpreis verkaufen zu müssen, oder<br /> gar nicht verkaufen zu können, kann Kapitale mit<br /> Effektivitätsrückstand in eine Situation bringen,<br /> wo der Verkaufspreis nicht einmal die Kosten deckt.<br /> <br /> <br /> Hält dies über eine gewisse Zeitspanne an, wird das<br /> betreffende Einzelkapital unfähig, die vertraglichen<br /> Verpflichtungen gegenüber Zulieferern (Kaufverträge)<br /> und Eignern von dem fungierenden Kapitalisten über-<br /> lassenen Produktionsbedingungen (Leihverträge) zu<br /> erfüllen. Durch Bankrotte wird jedoch auch der “Klassen—<br /> kampf“ der Kapitalistenklasse mit den anderen Klassen<br /> geführt, wenn nämlich eine bankrotte Firma von einem<br /> anderen Kapital “günstig“ übernommen werden kann, so<br /> hat das oft überdies die Folge, dass die Revenuequellen—<br /> eigentümer sich mit niedrigeren Revenueforderungen zu-<br /> frieden geben, um überhaupt noch Revenue zu bekommen.<br /><br /><br /> <span style="font-weight:bold;"> VIIc Konkurrenz der fungierenden Kapitalisten mit den<br /> Geldeigentümern (§§ 18-23)</span><br /> <br /> §18 Im Abschnitt IV wurde die Darstellungsvoraussetzung<br /> eingeführt, dass der KapitalVorschuss aus geliehenem Geld,<br /> für das Zins zu zahlen ist, besteht. Mit den Geldverleihern<br /> wird in diesem Unterabschnitt die erste Gruppe der Revenue—<br /> bezieher in ihrem Konkurrenzverhältnis zu den fungierenden<br /> Kapitalisten thematisiert. Dabei ist jedoch die weitere<br /> Entwicklung (Abschnitt VI) zu beachten. Dies betrifft das<br /> Geldhandlungskapital und die Verschmelzung von Geldhand-<br /> lungskapital und zinstragendem Kapital im Bankkapital.<br /> Das Bankkapital ist nun einerseits Revenuebezieher und<br /> andererseits fungierendes Kapital. Das Beziehen von Zins<br /> auf verliehenes Geld (bei Zahlung von niedrigerem Zins auf<br /> bei der Bank eingezahltes Geld) ist die besondere Ge—<br /> schäftssphäre, in der das Bankkapital fungiert und sein<br /> “Stammkapital“ verwertet (cf VI §10). Wie nun das Bank-<br /> kapital stets vor der Entscheidung steht, ob es sich auf<br /> den Geldverleih beschränken soll, oder ob es selbst als<br /> kommerzielles oder industrielles Kapital fungieren soll<br /> — so steht umgekehrt für jedes fungierende Kapital die Ent-<br /> scheidung an, in welchem Umfang es mit “Eigenkapital“ und<br /> bis zu welchem Anteil es mit “Fremdkapital“ wirtschaftet.<br /> Durch diese Entwicklung wird die anfangs zitierte Darstel—<br /> lungsvoraussetzung modifiziert.<br /><br /><br />§19 Die Voraussetzung der Eigenfinanzierung ist die<br /> Akkumulation. In der bisherigen Darstellung war nur von<br /> der Aufteilung des Nehrwerts (bzw. Frofits) in verschie-<br /> denen Formen (nämlich: Rente, Zins, Unternehmergewinn)<br /> die Rede. Hinzu kommt das Akkumulieren von Mehrwert<br /> (bzw. Unternehmergewinn) in der Firma. Dies ist die<br /> Eigenkapitalbildung.<br /> <br /> Da die Banken ja als eine besondere Art von fungieren—<br /> dem Kapital entwickelt wurden, lässt sich nun das Stamm-<br /> kapital einer Bank ebenfalls als Eigenkapital fassen.<br /> <br /> Die Eigenkapitalbildung ist also eine Konkretions—<br /> form der schon im ersten Band KAPITAL angesprochenen<br /> Produktion von Kapital, vgl. etwa MEW 23/608, durch<br /> Kapital. “Die erste Bedingung der Akkumulation ist,<br /> dass der Kapitalist es fertiggebracht hat, seine Wa-<br /> ren zu verkaufen und den größten Teil des so erhalte-<br /> nen Geldes in Kapital rückzuverwandeln. Im folgenden<br /> wird vorausgesetzt, dass das Kapital seinen Zirkulations—<br /> Prozess in normaler Weise durchläuft“ heißt es im<br /> Vorspann zum Schlussabschnitt: “Der AkkumulationsProzess<br /> des Kapitals“. Darum stellt sich in diesem systematischen<br /> Zusammenhang gleich die Frage nach den stofflichen Voraus-<br /> setzungen der Akkumulation: “der Mehrwert ist nur deshalb<br /> in Kapital verwandelbar, weil das Mehrprodukt ... bereits<br /> die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals ent-<br /> hält“ (p.607).<br /> <br /> Eigenkapital ist dagegen nicht etwa Kapital in Geldform,<br /> was nach der in VI skizzierten Analyse der Kapitalzir—<br /> kulation als “Brache des Geldkapitals“ (vgl. VI §3)<br /> beschrieben werden müsste. Wir könnten rückblickend eher<br /> umgekehrt formulieren, dass vor Entwicklung der Zinsform<br /> die Marxsche Analyse die Kapitale so darstellt, “als ob“<br /> sie (ausschließlich) mit Eigenkapital umgingen.<br /><br /> §20 In der Konkurrenz der fungierenden Kapitalisten mit den<br /> Geldverleihern geht es darum, welchen Anteil der Zins am<br /> Bruttoprofit erreicht und welcher Anteil als Unternehmer—<br /> gewinn übrig bleibt.<br /> <br /> Da eine Möglichkeit der Erhöhung des Gewinns aber in der<br /> Vergrößerung des Kapitals liegt, gibt- es für die fungie-<br /> renden Kapitalisten schon darum Veranlassung zur Aufnahme<br /> von Leihkapital.<br /><br /> §21 Verfügt eine Firma über Eigenkapital, dann ist sie<br /> im gewissen Umfang unabhängig davon, ob sie zu günstigen<br /> Bedingungen Kapital leihen kann. Die Bildung von Eigen-<br /> kapital lässt sich nun geradezu als eine Maßnahme des<br /> Konkurrenzkampfs verstehen. Eine Firma, die über mehr<br /> Eigenkapital verfügt als andere Firmen, wird von Zeiten<br /> “knappen Geldes“ (und hoher Zinsen) nicht so stark be-<br /> troffen. Während umgekehrt in Zeiten “reichlichen Geldes“<br /> (und niedriger Zinsen) die Bedeutung des Eigenkapitals<br /> zurücktritt.<br /> <br /> “Wir haben bereits gesehn, dass eine Anhäufung,<br /> eine Überreichlichkeit von Leihkapital stattfin-<br /> den kann, die nur insofern mit der produktiven Akku-<br /> mulation zusammenhängt, als sie im umgekehrten Ver-<br /> hältnis dazu steht. Dies ist in zwei Phasen des<br /> industriellen Zyklus der Fall, nämlich erstens zu<br /> der Zeit, wo das industrielle Kapital, in den bei-<br /> den Formen des produktiven und des Warenkapitals,<br /> kontrahiert ist, also am Beginn des Zyklus nach der<br /> Krise; und zweitens zur Zeit, wo die Besserung be-<br /> ginnt, aber der kommerzielle Kredit den Bankkredit<br /> noch wenig in Anspruch nimmt. Im ersten Fall erscheint<br /> das Geldkapital, das früher in Produktion und Handel<br /> angewandt war, als unbeschäftigtes Leihkapital; im<br /> zweiten Fall erscheint es in steigendem Maß angewandt,<br /> aber zu sehr niedrigem Zinsfuß, weil jetzt der in-<br /> dustrielle und kommerzielle Kapitalist dem Geldkapita—<br /> listen die Bedingungen vorschreibt.“ (MEW 25/512)<br /><br /> §22 Eine dritte Form der Finanzierung einer Firma (neben<br /> dem Leihen von Fremdkapital und dem Akkumulieren von<br /> Eigenkapital) ist die Ausgabe von Aktien. Der Begriff des<br /> Aktienkapitals ist aber zugleich eine Verbindung von Be-<br /> stimmungen der zunächst entgegengesetzten Begriffe Fremd-<br /> kapital und Eigenkapital. Durch Aktienausgabe wird Fremd-<br /> kapital für die Firma zu Eigenkapital. Die Aufnahme von<br /> Fremdkapital oder die Ausgabe von Aktien sind für die<br /> Aktiengesellschaft zu Alternativen der Kapitalbeschaffung<br /> geworden. In der Form der “freien Rücklage“ kann neben dem<br /> Aktienkapital zusätzliches Eigenkapital gebildet werden.<br /> Für die Formanalyse der Konkurrenz ist wichtig, dass mit<br /> der Aktienform des Kapitals zum einen eine Verschmelzungs—<br /> form von Geldkapital und fungierenden Kapital vorliegt,<br /> zum anderen die Aktie und die Aktiengesellschaft die erste<br /> bürgerliche Form gemeinsamen Eigentums von Privateigen—<br /> tümern darstellt.<br /> <br /> “Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher<br /> Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche<br /> Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeits-<br /> kräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form<br /> von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziier—<br /> ter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und<br /> seine Unternehmungen treten auf als Gesellschafts—<br /> unternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen.<br /> Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigen—<br /> tum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Pro—<br /> duktionsweise selbst“.(MEW 25/452) Dem letzteren kann<br /> mensch nicht ernsthaft folgen. Auch das Kapital einer<br /> AG ist Privateigentum.<br /><br /> §23 Das Aktienkapital repräsentiert das Eigentum an der<br /> betreffenden Firma, die Aktiengesellschaft ist. Dem ent-<br /> sprechend verteilt sich der als “Dividende“ ausgeschütte-<br /> te Reingewinn der Aktiengesellschaft auf die Aktionäre ge-<br /> mäß dem jeweiligen Anteil am Aktienkapital. Genauso hat,<br /> wer Eigentümer einer Aktie ist, eine Stimme, wer Eigentümer<br /> vieler Aktien ist, viele Stimmen in der Versammlung der<br /> Aktionäre, die den Eigentümerwillen (in großen Zügen)<br /> formuliert. Hierzu gehört die Bestellung, bzw. Entlastung<br /> und Bestätigung eines Vorstands und eines Aufsichtsrats<br /> der Aktiengesellschaft. Der Vorstand (und in seinem Auf-<br /> trag meist der Vorstandsvorsitzende , seine Leut) entwerfen eine Ge-<br /> schäftspolitik, für die die Zustimmung der Aktienmehr-<br /> heit einholt wird. Auf diese Weise sind hier die Geldgeber als „share holder“<br /> — im Unterschied zur bisherigen Behandlung des Fremdkapitals, auf das nur<br /> Zins gezahlt wird — an der Willensbildung innerhalb der<br /> Firma, an der Leitung der Firmenaktivitäten beteiligt.<br /> ( 1 share 1 vote)<br /> Und dies betrifft eben auch die Entscheidung, zu welchem Teil<br /> der Gewinn in der Firma angelegt und zu welchem Teil er aus-<br /> geschüttet wird.<br /> <br /> Die Aktiengesellschaft ist eine Form der Firma,<br /> die eine Verzahnung des industriellen oder kommer-<br /> ziellen Kapitals mit dem Bankkapital erlaubt. Ne-<br /> ben Erwerb von Aktien dient dazu das gegenseitige<br /> Besetzen von Aufsichtsräten. In der Aktiengesell-<br /> schaft ist die Charaktermaske des fungierenden Ka-<br /> pitalisten gleichsam vervielfältigt und aufgeteilt<br /> zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionären<br /> (wobei hier eine Vermischung mit Zügen der Charaktermaske<br /> des Geldkapitalisten vorliegt).<br /> Die Verzahnung “gewöhnlicher“ Kapitale mit Bankkapitalen kann dazu führen, dass diesen Kapitalen Vorzugsbedingungen bei der Vergabe von<br /> Leihkapital eingeräumt werden. Dies gilt insbesondere<br /> dann, wenn Banken erhebliche Anteile am Aktienkapital<br /> der Firmen erhalten, an die sie darüber hinaus (als Fremd-<br /> kapital) Geld gegen Zins verleihen.<br /><br /> <span style="font-weight:bold;">VIId Konkurrenz der fungierenden Kapitalisten mit<br /> den Grundeigentümern (§§ 24 – 32)<br /> </span><br /> <br /> §24 Schon im Abschnitt III (§§ 5und 7) ist vom Boden als<br /> Produktionselement und als Grund für unterschiedliche<br /> Arbeitsproduktivität und damit Profitdifferenzen die Rede<br /> gewesen. Dabei wurde sogleich der Unterschied zwischen je-<br /> weils schon vorhandenen Vorzügen des Bodens (§5) und<br /> produzierten Meliorationen des Bodens (§7) gemacht. Die<br /> Bodenrente tritt neben dem Arbeitslohn für das Kapital<br /> als Kosten eines Produktionselements auf. Die besonderen<br /> Formen der Grundrente wurden aber ebenso wenig wie die be-<br /> sonderen Arten des Lohns in der Analyse des Kapitals im Allgemeinen behandelt. Ebenso blieben Unterschiede in der Höhe der Renten (wie der Löhne) noch unthematisiert.<br /> <br /> <br /> Die implizite Darstellungsvoraussetzung, dass die GrundRente<br /> im Bodenhalter eine Personifikation hat, die dem kapita-<br /> listischen Produzenten selbständig gegenübertritt, wird<br /> im Abschnitt V dann zur expliziten Voraussetzung für die<br /> Revenueformanalyse. Die GrundRentenformanalyse, die hier im<br /> Rahmen der Konkurrenzformanalyse erfolgt, beginnt mit<br /> dieser Darstellungsvoraussetzung. Sie endet damit, dass<br /> der Erwerb des Bodens durch die Firma als ein Zug in der<br /> Konkurrenz zwischen fungierenden Kapitalisten und Grund-<br /> eigentümern, die im Bodenpreis ihre Rente “kapitalisieren“<br /> (vgl. IV §6), verstehbar wird.<br /> <br /> <br /> <br /> <br /> §25 absolute Grundrente<br /><br /> Gehen wir von der Darstellungsvoraussetzung aus, dass<br /> in der allgemeinen Konkurrenz um Einkommen den fungieren-<br /> den Kapitalisten die Grundeigentümer gegenüberstehen, so<br /> ergibt sich, dass die Nutzung von Stücken der Erdoberfläche<br /> zu kapitalistischer Produktion (Handel— und Bankgeschäften)<br /> stets an die Zahlung einer Rente gebunden ist. Alle fungierenden Kapitale zahlen also GrundRente.<br /> <br /> Im folgenden sollen die verschiedenen Fälle höherer Renten-<br /> zahlung der Reihe nach behandelt werden. Zu jeder Zeit aber<br /> gibt es eine minimale Rente pro Flächeneinheit benutzten<br /> (gemieteten) Bodens. Diese Rente zahlen alle Kapitale<br /> gleichermaßen. Diese Art der Rente heiße: “absolute Grund-<br /> rente.“ Die Höhe der absoluten Grundrente wird durch den<br /> Stand der Konkurrenz bestimmt.<br /> <br /> <br /> Hinweis: Diese Bestimmung ist von Michael Eldred in<br /> “Critique o.f Competitive Freedom“ (MS 1981, §50) so zum<br /> ersten Mal entwickelt worden. Sie weicht von der Marxschen<br /> Bestimmung, vgl. auch Zur Wertformanalyse (1974) S.l24ff, ab.<br /> Denn die Marxsche Analyse der Grundrente als verwandeltem<br /> Surplusprofit (so schon die Überschrift des Rentenab—<br /> schnitts in KAPITAL, Bd.III) macht von einer wertformun—<br /> abhängigen Bestimmung der Wertgröße Gebrauch. Für Marx<br /> ist seine “absolute Grundrente“ nur möglich in Sphären,<br /> die dank unterdurchschnittlicher organischer Zusammen—<br /> setzung (und bestimmtem Stand der Nachfrage) ihr Produkt<br /> “über dem Produktionspreis, aber unter ihrem Wert“ ver-<br /> kaufen.<br /><br /><br /> §26 Es sind zwei Arten der über die Minimalrente (§25)<br /> hinausgehenden Rente zu unterscheiden:<br /> <br /> a) die ganze Sphäre zahlt eine höhere Rente. Mit<br /> anderen Worten: die niedrigste Rente per Flächen-<br /> einheit liegt in dieser Sphäre über der absoluten<br /> Grundrente. Der Mehrbetrag heiße Monopolrente.<br /> <br /> b) Es gibt Unterschiede der Renten per Flächeneinheit,<br /> die verschiedene Kapitale in derselben Anlagesphäre<br /> zahlen. Fasst man die absolute Grundrente und die<br /> Monopolrente (dort, wo sie gegeben ist) als Basis—<br /> rente der jeweiligen Sphäre zusammen, dann heißen<br /> die über die Basisrente hinausgehenden Renten (per<br /> Flächeneinheit) einzelner Kapitale dieser Sphäre<br /> Differentialrente.<br /> <br /> <br /> Da Kapitale sich stets in der Doppelkonkurrenz mit den<br /> Grundeigentümern (über die Höhe der Rente) und den kon-<br /> kurrierenden Kapitalen (über die Höhe der Preise) befinden,<br /> haben die höhere Renten zahlenden Kapitale nur dann keinen<br /> Nachteil, wenn Besonderheiten des “teureren“ Bodens die<br /> Stückkosten senken. Alle Rente ist Abzug vom Kapitalan-<br /> teil (III § 5 ). Vergrößert sich der Kapitalanteil dank<br /> Verwendung besseren Bodens, dann kann eine Verwandlung<br /> von “Extraprofit“ in Rente vor sich gehen.<br /><br /><br /> §27 Darstellungsvoraussetzung für Differentialrente 1:<br /> <br /> Betrachten wir gleichgroße Kapitale, die auf ungleich gutem<br /> (Fruchtbarkeit, Lage, etc.) Boden gleicher Größe wirtschaften. Vorausgesetzt ist ein einheitlicher Marktpreis des Produkts (i.w.S.). Der unterschiedlich gute Boden wirkt sich in unterschiedlichen Stückkosten aus. Auf besserem<br /> Boden fungierende Kapitale haben niedrigere Stückkosten.<br /> <br /> <br /> Während die den Boden, der keine Vorzüge hat, benutzenden<br /> Kapitale nur Basisrente (§26) zahlen, können die auf besse—<br /> rem Boden kostengünstiger produzierenden Kapitale eine<br /> gestaffelte Differentialrente zahlen, ohne gegenüber den<br /> anderen Branchenkapitalen ins Hintertreffen zu geraten,<br /> solange dieser Rentenaufschlag sich im Rahmen der Senkung<br /> der Produktionskosten (einschließlich Basisrente) hält.<br /> Ob die Differentialrente I den ganzen Surplusprofit, oder<br /> nur einen Teil davon oder auch mehr als den Surplusprofit<br /> in Rente verwandelt, ist erst im Nachhinein feststellbar<br /> und abhängig von der Konjunkturentwicklung. Je nachdem<br /> entstehen Vorteile oder Nachteile für das betreffende Ka-<br /> pital. Im Unterschied zur absoluten Grundrente hat somit<br /> die Differentialrente ein “inneres Maß“ — eben in den<br /> Effektivitätsdifferenzen der auf Boden verschiedener Art<br /> fungierenden Kapitale.<br /><br /><br /><br /> §28 Darstellungsvoraussetzung für die Differentialrente II:<br /> <br /> Unterschiedlich viel Kapital wird eingesetzt auf gleich—<br /> großen Flächen von Boden<br /> <br /> a) gleicher Güte<br /> b) unterschiedlicher Güte<br /> <br /> Gelingt es einem Kapital, (durch erhöhten Kapitaleinsatz)<br /> auf derselben Fläche eine größere Stückzahl Produkt (i.w.S.)<br /> pro Pachtzeit fertig zu stellen, dann sinkt der Rentenanteil<br /> pro Stück. Das gestiegene Kapital würde bei gleichhoher<br /> Rente eine gesunkene Rentrate haben. Fordert der Grund-<br /> eigentümer eine höhere Rente (pro Flächeneinheit), so kann<br /> diese als Differentialrente II aufgefasst werden. Im Fall a)<br /> ist im Unterschied zur Differentialrente I keine Besonder-<br /> heit des Bodens, sondern eine Besonderheit der Nutzung die<br /> Grundlage. (Diese Besonderheit der Nutzung ist daher durch<br /> “Nachziehen“ der konkurrierenden Kapitale beseitigt.)<br /> <br /> <br /> Dem “Nachziehen“ der konkurrierenden Kapitale derselben<br /> Sphäre hinsichtlich Kapitaleinsatz pro Flächeneinheit ist<br /> dann eine Grenze gesetzt, wenn die intensivere Benutzung<br /> des Bodens an eine besondere, nur begrenzt vorhandene Bo—<br /> denart gebunden ist. In diesen Fällen verbinden sich Diffe—<br /> rentialrente I und II. Auf einer gleichgroßen Fläche besseren<br /> Bodens wird dann auch überdurchschnittlich viel Kapital ein-<br /> gesetzt. (Und “Gleichziehen“ können nur die Kapitale auf<br /> mindestens ebenso gutem Boden.)<br /> <br /> <br /> <br /> §29 In III §7 war schon von Meliorationsinvestionen die<br /> Rede. Dem Boden einverleibtes fixes Kapital (vgl. VI § 3 )<br /> lässt sich bei Ablauf der Pachtzeit nicht vom Pächter mit-<br /> nehmen. Es liegt hier eine besondere Art des “restierenden<br /> fixen Kapitals“ vor. Dies fällt den Grundeigentümern umso<br /> öfter zu, je kürzer die Pachtzeiten.<br /> <br /> <br /> Ist das meiste (nach noch gültiger Darstellungsvoraus—<br /> setzung, hier: alles) Land Pachtland und sind Pachtwechsel<br /> die Regel, dann ergibt sich für die Kalkulation der Kosten<br /> der (landpachtenden) Kapitale: die längste Umschlagszeit<br /> ist durch die Pachtzeit bestimmt. Unabhängig davon, dass<br /> die meliorierten natürlichen Produktionsbedingungen länger—<br /> lebig sind, werden die Meliorationskosten auf das Gesamt—<br /> produkt der Pachtzeit umgeschlagen. Nur wo ein Kapital<br /> von der üblichen Pachtzeit abweichende Pachtzeit hat, muss<br /> es oder kann es anders kalkulieren. In dieser Hinsicht ist<br /> kürzere Pachtzeit ein Konkurrenznachteil, längere Pacht—<br /> zeit ein Konkurrenzvorteil gegenüber den Kapitalen der<br /> gleichen Sphäre.<br /> <br /><br /><br /><br /> §30 Wenn es möglich ist, durch Meliorationsarbeiten<br /> einen Sprung in der Güteklasse des Bodens zu machen,<br /> ergibt sich das Folgende:<br /> <br /> Eine Firma pachtet Boden geringer Güte zu niedriger Rente.<br /> Sie versucht, eine lange Pachtfrist auszuhandeln. Zu Be—<br /> ginn der Pacht erfolgen Meliorationsinvestionen. Die darauf<br /> beruhenden Ertragserhöhungen (bei ausreichender Nachfrage)<br /> werden während der ersten Pacht nicht in Differentialrente<br /> verwandelt, sondern sind Extraprofit, den die Firma als<br /> Rückfluss der Anfangsinvestion behält. Ist die Pachtzeit<br /> lang genug, dann tritt der Fall ein, dass die Meliorations—<br /> investion ganz retourniert ist. Der Extraprofit fließt aber<br /> weiter, ganz so als beruhe er auf einem “natürlichen“ Vor-<br /> zug des Bodens. Nach Ablauf der Pachtfrist wird der Grund-<br /> eigentümer eine dem (produzierten) Vorzug des Bodens ent-<br /> sprechende Differentialrente verlangen. Der erste Pächter<br /> hat die Wahl, den Extraprofit als Rente abzutreten oder<br /> die Pacht an eine konkurrierende Firma zu verlieren.<br /><br /> §31 Die Nutzungsweisen des Bodens (einschließlich der<br /> eingebetteten Gewässer) sind verschieden. Boden, der bei<br /> einer Nutzungsart keine Vorzüge bietet (etwa als Viehweide),<br /> kann hinsichtlich einer neuen Nutzungsart (etwa Bergbau)<br /> zu einer seltenen und knappen Produktionsbedingung avancieren. Wirft er im ersten Fall nur Minimalrente ab, so trägt<br /> er in der neuen Nutzung Monopolrente und vielleicht obendrein<br /> Differentialrente.<br /><br /> §32 Amortisation der dem Boden einverleibten Investion<br /> von Kapital, vollen Nutzen ziehen aus Meliorationsin—<br /> vestionen, die zu Extraprofit führen, sowie Antizipation<br /> von rentierlicherer Art der Nutzung eines Stückes Boden<br /> sind Motive, die eine Firma bewegen, das Stück Land zu<br /> einem Preis, der durch Kapitalisierung der derzeitigen<br /> Rente entsteht, zu kaufen. Nimmt die Firma nämlich Geld<br /> in Höhe des Grundstückpreises auf, so hat sie künftig<br /> nur Zins in Höhe der derzeitigen Rente zu zahlen. Sie ver-<br /> meidet es, dass “restierendes fixes Kapital“ (§29) ihr<br /> verloren geht und sichert sich gegen Erhöhung der Rente<br /> (wegen Änderung der Gütestufe oder Übergang zu exzeptionell<br /> profitlicher Nutzungsart ).<br /> <br /> <br /> Beim Kaufabschluss mit dem Grundeigentümer steht aber auch<br /> die Position der Firma gegenüber konkurrierenden Firmen<br /> auf dem Spiel: ein günstiger Grundstückskauf stabilisiert<br /> oder verbessert die Konkurrenzposition, ein Abschluss zu<br /> einem zu hochgetriebenen Preis belastet die Firma in der<br /> Konkurrenz.<br /><br /> <span style="font-weight:bold;"> VII E KONKURRENZ DER LOHNARBEITER/ INNEN UNTEREINANDER UND MIT DEN FUNGIERENDEN KAPITALISTEN<br />§§ 33-39 </span> <br /> <br /> §33 Die Teilnehmer am Konkurrenzkampf um Einkommen führen diesen stets mit ihresgleichen und zugleich mit komplementären Figuren. - So konkurrieren die fungierenden Kapitalisten gegeneinander und mit den drei Arten der Revenuequelleneigentümer um die Höhe ihres Einkommens. Die Lohnarbeiter/innen konkurrieren dabei, überhaupt einen Arbeitsplatz zu haben, und wenn sie einen haben: um höhere Löhne (und weitere Unterschiede in den "Arbeitsbedingungen", den Arbeitsplätzen). Diese können sie nur von fungierenden Kapitalisten bekommen (zum “Staatasektor“, vgl. VIII §15). Die “Arbeitgeber“ haben<br /> die Initiative. Sie bieten den Arbeiter/inne/n Arbeitsplätze an, die sich nach Arbeitsart, Arbeitsort und Arbeitszeiten unterscheiden können. Dies kann zu unterschiedlichen Lohnhöhen je nach Arbeitsplatz Anlaß geben. Diese<br /> Lohnunterschiede bedürfen jedoch der Bestätigung in der Konkurrenz.<br /> <br /> (a) Die Konkurrenz, in der Lohnunterschiede bestätigt werden oder auch ein zu hoher Lohn/zu viele Lohnarbeitende zu Absatzschwierigkeiten führen<br /> und ein zu niedriger Lohn dazu führt, dass sich keine<br /> geeigneten Arbeitskräfte zu dieser Arbeit bereit finden, ist also Doppelkonkurrenz; denn die Kapitalisten <br /> konkurrieren mit ihren Firmen sowohl als Anbieter von<br /> Produkten / Leistungen als auch als Nachfrager nach Ar-<br /> beitskraft.<br /> <br /> Die Konkurrenz ist jener “gesellschaftliche Prozess<br /> hinter dem Rücken der Produzenten“ von dem Marx schon<br /> unmittelbar im Anschluss an seine Wertbestimmung im<br /> ersten Kapitel, KAPITAL, Bd.I schreibt:“Die einfache<br /> Durchschnittsarbeit selbst wechselt zwar in verschie-<br /> denen Ländern und Kulturepochen ihren Charakter, ist<br /> aber in einer vorhandenen Gesellschaft gegeben. Kompliziertere Arbeit gilt nur als potenzierte oder vielmehr<br /> multiplizierte einfache Arbeit, so dass ein kleineres<br /> Quantum komplizierter Arbeit gleich einem größeren<br /> Quantum einfacher Arbeit. Dass diese Reduktion bestän- <br /> dig vorgeht, zeigt die Erfahrung (MEW 23/59). Auf-<br /> schlussreich ist der Hinweis MEW 23/185, dass die Hö-<br /> he der Entlohnung “selbst ein historisches Produkt<br /> abhängig “größtenteils von der Kulturstufe eines Landes, <br /> unter anderem auch ... davon, unter welchen Bedingungen und daher mit welchen ... Lebensansprüchen<br /> die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat.“<br /> MEW 23/212 heißt es schließlich “Der Unterschied<br /> zwischen höherer und einfacher Arbeit, “skilled“ und<br /> “unskilled labour“, beruht zum Teil auf bloßen Illusio-<br /> nen oder wenigstens Unterschieden die längst aufge~<br /> hört haben, reell zu sein . . . zum Teil auf der hilfloseren Lage <br />gewisser Schichten der Arbeiterklasse, die<br /> ihnen minder als anderen erlaubt, den Wert ihrer Ar-<br /> beitskraft zu ertrotzen.“ Bei Marx wird jedoch viel -<br /> fach die konstitutive Bedeutung der Konkurrenz für die<br /> Bestimmung der Größenverhältnisse überspielt. Hier<br /> nimmt er dann einerseits Bezug auf vergangene histo-<br /> rische Verhältnisse (ohne klar herauszuarbeiten, dass<br /> diese nur fortwirken können, wenn ihre Resultate im<br /> gegenwärtigen Konkurrenzkapf bestehn). Zum andern<br /> aber führt der arbeitswerttheoretische Argumentations<br /> strang und der Versuch, die Arbeitswertheorie auf den “Wert der Ware<br /> Arbeitskraft“ zu beziehen, zu Hilfskonstruktionen wie:<br /> <br /> “Die Arbeit, die als höhere, kompliziertere Arbeit<br /> gegenüber der Durchschnittsarbeit<br /> gilt, ist die Äußerung einer Arbeitskraft, worin höhe-<br /> re Bildungskosten eingehn, deren Produktion mehr Arbeitszeit kostet und die daher einen höheren Wert hat<br /> als die einfache Arbeitskraft, (MEW23/211f, vgl. auch<br /> 185) Dem steht dann das Eingeständnis gegenüber, das<br /> Wir als einen Hinweis auf die Konkurrenz interpretieren:<br />‘zufällige Umstände spielen so große Rolle, dass<br /> dieselben Arbeitsarten den Platz Wechseln (So)... verkehren sich im allgemeinen brutaie Arbeiten die viel<br /> Muskelkraft erfordern, in höhere gegenüber viel feineren Arbeiten, die auf die Stufe einfacher Arbeit<br /> herabsinken, wie z.B. die Arbeit eines bricklayer<br /> (Maurer) in England eine viel höhere Stufe einnimmt<br /> als die eines Damastwirkers. Auf der andren Seite figuriert die Arbeit eines fustian cutter (Baumwollsamtscherer), obgleich sie viel körperliche Anstrengung<br /> kostet und obendrein sehr ungesund ist, als “einfache“<br /> Arbeit“. (MEW 23/212) Die bricklayer werden wohl eine<br /> bessere Stellung im Konkurrenzkampf mit dem Kapital und<br /> eine kampfstärkere “union“ gehabt haben. Zur Bedeutung<br /> der “Arbeiter—Assoziationen“ vgl. §§ 35,36.<br /> <br /> <br /> (b) Die Arbeiterklasse ist“ in einer starken Verhandlungsposition,<br /> wenn die Nachfrage nach Arbeitskraft groß ist. Sie kann<br /> dann die Konkurrenz der Kapitalisten untereinander zu<br /> ihren Gunsten ausnutzen. Arbeiter arbeiten für den Meist-<br /> bietenden (im Rahmen ihrer Möglichkeiten).<br /> <br /> Hält die Nachfrage nach Arbeitern an, kann der Preis der<br /> Arbeit so steigen, dass eine Vergrößerung des Kapitals<br /> keinen Profit (= kein Mehr an Einkommen) und auch kein<br /> Mehr für die ebenfalls erhöhten Revenueansprüche der<br /> Geld— und Bodenbesitzer abwirft. (Vgl. MEW 25/261ff zur<br /> “absoluten Überproduktion von Kapital“).<br /> <br /> Indem es also der Arbeiterklasse gelingt, einen (zu)<br /> großen Anteil an dem gesamtgesellschaftlich zu verteilen—<br /> den Geld an sich zu ziehen, gefährdet sie den gesell-<br /> schaftlichen Zusammenhang. Der auf die Überakkumulation<br /> folgende Zusammenbruch vieler Firmen löst dieses Prob-<br /> lem insofern, als zum einen Kapital, also zahlungsfähige<br /> Nachfrage vernichtet wird, und zum andern eventuell schon<br /> vorhandene Arbeitslosigkeit erhöht und damit die Konkur-<br /> renz der Arbeiter untereinander verschärft wird. Beides,<br /> gesunkene Nachfrage nach und gestiegenes Angebot an Ar—<br /> beitskraft führt zur Senkung der Löhne. Der Schaden ein-<br /> zelner Kapitale (und “ihrer Arbeiter“) wird zum Nutzen<br /> des Gesamtkapitals. Vernichtung von Einzelkapitalen<br /> hält — wenn die Krise überstanden wird — das Kapital—<br /> verhältnis aufrecht (“Gesundschrumpfen der Wirtschaft“).<br /> <br /> Gelingt es aber den Unternehmern, die Arbeits— und Le-<br /> bensbedingungen der Arbeiterklasse so herabzudrücken,<br /> dass die Arbeiterklasse sich nicht im gesellschaftlich<br /> benötigten Umfang reproduzieren kann, droht ein not-<br /> wendiges Produktionselement verloren zu gehen, der ge-<br /> sellschaftliche ReProduktionsprozess (und damit das<br /> Kapitalverhältnis als dessen Form) sind durch das Ka-<br /> pital bedroht.<br /> <br /> <br /> §34 Die Arbeiter/innen werden durch das Kapital, durch Ein—<br /> gehn eines Arbeitsverhältnisses mit demselben Unternehmer<br /> real zusammengeführt und zu Arbeitskollegen. In ihrem Ver-<br /> hältnis zueinander ist ebenfalls Doppelkonkurrenz, gleich-<br /> sam ein vertikaler und ein horizontaler Aspekt der Konkur-<br /> renz wirksam.<br /> <br /> Vertikal geht es um die Auseinandersetzung zwischen “Lohn—<br /> arbeit und Kapital“. Wenn es darum geht, dem Druck des<br /> Unternehmers, für dasselbe Geld mehr zu arbeiten, standzu-<br /> halten, ist die Solidarität und Kollegialität innerhalb der<br /> Arbeitsgruppe eine ihrer wichtigsten Waffen.<br /> Horizontal geht es um die Stellung innerhalb der Arbeits-<br /> gruppe. Auch gleichbezahlte Arbeitsplätze können für die<br /> Arbeitenden günstiger oder weniger günstig sein. Und auch<br /> gleiche Arbeit kann unterschiedlich entlohnt werden. Wenn<br /> unterschiedliche Bezahlungen für verschiedene Arbeits-<br /> plätze da sind, gibt es in der Arbeitsgruppe einen Kon-<br /> kurrenzkampf um den Aufstieg zu den besser bezahlten Ar-<br /> beitsplätzen.<br /> <br /> Der grellste Fall des horizontalen Aspekts der Konkurrenz<br /> der Arbeiter/innen ist die Arbeitslosigkeit, der Verlust<br /> einer Stellung in der Arbeitsgruppe bzw. das Gar—nicht—eintreten—können (Jugendarbeitslosigkeit).<br /> <br /> Selbst auf dieser Analyseebene, die die Oberfläche der<br /> kapitalistischen Gesellschaft erreicht hat, bleiben die<br /> Analysekategorien, indem sie nur auf die Ökonomie bezugneh—<br /> men, noch abstrakt. Im wirklichen Arbeitsleben hat das<br /> Verhältnis zu Arbeitskollegen neben den ökonomischen In-<br /> halten der Solidarität mehr oder minder starke Einfär—<br /> bungen von Freundschaft und Geselligkeit, also private<br /> und außerökonomische Bestimmungen. Diese können freilich<br /> nur innerhalb der Analyse der Privatsphäre zum Thema ge-<br /> macht werden. (Vgl. IX, §9) In die “wirkliche Konkurrenz“<br /> wirken solche Momente privater (in der Regel wird gesagt:<br /> “persönlicher“) Beziehungen mit hinein.<br /> <br /> <br /> §35 In der vertikalen Konkurrenz sind die Lohnarbeiter/innen<br /> oft vor die Entscheidung gestellt, ob sie ihr Interesse an<br /> hohem Einkommen als isolierte Konkurrenzsubjekte oder als<br /> kollektives Konkurrenzsubjekt (also in Koalition mit der<br /> Arbeitsgruppe, den Arbeitskollegen) verfolgen wollen. Die Ent-<br /> scheidung für kollektive Interessenvertretung führt zur Mit-<br /> arbeit in einer Arbeiterassoziation, z.B. einer Ge-<br /> werkschaft.<br /> <br /> Auf welche Weise das Einkommensinteresse am effektivsten ver-<br /> folgt wird, steht nicht von vorneherein und für alle Fälle<br /> fest. Es lässt sich insbesonders auch nicht generell sagen,<br /> dass die Arbeiter zur kollektiven Interessenvertretung nei—<br /> gen oder bei wohlverstandenem Eigeninteresse kommen sollten,<br /> wohingegen die Unternehmer zu isolierten Abschlüssen neigten.<br /> Mit kollektivem Vorgehen können ja ganz unterschiedliche For-<br /> derungen vertreten werden. Es kann zum einen auch bei kollek-<br /> tivem Vorgehn ein niedriger Abschluss für die Arbeiter ins—<br /> gesamt herauskommen. Und dann haben die Unternehmer Interesse<br /> am kollektiven Abschluss. Zum andern kann die kollektiv ver-<br /> tretene Forderung die verschiedenen Untergruppen der Arbei-<br /> terschaft unterschiedlich gut bedenken.<br /> <br /> <br /> §36 In der horizontalen Konkurrenz geht es um die Stellung<br /> innerhalb der nach Lohngruppen in sich differenzierten<br /> Arbeiterschaft.<br /> Lohnarbeiter/innen sind davon bedroht, dass an ihrer Stelle<br /> jemand anders hingestellt wird. Andrerseits gibt es für<br /> manche die Chance des Aufstiegs in besser bezahlte Positionen.<br /> <br /> Die Arbeiterkoalitionen zur Durchsetzung von Klasseninter—<br /> essen gegen die Klasse der Kapitalisten heben die Fraktio—<br /> nierung der Arbeiter/innen nicht per se auf, sondern wer-<br /> den umgekehrt leicht zu mächtigen Vermittlungsinstanzen<br /> der Ausdifferenzierung verschiedener Arten von Arbeitskraft<br /> mit Ansprüchen unterschiedlicher Bezahlung. Dies ist die<br /> andre Bedeutung der Kampfparole:“Gleicher Lohn für gleiche<br /> Arbeit!“<br /> <br /> Marx behandelt in der Analyse der relativen Mehrwertproduktion<br /> “einige allgemeine Rückwirkungen jener Revolution auf den<br /> Arbeiter selbst“ — nämlich Substitution von Männerarbeit durch<br /> “Weiber— und Kinderarbeit“ nach Einführung der Maschinerie:<br /> <br /> “Drei Mädchen im Alter von 13 Jahren mit Löhnen von 6 bis 8 sh<br /> die Woche haben einen Mann reifen Alters mit einem Lohn von<br /> 18 bis 45 sh verdrängt.“ (Quincey, The Logic of Political<br /> Economy, London 1844, p.147 Anm.) Marx macht in diesem Zu-<br /> sammenhang die recht seltsam klingende Bemerkung: “Indem die<br /> Maschinerie alle Glieder der Arbeiterfamilie auf den Ar—<br /> beitsmarkt wirft, verteilt sie den Wert der Arbeitskraft des<br /> Mannes über seine ganze Familie. Sie entwertet daher seine<br /> Arbeitskraft.“ MEW 23/417<br /> <br /> In der Bewegung der relativen Mehrwertproduktion liegt in<br /> den Lohndifferenzen ein Ansatzpunkt für Veränderungen zu<br /> Gunsten des Kapitals, also Steigerung des Kapitalanteils und<br /> Ausspielen der verschiedenen Fraktionen der Arbeiterschaft<br /> gegeneinander. Einmal gehn “Rationalisierungen“ des Pro—<br /> duktionsprozesses mit “Dequalifizierungen“ oft einher<br /> — ausgebildete Arbeitskraft wird beispielsweise durch an—<br /> gelernte Arbeiter/innen, die an den neuen Maschinen be—<br /> schäftigt und nach einer niedrigeren Lohngruppe bezahlt<br /> werden, ersetzt.<br /> <br /> <br /> Zum andern kann die Substitution von Arbeitskraft durch<br /> Maschinerie dadurch kaschiert, schmackhafter gemacht und<br /> leichter durchgesetzt werden, dass der geringeren Zahl der<br /> Arbeiter, die nach der technischen Umstellung beschäftigt<br /> werden sollen, ein höherer Lohn als “technisches Personal“<br /> angeboten wird.<br /> <br /> <br /> §37 Bisher sind die Arbeiter/innen in Parallele zu den<br /> anderen Revenuequellen, der Konkurrenz ihrer Eigner un—<br /> tereinander und mit den fungierenden Kapitalisten darge-<br /> stellt worden.<br /> <br /> Im folgenden ist nun auf die charakteristische Besonder-<br /> heit einzugehn, dass im Falle der Arbeiter Revenuequellen<br /> und Revenuequelleneigentümer zusammenfallen.<br /> <br /> Da hier nicht “äußere Sachen“ (wie Geldsummen, Grundstücke)<br /> jemand anderem gegen Geldzahlung für bestimmte Zeit über-<br /> lassen werden, sondern Arbeiter/innen sich selbst dem Un-<br /> ternehmer zur Eingliederung in den kapitalistischen Arbeits-<br /> Prozess überlassen, schließt das Verhältnis zwischen fun-<br /> gierenden Kapitalisten und Arbeitern die Koexistenz der<br /> konkurrierenden Subjekte im ArbeitsProzess ein.<br /> <br /> In §22 wurde sozusagen eine Koexistenz von Gleichgestellten<br /> thematisiert, nämlich die Koexistenz der Kapitaleigner in<br /> einer Aktiengesellschaft. Dies schließt die Festlegung eines<br /> Entscheidungsverfahrens ein, in dem der Wille, welcher die<br /> Firmenaktivitäten lenkt, sich bildet.<br /> <br /> Die Koexistenz von Kapitalist (sei es nun ein kollektiver<br /> (Aktiengesellschaft) oder ein Privatkapitalist) und Ar—<br /> beiter/mnne/n kann nur als Unterordnungsverhältnis bestehn.<br /> Vgl. §10, in dem es hieß, dass die Firmenaktivität durch<br /> den Willen des fungierenden Kapitalisten festgelegt wird.<br /> Nun, da auch die Arbeiter/innen als Subjekte, die im Ar—<br /> beitsProzess tätig sind, gefasst werden, muss dies so ver—<br /> standen werden, dass der Kapitalistenwille an der Spitze<br /> einer Hierarchie von Willen steht, und die Lohnarbeiter/innen<br /> an einer bestimmten Stelle innerhalb der Hierarchie, al—<br /> so in einem durch den übergeordneten Willen zugeteilten<br /> Arbeitsbereich nun ihrerseits willentlich tätig sind.<br /><br /> Die Fügung ihres Willens unter den im Kapitalverhältnis<br /> übergeordneten Willen verweist zugleich auf die Möglichkeit<br /> der Insubordination, das Zurückhalten von Arbeitskraft und<br /> die Rückverwandlung von (bezahlter!) Arbeitszeit in selbst—<br /> bestimmte Lebenszeit. Freilich in Grenzen.<br /> <br /> <br /> §38 Für die Konkurrenzanalyse sind die Lohnarbeiter/innen<br /> in die Hierarchie der Firma eingefügte Subjekte, die im<br /> Rahmen des Plans des Kapitalisten („Direktionsrecht“) und verbunden durch die in vielen Fällen gegenständlich manifeste Arbeitsorganisation<br /> (unter dem Kommando des Kapitalisten) ihrerseits willent—<br /> lich ihre Arbeitskraft betätigen. Der Preis der (vom Kapi-<br /> talisten gebrauchten) Arbeitskraft nimmt so die verwandel— -<br /> te Form des Preises der (von Arbeiter/inne/n geleisteten)<br /> Arbeit an.<br /> <br /> Unter der Lohnform des Werts verstehen wir nun nicht den als<br /> Preis der Arbeitskraft erscheinenden Wert der (für den Lohn<br /> kaufbaren) Lebensmittelwaren, sondern seine nochmalige Ver-<br /> wandlung in Preis der Arbeit.<br /> <br /> Die Lohnform setzt also die Entwicklung des Konkurrenzsub-<br /> jekts voraus und rückt das subjektive Moment in den Vorder-<br /> grund. Die Lohnform lässt generell die Teilnahme der Arbeiter~<br /> innen am kapitalistischen ArbeitsProzess als “ihre Arbeit“<br /> erscheinen.<br /> <br /> <br /> (a) Die andere systematische Einordnung der Lohnformanalyse<br /> erhellt auch manches, was Marx zur Lohnform (aber im<br /> System zu früh plaziert) gesagt hat, in diesem neuen<br /> Zusammenhang, der durch Subjektivität und willentliches<br /> Handeln ausgezeichnet ist. Hingegen wird durch Wendungen<br /> wie “Umsonstarbeiten des Lohnarbeiters“ und Abhandeln<br /> der Lohnform im Anschluß an die Mehrwertanalyse nicht die<br /> Freiheit, sondern die Gerechtigkeit fokussiert. Ange-<br /> messen aber wäre die Verbindung von Konkurrenzsubjekti—<br /> vität und Ausbeutung: “Man begreift daher die entscheiden—<br /> de Wichtigkeit der Verwandlung von ... Preis der<br /> Arbeitskraft in die Form des Arbeitslohns oder in<br /> Preis der Arbeit selbst. Auf dieser Erscheinungs-<br /> form, die das wirkliche Verhältnis unsichtbar macht<br /> und gerade sein Gegenteil zeigt, beruhn alle Rechts—<br /> vorstellungen des Arbeiters wie des Kapitalisten, alle<br /> Mystifikationen der kapitalistischen Produktionsweise,<br /> alle ihre Freiheitsillusionen“ (MEW 23/562) Für uns ist<br /> die Lohnform des Werts die systematisch letzte “Gestal-<br /> tung des Kapitals“ und wir beziehen hierauf die Andeu-<br /> tungen in der Vorbemerkung zum dritten Band KAPITAL,<br /> wonach erst die “Oberfläche der Gesellschaft“, die Kon-<br /> kurrenz jene Formen zeigt, die “im gewöhnlichen Bewußt-<br /> sein der Produktionsagenten selbst auftreten“ (MEW 25/33).<br /> <br /> <br /> (b) Jede Arbeit misst sich zugleich ihrem Inhalt wie ihrer<br /> Dauer nach. Es kann sowohl die Anzahl der gearbeiteten<br /> Zeiteinheiten (mehr oder weniger genau gemessen) als<br /> auch die Anzahl ausgeführter Arbeitsvorgänge gezählt<br /> werden. Ausdruck dessen sind die beiden Grundformen des<br /> Arbeitslohns: Zeitlohn und Stücklohn. Vgl. dazu MEW 23,<br /> Abschnitt 6!<br /> <br /> <br /> §39 Die Auffassung des Lohns als Preis der Arbeit hat in-<br /> sofern schon etwas Illusorisches an sich, als “die Arbeit“<br /> im Kapitalismus stets mehr als das nackte Arbeitsvermögen<br /> (das den Arbeitern gehört) umfasst und nur in Verbindung mit<br /> Produktionsmitteln (die im Besitz des Unternehmers sind)<br /> zu einem Produkt führt, das der kapitalistische Produzent auf<br /> den Markt bringen kann. (Für kommerzielle Kapitalisten und<br /> für Bankkapitalisten gilt Entsprechendes.)<br /> Das spiegelbildlich Paradoxe am Lohnfetisch und am Kapital-<br /> fetisch ist, dass die Arbeit den unmittelbaren Produzenten<br /> (Lohnarbeitern), das Arbeitsprodukt aber dem kapitalistischen<br /> Warenproduzenten zugerechnet wird. Und dieses Paradox ist<br /> ihre Koexistenz im ArbeitsProzess als “Herr und Knecht“ im<br /> Hegelschen Sinne. Dies geht über die Bestimmung aller Kon—<br /> kurrenzsubjekte, freie und zugleich voneinander wechsel—<br /> seitig abhängige Subjekte zu sein, hinaus, wobei diese<br /> generelle Bestimmung freilich auch für Kapitalisten und<br /> Arbeiter/innen Gültigkeit behält.<br /> <br /> <br /> <br /> <br /> <br /><span style="font-weight:bold;">ZUM AUSBAU DES MARXSCHEN SYSTEM</span>fragmentS<br /><br /><span style="font-weight:bold;">Abschnitt VIII</span><br /> <br />Kapitalistische Gesellschaft und <span style="font-weight:bold;">äußerer Staat<span style="font-weight:bold;"></span></span><br /><br />§1 Die Konkurrenzsubjekte handeln in Bahnen, die durch die Eigentumsform vorgegeben sind. Bezogen auf die Formen der Konkurrenzgesellschaft behandeln sie einander gleichgültig anerkennend, bezogen auf den Inhalt der Konkurrenz (Einkommen) verfolgen sie einander entgegengesetzte Ziele. Nichtsdestoweniger konstituieren sie unabhängig von Willen und Bewusstsein durch ihr Tun ein in seiner Konkretheit von Niemendem so gewolltes gesellschaftliches Resultat. Dies gilt selbst für die Konkurrenzteilnehmer, die keinen Erfolg hatten, im Konkurrenzkampf unterlagen und kein Einkommen aus dem Umgang mit ihrem Eigentum ziehen konnten. Ihr besonderer Wille (nach Einkommen) konnte sich zwar nicht verwirklichen, dies ändert jedoch nichts an ihrer allgemeinen Bestimmung, Eigentümer zu sein.<br /><br /><br />§2 Die Gesamtheit der Eigentümer ist die ideelle Gesellschaft.Von ihr unterscheidet sich die reelle Gesellschaft, die im Umfang beträchtlich kleiner sein kann, da sie nur die erfolgreichen Konkurrenzteilnehmer umfasst. Das Auseinandertreten des ideellen und reellen Moments der kapitalistischen Gesellschaft hängt an der Differenz von Eigentumsform und Wertform (einschließlich der Revenueformen). Da die Wertform des Arbeitsproduktes - und davon abhängend die Revenueform sich immer erst im Nachhinein erweist, ist die reelle Gesellschaft bezüglich der Quantität ihrer Mitglieder „vom Markt“, vom Zufall bestimmt. Mitglied der reellen Gesellschaft zu sein, im Konkurrenzkampf um Einkommen erfolgreich zu sein – ist ein Widerfahrnis.<br /><br />§3 Die Mitglieder, die nur der ideellen Gesellschaft angehören, sind vom gesellschaftlichen Stoffwechsel, der durch Kapitalverwertung und Wertform des Produkts sowie der verschieden formbestimmten Anteile daran bestimmt ist, abgeschnitten und haben von daher keine materielle Basis ihrer Existenz. Gemeinsam mit denen, die darüber hinaus Mitglieder der reellen Gesellschaft geworden sind, ist ihnen, dass sie am „Wirtschaftsleben“ teilnehmen, um Einkommen für sich zu bekommen. Der Staat tritt nun diesen Privaten mit Gewalt als das Allgemeine, zugleich mit dem Anspruch, ihr Allgemeines zu sein (vgl. hierzu auch IX) gegenüber.<br />Die kapitalistische Gesellschaft ist die materielle Basis der Privaten und des bürgerlichen Staates, der versucht, zwischen reeller und ideeller Gesellschaft zu vermitteln. Ergebnis dieser politischen Überformung der ökonomisch konstituierten Gesellschaft ist die „konkrete Gesellschaft“, z.B. die deutsche.<br />Von der konkreten Gesellschaft und von ihrem Staat gilt, dass sie beide nur durch die Existenz des jeweils anderen existieren.<br /><br />§4 Das Recht formuliert primär das Verhältnis von selbständiger Gesellschaft und selbständigem Staat. Der bürgerliche Staat ist Gewaltverhältnis als Rechtsstaat. Indem der staatliche Wille die von ihm getrennte Gesellschaft will, will er die Formen der Konkurrenz, die im Recht zentral als Eigentumsrechte sich wiederfinden. Der Staat bezieht sich im Recht auf die Mitglieder der ideellen Gesellschaft, die dadurch zu Personen werden.<br />Die Personen sind Träger von Rechten, die primär ihre Selbständigkeit und Freiheit gegenüber dem staatlichen Subjekt (zusammen mit deren Grenzen) formulieren, sekundär (siehe: „Grenzen“) bedroht der Staat mit seiner Gewalt diejenigen Personen, die ihre Rechte überschreiten.<br />So wird dann das Recht zu einem staatlich vorgeschriebenen Verhältnis zwischen den Mitgliedern der (jeweiligen konkreten) Gesellschaft. Der Staat will, dass sie sich zueinander als Personen verhalten (und auf diese Weise die praktische Anerkennung der Formen der Konkurrenz vollziehen). Die Rechte der Person enthalten als Kern das Eigentumsrecht – sie beschränken sich aber nicht darauf. Eigentümer zu sein ist nun – für die Person – nur noch ein Aspekt des Privatsubjekts.<br /><br /><br />§5 Die Mitglieder der politisch konkreten Gesellschaft sind in dieser Eigenschaft<br />Staatsangehörige, Bürger des Staats. Da sie durch Vermittlung des „äußeren Staats“ seine Bürger sind, war es sinnentsprechend sie „Untertanen“ zu nennen. Bürger stehen unter der Gewalt und dem Schutz des Staates. Und dies soll sie frei (gegenüber anderer Gewalt) machen.<br /><br /><br />§6 Der Staat verfolgt das Unrecht, weil er durch Rechtsbruch selbst verletzt wird. Mit der Bestrafung der Rechtsbrecher sichert der Staat somit nicht nur die Existenz der Gesellschaft in ihren aus dem Kapitalverhältnis entspringenden Formen, sondern der Staat behauptet damit eben auch seine eigene Existenz, nach Hegel „gewalthabendes Gesetz“ (Jenenser Realphilosophie II, 1805/06).<br />Der Staat kann sich selbst Zweck sein. Er weiß sich als das lebendige Allgemeine. Der Staat ist damit das im System (unserer bürgerlichen Gesellschaft) erste Subjekt, das seinen Willen auf sich selbst richtet.<br /><br /><br />§7 Aus dem Gewaltmonopol des Staates folgt das Gewaltverbot für die Bürger. Die Person ist staatlich geschützt.<br /><br />§8 In der Paradoxie, dass das Recht einerseits über dem Staate steht, andererseits aber der Staat die zwangsbewehrten Gesetze „macht“, drängt die Darstellung über den „äußeren Staat“ hinaus zur Thematisierung des „inneren Staates“ (vgl. IX).<br /><br />§9 „Diebstahl verboten, Steuern erlaubt“<br />Das Steuerprivileg des Staates ist eine im täglichen Leben für (fast) Jede/n spürbare Anwendung des staatlichen Gewaltmonopols. Die Steuer bedeutet, dass der Staat, von der Gesellschaft getrennt, sich mit ihr verbindet, indem er einen Teil des gesellschaftlichen Reichtums sich rechtmäßig aneignet.<br />Aus der Steuerpflichtigkeit der Bürger folgt geradezu ein Appell an die Bürger, wirtschaftlich tüchtig zu sein und Geld zu verdienen, von dem sie Steuern zahlen können. Aus dem Einkommen für sich (der Konkurrenzsubjekte) wird nun beim Bürger zugleich auch Einkommen für den Staat, Einkommen „für die Allgemeinheit“ in der Form des Staatswohls.<br /><br /><br />§10 In seiner „ökonomischen Politik“ beschränkt oder fördert der Staat besondere Teile der „Volkswirtschaft“. Staaten sind aber nicht nur nach innen, sondern auch (solange es mehrere Staaten gibt) nach außen aktiv. An staatenübergreifende „transnationale“ bis tendenziell „internationale“ Organisationen können staatliche Gestaltungsmöglichkeiten delegiert werden. An die Stelle der „Volkswirtschaft“ treten dann Wirtschaftsgemeinschaften (EU) bis hin zur „Weltwirtschaft“, mit der Tendenz des weltweiten Kapitalismus. Qualitative Gleichheit und quantitative Differenz sind von Globalisierungskritikern (nicht nur) zu Zeiten von „Weltwirtschaftsgipfeln“ ein immer wieder hervorgehobener Punkt.<br /><br /> <br /><br />In einer schönen Mischung aus free-trade- Ideologie und Wohlfahrtsgedanken plädiert der behäbige „Vater des westdeutschen Wirtschaftswunders“, Ludwig Erhard, für freie, „aber durch Gesetz und Recht gezügelte Marktwirtschaft“ (1962). Erhard befürwortet eine ökonomische Politik der Zurückhaltung als Antwort auf die Frage, „ob der Markt als das Votum der gesamten Wirtschaftsgesellschaft oder der Staat beziehungsweise eine andere des Kollektivs besser zu entscheiden vermag, was der Wohlfahrt der Gesamtheit ... frommt. ...Wenn künftig der Staat darüber wacht, dass weder gesellschaftliche Privilegien noch künstliche Monopole den natürlichen Ausgleich der wirtschaftlichen Kräfte verhindern, sondern dass dem Spiele von Angebot und Nachfrage Raum bleibt, dann wird der Markt den Einsatz aller wirtschaftlichen Kräfte in optimaler Weise regulieren und damit auch jede Fehlleitung korrigieren.“ (S. 20f)<br /><br />§11 Die ökonomische Politik des Staates ist jedoch nicht hinreichendes Mittel, um den Zweck, die Gesellschaft in ihrer Konkretheit zu erhalten, durchzusetzen. Dem faktischen gesellschaftlichen Reproduktionszusammenhang bleibt der Charakter der Zufälligkeit und Veränderlichkeit (als Durchsetzungsform des sich erhaltenden Kapitalverhältnisses). Zur ökonomischen Politik gesellen sich Bevölkerungspolitik (auch als Regelung des Zuzugs anderer Menschen) und Sozialpolitik, sowie Territorialpolitik (von der Absteckung und Sicherung der Grenzen des Staatsgebiets und der Verkehrswege bis hin zur globalen Ökopolitik). Die einzelnen Sparten der Politik überschneiden sich vielfach.<br /><br />SCHWEDEN: Europäer raus! „Der Vorschlag der sozialdemokratischen Minderheitsregierung sieht vor, dass Arbeitnehmer etwa aus Polen oder den baltischen Ostsee-Anrainern in den ersten zwei Jahren der (am 1.5.2004 beginnenden) EU-Mitgliedschaft vor Einreise eine Arbeitserlaubnis beantragen müssen; auch ein konkretes Anstellungsangebot sowie eine Unterkunft sind nachzuweisen. „Wer kommt, soll eine richtige Arbeit haben, mit einem Lohn, von dem man leben kann“, verlangt Migrationsministerin Barbro Holmberg. Was sich wie staatliche Fürsorge anhört, hat handfeste politische Hintergründe. ... vor allem die Bauarbeiter erhoffen sich so Schutz vor Lohndrückern aus dem Osten. In Südschweden sind bereits heute Hunderte Bauarbeiter aus Ost- und Zentraleuropa zu Billigtarifen tätig. Sie reisen als freie Unternehmer an. Allein der geforderte Nachweis einer Unterkunft dürfte nun einen Zuzug angesichts angesichts der Wohnungsnot (und hohen Mieten) zumindest in Großstädten fast chancenlos machen. Ähnliche Übergangsfristen gelten inzwischen allerdings auch in vielen anderen Ländern der EU. In Stockholm wird der neue Kurs auch offen mit der Angst vor zunehmender Sozialmigration in den schwedischen Wohlfahrtsstaat begründet: „Bei uns entspricht das Kindergeld für drei Kinder einem Durchschnittseinkommen in vielen dieser Länder“, gibt Holmberg zu.“ Neue Mitgliedsländer ab Mai 2004: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschchien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Malta, Zypern mit insgesamt 75 Mio Bevölkerung. Gleiche Beschränkungen wie Schweden gelten in Finnland und Dänemark, sowie Benelux, Frankreich und ganz Südeuropa. Deutschland und Österreich haben Beschränkungen für Arbeitssuchende bis 2011. DER SPIEGEL 15/2004, p.118 <br /><br /><br />§12 Mit der Thematisierung der Bevölkerung verändert sich der Begriff der Gesellschaft erneut. Gesellschaft ist nun überhaupt bestimmt durch die Bevölkerung (Staatengemeinschaft) oder „das Volk“ (Nationalstaat). Das Wohl der Allgemeinheit ist Existenz ungetrennt von „Lebens“-Mitteln, gelingende materielle Reproduktion, die immer auch kulturelle Bestimmungen hat.<br />Konfrontiert mit seiner Grundlage, der kapitalistischen Wirtschftsweise und Gesellschaftsform, schwankt staatliches Handeln zwischen zwei Fassungen des Allgemeinwohls, einmal gefasst als Wohl Aller, zum anderen gesehen als Florieren der Volkswirtschaft, die ja notwendige Voraussetzung alles Weiteren. In dieser zweiten Fassung ist das Allgemeinwohl nicht abhängig vom Wohl, ja selbst von der Existenz aller Teile der Bevölkerung.<br /><br />§13 Der Zweck des bürgerlichen Staats ist sowohl Staatswohl als Gemeinwohl. Was der Staat in der Verfolgung des Staatswohls sich aneignet, geht der Gesellschaft zunächst verloren. Verwendet der Staat sein Einkommen, um in der und für die Gesellschaft zu wirken, so überträgt sich auch die jeweilige Gewichtung hinsichtlich der beiden Fassungen des Gemeinwohls.<br />Die zwei Ausformungen des Allgemeinwohls erscheinen nun auch als ein Widerstreit oder Zusammenhang zwischen Einzelwohl und Allgemeinwohl. Als Sozialstaat setzt sich der Staat aktiv (und nicht mehr bloß reaktiv, wie als strafender) für die Existenz seiner Angehörigen ein.<br /><br />§14 Das staatliche Handeln für das Einzelwohl war nur als eine Folgerung aus dem Allgemeinwohl (in Fassung 1) und gebunden an das Allgemeinwohl (in Fassung 2), die Quelle der materiellen Mittel, zu verstehen. In der Bestimmung dessen, was durch den Staat zur Verfügung gestellte Existenzmittel sind, liegt zugleich eine inhaltliche Füllung des Begriffs des Existenzrechts, vom abstrakten oder ideelen Existenzrecht hin zur materialen Existenz.<br />Indem der Staat bestimmte Mittel des Existierens dem (bedürftigen) Bürger zukommen lässt, bestimmt er zugleich, was als Existenzminimum gesellschaftlich gilt. Bestimmte Zwecke der Einzelnen werden zu Grundbedürfnissen. Dies ist zwar inhaltlich an den jeweiligen Ergebnissen gesellschaftlicher und politischer Auseinandersetzung, insbesondere am Stand des Konkurrenzkampfes zwischen Arbeiter/inne/n und Unternehmern orientiert (§11), kategorial bedeutsam ist, dass die Anerkennung von „Bedürftigkeit“ die Befriedigung jener Grundbedürfnisse aus der freien Zwecksetzung (zumindest für den in der Konkurrenz nicht erfolgreichen Willen) ausgliedert. Bedürfnisse (aber vgl. IX § 3) werden in ihrer Anerkennung durch den Staat anerkannt als vom Willen unabhängige Natur.<br />Die Befriedigung von Grundbedürfnissen kann nun objektive Notwendigkeit für sich beanspruchen, da Grundbedürfnisse nicht – wie die bisher betrachteten Zwecke- dem Willen besonderer Bürger entspringen, sondern der Natur des Menschen.<br />Die Staatsangehörigen entwickeln so angesichts der sozialstaatlichen Praxis des Formwandelns bestimmter Zwecke zu Grundbedürfnissen das Bewusstsein („Anspruchshaltung“), ein natürliches Recht auf Erfüllung (zumindest eines Teils ihrer Wünsche) – der „Grundbedürfnisse“ zu haben.<br />Der Kampf darum, was als Grundbedürfnis gelten soll, und wer auf staatliche Leistungen einen Rechtsanspruch habe, wird ausgefochten- in Auseinandersetzungen mit Organen des „äußeren Staats“ (cf.§15) und durch Partizipation am „inneren Staat“ ( Abschnitt IX) in sozialpolitischen Bewegungen und durch politische Parteien.<br />Der Staat ist der Allgemeinheit nun nicht mehr nur dadurch verpflichtet, dass er die Rechte der Person schützt, er sollte (nach Möglichkeit) das natürliche Bedürfnis der in ihm lebenden Menschen nicht unbefriedigt lassen. Werden die Staatsfinanzen überzogen, zeigt sich freilich die historische Abhängigkeit der sozialen Menschenrechte.<br />§15 Das Agieren des Staates stellt sich als Agieren einer Vielzahl von Staatsagenten dar. Entsprechend den verschiedenen Tätigkeitsfeldern stellen sich diese recht unterschiedlich dar als: Regierung, gesetzgebende Körperschaften, Rechtssprechung, sowie gesetzesausführende Organe in den verschiedenen Bereichen.<br />Da wir es hier (in Abschnitt VIII) vorerst nur mit dem Aspekt des von uns so genannten „Äußeren Staates“ zu tun haben, bleibt das Moment der Volkssouveränität noch in einem folgenden Abschnitt (IX) zu behandeln.<br />Der Staat ist auf dieser (vorletzten) Stufe der Darstellung Staatsapparat. Zum Staatsapparat im weitesten Sinne gehören alle Staatsagenten. Den staatsapparat im engeren Sinne bilden die gesetzausführenden Staatsorgane, die sich, wobei dies ein Sowohl-als-auch nicht ausschließt, in Repressions- und Wohlfahrtsapparate gliedern lassen. Die den Staatsapparat i.e.S. tragenden Staatsagenten agieren nicht als besondere, sondern als allgemeine. Jede/r von ihnen repräsentiert den Staat, indem das Agieren sich an Vorschriften hält, die in einer institutionalisierten Hierarchie von Zuständigkeiten auch festlegen, was in das Ermessen eines jeden Staatsagenten / Organs fällt.<br /><br />§16 Abgesehen davon, dass der Bürger die ihm als Bedürfnisse vorgegebenen „natürlichen“ Inhalte ( aber vgl. -otto Rühle: Illustrierte Kultur- und Sittengeschichte des Proletariats-) willentlich verfolgen kann (der erfolgreiche Wille ist nicht auf die Anerkennung seiner Zwecke als Bedürfnis angewiesen), bleibt der Wille des Bürgers unbestimmt. In dieser Unbestimmtheit verweist die „äußere“, durch den Staat garantierte Freiheit (Freiheit wovon) auf eine „innere Freiheit“ (Freiheit wozu).<br /><br />Es gibt nichts Externes, wodurch der Wille der Privaten bestimmt werden könnte. In dieser privaten Willensfreiheit drückt sich aus, dass das Allgemeine nur durch den Staat vertreten wird. Der Bürger ist als Privatmensch in erster Bestimmung das vom Allgemeinen „befreite“ , abgetrennte Subjekt<br />- (so wie in: „British subjects“ / sub-iectum) -<br /> und das Besondere. Neben der (Konkurrenz)Gesellschaft, gefasst als staatlich vermitteltes Verhalten der Bürger zueinander, konstituiert sich durch die jeweilige Besonderheit der Bürger die Privatsphäre. Die Verdopplung der kapitalistischen Gesellschaft in Konkurrenzgesellschaft und Staat ist somit zugleich der systematische Entstehungsgrund für eine gedoppelte Verdopplung: <br />dem Staat treten als Sphären der Privaten ( i.w.S.) die Privatwirtschaft und die Privatsphäre (i.e.S.) gegenüber;<br />diese Privatsphäre ihrerseits sieht sich Sphären des gesellschaftlichen Lebens, der Konkurrenzgesellschaft und dem Staat, gegenüber.<br /><br />Vgl. auch das 4 Felder Schema der Theorie des kom. Handelns, Jürgen Habermas;<br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /> <span style="font-weight:bold;">Ausblick (IX)</span> S.L.<br /> <br /> <br /> <br /> “Hegel bezieht sich in der Bestimmung von “Staat“ und<br /> “bürgerlicher Gesellschaft“ im §182 der Rechtsphiloso—<br /> phie kritisch auf das neuere Naturrecht, dem er vorwirft,<br /> es habe beide Begriffe nicht klar voneinander getrennt:<br /> <br /> “Wenn der Staat vorgestellt wird als eine Einheit ver—<br /> schisdener Personen, dl5 eine Einheit, die nur Gemeinsam-<br /> keit ist, so ist damit nur die Bestimmung der bürgerlichen<br /> Gemöinschaft gemeint. Viele der neueren Staatsrechtsleh—<br /> rer haben es zu keiner anderen Ansicht vom Staate bringen<br /> können.“ Gegen diese Verwechslung und wechselseitige Ver-<br /> tauschung von Staat und bürgerlicher Gesellschaft bestimmt<br /> Hegel die letztere von der Sache her als die ‘Differenz‘<br /> zwischen Staat und Familie: “Die bürgerliche Gesellschaft<br /> ist die Differenz, welche zwischen die Familie und den<br /> Staat tritt“ (Rechtsphilosophie §182, Zusatz)“ (Riedel<br /> 1969/139f). Und weiter: “Während die große Tradition der<br /> politischen Metaphysik von Aristoteles bis auf Kant den<br /> Staat als bürgerliche Gesellschaft bezeichnete, weil das<br /> gesellschaftliche Leben an ihm selber schon — in der Rechts—<br /> fähigkeit der Bürger, der cives, wie sie Kant noch auf la-<br /> teinisch erläutert — politisch war, und der status politicus<br /> dieser so verfassten Menschenwelt das eigentlich ‘ökono-<br /> mische‘ und ‘soziale‘ Element in der herrschaftlich — häus-<br /> lichen bzw. ständischen Schichtung in sich gleichsam einge-<br /> bunden enthielt, trennt Hegel die politische Sphäre des<br /> Staates von dem nunmehr ‘bürgerlich‘ gewordenen Bereich<br /> der ‘Gesellschaft‘. Dabei erhält der Ausdruck ‘bürgerlich‘,<br /> entgegen seiner ursprünglichen Bedeutung, einen primär<br /> ‘sozialen‘ Gehalt und wird nicht mehr, wie noch im 18. Jahr-<br /> hundert, als gleichbedeutend mit ‘politisch‘ gebraucht. Er<br /> bezeichnet nur noch die ‘gesellschaftliche‘ Stellung des<br /> privatisierten Bürgers im politisch absolut gewordenen<br /> Staate, der seinerseits erst damit der Gesellschaft ei-<br /> nen eigenen Schwerpunkt verleiht und sie als ‘bürger-<br /> liche‘ freigibt. Wenn mensch wie dies seit Marx, Lasalle<br /> und Tönnies geschieht, die Herkunft des Hegelschen Be-<br /> griffs im neueren Naturrecht ansetzt, so überträgt mensch<br /> auf das naturrechtliche Modell vom status naturalis und<br /> status civilis eben diesen geschichtlichen Vorgang, ohne<br /> der Sache des neueren Naturrechts und der in ihm weiter<br /> wirkenden Tradition gerecht zu werden. Denn die soietas<br /> civilis etwa bei Hobbes (De Cive, Cap. 1 2; V 9) ist eben<br /> nicht jenes bellum omniüm contra omnes, die gegen — und<br /> miteinander kontraktierende Tauschgesellschaft, wie sie<br /> Adam Smith und die Physiokraten zuerst konstruieren, son-<br /> dern riöch immer ein politischer Ordnungsbegriff und der<br /> Gegensatz zum status naturalis; und im status naturalis<br /> erhält sich, in Deutschland bis hin zu August Ludwig<br /> Schlözer (Allgemeines Staatsrecht, 1794), die aristote— -<br /> lische Vorstellung des unabhängigen Hausvaters, der über<br /> seinen häuslichen Zustand frei gebietet, weshalb er zum<br /> Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft wird. Dass diese<br /> bei Schlözer erstmalig ausdrücklich vom ‘Staat‘ sich ab-<br /> hebt, geschieht, unabhängig von den naturrechtlichen Mo—<br /> dellen, erst auf Grund der oben beschriebenen ‘Differenz‘<br /> zwischen Staat und Gesellschaft, die mit der Zentralisie-<br /> rung des Politischen im Staate (in Verwaltung, Verfassung,<br /> Kriegswesen) und der Verschiebung des ‘Bürgerlichen‘ auf<br /> die Gesellschaft parallel läuft. Diese von Hegel so ge-<br /> nannte Differenz ist es, die den inneren Aufbau und den<br /> geschichtlichen Gehalt des Abschnitts über die ‘bürger-<br /> liche Gesellschaft‘ in der Rechtsphilosophie von 1821 be-<br /> stimmt. Denn hier verbindet sich der von seiner politisch—<br /> rechtlichen Bedeutung emanzipierte Bürgerbegriff mit der<br /> gleichermaßen emanzipierten Gesellschaft; ihre politische<br /> Substanz, die in der alten societas civilis zum klassischen<br /> Ausdruck kam, wird aufgelöst in der sozialen Funktion, die<br /> beide, der ‘Bürger‘ und die ‘Gesellschaft‘, durch den euro-<br /> päischen Traditionsbruch des ausgehenden 18. Jahrhunderts,<br /> mit der industriellen und der politischen Revolution er-<br /> halten. Denn erst jetzt wird der Bürger als bourgeois<br /> zum prinzipiellen Problem der politischen Philosophie, und<br /> zwar gleichzeitig mit der Herausbildung der modernen<br /> Gesellschaft, die mehr und mehr die Substanz des alten<br /> Hausverbands auflöst, indem sie selber im Großen die<br /> Funktion der ‘Ökonomia‘ übernimmt. Und wie vordem das<br /> Haus die soziale Zelle der alten bürgerlichen Gesell-<br /> schaft war, so bildet nunmehr die gewandelte Gestalt<br /> der bürgerlichen Gesellschaft die soziale Grundlage des<br /> modernen Staates.“ (ibid, 146ff) Manfred Riedels Argu-<br /> mentation ist so klar wie einseitig, denn wo bleibt die<br /> Familie? Die Binnenstruktur der Familie ist ja nicht:<br /> “Tauschgesellschaft“. Wenn die bürgerliche Gesellschaft<br /> als Differenz “zwischen die Familie und den Staat tritt“,<br /> wieso bleiben dann nur zwei übrig, Gesellschaft und Staat?<br /> (Vgl. dazu auch Riedel, 1969, p.163 aber auch 129 zum<br /> “sentimentalen Familienbegriff“.) “Der hier nur in wenigen<br /> Zügen angedeutete historische Vorgang kommt nun im ein-<br /> zelnen zum Vorschein an der inneren Umprägung der poli-<br /> tischen Begriffe. Die Struktur von ‘bürgerlicher Gesell-<br /> schaft‘ baut sich, wie es scheint, nach 1800 von einer<br /> neuen Mitte her auf, welche die alten Bedeutungselemente<br /> überlagert. So wird der Unterschied des Hegelschen Be-<br /> griffs etwa zu dem des 18. Jahrhunderts und seine innere<br /> Zugehörigkeit zum 19. Jahrhundert sogleich dann klar,<br /> wenn man nur auf die — in den Menschen — und Bürgerrech—<br /> ten der nordamerikanischen und französischen Revolutionen<br /> kodifizierte — naturrechtliche Trennung zwischen dem Men-<br /> schen als Menschen und ihm als Bürger achtet. Als Mensch<br /> ist er, dem Denken des Naturrechts zufolge, Mitglied der<br /> societas generis humani, Gattungswesen und Individualität<br /> zugleich, und den ihrer Allgemeinheit unbestimmten Ge-<br /> setzen der Ethik unterstellt. Als Bürger aber gehört er<br /> zur bürgerlichen Gesellschaft, zum Staate und seinen Ge-<br /> setzen, den fordernden Regeln der Politik gehorchend.“<br /> (So bei Wolff, Kant, Rousseau). „In der bürgerlichen Gesellschaft der Rechtsphilosophie<br /> hingegen ist der naturrechtliche Mensch als Mensch, der<br /> Repräsentant der Gattung, eingeschmolzen in seine na-<br /> türliche Bedürftigkeit, in das, wie Hegel in der Erläu-<br /> terung zum §190 sarkastisch sagt, “Konkretum der Vorstel-<br /> lung, das man Mensch nennt“ und das als solches dem “Stand-<br /> punkt der Bedürfnisse‘ zugeordnet bleibt.“ (Und hier sieht -<br /> Riedel 1969 Anlass in einer Anmerkung eigens hinzuweisen<br /> auf Hegels die systematische Ebene reflektierende Ein—<br /> schränkung, “die wir heute wohl im Hinblick auf die Marx—<br /> sche Universalisierung (?) des Bedürfniswesens und seine<br /> Fixierung des Menschen (!) in die Bewegung zwischen Pro-<br /> duktion und Konsumtion lesen müssen: „Ens ist also erst<br /> hier und auch eigentlich nur hier vom Menschen in diesem<br /> Sinne die Rede“ (§190, Zusatz).“) Weiter Riedel, p.149:<br /> <br /> “Und dieses Konkretum, welches der §190“ – von Hegels RECHTSPHILOSOPHIE- „im Hinblick auf den natürlichen Unterschied von Mensch und Tier als das<br /> abstrakt — allgemeine Bedürfniswesen bestimmt, unterliegt <br /> nun dem Gegenstand der bürgerlichen Gesellschaft, d.h.<br /> dem ‘Bürger‘ — “als bourgeois“ wie Hegel auf französisch<br /> und in der Klammer erläutert. Als bloßer, d.i. natür-<br /> licher Mensch ist der Mensch Bedürfniswesen, und als Be—<br /> dürfniswesen ist er — Privatmensch, d.i. Bürger als<br /> bourgeois.“<br /> <br /> Wenn der Privatmensch mit dem bourgeois zusammenfällt,<br /> ergibt sich die durch Marx berühmt gewordene einfache<br /> Verdopplung, der Mensch will als bourgeois das Besondere,<br /> als citoyen das Allgemeine.<br /> <br /> Hier wird dann auch leicht das “System der Bedürfnisse“<br /> auf Projektion der Warenwelt verkürzt. Jede Ware ver-<br /> körpert ein Bedürfnis. Jeder Mensch ist einerseits Waren—<br /> produzent, andrerseits als bedürftiges Wesen Warenkon—<br /> sument. Und andere Bedürfnisse als durch Waren zu be-<br /> friedigende gibt es nicht. Es braucht auch nichts als ei-<br /> ne Ware, um ein Bedürfnis zu befriedigen.<br /> Andrerseits wird die zweite Seite der Verdopplung auf<br /> den Staat als Repressionsapparat verkürzt und so stehen<br /> sich äußerer Staat und kapitalistische Gesellschaft (oder:<br /> Gesellschaft der Warenproduzenten) im Zwei—Sphärenmodell<br /> der einfachen Verdopplung gegenüber.<br />Wir gehen dagegen —<br /> um im angeführten Bilde zu bleiben — von einer gedoppel—<br /> ten Verdopplung aus. Weder beschränkt sich der Staat auf<br /> den äußeren Staat, noch beschränken sich die Sphären der<br /> Privaten auf die Konkurrenz. Neben den äußeren Staat tritt<br /> der innere Staat (dazu später) und neben die Konkurrenz<br /> in der bürgerlichen Gesellschaft tritt Liebe und Haß <br /> in den “persönlichen Verhältnissen“, den “zwischenmensch—<br /> lichen Beziehungen“ der Privatsphäre im engeren Sinne, als<br /> deren Kern traditionell die Familie gilt.<br /> <br /> Das zentrale Thema der Analyse der bürgerlichen Privat-<br /> sphäre ist der Zusammenhang zwischen Freigesetztheit und<br /> Selbstbindung. Dies ist — in mehr oder weniger und auch<br /> wechselnd verphilosophierter Form — Thema der philoso-<br /> phischen Idealismen wie der Existenzphilosophien.<br /> Historisch—materialistische Sozialphilosophie kann die-<br /> sen Bereich nicht mit dem (gern übergeneralisierten) Merk—<br /> spruche, wonach das Sein das Bewußtsein bestimme, abtun.<br /> Sie hat zu analysieren, wie die gesellschaftliche (Ökonomie)<br /> und staatliche (Politik) Objektivität eine bürgerliche Sub-<br /> jektivität als ihr Komplement hervorbringt.<br /> <br /> “Mit der Umwandlung der bürgerlichen Gesellschaft von in-<br /> nen heraus hat die ‘ökonomische‘ und sittlich—substantiel-<br /> le Ordnung des Hauses ihren Boden verloren, so dass He-<br /> gel nicht mehr, wie Kant, das ‘Recht der häuslichen Ge—<br /> sellschaft‘ abhandelt, sondern nur von der ‘Familie‘...<br /> spricht (§160ff). Es ist der neuere, nicht mehr an die<br /> ökonomische Zelle des Hauses gebundene Begriff der Fa-<br /> milie. .. Denn die Familie ist... in der bei Hegel im Blick<br /> stehenden “bürgerlichen Gesellschaft“ ein Untergeordnetes<br /> und legt nur den Grund: sie ist nicht mehr von so umfas-<br /> sender Wirksamkeit. Die bürgerliche Gesellschaft ...Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-89203676450368936222009-06-28T11:22:00.008+02:002009-06-30T09:06:47.619+02:00ZIRKULATIONSPROZESSAbschnitt VI<br /><br /> ANALYSE DES ZIRKULATIONSPROZESSES -<br /> DES KAPITALS<br /> <br /> <br /> <br /> <br /> <span style="font-weight:bold;">§1<br /> <br /> Die Ende Abschnitt III entwickelte und in Abschnitt IV<br /> weiter bestimmte Verwertungsbewegung G.. .G‘ wird nun<br /> wieder aufgenommen. Dabei wird neu berücksichtigt, dass<br /> alle Zirkulationsakte Zeit erfordern. Neben die Pro—-<br /> duktionszeit tritt die Zirkulationszeit. Während der<br /> Zirkulationszeit sind die Waren und das Geld Gestalten<br /> des Kapitals; nämlich Warenkapital und Geldkapital.<br /> Während der Produktionszeit hat das Kapital die Gestalt<br /> des produktiven Kapitals. Produktives Kapital, Waren—<br /> kapital, Geldkapital... usw. folgen als Resultate aus—<br /> einander und bilden so die Stadien des Kapitalkreislau—<br /> fes. Der Gang durch alle 3 Stadien heiße Umschlag.<br /> (Umschlagszeit=Produkttionszeit+Zirku1ationszeit)<br /></span><br /> Die Thematisierung der Kapitalstadien Warenkapital und Geld—<br /> kapital geschieht hier noch ganz vorm Blickwinkel der<br /> Produktion aus. Die Bestimmungen des Zirkulationspro—<br /> zesses ergeben sich noch unmittelbar aus dem Begriff kapitalistischer<br /> Warenproduktion. Etwas später in der Analyse (VI §4) <br /> werden wir sehen, dass mit den Begriffen Warenkapital<br /> und Geldkapital das Kapital in der Zirkulationssphäre<br /> noch nicht genügend charakterisiert ist. Es wird sich<br /> herausstellen, dass das Kapital in der Zirkulationssphä—<br /> re nicht nur eine verwandelte Gestalt des produktiven<br /> Kapitals darstellt, sondern als “Zirkulationskapital“ in<br /> eigener Gestalt neben das produktive Kapital tritt. Dies<br /> wird die Basis abgeben für die Thematisierung der Ver-<br /> selbständigung dieser verschiedenen Gestaltungen des<br /> Kapitals (VI §7). -<br /> Die Produktionszeit (auch: Produktionsperiode, vgl. MEW<br /> 24, Kapitel 5 und 13) ist bestimmt durch die durchschnittliche Aufenthaltsdauer einer Wareneinheit in der Produktionssphäre. <br />Entsprechendes gilt für die Zirkulationszeit (auch: Zirkulationsperiode oder Umlaufszeit, vgl. MEW 24, Kapitel 5 und 14).<br />Bei näherer Betrachtung ergibt sich das Problem, dass Marx schon MEW 24/71ff mit der Unterscheidung „diskreter“ (Nägel) und „kontinuierlicher“ (Passagierschiff) Produkte angesprochen hat. Der Unterschied selbst hängt davon ab, ob ein Produkt oder mehrere „auf einmal zu Markte geschafft“ (MEW 24/260, vgl. auch 256) werden.<br /><br />Wareneinheit in der obigen Bestimmung der Produktionszeit ist also orientiert am Ausstoß auf den Markt. Die technische Produktionszeit ist daher für einzelne diskrete Produkte jedes Mal kürzer als die ökonomische, die sich eben an der größeren Einheit der (vom selben Erzeuger) miteinander auf den Markt gebrachten Produkte derselben Art bemisst. Das Gegenstück hierzu behandelt Marx MEW 24/73 beiläufig wie folgt: „Übrigens werden in der Praxis bei kontinuierlichen Warenkörpern, die sich nicht teilen lassen, die Wertbestandteile ideell für sich isoliert“. Beispiel ist der Hausbau mit Zahlung nach Fertigstellungsetappen. <br /><br /> <br /> <span style="font-weight:bold;">§2 Die sich wiederholende Verwertungsbewegung G—G‘ des<br /> Kapitals hatte unter der Voraussetzung, dass von der Zir—<br /> kulationszeit abgesehen wird, Kontinuität des Produk—<br /> tionsprozesses zur Folge. Diese Kontinuität wird nun<br /> durch das Dazwischentreten der Zirkulationszeit durch-<br /> brochen. Kontinuität der Produktion kann auf dieser Stu-<br /> fe der Darstellung nur dadurch erlangt werden, dass man<br /> die Bewegung des Kapitals nicht als einen Verwertungs—<br /> kreislauf, sondern als mehrere phasenverschobene Kreis-<br /> läufe fasst. Das Nacheinander der Kapitalstadien wird<br /> so durch ein Nebeneinander von Kapitalsphären, in denen<br /> sich Teile des Kapitals aufhalten, vermittelt. Die An-<br /> zahl der Kreisläufe, die neben— und nacheinander den<br /> Gesamtkreislauf des Kapitals vermitteln, hängt ab von.<br /> den Einheiten, in denen das Warenprodukt zirkuliert und<br /> dem Verhältnis:<br /> <br /> Produktionszeit<br /> _________________________<br /> <br /> Zirkulationszeit<br /> <br /> </span><br /> Eine ausführliche Darstellung mit Skizzen der 7 zu un—<br /> terscheidenden Hauptfälle enthält V.M. Roth, Zum wissen-<br /> schaftlichen Anspruch der Wertformanalyse, MS Konstanz -<br /> 1976, pp.95—l05, cf. auch Eldred/Roth 1978. Wir wollen hier jedoch nicht in die<br /> Details gehen.<br /> <br /> Zur Marxschen Darstellung des Nacheinanders der Kapital—<br /> stadien vgl. MEW 24/59. Zur Aufhebung der dort formulier-<br /> ten Darstellungsvoraussetzung siehe MEW 24/lO5ff, wo<br /> Marx die Teilung des Kapitals einführt.<br /> <br /> Nach einem Perspektivenwechsel tritt bei Marx MEW 24,<br /> Kapitel 15 statt der Rede von der Kapitalteilung die Re-<br /> de von “zusätzlichem Kapital“ (auch “Zuschüssiges“ p.262,<br /> “Ersatzkapital“ p.267, “Zuschusskapital“ p.268), das nun<br /> dem “ursprünglich produktiven“ (MEW 24/268) Kapital ge—<br /> genüber gestellt wird. Wir wollen im folgenden terminologisch den Unter-<br /> schied zwischen Originalkapital und Zusatzkapital machen.<br /> <br /> Jede Teilung des Kapitalwerts im Sinne einer Verteilung<br /> des Kapitals auf die verschiedenen Stadien, die sich noch<br /> einmal als Produktionsstadium und Zirkulationsstadium<br /> zusammenfassen lassen, lässt sich als ein quantitatives<br /> Verhältnis von Originalkapital zu Zusatzkapital dar-<br /> stellen. Vermittelnd ist für Marx der Gedanke der Kon-<br /> tinuität der Produktion, vgl. MEW 24/26ff. Die Kon-<br /> tinuität war ja in der Analyse des unmittelbaren Pro—<br /> duktionsprozesses, rückblickend betrachtet, gegeben<br /> durch die Darstellungsvoraussetzung: Zirkulationszeit = 0.<br /> <br /> <br /> <br /> In der Analyse des Zirkulationsprozesses des Kapitals<br /> wird diese Voraussetzung aufgehoben und nun stellt sich<br /> das Problem der Annäherung an die Kontinuität. Uns stellt<br /> sich zugleich die Frage, ob dies auf die Kontinuität des<br /> Kapitals im Produktionsstadium beschränkt werden darf.<br /> Es könnte in diesem Auszeichnen der Produktion der ar—<br /> beitswerttheoretische Argumentationsstrang bei Marx<br /> wieder durchschlagen.<br /> <br /> <br /> <br /> <br /> <br /> <span style="font-weight:bold;"> §3 Nach einer Produktionsperiode tritt nicht das gesamte im produktiven Stadium sich befindende Kapital in die Zirkulationssphäre ein. Wie wir aus III §6 wissen, gibt es einen Teil des produktiven Kapitals, der in einer Produktionsperiode nicht vollständig produktiv konsumiert wird, sondern - insbesondere als Maschinerie — in der Produktionssphäre verbleibt. Dieser Teil des produktiven Kapitals heiße fixes Kapital. Das fixe Kapital zirkuliert also nicht auf einmal, sondern stückweise mit den Waren einheiten durch die verschiedenen Kapitalstadien.<br /> </span><br /> Derjenige Teil des fixen Kapitals, der über eine Pro—<br /> duktionsperiode hinaus in der Froduktionssphäre ver-<br /> bleibt, lässt sich als restierendes fixes Kapital unter-<br /> scheiden von demjenigen Teil des fixen Kapitals, der mit<br /> dem Produkt zirkuliert und den wir von daher als zirku-<br /> lierendes fixes Kapital bezeichnen.<br /> <br /> Das in Geld realisierte zirkulierende fixes Kapital kann<br /> in Anbetracht eines noch nicht vollständig aufgebrauch-<br /> ten fixen Kapitals in der Produktionssphäre nicht sofort<br /> wieder in dieses Stadium eingehen. Es bleibt vielmehr<br /> im Stadium des Geldkapitals fixiert und bildet dort die<br /> Geldbrache des fixen Kapitals. Entsprechend der Abnahme<br /> des restierenden fixen Kapitals erhöht sich diese Geld—<br /> brache bis schließlich das so aufgesparte Geld dazu be-<br /> nutzt wird, die- aufgebrauchte- Maschinerie in der Pro—<br /> duktionssphäre zu ersetzen. Dem fixen Kapital steht in<br /> der Produktionssphäre das- zirkulierende Kapital gegen-<br /> über. Dies enthält den Altwert, der während einer Pro—<br /> duktionsperiode ganz in das Produkt eingehenden Pro-<br /> duktionsmittel — etwa der Rohstoffe — und den Neuwert<br /> der (vom geglückten Verkauf her betrachtet) in dieser<br /> Produktionsperiode geschaffen wurde.[Die Arbeit, die<br /> im fixen Kapital vergegenständlicht ist, erhielt ihre<br /> Anerkennung in der Wertform, die in dem Kaufpreis je-<br /> ner Produktionsmittel Ausdruck findet. Ist das fixe Kapital<br /> nun erst einmal in den Produktionsprozess integriert,<br /> geschehen nun laufend weitere Anerkennungen jener<br /> Arbeit, nämlich im Preis der an den Produktions-<br /> mitteln hergestellten Waren. (vgl. MEW 23/408). Dies<br /> ist als “stückweises“ Zirkulieren des fixen Kapitals<br /> angesprochen worden. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten.<br /> Die ursprülnglich vorgeschossene Wertgröße kann abwei-<br /> chen von dem gegenwärtigen Wiedereinkaufspreis der<br /> konsumierten Produktionsmittel. Der “Altwert“, jener<br /> Wertanteil im Preis der Waren, mit dem der Neukauf ver— <br /> brauchter Produktionsmittel finanziert werden kann<br /> (vgl. MEW 23/427), ist daher nicht notwendig gleich dem<br /> “alten Wert“.<br /> <br /> Vom wertformanalytischen Blickpunkt gibt es eine “Wert-<br /> übertragung“, ein Sich—Erhalten des Werts der Produktions-<br /> mittel im Wert des Produkts, wenn wir es genau nehmen,<br /> nicht, denn es bedarf ja der erneuten Anerkennung in ei-<br /> ner neuen Wertform.<br /> <br /> Die hier aufgezeigte Problematik des Konzepts “Altwert“<br /> wird durch die Ausdehnung der Umschlagszeit des fixen<br /> Kapitals über einen längeren Zeitraum (und also unter<br /> wechselnden relevanten Bedingungen) akzentuiert. Marx<br /> betont einerseits in der Analyse des relativen Mehr—<br /> werts die ständige Veränderung der Produktionsverfah-<br /> ren, welche hauptsächlich auf “Verbesserung“ der Pro—<br /> duktionsmaschinerie beruht, und führt daher MEW 23/426<br /> “neben dem materiellen. . . - auch einen sozusagen mora-<br /> lischen Verschleiß“ ein. Andererseits behandelt er die<br /> Kapitalzirkulation in MEW 24 ausdrücklich unter der<br /> (kontrafaktischen) Darstellungsvoraussetzung, dass keine<br /> “Wertwechsel“ eintreten, vgl. MEW 24/32 und 110f.<br /> <br /> Die Brache von Kapital ist ein wichtiger Untersuchungs—<br /> gegenstand der folgenden Entwicklung. Es muss grund-<br /> sätzlich zwischen zwei Arten von Brache unterschieden<br /> werden: stoffliche Brache und Geldbrache. Wir werden<br /> sehen, dass es einige Strategien gibt, die stoffliche<br /> Brache zu verhindern und die stoffliche Gestalt des<br /> Kapitals möglichst auf dessen- notwendiges Fixiertsein<br /> im KreislaufProzess zu reduzieren. (Vgl. VI §6). So ver—<br /> hindert z.B. die Kontinuität der Produktion die stoff-<br /> liche Brache des fixen Kapitals. Zugleich aber erfor—<br /> dert diese Kontinuität der Produktion ein gewisses Aus-<br /> maß an stofflicher Brache von zirkulierenden Kapital<br /> (Rohstoffe) die nun ihrerseits durch Verflüssigung der<br /> Einkäufe (d.h. häufiger aber jeweils weniger) möglichst<br /> gering gehalten wird. Zum Teil bedeutet dies jedoch<br /> lediglich eine Verschiebung der Gestalt der Brache, von<br /> der stofflichen Gestalt hin zur Geldgestalt.<br /> <br /> <br /> <br /> <span style="font-weight:bold;">§4 <br /> Die Unterscheidung zwischen fixem und zirkulierendem<br /> Kapital gilt nicht nur für die Produktionssphäre, son-<br /> dern auch für die Zirkulationssphäre, insofern für die<br /> Zirkulation Zirkulationsmittel verwandt werden müssen. -<br /> So stellen z.B. Lagerhallen, Computer etc. fixes Zir— -<br /> kulationskapital dar, während z.B. Verpackungsmaterial,<br /> elektrische Energie, Buchungspapier unter zirkulieren-<br /> des Zirkulationskapital zu fassen sind. Die Zirku—<br /> lationsmittel erfordern nur einen Teil der in der Zir—<br /> kulationssphäre auftretenden Zirkulationskosten. Einen<br /> weiteren wichtigen Teil machen die Kosten für Zirku—<br /> lationsarbeit (das ist die Arbeit des Kaufens und Ver—<br /> kaufens und auch des Aufbewahrens von Geld und Ware)<br /> aus, aber auch Rente und Zinszahlungen, die in dieser<br /> Sphäre erforderlich werden. Die Zirkulationskosten- be-<br /> deuten einen Abzug vom Unternehmergewina, verringern<br /> also diese Residualgröße noch weiter. Marx behandelt<br /> Zirkulationskosten MEW 24, Kapitel 6 und dann bei der<br /> Darstellung der merkantilen Kapitale in MEW 25, Ab-<br /> schnitt 4.<br /> </span><br /> <br /> <span style="font-weight:bold;">§5 <br /> Auf der jetzt erreichten Darstellungsebene stellt sich der VerwertungsProzess des Kapitals als eine Kette verschiedener Geld-Vorschüsse und Geld-Rückflüsse dar. Zur quantitativen Bestimmung der Verwertung bedarf es daher<br /> der Beachtung eines weiteren Moments, der Zeit. Der Überschuss (Unternehmergewinn) ist nicht mehr die Differenz einer einfachen abgeschlossenen Bewegung G—G‘, sondern wird während dieses nicht endenwollenden Prozesses per-<br /> manent mit den Rückflüssen (=Verkaufspreis der produzierten Waren) realisiert. Seine quantitative Bestimmung ist also nur hinsichtlich eines festumgrenzten Zeitraums<br /> möglich. Historisch hat sich diesbezüglich das Jahr als<br /> allgemeiner Berechnungszeitraum herausgebildet. Der Über—<br /> schuss pro Jahr wird auf das fungierende Kapital, die Sum-<br /> me von Original-Kapital und Zusatzkapitalen, bezogen. In diesem Zusammenhang bekommen nun aber die Begriffe Original— und Zusatzkapital eine Bedeutungsverschiebung, die der Tatsache geschuldet ist, dass ein fungierendes Kapital über Jahre hinweg nicht immer gleich groß bleiben muss. Originalkapital* bezeichnet auf dieser Stufe der<br /> Entwicklung das Kapital, das zu Beginn eines Jahres<br /> (nicht zu Beginn des Verwertungsprozesses überhaupt)<br /> als fixes oder zirkulierendes Kapital in der Produktions—<br /> oder Zirkulationssphäre entweder stofflich gebunden oder<br /> als Geldbrache vorgefunden wird. Als Zusatzkapital*(„Jahreszusatzkapital“)<br /> gilt dagegen nun jener Kapitalanteil, welcher im ent—<br /> sprechenden Jahr zusätzlich notwendig wird, um die<br /> Verwertung dieses Originalkapitals*(„Jahreszusatzkapital“)<br /> und überhaupt die Kontinuität der Verwertung zu gewährleisten, oder die-<br /> se auch eventuell zu erweitern. In der quantitativen<br /> Bestimmung des fungierenden Kapitals wird also ebenfalls<br /> auf das Jahr Bezug genommen, wobei das Zusatzkapital in<br /> der Summe entsprechend der kürzeren Verausgabungsdauer<br /> gewichtet wird. Ein derart bestimmtes Kapital soll im<br /> folgenden als Jahreskapital bezeichnet werden. Das<br /> Verhältnis:<br /><br /> Jahresunternehmergewinn<br />------------------------------------<br /> Jahreskapital <br /><br /> heiße Jahresverwertungsrate.<br /></span><br /> Es sei hier nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Jahreskapital nicht<br /> die Summe der im Jahr auftretenden Vorschüsse darstellt.<br /> Je nach der Umschlagszeit können Teile des als Jahreska—<br /> pital geliehenen Geldes öfter als einmal im Verwer—<br /> tungsProzess vorgeschossen werden und damit den Kreislauf<br /> durchlaufen. Marx macht in einem ähnlichen Zusammenhang<br /> (MEW 24, 16. Kapitel) die Unterscheidung von vorgeschos—<br /> senem und angewandtem Kapital. Das angewandte Kapital ist<br /> die Summe des im Jahr real fungierenden Kapitals und ent— -<br /> spricht am ehesten bei uns der Summe der Vorschüsse. Das<br /> vorgeschossene Kapital entspricht bei uns dem geliehenen<br /> Jahreskapital, d.h. der Summe von Original— und Zusatz—<br /> kapital. *<br /> <br /> Marx diskutiert die Differenz von vorgeschossenem und -<br /> angewandten variablen Kapital hinsichtlich ihrer Aus-<br /> wirkung auf die “Jahresmehrwertrate“. Bei konstanter<br /> “Mehrwertrate“ realisiert ein Kapital mit einer höheren<br /> Umschlagsgeschwindigkeit des variablen Kapitals einen<br /> höheren Mehrwert im Jahr als ein gleichgroßes, das ent-<br /> sprechend langsamer umschlägt; es hat damit eine höhere<br /> “Jahresmehrwertrate“. Wir können dem Argument nicht fol—<br /> gen, da die Annahme einer festen “Mehrwertrate“ uns aus<br /> wertformanalytischen Überlegungen unmöglich scheint.<br /><br /> - (Vgl. die Darstellung in den Abschnitten I,II,III).<br /> Einen ähnlichen Sachverhalt können wir jedoch bezüg-<br /> lich der Entwicklung der Jahresverwertungsrate inner-<br /> halb einer Branche feststellen.<br /> <br /> Es werden hierbei entweder zwei „ähnliche Kapitale“, d.h.<br /> zwei Kapitale einer Branche, die bis auf die Umlaufs—<br /> zeiten im wesentlichen gleich sind (die Argumentation<br /><br /> - verläuft analog zur Thematisierung der Erhöhung der<br /> Aufteilungsrate in III §3), oder ein Kapital in zwei<br /> verschiedenen Jahren mit verschiedenen Umschlagszeiten,<br /> aber konstant gebliebenen Kosten und Preisen, verglichen.<br /> <br /> <br /> <br /> <span style="font-weight:bold;"> §6<br /> Die Jahresverwertungsrate ist also bestimmt durch zwei<br /> Größen: <br />a)Jahresprofit und b) Jahreskapital <br /><br /> zu a) Der Jahresprofit hängt ab von der Differenz des<br /> Verkaufspreises zu den Kosten der im Jahr verkauf-<br /> ten Produkte.<br /> </span><br /> Den Verkaufspreis als gegeben (durch den Markt be—<br /> stimmt) gesetzt, ist es neben der Senkung der Kosten<br /> (geringste Einkaufspreise/Leihpreise, kostensparen—<br /> de Substitution) vor allem die Erhöhung der Um—<br /> schlagsgeschwindigkeit und, die Kapazitätsauslastung,<br /> was den Jahresprofit erhöhen kann. Dasselbe gilt für<br /> Produktionssteigerungen, die durch Erweiterungen oder<br /> durch erhöhte Produktivität hervorgerufen werden.<br /> <br /> <span style="font-weight:bold;">zu b) Kostensenkung und Beschleunigung des Umschlags, ins-<br /> besondere die Verkürzung der Zirkulationszeit können<br /> auch das Jahreskapital, das erforderlich ist, um ein<br /> bestimmtes (stoffliches) Ausmaß an Produktion auf-<br /> recht zu erhalten, verringern. Einzelne Kapitalteile<br /> werden vermindert, Zusatzkapitale überflüssig etc.<br /> Darüber hinaus bedeutet die “Verflüssigung“ der Vor-<br /> schüsse und Rückflüsse eine Verminderung notwendiger<br /> Geldbrache, aber auch stofflicher Brache.<br /> </span><br /> Die verschiedenen Methoden, die zur Senkung eines Jahres—<br /> kapitals, relativ zum Umfang der Produktion und zur Er-<br /> höhung des Jahresprofits führen, können<br /> zueinander in Widerspruch geraten. Nur wenn sie in ei-<br /> nem ausgewogenen Maß angewandt werden, ergibt sich<br /> eine Steigerung der Jahresverwertungsrate.<br /> <br /> <br /> <br /> <span style="font-weight:bold;"> §7<br /> Die Verwertung des Kapitals ist abhängig von Kosten und<br /> Geschwindigkeit der Produktion und der Zirkulation, wie <br /> die vorangehenden Paragraphen zeigen. Wir sind nun auf<br /> der Entwicklungsstufe in der Darstellung angelangt, auf<br /> der die Vermittlung des Kapitalverwertungsprozesses durch<br /> verschiedene, selbständige Arten von Kapital thematisiert<br /> werden kann. Das, was wir bisher einfach als das sich ver—<br /> wertende Kapital bezeichnet haben, soll von nun an zur<br /> Abgrenzung von dem Folgenden als Grundformkapital gefasst werden.<br /> Kapital, das seine Aktivität auf die Produktion konzentriert, heiße industrielles Ka-<br /> pital. Kapital, das sich auf die Ausführung der Zirku—<br /> lationsarbeit konzentriert, heiße kommerzielles Kapital.<br /></span><br /> Da die Zirkulationssphäre die Funktionssphären des Waren—<br /> kapitals und des Geldkapitals (VI §1f) umfasst, lässt sich<br /> das kommerzielle Kapital näher in Warenhandlungskapital<br /> und Geldhandlungskapital aufgliedern. Das industrielle<br /> Kapital befindet sich hauptsächlich in der produktiven<br /> Sphäre, umfasst aber in gleichsam abgekürzter Weise die<br /> beiden Zirkulationsstadien, die ihrerseits hauptsächlich<br /> Funktionsbereich der selbständigen Zirkulationskapitale<br /> sind. Da das industrielle Kapital alle drei Stadien um-<br /> fasst, ist sein Kreislauf dem des Grundformkapitals am<br /> ähnlichsten. Das Warenhandlungskapital, das wie alles<br /> Kapital unter die abstrakte Formel G—G‘ fällt, befindet<br /> sich hauptsächlich in der Sphäre des Warenkapitals, taucht<br /> aber im Kaufen und Verkaufen immer wieder in die Sphäre<br /> des Geldkapitals ein. Das Geldhandlungskapital be-<br /> schränkt sich im wesentlichen auf die Sphäre des Geld—<br /> kapitals und vermittelt dort das Ineinandergreifen der<br /> Kreisläufe von industriellem und Warenhandlungskapital,<br /> indem es deren Geldgeschäfte tätigt. Auch das Zahlen<br /> von Revenuen und das Aufbewahren von Geld kann das Geld—<br /> handlungskapital als Arbeit übernehmen. Die Aufspal-<br /> tung des Grundformkapitals, die Vermittlung seines<br /> Kreislaufes durch drei gegeneinander selbständige Teil—<br /> kreisläufe hat u.a. die Erhöhung der Umschlagsgeschwin—<br /> digkeit (der betreffenden Waren), die Senkung der Kosten<br /> und insbesondere die Verringerung der Brache von Zir—<br /> kulationskapital zur Folge, da das kommerzielle Kapital<br /> nicht nur die Warenverkäufe/Geldgeschäfte eines, sondern<br /> mehrerer industrieller Kapitale übernimmt.<br /> <br /> Mit der Differenzierung: industrielles Kapital, Waren—<br /> handlungskapital, Geldhandlungskapital — scheint zum<br /> ersten Mal die Besonderheit eines Kapitals Thema zu<br /> werden. Nun ist diese Besonderheit gerade keine, die<br /> der stofflichen Besonderheit einer produzierten Ware -<br /> geschuldet ist. Diese bleibt noch ein Stück weit in<br /> der Analyse gleichgültig. Dadurch ist es auch möglich,<br /> all die Bestimmungen, so weit sie bisher als die allge-<br /> meinen Bestimmungen des Kapitals entwickelt wurden (was<br /> ja zuletzt zu einem schon ziemlich veräußerlichten Be-<br /> griff des Kapitals geführt hat), auf diese drei Kapital—<br /> arten anzuwenden. (Insbesondere geht es hier um die <br /> Jahresverwertungsrate und die Revenue— bzw.<br /> <br /> Leihverhältnisse. Als Oberbegriff der Arbeitsproduktivität (bei industriellen Kapitalen) und dem Ensprechenden bei den kommerziellen Kapitalen soll „Effektivität“ verwendet werden.) Zugleich aber beinhaltet die Diffe-<br /> renzierung dieser drei Kapitalarten ein wichtiges, die<br /> Analyse weitertreibendes Moment. Es ist der Hinweis auf<br /> den gesellschaftlichen Zusammenhang der Kapitalkreis—<br /> läufe. Bisher wurde das Kapital, seine Verwertung in<br /> allgemeiner Weise quasi als etwas Einzelnes, Selbstän-<br /> diges thematisiert. Und dies in einer eigentümlichen<br /> Unterschlagung des gesellschaftlichen Aspekts des<br /> Kapitals, der ja im Wertbegriff selbst liegt. Für die-<br /> se Unterschlagung war der Wertbegriff ebenfalls verant-<br /> wortlich, da er gerade von der Besonderheit, und damit<br /> der Rolle der Besonderheit im gesellschaftlichen Re—<br /> Produktionsprozess, abstrahierte. Die stoffliche Repro-<br /> duktion wurde als gegeben, erfolgt genommen. Wir wer—<br /> den im folgenden sehen, wie diese stoffliche Repro-<br /> duktion selbst zum Ergebnis der Verwertungsprozesse<br /> verschiedener, nun in ihrer Besonderheit wichtiger, Kapitale wird.<br /> <br /> Erinnern wir uns. Ausgegangen wurde von den vielen Wa—<br /> renproduzenten, ihre Gleichheit unter den Begriff des<br /> Kapitals gefasst. Mit der absoluten und relativen Er-<br /> höhung des Kapitalanteils (III §3) kamen erstmals<br /> Differenzierungen zur Sprache, Differenzierungen, die<br /> an konkreter Ausgestaltung der Produktion eines Pro-<br /> dukts festmachten. Differenzierungen also innerhalb der<br /> Branche. Die Besonderheit der Ware blieb gleichgültig<br /> wie zuvor. Der Warenproduzent wurde gewissermaßen in—<br /> dividuiert zu den vielen Kapitalen einer Branche. Diese<br /> Individuierung betrifft alle Warenproduzenten, ist also<br /> eine allgemeine Bestimmung derselben. Zugleich treffen<br /> die vorhergehenden Bestimmungen des Warenproduzenten<br /> auch auf alle einzelnen Kapitale einer Branche zu. Der<br /> Kapitalbegriff ist damit verfeinert, bleibt dabei wei-<br /> terhin allgemein, da ja die angesprochene Differenzie-<br /> rung innerhalb einer Branche, das Produkt dieser Branche<br /> in seiner Besonderheit gleichgültig lässt. (Und das geht<br /> bis hin zur Bestimmung der Momente, die die Jahresver—<br /> wertungsrate beeinflussen.)<br /> <br /> Die weitere Verfeinerung des Kapitalbegriffs ändert noch<br /> nichts an dessen allgemeiner Gültigkeit, unterscheidet<br /> sich jedoch von der vorigen, insofern als nicht nur das<br /> selbständige Nebeneinander von Kapitalen konsta-<br /> tiert wird, sondern zugleich die Abhängigkeit der<br /> drei Kapitalarten voneinander deutlich macht, denn nur<br /> zusammen vermitteln sie den Kreislauf des Grundform—<br /> kapitals. Diese Vermittlung beschränkt sich aber beim<br /> kommerziellen Kapital nicht auf den Kreislauf eines,<br /> sondern bezieht sich auf mehrere Grundformkapitale.<br /> Mit dem Begriff des kommerziellen Kapitals werden die<br /> Grundformkapitale, die hier gewissermaßen in verstüm-<br /> melter Form als industrielle Kapitale auftauchen, in<br /> ihren Kreisläufen miteinander verbunden. Der kommer-<br /> zielle Profit speist sich nicht aus dem Profit eines,<br /> sondern mehrerer Grundformkapitale, die gegenseitige<br /> Abhängigkeit wird offensichtlich. Und ausgehend von<br /> dieser Verflechtung erweist sich die Bedeutung der Be—<br /> sonderheit der produzierten Waren, cf. VI § 14.<br /> <br /> <br /> <br /><br /> <span style="font-weight:bold;"> §8<br /> Industrielles Kapital, Warenhandlungs— und Geldhandlungs—<br /> kapital sind insoweit gleichrangig, als es bei ihnen je-<br /> weils, wie beim Grundformkapital, um die Verwertung vor—<br /> geschossenen Geldes geht. Die Bestimmungen der Verwer-<br /> tung des Grundkapitals können entsprechend modifiziert<br /> in äußerlicher Weise auf sie übertragen werden.<br /> Industrielles Kapital, Warenhandlungs— und Geldhandlungs—<br /> kapital vermitteln gemeinsam den VerwertungsProzess des<br /> Grundformkapitals und partizipieren an ihm durch Verwertung<br /> des jeweils vorgeschossenen Kapitals. Diese Partizipation<br /> geschieht beim Warenhandlungskapital durch Differenzierung<br /> in der Preisbildung zwischen den industriellen und den<br /> Warenhandlungskapitalen. Der Profit des Warenhandlungs—<br /> kapitals (auch als kommerzieller Profit bezeichnet) ist<br /> nichts anderes als die Differenz von Ankaufs— und Ver-<br /> kaufspreis der Waren abzüglich der Zirkulationskosten.<br /> Dieses Auseinanderfallen von An— und Verkaufspreis der<br /> Waren verfestigt das im oberflächlichen Bewusstsein vor—<br /> handene „falsche“ Verständnis des Warenpreises als Summe<br /> von Kosten und Gewinn. Und in der Tat drückt der Zwischen—<br /> verkaufspreis nicht den Wert aus, sondern Kosten und Gewinn des verkaufenden Kapitals. Die Realisierung des Warenwerts geschieht erst im Endverkaufspreis. <br />Die durch die (vertikale) Aufspaltung des Grundformkapitals verursachte Gliederung des Warenmarktes hat Auswirkung auf die Entwicklung des Preisbegriffs (siehe MEW 25 /325 zum „merkantilen“ Preis.)<br /><br />§9 Bankkapital<br /> Durch das Aufbewahren großer Mengen von gerade brachliegendem Geldkapital (verschiedener fungierender Kapitale) ist es dem Geldhandlungskapital möglich, Geld gegen Zins an Dritte auszuleihen. Es ist damit zu Bankkapital geworden. Der Zins, den die Bank für ausgeliehenes Geld erhält, wird zwischen den Geldeinlegern und der Bank aufgeteilt.<br /><br />§10 Konto / Guthaben / Geldgestalten<br />Jeder Einleger hat ein Konto bei der Bank, auf dem sein jeweiliges (positives oder negatives) Guthaben ausgewiesen ist. Die Guthaben bei der Bank stellen das Buchungs- oder Giralgeld dar. Und auch „Arbeitnehmer“ haben (seit einigen Jahrzehnten) Girokontos als Gehaltskonto, von dem die Bank durch Daueraufträge den „bargeldlosen Zahlungsverkehr“ (Miete, Autosteuer, Telefon, Strom, Wasser, ...) erledigt. Wir haben damit in der Kapitalanalyse wieder ein Stück Alltagswissen eingeholt.<br /></span><br />Das Giralgeld ist zu unterscheiden vom „wirklichen“ Geld, das wir nun zur Abgrenzung mit Bargeld bezeichnen. Das Bargeld hat all die Bestimmungen, die aus der Analyse der Geldform des Werts sich ergaben. Bargeld ist Zirkulationsmittel, Zahlungsmittel und Wertausdruck, also Maß und selbständige Gestalt des Werts. Das Giralgeld fungiert dagegen bloß als Zahlungsmittel und „Rechengeld“, wobei es hierbei sein Maß vom Bargeld erhält. Das Giralgeld ist somit eine abgeleitete Geldgestalt.<br /><br />Scheck<br />Der Einleger verfügt über sein Guthaben (und in gewissem Umfang darüber hinaus, „Kontoüberziehung“) , indem er/ sie Anweisungen an die Bank gibt. Zu unterscheiden sind Operationen, die<br />a)innerhalb des Giralgeldes stattfinden (eingehende und herausgehende Überweisungen)<br />b)Bargeld in Giralgeld (Bareinzahlungen) oder Giralgeld in Bargeld (Abhebung) verwandeln.<br />Die Abhebung von Geld als tagtägliche gesellschaftliche Praxis bringt verschiedene Sonderformen wie das Scheckbuch, die Geldautomaten und die maschinenlesbaren Bankkarten hervor. Es handelt sich um aus der abgeleiteten Gestalt (Giralgeld) abgeleitete Geldgestalten. So nimmt in unserem Alltag der Bezug auf den Wert (gesellschaftliche Arbeit) eine praktisch-begriffslose Form an wie: „Strom kommt aus der Steckdose“.<br /><br />Geld und Staat – Hinweis auf einen späteren Ort der Behandlung<br />Die im Rahmen der allgemeinen Kapitalanalyse stattfindende Auseinandersetzung mit Geld ist als eine Form sozialphilosophischer Reflexion zu unterscheiden von spezialwissenschaftlichen Geldtheorien. Die Marxsche „Kritik der politischen Ökonomie“ schlägt dem bürgerlichen Staat, Abteilung Notenbank nicht eine bestimmte (andere) Höhe der Umlaufmenge des Geldes vor. <br />Die immense Bedeutung der abgeleiteten Geldformen und die in ihnen ebenfalls zum Ausdruck kommenden Möglichkeiten der Krise und damit der Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhangs ist die Grundlage für politische Regellungen. Dies umso mehr, als moderne Staaten sich selber durch Geldsteuern finanzieren. Schon aus diesem Grund sind politische Festlegungen zum „gesetzlichen Zahlungsmittel“ angesagt. Dies lässt sich systematisch freilich erst nach Darstellung der Verdopplung in (kapitalistische) Gesellschaft und (äußeren) Staat thematisieren. Nationalstaatlich koordiniertes, „transnationales“ Vorgehen kennzeichnet unsere europäische Lage seit Errichtung der Europäischen Zentralbank und der Ablösung nationaler Notenbanknoten durch den EURO in den Beitrittsstaaten der Währungsunion.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§11 Leihkapital<br />Wir sind inzwischen so weit in der Darstellung, dass die Darstellungsvoraussetzung, die wir bisher brauchten: <br />„Das ganze fungierende Kapital wird auf unbestimmte Zeit ausgeliehen“<br />nun so nicht mehr aufrechterhalten werden muss. Denn Kapitale können zurückfließendes Geldkapital, statt es brachliegen zu lassen, an die Banken zurückzahlen.<br />Freilich macht dies erforderlich, dass zu späterer Zeit, wenn wieder Kapital für den Verwertungsprozess vorgeschossen werden muss, passendes Leihkapital zu haben ist. Denn nur dann hat es Sinn, durch zwischenzeitliches Rückzahlen geliehenen Geldes die Jahresverwertungsrate nicht nur durch Einsparen von Zinskosten, sondern auch durch Verringerung des fungierenden Kapitals zu erhöhen. Für den Geldkapitalisten bedeutet die Rückzahlung des Geldes zunächst möglichen Zinsverlust und ist daher für ihn nur dann sinnvoll, wenn eine andere, passende Verleihmöglichkeit für sein Geld gefunden werden kann. Die Darstellung dieser Geldbewegungen ist somit zugleich Aufweis von Risiken.</span><br /><br />Hinweis auf die Konkurrenz(formanalyse)<br />Es kann für eine mit anderen konkurrierendes Kapital ungünstig sein, seine gesamten Geschäfte<br />Sozusagen „mit einem Kapital“ (=mit eigenem Kapital) zu tätigen, obwohl es dadurch die Zinskosten sparen könnte, vgl. VII § 18ff . Die Entscheidung über Eigenkapital / Fremdkapital muss in der jeweiligen Konkurrenzsituation getroffen werden.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§12 Liquidität<br />Auf Grundlage eines konzentrierten Geldmarktes, eines Systems von Banken, kann das fungierende Kapital sich eines Großteils drohender Geldbrache entledigen. Die vorhandene Restbrache bestimmt die Liquidität.<br />Das der Brache entrissene Geld vermittelt den Verwertungsprozess zusätzlicher oder vergrößerter fungierender Kapitale. Die Kreisläufe der fungierenden Kapitale verschlingen sich. Das Geld vermittelt gleichzeitig die Verwertung mehrerer Kapitale. Bisher war es nur möglich, dass Geld hintereinander, eben in zwei verschiedenen Kreisläufen fungierender Kapitale auftauchen kann, vermittelt z.B. durch den Kauf von Produktionsmitteln. Nun ist es so, dass brachliegendes Bargeld (reale Brache 1) in Giralgeld (nominale Brache) überführt wird. Damit wird es zinstragend. Das bei der Bank deponierte Geld wird nun über den Bankkredit dem Verwertungsgeschehen erneut zugeführt. Dadurch wird durch Vermittlung der Banken die Geldbrache verkürzt / verringert. Sie nimmt die neue Form der Geld-Reserven (reale Brache 2) der Banken an. Da fungierende Kapitale Forderungen an Banken haben, wirkt sich die Liquidität der Banken aus auf die Liquidität der Kapitale.<br /><br />§ 13 Krise / kommerzieller Kredit / Wechsel / Skonto<br />Das Ineinander der Verwertungskreisläufe lässt die Liquiditätsprobleme einzelner fungierender Kapitalisten / Banken leicht zu einer sich ausbreitenden Zahlungskrise heranwachsen. Die Krise ist im Kapitalismus nichts außergewöhnliches, sondern ihre Bewegungen sind ein ASPEKT dieser Form der Vergesellschaftung selber.<br />Die Zahlungskrise wirkt sich aus auf Verknappung / Verteuerung der Bankkredite. Dem können industrielle und Warenhandlungskapitale begegnen durch gegenseitiges Einräumen von kommerziellem Kredit. Dies kann zu einer weiteren abgeleiteten Form des Geldes führen, dem Wechsel. Der Käufer stellt dem Verkäufer (statt sofortiger Geldzahlung oder gleich einzulösender Anweisung) eine Geldanweisung zu einem späteren Zeitpunkt aus. Der Wechsel beläuft sich auf den Barpreis der Ware plus Zins für die Laufzeit des Wechsels. Wird die Zahlung doch früher beglichen (vor Fälligkeit des Wechsels), kann ein Teil des Zinses als Skonto wieder abgezogen werden.<br /><span style="font-weight:bold;"></span></span><br />„Geplatzte Wechsel“ können ihrerseits zu Kettenreaktionen führen. Bis zu seinen Verfallsdatum kann ein Wechsel als Zahlungsmittel zirkulieren. Ein „sicherer Wechsel“ kann zur Bank gebracht und dort „diskontiert“ (Abzug des Diskontsatzes) und dem Konto gutgeschrieben werden. Die Prüfung des Wechsels kann aber auch zu einer „vorsichtigen“ Einschätzung der Kreditwürdigkeit des Schuldners führen. In diesem Fall weigert sich die Bank, dem Gläubiger das Risiko abzukaufen. Er bleibt dann (jedenfalls vorläufig) „auf seinen Wechseln sitzen“ und seine Liquidität kann dadurch sich verringern oder zu einem abrupten Ende kommen. Dies hat in einem System vielseitiger „Verbindlichkeiten“ Verschärfung (schon bestehender Krise) zur Folge, bis hin zur Erklärung der Zahlungsunfähigkeit.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§14 Reproduktion(sschemata) - Darstellungsvoraussetzung<br />Die Kreisläufe der verschiedenen fungierenden Kapitale (industrielles, kommerzielles und Bankkapital) verschlingen sich zur Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Vom Standpunkt der stofflichen Reproduktion durch Produktion, Austausch und Konsumtion von Industriewaren lässt sich die Betrachtung zunächst auf die industriellen Kapitale (oder sogar: zwei Sorten von Grundformkapital) beschränken. Es wird in der Darstellung der gesellschaftlichen Reproduktion der Ausgangspunkt des KAPITAL, Reichtum als Warensammlung erneut thematisiert. Die bis hierhin fortgeführte Analyse gestattet nun eine inhaltsreichere, detaillierte Darstellung. Die Warenwelt wird nun nicht mehr nur als zeitgenössisches Faktum aufgegriffen, sondern es wird der komplexe gesellschaftliche Prozess zum Thema, der jene Warenwelt schafft. Dies zeigt im Übrigen, dass es sich auch am Anfang nicht um die sog. „einfache Warenproduktion“ vorkapitalistischer selbständiger Jäger und Fischer, kleiner Bauern, Handwerker etc. handelt.</span><br />Die produktiv konsumierten Industriewaren müssen ersetzt werden. Die Kreisläufe der Kapitale, die Produktionsmittel verwenden, welche sie nicht selber herstellen, sind daher auf die Produktion dieser Waren durch andere Kapitale angewiesen. Umgekehrt sind Kapitale, deren Lohnarbeiter Lebensmittelwaren konsumieren, die von anderen kapitalistischen Warenproduzenten hergestellt werden, in ihrer Verwertungsbewegung von jenen Kapitalen mittelbar abhängig <br /><br />Marx hat diesen Zusammenhang der materiellen Reproduktion unter kapitalistischen Bedingungen (auch unter Einschluss der individuellen Konsumtion der Kapitalisten selber, was jedoch durch Hereinnahme der Akkumulation, also den Übergang von der einfachen zur „erweiterten“ Reproduktion an Bedeutung verliert) in den berühmten REPRODUKTIONSSCHEMATA (siehe: Ende von MEW 24) dargestellt.<br /><br />Die Abteilung I, die die Produktionsmittel herstellt, tauscht bei einfacher Reproduktion Produkt in der Höhe ihres Neuwerts gegen Produkt in der Höhe des Altwerts der Abteilung II, die sie Konsumtionsmittel (für ArbeiterInnen und KapitalistInnen) herstellt, vgl. MEW 24/429.<br />Für die einfache Reproduktion (oder: „Reproduktion auf gleicher Stufe“) sind MEW 24/414f von Marx genaue Angaben in der Form eines Zahlenbeispiels gemacht. In: Holt/Pasero/Roth, „Zur Wertformanalyse“ (es , Ffm 1974) habe ich dies durch eine Skizze illustriert. Die Charakterisierung sei hier wiedergegeben: Im Marxschen Reproduktionsschema „erscheint das Kapital direkt in den Daseinsformen Geldkapital und Warenkapital. Es erscheint indirekt als produktives Kapital, was sich insbesondere in der Zusammensetzung des Produktenwerts (c+v+m) zeigt. Das Geldkapital wird durch Rückfluss, das Warenkapital durch Produktion, das produktive Kapital durch Zirkulation reproduziert. Das Jahresprodukt der Abteilungen stellt die verschieden formbestimmten Teile des Produktenwerts (c,v,m) in gemeinsamer Naturalform dar: eben als Konsumtions- bzw. Produktionsmittel. Die Auflösung des gesamtprodukts in seine Wertbestandteile ist Trennung der durch das Kapitalsverhältnis verschieden formbestimmten Teile der abstrakten Arbeit. Diese Auflösung ist praktisch nur möglich durch Warenzirkulation, in der Naturalform des konstanten Kapitals von Abteilung II Wertform des variablen Kapitals und des Mehrwerts von Abteilung I ist.“ (p.88).<br /><br />DARSTELLUNGSVORAUSSETZUNGEN<br />Die Marxsche Darstellung arbeitet, um den soeben umrissenen Kern kapitalistischer Reproduktion „in reiner Form“ sichtbar werden zu lassen, mit vereinfachenden Darstellungsvoraussetzungen:<br />1.Die Produktionszeit beträgt einheitlich für alle Kapitale ein Jahr. (In MEW 24 nicht explizit formuliert, aber siehe p. 497)<br />2.Die Zirkulationszeit ist Null. Von den Zirkulationskosten ist abgesehen.<br /><br /><br />1.Alle Produktionselemente werden im Voraus für 1 Jahr gekauft.<br />2.Die Bezahlung erfolgt bar beim Kauf.<br />3.Vom restierenden fixen Kapital, das ja in den Wert des Jahresprodukts nicht eingeht, wird abgesehen, vgl. MEW 24/395).<br /><br /><br /><span style="font-weight:bold;">§15 Die Bedeutung der Quesnay-Marxschen Reproduktionsschemata<br />Sie bieten die Grundlage zum Verständnis der gesellschaftlichen Reproduktion in ihrer kapitalistischen Form, bei „indirekter Vergesellschaftung“. Was in der Wertform von der insgesamt aufgewendeten industriellen Arbeit als gesellschaftliche Arbeit und also als Wertsubstanz Anerkennung findet, zeigt sich immer erst im Nachhinein.</span><br /><br />Die Reproschemata sind für die bürgerliche Gesellschaft zu ergänzen durch das, was in den Familien an Reproduktionsarbeit geleistet wird und Analyse der „Form“, die diese „Hausarbeit“ hat.<br />Sie sind ferner zu ergänzen durch reproduktionsrelevante Staatsausgaben, wobei dem Staat wegen seiner Steuergewalt das Privileg zukommt, seine Einkäufe nicht durch Verkäufe decken zu müssen.<br /><br /><span style="font-style:italic;"><span style="font-weight:bold;">Taugen die Repro-Schemata für einen „Verein unmittelbarer Produzenten“ zur Planung der direkt vergesellschafteten Arbeit? Formulieren sie einen Zusammenhang, der in seinem materiellen Kern auch nach Abstreifen der kapitalistischen Formbestimmtheit für die Verteilung der Arbeit auf Produktionsmittel- und Konsumtionsmittel-Herstellung weitergilt? Geben die Repro-Schemata nicht auch Anlass, sich Fragen verringerter Produktion im Verhältnis zu erweiterter Reproduktion als bewusste gesellschaftliche Entscheidung zu stellen? <br />Mir scheint es ein Beleg für den fragmentarischen Charakter des KAPITAL, dass im Manuskript dieses Teils der Kapitalanalyse diese praktisch-politischen Perspektiven nicht thematisiert werden</span>.</span><br /><br /><span style="font-weight:bold;">§16 Zur Bedeutung des Gebrauchswerts<br />Die Reproduktion eines individuellen Kapitals muss innerhalb der Gesamtbewegung von Waren, anderen Produktionselementen (Natur / Wissenschaft / Arbeitskraft) und Geld erfolgen. Reproduktion bedeutet hierbei, dass die für das individuelle Kapital im Laufe seiner Aktivität entstehenden Kosten durch Rückflüsse gedeckt werden und darüber hinaus ein Unternehmergewinn als Überschuss realisiert wird. Beim individuellen industriellen Kapital hängen die Rückflüsse vom Verkauf der jeweils produzierten Waren ab. Dieser Verkauf ist im System der gesellschaftlichen stofflichen Reproduktion gebunden an den (individuell-konsumtiven / Abteilung I oder kapitalistisch-produktiven / Abteilung II) Gebrauchswert des Produkts. Die Realisation von Gebrauchseigenschaften im Zusammenhang gesamtgesellschaftlicher Reproduktion ist in „Gesellschaften, in denen kapitalistische Produktionsweise herrscht“ an die Vermittlung durch Geld gebunden.</span><br /><br />Die individuelle Reproduktion eines merkantilen Kapitals ist ebenfalls an den Gebrauchswertaspekt der Ware gebunden, da das merkantile Kapital eine vermittelnde Rolle zwischen den industriellen Kapitalen und den letztlich kaufenden Konsumenten (der individuellen oder produktiven Konsumtion) spielt. Insofern ein merkantiles Kapital die Kreisläufe verschiedener (und auch wechselnder) individueller industrieller Kapitale vermittelt, ist seine Reproduktion nicht so sehr an einen einzigen Gebrauchswert, sondern an ein Teilsystem von Gebrauchswerten gebunden. Die Banken, die mit Leihkapital, als einer „Ware höherer Ordnung“ handeln, erfahren die Schwierigkeiten, die aus der materiellen Gestalt der Ware resultieren, auf vermittelte Weise. Die individuelle Reproduktion einer Bank ist ja gebunden an die Verwertung der jeweils von dieser Bank Geldhandlungsaktivitäten in Anspruch nehmenden Kapitale.<br /><br />Das System der Besonderheiten (von Produzenten, Produkten und Konsumenten) ist Voraussetzung wie Resultat des Systems der Verwertung. In diesem Zusammenhang von Tauschwert und Gebrauchswert ist gesellschaftliche Arbeit konstituiert. Zugleich ist in der Wertform gesellschaftlicher Arbeit hier die Besonderheit der Ware der abstrakten Allgemeinheit des Geldes unterworfen. <br />Produkte konkreter Arbeit, die nicht verkauft werden, sowie konkrete Nachfrage, die nicht „kaufkräftig“ ist, fallen aus diesem System heraus. (Vgl. hierzu die Differenz von reeller und ideeller Gesellschaft in VIII § 2)<br /><br />Die Zirkulation bietet vielerlei Anlässe zur Spekulation. Heike Faller: Wie ich einmal versuchte, reich zu werden. Mein Jahr unter Spekulanten, München 2009<br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><span style="font-weight:bold;">ENDE DER REKONSTRUKTION DER ANALYSE des KAPITALs im Allgemeinen</span>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-4973141106735398032009-06-22T14:26:00.004+02:002009-06-24T08:55:37.303+02:00Grundform und abgeleitete Formen<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgmHBG8Qg1Z904_nGx97oOLwQGi6hizeEJOSTRUZM7paDtEUQJgRQSyEKCrMhwpaVkGYCbMxc6B-gY_WqIPH-dYVpkP8HlwZpgz_RGMgKpV4AP-ckBe_O0NMLpTWEN6tLZ63XY5/s1600-h/LaufGeld218.jpg"><img style="float:left; margin:0 10px 10px 0;cursor:pointer; cursor:hand;width: 400px; height: 141px;" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgmHBG8Qg1Z904_nGx97oOLwQGi6hizeEJOSTRUZM7paDtEUQJgRQSyEKCrMhwpaVkGYCbMxc6B-gY_WqIPH-dYVpkP8HlwZpgz_RGMgKpV4AP-ckBe_O0NMLpTWEN6tLZ63XY5/s400/LaufGeld218.jpg" border="0" alt=""id="BLOGGER_PHhttp://www.blogger.com/img/blank.gifOTO_ID_5350130937406011394" /></a><br /><br />zunächst aber Nachtrag eines Protokolls:<br /><br />HS Von Marx zu Marx<br /><br />Protokoll der Sitzung am 08.06.2009<br /><br />13. Kapitel / 2. Wertabgabe der Maschine an das Produkt <br /><br />Im „Kapital“ widmet sich Marx dem Verstehen der epochalen kapitalistischen Prozesse auf Basis einer begrifflichen Analyse der "großen Industrie"; dabei wird das Ineinandergreifen von historischer und systematischer Darstellung heute als eher hinderlich angesehen. Mit der "Kritik der pol. Ökonomie" stellte Marx sein Selbststudium unter Beweis, das ihm die reichhaltige Bibliothek des British Museum in London ermöglichte; zentraler Punkt ist die Behandlung der Produktion des relativen Mehrwerts. Im Gegensatz zu Marx verfügte Engels bereits über ein umfangreiches Fachwissen, als Sohn einer Fabrikantenfamilie erfuhr er die industriellen Produktionsprozesse aus erster Hand. <br />Im dreizehnten Kapitel fokussiert Marx die Großindustrie, in der Maschinen Maschinen produzieren; Arbeit wird als Lebewesen verstanden:<br />„Als Maschinerie erhält das Arbeitsmittel eine materielle Existenzweise, welche Ersetzung der Menschenkraft durch Naturkräfte und erfahrungsmäßiger Routine durch bewußte Anwendung der Naturwissenschaft bedingt. In der Manufaktur ist die Gliederung des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses rein subjektiv, Zusammensetzung von Teilarbeitern; im Maschinensystem besitzt die große Industrie einen ganz objektiven Produktionsorganismus [Hvh. f. Vfs.], den der Arbeiter als fertige materielle Produktionsbedingung vorfindet.“ (S. 368f.)1 / MEW 23:407<br />In der Maschinerie manifestiert sich die Wissenschaft als Produktionstechnik. Die Dampfmaschine ist der zentrale Motor, an den alle produzierenden Maschinen der Fabrik angeschlossen sind. <br />Von diesem Zentralismus ausgehend stellt sich die Frage, inwiefern wir heute noch »industriell« leben: Einerseits sind die unbeweglichen großen (Rechen-)Maschinen bis auf ein bewegliches Minimum geschrumpft, es gibt Mini-Anwendungen verschiedenster Art, man könnte von einer mikrokosmischen Industrie sprechen; andererseits sind all diese Dinge doch von der einen großen Industrie gefertigt. Wohl aber ist heutzutage die Industrie nicht zuletzt aufgrund der Globalisierung immer und überall greifbar; Computer und Server laufen rund um die Uhr, Börsen sind zahlreich auf der ganzen Welt verstreut, Abgase finden ihren Weg in jeden Lebensbereich hinein. Gedanken Marx' an die Globalisierung (»Globalisierung vor der Globalisierung«) zeigen sich in der Erwähnung der Telegraphie. <br />„Gleich jedem andren Bestandteil des konstanten Kapitals“, so Marx, „schafft die Maschinerie keinen Wert“ – was die moderne Betriebswirtschaftslehre bestreitet – „gibt aber ihren eignen Wert an das Produkt ab, zu dessen Erzeugung sie dient“ (S. 370). Festgehalten wird, „daß die Maschinerie stets ganz in den Arbeitsprozeß und immer nur teilweise in den Verwertungsprozeß eingeht“(ebd.); der Doppelcharakter der Ware (und der Arbeit) in der Maschinerie soll unter der Verbindung von Arbeitsprozess und Verwertungsprozess dargestellt werden, was auf eine Bewertung der Produktion der Maschinerie als Produktion von Mehrwert hinausläuft. <br />„Ziehn wir von [...] Maschinerie und Werkzeug [] ihre täglichen Durchschnittskosten ab oder den Wertbestandteil, den sie durch täglichen Durchschnittsverschleiß und den Konsum von Hilfsstoffen [...] dem Produkt zusetzen, so wirken sie umsonst, ganz wie ohne Zutun menschlicher Arbeit vorhandne Naturkräfte.“ (MEW 23:409)<br />Mit dieser Einschätzung knüpft Marx an die Antike an, in der die Wasserkraft der Mühle als willkommene, den Menschen befreiende Arbeitskraft verstanden wurde. Durch die Maschinerie soll »labour«, mühevolle, quälende körperliche Arbeit, abgeschafft werden; dies stellt ein wichtiges Ziel für die humanistische Wissenschaft und das zu verwirklichende Ideal einer bürgerlichen Industrie dar. <br />Der Satz „Das Verhältnis gegeben, worin die Maschinerie Wert auf das Produkt überträgt, hängt die Größe dieses Wertteils von ihrer eignen Wertgröße ab“ (S. 372) wird mit einer Fußnote versehen, die es zu erläutern gilt:<br />„Der in kapitalistischen Vorstellungen befangne Leser vermißt hier natürlich den „Zins“, den die Maschine, nach Maßgabe ihres Kapitalwertes, dem Produkt zusetzt. Es ist jedoch leicht einzusehn, daß die Maschine, da sie so wenig als irgendein andrer Bestandteil des konstanten Kapitals Neuwert erzeugt, keinen solchen unter dem Namen „Zins“ zusetzen kann. Die kapitalistische Rechnungsweise, die auf den ersten blick abgeschmackt und den Gesetzen der Wertbildung widersprechend scheint, findet im dritten Buch dieser Schrift ihre Erklärung.“ (Ebd.) Anm.110 auf MEW 23:411<br />Aus dieser Anmerkung wird die Argumentationsstrategie Marx' ersichtlich, die intendierte inhaltliche Abfolge der Behandlung der Wertformen. Zuerst soll der Mehrwert bestimmt werden, dazu wird das Kapital in konstantes und variables unterteilt. Variabel ist das Kapital, weil es Mehrwert zusetzt; konstant ist es, eben weil es keine Veränderung erfährt – aber Gefahr läuft, durch Modernisierung entwertet zu werden. Zunächst wird das konstante Kapital idealisiert auf 0 gesetzt (C=0); später, wenn die Darstellungsvorraussetzung aufgehoben ist, kann der Wert von C genauer betrachtet werden – als Geld, das für die kapitalistische Produktion für eine bestimmte Zeit vorgeschossen wird und wieder zurück fließt – inklusive „Profit“.<br /><br />Es ist Marx daran gelegen, durch die systematische Darstellung den Zins als Teil des Mehrwerts verständlich zu machen.Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-12539597847479338082009-06-22T06:03:00.002+02:002009-06-24T10:55:57.547+02:00ANALYSE DER ZINSFORM & RevenueformREKONSTRUKTION DER KAPITALANALYSE <br />Abschnitt IV: ANALYSE DER ZINSFORM<br /> <br /> <br /> § 1 Zu Beginn der Zinsformanalyse wird das Alltagswissen<br /> aufgegriffen, dass zinstragendes Geld Bewegung von Geld<br /> zu mehr Geld ist. Mit der Bestimmung, Bewegung von Geld zu<br /> mehr Geld zu sein, endete aber auch die Analyse des Pro—<br /> duktionsprozesses des Kapitals in Abschnitt III. Die Analyse der Zinsform geht über das Alltagswissen hinaus, indem sie die Verbindung der Verzinsung von Geld mit der Kapitalverwertung herstellt.<br /> <br /> Auch bei Marx finden sich die beiden Momente des Auf—<br /> greifens von kontemporärem Alltagswissen und des In—<br /> bezugsetzens zu einem bestimmten Stand der kategorialen<br /> Entwicklung. “Die Warenzirkulation ist der Ausgangs-<br /> punkt des Kapitals. ... Sehen wir ab vom stofflichen<br /> Inhalt der Warenzirkulation, vom Austausch der ver-<br /> schiedenen Gebrauchswerte, und betrachten wir nur die<br /> ökonomischen Formen, die dieser Prozess erzeugt, so fin-<br /> den wir als sein letztes Produkt das Geld. Dies letzte<br /> Produkt der Warenzirkulation ist die erste Erschei-<br /> nungsform des Kapitals. ... (Es) bedarf nicht des<br /> Rückblicks auf die Entstehungsgeschichte des Kapitals,<br /> um das Geld als seine erste Erscheinungsform zu er-<br /> kennen. Dieselbe Geschichte spielt täglich vor unse-<br /> ren Augen. Jedes neue Kapital betritt in erster In—<br /> stanz die Bühne, d.h. den Markt, Warenmarkt, Arbeits-<br /> markt oder Geldmarkt, immer noch als Geld, Geld, das<br /> sich durch bestimmte Prozesse in Kapital verwandeln soll.“<br /> MEW 23/161.<br /> <br /> <br /> Marx fasst mit “Warenmarkt, Arbeitsmarkt oder Geldmarkt“<br /> im ersten Schritt das in Abschnitt III behandelte pro-<br /> duktive Kapital (Kauf von Produktionsmittelwaren auf<br /> dem Warenmarkt, Kauf von Arbeitskraft auf dem Arbeits—<br /> markt) und das zinstragende Geldkapital (Verleih von Geld<br /> auf dem Geldmarkt) zusammen. In einem zweiten Schritt<br /> nimmt er jedoch auf die Zirkulationsform G—W—G bezug<br /> und schließt dadurch das zinstragende Kapital wieder aus. <br /> <br /> Abschließend heißt es: “Kaufen, um zu verkaufen, oder<br /> vollständiger: Kaufen, um teuerer zu verkaufen, G—W—G‘,<br /> scheint zwar nur einer Art des Kapitals, dem Kaufmanns—<br /> kapital eigentümliche Form. Aber auch das industrielle<br /> Kapital ist Geld, das sich in Ware verwandelt und durch<br /> den Verkauf der Ware in mehr Geld rückverwandelt. ... In<br /> dem zinstragenden Kapital endlich stellt sich die Zirkulation <br /> G—W—G‘ abgekürzt dar ... sozusagen im Lapidarstil<br /> G—G‘. “MEW 23/170<br /> <br /> Sehen wir zunächst vom Kaufmannskapital ab (das Waren—<br /> handlungskapital wird in Abschnitt VI behandelt), so<br /> fällt auf, dass die Formel G—G‘ (von Geld zu mehr Geld)<br /> für das zinstragende Kapital gerade nicht als “Kaufen, um<br /> teurer zu verkaufen“ verdolmetscht werden kann.<br /> Marx gibt eine auch das Warenhandlungskapital (und Ge1d-<br /> handlungskapital?) sowie das zinstragende Kapital um-<br /> fassende “allgemeine Formel des Kapitals“ (MEW 23/170)<br /> an, grenzt dann aber im Verlauf der Untersuchung der “Wi—<br /> dersprüche der allgemeinen Formel“ die Analyse auf die<br /> “Grundform des Kapitals“ (MEW 23/178) ein: “das Handels—<br /> kapital (und das) ... zinstragende Kapital werden wir im<br /> Verlauf unsrer Untersuchung als abgeleitete Formen vor-<br /> finden“. MEW 23/179.<br /> <br /> In unserer Darstellung wird zunächst nur auf die Grundform<br /> des Kapitals bezug genommen und das zinstragende Kapital<br /> wird von vornherein als abgeleitete Form des Kapitals the—<br /> matisiert. Die Analyse der Zinsform greift eine in der Ana-<br /> lyse der Grundform des Kapitals offen gebliebene Frage auf.<br /> <br /> §2 Wenn das Kapital als (durch den Produktionsprozess vermittelte)<br /> Bewegung von Geld zu mehr Geld dargestellt werden konnte, so<br /> blieb bisher die Frage offen, woher das als Kapital vorgeschosse—<br /> ne Geld kommt. Der KapitalVorschuss soll nun als geliehenes Geld<br /> gefasst werden. Zins wird als Leihpreis für vorgeschossenes Ka-<br /> pital verstanden.<br /> <br /> §3 Die Ende Abschnitt III entwickelte Verwertung des Geldes<br /> <br /> als Kapital lässt sich nun genauer als Bruttoverwertung<br /> fassen. Nach Thematisierung des Zinses spaltet sich die Brutto-<br /> verwertung des Kapitals auf in Verzinsung und Nettoverwer—<br /> tung.<br /> <br /> <br /> §4 In der Bewegung der Verzinsung steht der Zins zu dem<br /> verliehenen/geliehenen Geldbetrag in Bezug. Dieser Geld-<br /> betrag ist aber zugleich vorgeschossenes Kapital und da-<br /> mit Bezugspunkt seiner Verwertung (§3). Der Profit des Ka-<br /> pitals, von dem der Zins für dieses Kapital abgezogen ist,<br /> soll Nettoprofit oder Unternehmergewinn heißen.<br /> <br /> In Parallele zur Zinsrate kann von einer Nettoprofitrate<br /> (oder: Rate der Nettoverwertung des Kapitals) gesprochen wer-<br /> den.<br /> <br /> <br /> Im Marxschen Entwurf des 3. Bandes KAPITAL ist der Ana-<br /> lyse des zinstragenden Kapitals eine Weiterentwicklung<br /> des Profitkonzepts vorgeschaltet. Der Profit wird erst<br /> einmal bezogen auf die industriellen Kapitale quantita-<br /> tiv bestimmt als “Durchschnittsprofit“ Da diese Ent-<br /> wicklung die Konkurrenz der Kapitale einbezieht, ist<br /> sie in unserer Rekonstruktion auf Abschnitt VII ver-<br /> schoben. Zum zweiten aber ist im Marxschen Entwurf der<br /> Begriffsumfang durch Vorschalten der Analyse des “kommer-<br /> ziellen Profits“ vor die Darstellung des Zinses) erweitert.<br /> <br /> So heißt es gleich zu Anfang des Zinsabschnitts: “Bei<br /> der ersten Betrachtung der allgemeinen oder Durchschnitts—<br /> profitrate (Abschnitt II dieses Buches; MEW 25) hatten wir die-<br /> se letztre noch nicht in ihrer fertigen Gestalt vor uns,<br /> indem die Ausgleichung noch bloß als Ausgleichung der<br /> in verschiednen Sphären angelegten industriellen Ka—<br /> pitale erschien. Dies wurde ergänzt im vorigen Abschnitt,<br /> wo die Teilnahme des Handelskapitals an dieser Ausgleichung<br /> und der merkantile Profit erörtert wird. Die allgemeine<br /> Profitrate und der Durchschnittsprofit stellten sich<br /> jetzt innerhalb engerer Grenzen dar als vorher. Im Fort—<br /> gang der Entwicklung ist im Auge zu halten, dass, wenn<br /> wir fernerhin von allgemeiner Profitrate oder Durch—<br /> <br /> schnittsprofit sprechen, dies in der letztren Fassung<br /> geschieht, also bloß mit Bezug auf die fertige Gestalt<br /> der Durchschnittsrate. Da diese nunmehr für das in-<br /> dustrielle und merkantile Kapital dieselbe ist, ist<br /> es auch nicht weiter nötig, soweit es sich nur um die-<br /> sen Durchschnittsprofit handelt, einen Unterschied<br /> zwischen industriellen und kommerziellen Profit zu<br /> machen. Ob das Kapital innerhalb der Produktionssphäre<br /> industriell oder in der Zirkulationssphäre merkantil<br /> angelegt, es wirft pro rata seiner Größe denselben<br /> jährlichen Durchschnittsprofit ab.“ (MEW 25/350).<br /> <br /> Nach dieser Vorbemerkung folgt dann in sehr gedräng-<br /> ter Form die Bestimmung des Zinses als “Teil des Pro—<br /> fits“ (MEW 25/351ff). -<br /> <br /> Uns ist am Marxschen Vorgehen aufgefallen, dass wiede-<br /> rum Formanalyse und quantitative Bestimmungen gemischt<br /> sind und wir haben uns zur Entmischung entschlossen. Die<br /> Zinsformanalyse setzt nur die qualitative Entwicklung<br /> des Profits (III §10) voraus. Dass die Kapitalverwer—<br /> tung (wie alle Bewegungen) in der Zeit vor sich geht,<br /> versteht sich. Die Einzelheiten zu entwickeln, wie<br /> Marx es in seiner Analyse der Kapitalzirkulation (im<br /> 2. Band des Kapital) und der darauf aufbauenden Behand-<br /> lung der kommerziellen Kapitale getan hat, ist syste-<br /> matisch für die Zinsformanalyse nicht nötig.<br /> <br /> In unserer Rekonstruktion haben wir die beiden Marx-<br /> schen Thematisierungen der Kapitalzirkulation (einmal<br /> als Zirkulation der “industriellen“ Kapitale in Band 2<br /> und dann als kommerzielle Kapitale im 4. Abschnitt des<br /> 3. Bandes) zusammengefügt und behandeln sie erst im<br /> Anschluss an die Revenueformanalyse. Denn diese kommt<br /> ebenfalls noch mit einem unentwickelten Begriff der<br /> Kapitalzirkulation aus.<br /> <br /> Im Marx/Engelschen KAPITAL besteht die Reihenfolge:<br /> <br /> Grundformkapital — Mehrwert<br /> <br /> 1.abgeleiteteKapitalform:kommerzielles Kapital — kom.<br /> Profit<br /> 2.abgeleiteteKapitalform:zinstragendes Kapital — Zins<br /> 3.abgeleiteteKapitalform:rentetragendes Kapital — Rente<br /> <br /> In unserer Rekonstruktion des Systemfragments argumentie-<br /> ren wir für die Reihenfolge Rente, Zins, kommerzieller<br /> Profit und: Grundformkapital —<br /> <br /> 1. abgeleitete Kapitalform: zinstragendes Kapital<br /> <br /> 2. abgeleitete Kapitalform: rentetragendes Kapital<br /> <br /> (dessen Konstituierung setzt Rente (begriffen<br /> als Mehrwertteil, III §§5 und 6) sowie Zins, der<br /> für die Darstellung der “Kapitalisierung der Ren-<br /> te“ (IV §6 Zusatz) entwickelt sein muss, voraus.)<br /> <br /> 3. abgeleitete Kapitalform: kommerzielles Kapital<br /> (vgl. VI)<br /> <br /> <br /> §5 Die Bewegung des Geldes als Kapital erscheint von nun<br /> an in einem äußeren und einem inneren Kreislauf. Der Kreis-<br /> lauf des zinstragenden Kapitals umschließt gleichsam den<br /> eigentlichen FunktionsProzess des Kapitals, der von nun ab<br /> auch “Kreislauf des fungierenden Kapitals“ heißen soll:<br /> <br /> <br /> <br /> <br /> ...............Kreislauf des zinstragenden Kapitals.....................<br /> / / / /<br /> / ....Kreisl. d. fungierenden Kapitals.... /<br /> / / / /<br /> / / / U /<br /> G -? G - Pm PRODUKTION W - G* ? G + Z<br /> Ak L<br /> Bd R<br /><br />G Geld Pm ProduktionsmittelIndustrieWaren Ak Arbeitskraft Bd Boden W industr.Ware G* mehr Geld U Unternehmergewinn L Lohn R Rente Z Zins <br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /> Der Ausdruck “fungierendes Kapital“ wird üblicherwei-<br /> se als Oberbegriff, der das industrielle Kapital und<br /> das kommerzielle Kapital (vgl. Abschnitt VI) zusammen-<br /> fasst, verwendet und zwar in Opposition zum zinstragen—<br /> den Kapital. Wir beschränken die Betrachtung bis zur<br /> Revenueformanalyse auf Grundformkapital (vgl. MEW 23/178).<br /> <br /> Die Bestimmungen, die an der Grundform des Kapitals ent-<br /> wickelt werden, sind vom Begriff des Profits an offen da-<br /> für, dass sie auf industrielles und kommerzielles Kapital<br /> bezogen werden, wenn bei späterer Entwicklung das Grund—<br /> formkapital in sie zerlegt wird. Ursula Pasero hat in<br /> “Zur Wertformanalyse“ die folgende Bestimmung formuliert:<br /> <br /> “Mit der Analyse des zinstragenden Kapitals wird<br /> die Verselbständigung des Kapitals gegenüber der materiel-<br /> len Reproduktion dargestellt, seine scheinbare Loslösung<br /> von dieser: ‘Im zinstragenden Kapital erreicht das Kapi—<br /> talverhältnis seine äußerlichste und fetischartigste<br /> Form. Wir haben hier G—G‘, Geld, das mehr Geld erzeugt,<br /> sich selbst verwertenden Wert, ohne den Prozess, der die<br /> beiden Extreme vermittelt‘ (MEW 25/404)... In der Form<br /> des zinstragenden Kapitals löst sich Kapital in der Er—<br /> scheinungsweise G—G‘ überhaupt von der materiellen Re-<br /> produktion; war sie schon ‘vorher‘ nicht sein Ziel, son-<br /> dern lediglich Mittel der Verwertung, so scheint sie<br /> nun völlig ausgelöscht zu sein.“ (Zur Wertformanalyse1974, es 633, S.119)<br /> <br /> <br /> Dass der “Zinsfetisch“ nicht nur ein Fetisch unter ande-<br /> ren (dem Warenfetisch, dem Lohnfetisch,...) sei, legt<br /> die Marxsche Formulierung “fetischartigste Form“ nahe.<br /> Um dies näher zu erörtern, muss die Umkehrung des Verhält-<br /> nisses von Kapital und Zins in der “Kapitalisierung“<br /> (vgl. dazu den nächsten §) einbezogen werden.<br /> <br /> <br /> §6 Ein verliehener Geldbetrag (“wirkliches Kapital“) wirft<br /> einen Geldbetrag als Zins ab. Kapitalisierung ist der prak-<br /> tische Umkehrschluss aus dieser Verzinsung des Geldes. In<br /> der Kapitalisierung wird ausgegangen von einem regelmäßigen<br /> Geldeinkommen (das nicht wirklichem Kapital “entspringt“)<br /> und daraus wird auf ein “fiktives Kapital“ geschlossen. Han-<br /> delt es sich um eine veräußerbare „Quelle“ des Geldeinkommens,<br /> so kann das fiktive Kapital im Veräußerungspreis reale Geld—<br /> form annehmen.<br /> <br /> <br /> ‘Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man Kapitali-<br /> sieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wieder—<br /> holende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnitts—<br /> zinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu die-<br /> sem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde.“ (MEW 25/484)<br /> Wer eine Geldsumme hat, kann sie als wirkliches Kapital<br /> verleihen (und Zins beziehen) oder als Kaufpreis eines<br /> fiktiven Kapital verwenden (und jenes Geldeinkommen<br /> beziehen, dessen Kapitalisierung dieses Fiktivkapital<br /> ist). Der qualitative Unterschied geht in der Spekulation<br /> um quantitative Differenz günstiger und weniger günsti-<br /> ger Geldanlage unter.<br /> <br /> Wird die “Selbstverwertungsbewegung des Werts“ als “Zentral-<br /> thema der Kapitalanalyse“ verstanden (Roth, 1974,es<br /> 633, 8.192ff), so liegt es nahe, den in der Kapitalisie-<br /> rung von Geldeinnahmen praktisch wirksamen Zinsfetisch vor<br /> den anderen Formen der Verdinglichung gesellschaftlicher<br /> Beziehungen auszuzeichnen. Im Geld, das eine Geldeinnahme<br /> kaufen kann, “hat das Kapital seine dinglichste Form,<br /> seine reine Fetischform erhalten“ (MEW 26.3/489).<br /> (Lassen — Sie — Ihr — Geld — für — sich — arbeiten.<br /> Unser — Anlageberater — berät — Sie — gern. Sparkasse<br /> Konstanz)<br /> <br /> Das zinstragende Kapital wird so zum Paradigma der<br /> <br /> “Geldquelle“.<br /> <br /> Nach dem Paradigma des zinstragenden Kapitals konstitu-<br /> iert sich durch Kapitalisierung der Rente ein “rente—<br /> tragendes Kapital“ (vgl. MEW 26.3/508 und 511):<br /> <br /> “Die Rente kann gedacht werden als Zins von Kapital.<br /> Z.B. ist die Rente 20 und der Zinafuß 5, so kann gesagt<br /> werden, diese 20 seien Zins von 400 Kapital. Und in der<br /> Tat verkauft sich dann die Erde zu 400 ... Damit ist<br /> die Erde in Kapital verwandelt .. Und damit ist Erde—<br /> Rente verwandelt in Kapital—Zins ... Die mehr ana-<br /> lytischen unter den vulgarians sehen ein, dass der Preis<br /> des Bodens nichts als ein Ausdruck für die Kapitalisie-<br /> rung der Rente ist . .. Sie begreifen, dass diese Kap—<br /> talisierung der Rente die Rente voraussetzt, die Rente<br /> also nicht umgekehrt aus ihrer eigenen Kapitalisierung<br /> erklärt werden kann.“ Das zinstragende Kapital ist zu-<br /> gleich wirkliches Kapital (vgl. III §5), das rentetragen—<br /> de Kapital ist nur fiktives Kapital (auch wenn sein Er-<br /> werb reales Geld kostet).<br /> <br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br />Abschnitt V ANALYSE DER REVENUEFORM<br />§1 Die Unternehmer verfügen über die Elemente (V §4) des kapitalistischen Produktionsprozesses, da sie in einem Ausleihverhältnis zu Arbeitern, Grundrentnern und Geldverleihern stehen. Diese werden ihrerseits durch ihr Verleihverhältnis zu Revenuebeziehern.<br /><br />Das Verleihen ist zum ersten Mal explizit am Beispiel des Leihkapitals thematisiert worden. In IV §5 sind daher zwei Kreisläufe des Geldes als Kapital unterschieden worden.<br />Was den Boden angeht, so ist die Unterscheidung zwischen Pachten und Kaufen eines Grundstücks geläufig. Bei der Arbeitskraft kann der Lohn analog zum Zins und zur Rente verstanden werden. Lohn ist dann als Verleihpreis verstanden. Geld gegen Zins leihen, Grundstücke gegen Rente pachten und Arbeitskräfte als Lohnarbeiter einstellen konstituiert das Ausleihverhältnis zwischen dem fungierenden Kapitalisten und den „Haltern“ (MEW 26.3, S. 490 – mit einem Dank an Herbert Rünzi!) von Geld, Boden und Arbeitskraft.<br /><br />§2 Den drei Revenuen: Lohn, Rente, Zins – können drei „Revenuequellen“ zugeordnet werden. Ausgegangen wird von den regelmäßigen Geldzahlungen: Zins, Rente, Lohn. Es erhebt sich nun die Frage, ob den drei Revenuen durch Kapitalisierung (IV §6) ihre Revenuequellen als „fiktive Kapitale“ (so: Roth 1974, 129 ff) zugeordnet werden können. Es würde sich so die konstitutive Bedeutung des Zins-Fetischs für die Formen der „Oberfläche2 (MEW 25 / 33) ergeben. Marx nennt „das zinstragende Kapital überhaupt die Mutter aller verrückten Formen“. <br /><br />Wird jedoch „Arbeitslohn ...<br /> als Zins aufgefasst und daher die Arbeitskraft als das<br /> Kapital, das diesen Zins abwirft ... treten ... zwei,<br /> diese gedankenlose Vorstellung ... durchkreuzende Um-<br /> stände ein: erstens, dass der Arbeiter arbeiten muss, um<br /> diesen Zins zu erhalten, und zweitens, dass er den Ka—<br /> pitalwert seiner Arbeitskraft nicht ... versilbern kann.“<br /> (MEW 25/483f)<br /> <br /> Das Kapitalisieren der Rente ist problemlos möglich und<br /> konstituiert das (fiktive) “rentetragende Kapital“,<br /> vgl. IV §6 Zus. Nicht ohne Grund ist der “Arbeiter als<br /> Kapitalwert“ (vgl. MEW 25/483) in der folgenden, wenig<br /> bekannten Triade der Kapitale nicht zu finden: “In der<br /> Form zinstragendes Kapital, rentetragendes Kapital,<br /> profittragendes Kapital“ — hier ist wohl der “industrial<br /> profit“, wie Marx im weiteren Kontext des Zitats den<br /> Unternehmergewinn (IV §4) nennt, angesprochen — “noch<br /> der gemeinschaftliche Ursprung erkennbar, sofern Kapital<br /> überhaupt Aneignung von Surplusarbeit einschließt, also<br /> diese verschiedenen Formen nur ausdrücken, dass diese<br /> vom Kapital erzeugte (!) Surplusarbeit sich beim Kapital<br /> überhaupt unter zwei Sorten Kapitalisten verteilt und<br /> bei dem agricultural capital zwischen Kapitalist und<br /> landlord verteilt.“ (MEW 26.3/508 — die allerletzte Be-<br /> merkung ist mit Vorsicht zu genießen. Boden ist als all-<br /> gemeiner Arbeitsort auch für die außerhalb der Agrikul-<br /> tur tätigen Kapitale nötig).<br /> <br /> Von der Triade der Revenuequellen ist eine wirkliches Ka-<br /> pital, eine fiktives Kapital und eine weder wirkliches<br /> noch fiktives Kapital — wenn dazu gehört, dass der durch<br /> Kapitalisierung der Revenue sich ergebende Geldbetrag<br /> reale Existenz als Verkaufspreis der Revenuequelle ha-<br /> ben kann.<br /> <br /> Aber was sind die den drei Revenuen Lohn, Zins, Rente<br /> zuzuordnenden drei Revenuequellen? Herbert Rünzi hat in<br /> einer Vorstudie zu seinem Dissertationsprojekt, im Rahmen des Forschungs—<br /> projekts “Rechtsform“ Überlegungen zur Kritik und Rekon-<br /> struktion der Marxschen Darstellung der “Ebene der Re—<br /> venuequellen“ angestellt, die hier in Auszügen zitiert<br /> werden sollen:<br /> <br /> “Sei‘s Arbeiter, sei‘s (Geld-) Kapitalist, sei‘s Rentier,<br /> alle verkaufen eine Kraft (Arbeitskraft, Verwertungskraft,<br /> Tragekräft). Der Unternehmer dagegen tritt als allgemei-<br /> ner Käufer auf. In diese Transaktion geht nun mit Notwen-<br /> digkeit ein Zeitmoment ein. Eine Kraft ist nichts anderes<br /> als ihre Äußerung, die mit unterschiedlicher Intensität<br /> erfolgen kann. Wie groß auch immer diese Intensität sein<br /> mag, ist sie einmal gegeben, dann kann die Äußerung der<br /> Kraft nur noch durch die Zeit quantitativ bestimmt wer-<br /> den. Kräfte haben ... keine äußere Gegenständlichkeit<br /> weil Kraft, sind sie überhaupt nur eine Seite, Eigen-<br /> schaft an etwas anderem. Und dieses sind nun greifbare,<br /> handfeste Gegenstände. Da die Kräfte an ihnen festgemacht<br /> sind, aus ihnen fließen, möchte ich diese Gegenstände<br /> ihre Träger nennen.<br /><br /> <br /> Es gibt davon ebenfalls drei Arten, entsprechend den<br /> drei Kräften: Träger der Arbeitskraft ist der Arbeiter,<br /> so wie er in seiner Körperlichkeit, die natürlich auch<br /> seine geistigen Vermögen beinhaltet, erscheint. Träger<br /> der Verwertungskraft ist der in Geld ausgedrückte Kapi—<br /> talwert bzw. das Geldkapital. Und die Tragekraft schließ-<br /> lich wird vom bestimmten Stück Boden getragen.<br /> <br /> Diese drei Gegenstände (Arbeiter, Geldkapital, Boden), aus<br /> denen die Arbeitskraft, Verwertungskraft, Tragekraft fließen,<br /> möchte ich als die Revenuequellen im eigentlichen Sinne be-<br /> zeichnen.“ (Zur Ableitung von Recht und Staat, mimeo Pro-<br /> jekt 23/78 Universität Konstanz, 1978).<br /> <br /> Die Revenuen lassen sich so als Kaufpreis der Kraftäuße—<br /> rung und Leihpreis für zeitweilige Nutzung der Kraft—<br /> quelle durch den Unternehmer verstehen. Was für den Un-<br /> ternehmer Nutzung der Kraftquelle, ist für ihren “Halter“<br /> ihre Nutzung als Revenuequelle. (Diese drei “Kräfte“<br /> sind gleichsam Vektoren der Produktivkraft der Arbeit.)<br /> <br /> <br /> §3 Den Revenuen steht der Unternehmergewinn gegenüber.<br /> <br /> “Es ist aber in den letzten, vermitteltesten Formen<br /> <br /> — in Formen, worin zugleich die Vermittlung nicht nur<br /> unsichtbar geworden, sondern ihr direktes Gegenteil aus-<br /> gesprochen ist —‚ dass die Gestalten des Kapitals als wirk-<br /> liche Agentien und unmittelbare Träger der Produktion er-<br /> scheinen. Das zinstragende Kapital personifiziert im<br /> moneyed capitalist, das industrielle im industrial capi—<br /> talist, das rentetragende im Landlord ...‚ endlich die<br /> Arbeit im Lohnarbeiter.“ (MEW 26.3/504)<br /> <br /> Im Unterschied zu Fassungen der “trinitarischen Formel“<br /> <br /> wie:“Kapital — Zins; Boden — Rente; Lohnarbeit — Arbeitslohn“<br /> <br /> (vgl. MEW 25/824) fällt auf, dass hier eine viergliedrige<br /> Liste benutzt wird: Es gibt “zwei Klassen Kapitalisten“<br /> <br /> (MEW 26.3/500 vgl. auch GR 73Sf.)<br /> <br /> Im Zusatz zum vorigen Paragraphen ist die Kritik an der<br /> “rein illusorischen Vorstellung“ (MEW 25/482) vermerkt<br /> worden, die durch Kapitalisierung des Lohns den Arbeiter<br /> in Kapital verwandeln will: “Die Verrücktheit der kapi-<br /> talistischen Vorstellungsweise erreicht hier ihre Spitze,<br /> indem statt die Verwertung des Kapitals aus der Exploita—<br /> tion der Arbeitskraft zu erklären, umgekehrt die Produk-<br /> tivität der Arbeitskraft daraus erklärt wird, dass Arbeits-<br /> kraft selbst dies mystische Ding, zinstragendes Kapital<br /> ist.“ (MEW 25/483)<br /> <br /> Mit Bezug auf jene zweite Klasse Kapitalisten, die<br /> “industrial capitalists“ oder: fungierenden Kapitalisten<br /> (im Gegensatz zu den Geldkapitalisten) findet sich das<br /> Gegenstück in der Marxschen Darstellung: der Unter—<br /> nehmergewinn wurde auf der Oberfläche der kapitalistischen<br /> Gesellschaft zum Unternehmerlohn (MEW 25/395f), der Un-<br /> ternehmer erscheint als Lohnarbeiter:<br /> <br /> “Das Kapital selbst wird gespalten. Soweit es Voraus—<br /> setzung der kapitalistischen Produktion ist, soweit es<br /> also die entfremdete Form der Arbeitsbedingungen, ein<br /> spezifisch gesellschaftliches Verhältnis ausdrückt, reali-<br /> siert es sich im Zins. Seinen Charakter als Kapital reali-<br /> siert es im Zins. Andererseits, soweit es funktioniert im<br /> Prozess, erscheint dieser Prozess als getrennt von seinem<br /> spezifisch kapitalistischen Charakter, von seiner spezi-<br /> fisch gesellschaftlichen Bestimmtheit — als bloßer Ar—<br /> beitsProzess überhaupt. Soweit der Kapitalist in ihn ein-<br /> greift, greift er nicht als Kapitalist in ihn ein, denn<br /> dieser sein Charakter ist diskontiert im Zins, sondern<br /> als Funktionär des Arbeitsprozesses überhaupt, als Ar-<br /> beiter, und sein Arbeitslohn stellt sich dar im in-<br /> dustriellen Profit. Es ist besondere Weise der Arbeit —<br /> labour of direction —‚ aber die Arbeitsweisen sind ja<br /> überhaupt voneinander verschieden.“ (MEW 26.3/484)<br /> <br /> Es ist erstaunlich, dass die offensichtliche Widersprüch-<br /> lichkeit dieser Argumentation u.W. nirgendwo in der um-<br /> fangreichen Marx—Literatur wahrgenommen wird. Der “spe-<br /> zifisch kapitalistische Charakter“ des Produktionspro—<br /> zesses erscheint im Lohn nicht weniger als im Zins. (Es<br /> handelt sich ja um komplementäre Formen).<br /> <br /> Der 677 Seiten starke “Kommentar zu den Theorien über<br /> den Mehrwert“, den die Westberliner Projektgruppe Ent-<br /> wicklung des Marxschen Systems zu Recht unter dem Titel<br /> “Der 4. Band des KAPITAL?“ (Westberlin 1975) publiziert<br /> hat, paraphrasiert zunächst Marxsche Formulierungen<br /> (S.611f) zu “Zins und Unternehmergewinn“, greift dann auf<br /> frühere Teile des Entwurfs 1861-1863 zurück und disku-<br /> tiert, inwiefern der fungierende Kapitalist als Teil des<br /> produktiven Gesamtarbeiters Lohn beziehe. Es wird be—<br /> hauptet: “Dje Verwandlung eines Teils des Profits im Zins<br /> und eines anderen im Unternehmergewinn oder Lohn für die<br /> Arbeit der Oberaufsicht ist Resultat ein und desselben<br /> Formwandlungsprozesses.“ (3.614) Dass in Bezug auf dieses<br /> Forschungsergebnis die Hoffnung kaum besteht, es sei,<br /> wenn schon nicht nachgewiesen (was mehr als die Para—<br /> phrase erforderte), so doch vielleicht vorweggenommen,<br /> legt die folgende Passage nahe: “Indes auch abgesehen von<br /> diesem Aspekt, wo der Kapitalist selbst eine tätige Rol-<br /> le im ArbeitsProzess spielt, ist auch der Teil der Ein-<br /> künfte, die dem Kapitalisten aufgrund der Wahrung aus den<br /> dem Klassengegensatz entspringenden Funktionen innerhalb<br /> des Verwertungsprozesses zufallen, Bestandteil des variab-<br /> len Kapitals“ (5.612). Der Kommentator hat sicherlich den<br /> Verdienst, dass in dieser groben Form die vergleichsweise<br /> kleinen Marxschen Ungereimtheiten in der Argumentation<br /> für die Verwandlung von Unternehmergewinn in Unternehmer—<br /> lohn, (hier gleichgesetzt als Verwandlung von Nehrwert<br /> in variables Kapital) zum schreienden Widerspruch gewor-<br /> den sind.<br /> Die Struktur der Marxschen Argumentationskette lässt sich<br /> wie folgt explizit machen:<br /> <br /><br /> 1. Präsupposition: Es gibt genau drei Einkommensquellen.<br /> <br /> 2. Präsupposition:Einer Revenuequelle kann nur eine Art<br /> Revenue entspringen.<br /> <br /> 3. Schluß: Dem (Geld-) Kapital entspringt Zins, darum kann<br /> der Unternehmergewinn nicht auch dem Kapital entsprin-<br /> gen.<br /> <br /> 4. Der VerwertungsProzess des Kapitals ist auch Arbeits-<br /> Prozess, an dem der fungierende Kapitalist als Leiter<br /> teilnimmt.<br /> 5. Kann der Unternehmergewinn nicht als Revenue, die aus<br /> der Revenuequelle Arbeit entspringt, aufgefasst werden?<br /> <br /> 6. Die der Arbeit entspringende Revenue ist der Lohn, da-<br /> her muss der Unternehmergewinn genauer als Unternehmer—<br /> lohn aufgefasst werden.<br /> <br /> Ad 1 — ‘Einkommensquelle‘ braucht nicht als synonym zu “Re—<br /> venuequelle‘ gebraucht zu werden. Wir schlagen Vll § 4f<br /> vor, ‘Einkommen‘ als Oberbegriff zu ‘Revenue‘ und ‘Unterneh—<br /> mergewinn‘ zu verwenden.<br /> <br /><br /> Ad 2 — Zu Beginn des Zitats heißt es: “Das Kapital<br /> wird gespalten.“ Aber Marx will nicht zwei Revenuequellen<br /> Kapital — das zinstragende Kapital und das fungierende Ka-<br /> pital — zulassen. (Doch das fungierende Kapital kann dem<br /> fungierenden Kapitalisten Einkommen — Unternehmergewinn —<br /> einbringen, ohne Revenuequelle zu sein.)<br /> <br /> Ad 3 — Genau so könnte geschlossen werden: Der Arbeit ent-<br /> springt .krbeitslohn als Revenue, daher kann der Unterneh—<br /> mergewinn nicht auch der Arbeit entspringen.<br /> <br /> Ad 4 — Es liegt nahe, hier die Ausführungen im 5. Kapitel,<br /> 1. Band, “ArbeitsProzess und VerwertungsProzess“ heranzuzie-<br /> hen. Als einfacher ArbeitsProzess gefasst, bringt der kapi-<br /> talistische Produktionsprozess lediglich Arbeitsprodukte<br /> (nicht Revenue) hervor (MEW 23/195 und 551f).<br /> <br /> Ad 5 — Da dem funktionierenden Kapital “Arbeitskraft, Wissen-<br /> schaft und Erde“ (MEW 23/636) einverleibt sind, könnte man<br /> auch fragen: Kann der Unternehmergewinn nicht als Revenue,<br /> die der Wissenschaft entspringt, aufgefasst werden? Oder als<br /> der Natur entspringend?<br /> <br /> Ad 6 — Dem (Geld) Kapital entspringt Zins, dem Boden ent-<br /> springt Rente als Revenue. Warum soll der Unternehmergewinn<br /> nicht als Unternehmerzins oder Unternehmerrente gefasst wer-<br /> den? Schließlich gibt es gleichzeitig verschiedene Formen<br /> der Rente nebeneinander und abgeworfen vom selben Stück Bo-<br /> den.<br /> <br /> Dies lässt die 2. Präsupposition in einem differenzierende<br /> Betrachtung ermöglichenden Licht erscheinen. (Statt: “Der<br /> Kapitalcharakter ist diskontiert im Zins.")<br /> <br /> Warum soll nicht dasselbe Argument auf den Lohn hin formu-<br /> liert werden? Die Arbeit ist bezahlt im Lohn.<br /> <br /> “Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses selbst<br /> erweitert sich daher notwendig der Begriff der produktiven<br /> Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um<br /> produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst<br /> Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu<br /> sein“ (MEW 23/531). Hiernach ist der fungierende Kapi-<br /> talist als Leiter des Arbeitsprozesses Mitglied des pro-<br /> duktiven Gesamtarbeiters.<br /> <br /> Doch: “Die obige ursprüngliche Bestimmung der produkti-<br /> ven Arbeit, aus der Natur der materiellen Produktion<br /> selbst abgeleitet, bleibt immer wahr für den Gesamtarbeiter,<br /> als Gesamtheit betrachtet. Aber sie gilt nicht<br /> mehr für jedes seiner Glieder, einzeln genommen.<br /> <br /> Nur der Arbeiter ist produktiv, der Mehrwert für<br /> den Kapitalisten produziert“ (MEW 23/532).<br /> <br /> Wir haben uns aus Gründen der systematischen Weiterent-<br /> wicklung entschlossen, den Unternehmergewinn nicht in<br /> einer anderen Einkommensquelle, in der Revenueform Arbeits—<br /> lohn, aufgehen zu lassen. An der Charaktermaske des<br /> fungierenden Kapitalisten, der in unserer Rekonstruktion<br /> der Revenueformanalyse den Haltern der Revenuequellen als<br /> Partner im Ausleihverhältnis gegenübersteht, soll in der<br /> Konkurrenzformanalyse der Übergang auf das Konkurrenz—<br /> subjekt (Abschnitt VII) vollzogen werden.<br /> <br /> Dass Marx einen unserer Ansicht nach verfrühten Versuch<br /> der Auflösung macht, hängt letztlich mit der Unklarheit<br /> zusammen, was denn die “Oberfläche“ konstituiere. Kann<br /> sie schon auf der Ebene der Revenuen oder erst in der -<br /> Analyse der Konkurrenz dargestellt werden?<br /> <br /> Klärung kann hier nur der weitere Ausbau des Systems<br /> schaffen. Marx hat diesen aber seit Abbruch der Arbeit<br /> am Entwurf des 3. Bandes KAPITAL 1865 nicht energisch<br /> weiterverfolgt.<br /> <br /> Roman Rosdolsky gibt dies in seiner Darstellung der Än-<br /> derung des Aufbauplans von 1857 immerhin durch die Blume<br /> zu verstehen: “ was endlich die ursprünglichen Bücher<br /> IV-VI (vom Staat, vom auswärtigen Handel und vom Welt-<br /> markt) anbelangt, so möchten wir hier auf die schon<br /> früher zitierte Stelle aus dem III. Band des KAPITAL<br /> verweisen (MEW 25/12O), wo Marx die Frage der Konkurrenz<br /> auf dem Weltmarkt aus dem Untersuchungsbereich des<br /> KAPITAL ausschloss. Dasselbe gilt- aber auch für das damit<br /> eng zusammenhängende Problem der industriellen Zyklen, der<br /> Abwechslung der Prosperität und Krise, — deren weitere Ana—<br /> lyse — wie Marx wiederholt betont — „außerhalb des Bereichs<br /> unserer Betrachtung fällt“ (MEW 25/370, 372 u. 839) und wohl<br /> erst der etwaigen Fortsetzung des Werkes~‘(1854:MEW 25/120)<br /> zugedacht ward.“ (Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen<br /> KAPITAL, 1968, S.38f).<br /> <br /> Es folgt noch eine Bemerkung Rosdolskys, dass es Marx<br /> “nicht mehr gegönnt war“ — er hat noch 15 Jahre vor sich —<br /> seine Krisentheorie auf der “konkretesten Ebene zu be-<br /> handeln." Vom Ausbau des Systems bis zum Überbau kein<br /> Wort: “Soviel über die Planänderungen, die sich in den<br /> besprochenen KAPITAL — Manuskripten selbst feststellen<br /> lassen.“ (Rosdolsky, 1968, S.39).<br /> <br /> Und dann folgt der einleuchtende Vorschlag, “in bezug auf die<br /> Planänderung strikt zwischen den ursprünglichen Büchern I—<br /> III und den Büchern IV—VI zu unterscheiden.“ In der Tat:<br /> mit bezug auf die “etwaige Fortsetzung“ ist der Aufbauplan<br /> des Systems eben nicht fortgeschrieben. Zu sagen, die<br /> Bücher IV—VII seien “nie wirklich ‘aufgegeben‘“ (S.39, 75)<br /> ist, wenn man so will — eine sehr zurückhaltende Formulie-<br /> rung des Appells zum Ausbau des Marxschen Systemfragments.<br /> Aber man vergleiche sie mit den entschiedenen Formulie-<br /> rungen, die mit der Autorität der Herausgeber der Marx-<br /> schen Werke vorgetragen, den Mitarbeitern des<br /> Instituts für Marxismus — Leninismus dazu dienten, den<br /> fragmentarischen Charakter des Marxschen Hauptwerks zu<br /> vernebeln. In der ersten Anmerkung zur Herausgabe der<br /> Schrift “Zur Kritik der politischen Ökonomie“ in MEW 13<br /> nehmen sie auf denselben Aufbauplan Bezug. Formal ab—<br /> weichend vom Plan, 6 Bücher zu veröffentlichen, beginnt<br /> Marx ja — inhaltlich diesem Plan nicht widersprechend —<br /> die Veröffentlichung des geplanten “Ersten Buchs: Vom<br /> Kapital“ mit einem ersten „Heft.“ Nach dem ersten Heft<br /> wollte Marx sofort das zweite veröffentlichen... Weitere <br /> Forschungen veranlassten Marx jedoch, den ursprün-<br /> lichen Plan für seine große Arbeit zu ändern. Anstatt<br /> der vorgesehenen sechs Bücher sollten es vier Bände<br /> über das KAPITAL werden. An Stelle der geplanten weiteren<br /> Hefte verfasste Marx daher (!) “Das KAPITAL“ (MEW 13/658).<br /> <br /> Dabei kann doch die “Planänderung“ nicht erklären, warum<br /> Marx nicht mit dem Veröffentlichen des ersten Buches<br /> durch zwanglose Folge von Einzelheften fortfährt. Der<br /> neue Plan (auf den die Herausgeber freilich nur, ohne<br /> nähere Angaben zu. machen, bezugnehmen können), ist erst<br /> 7 Jahre später, 1865, nachweisbar (Rosdolsky, S.24) und<br /> hinsichtlich des ersten Buches fällt der Unterschied<br /> der Pläne nicht ins Gewicht:<br /> <br /> 1857: 1. Das Buch vom Kapital<br /> <br /> a) Das Kapital im allgemeinen<br /> <br /> 1) Produktionsprozess des Kapitals<br /> <br /> 1866: Buch 1 Produktionsprozess des Kapitals<br /> <br /> Warum dann also:“Anstatt der vorgesehenen sechs Bücher<br /> Sollten es vier Bände über das KAPITAL werden“? Für die<br /> Frage, warum das zweite Heft von “Zur Kritik . . .“ nicht<br /> erscheint, tut das nichts zur Sache. Nur wimmelt es nun<br /> von “Büchern“, “Heften“ und “Bänden“ (unnötigerweise<br /> gebraucht). Und in diesem Gewimmel kann suggeriert wer-<br /> den: in den Bänden 23,24,25,26 der MEW liegt das Marx—<br /> sche System fertig vor.<br /> (Von der von Marx noch 1865 angesprochenen “etwaigen<br /> Fortsetzung“ ist wohl nicht zufällig keine Rede.)<br /> <br /> <br /> §4 Die Triade der Revenuequellen ist von der Triade der<br /> Produktionselemente zu unterscheiden. Dieser Unterschied<br /> ist durch das Geldkapital gesetzt, welches erst durch Kauf<br /> von Industriewaren in Produktionsmittel (Maschinerie, Roh-<br /> stoffe, Hilfsstoffe) verwandelt werden muss, damit neben<br /> Arbeitskraft und Boden das dritte Produktjonselement dem<br /> fungierenden Kapitalisten zur Verfügung steht.<br /> <br /> <br /> <br /> Zur Kritik der 3—Bäume Metapher (MEW 25/830):<br /> <br /> a) es gibt 4 Früchte—Bezieher, nämlich die 3 Re—<br /> venuebezieher und den Unternehmer, der Unter—<br /> nehmergewinn macht<br /> <br /> b) die drei Revenuequellen verwachsen nicht mit<br /> den Naturalformen der drei Produktionselemente<br /> (menschliche Arbeitskraft, Boden, Industriewaren<br /> als Produktionsmittel)<br /> <br /> Die hier (vgl. auch §~2 und 3) skizzierte Kritik an der<br /> Marxschen Darstellung der “Ebene der Revenuen“ trifft den<br /> auf Oktober—November 1862 datierten Text “Revenue and<br /> its sources“ (MEW 26.3/445—528 und 604) sowie den gleich-<br /> namigen letzten Abschnitt des Entwurfs des 3. Bandes<br /> KAPITAL (1864/65) in gleichem Maß. Es wäre daher zu er-<br /> warten, dass diese Fragen von der Literatur, die sich aus-<br /> führlich mit der Entstehung des KAPITAL befasst, behandelt<br /> werden.<br /> <br /> Das Original des (bisher nur auszugsweise veröffentlich-<br /> ten großen Entwurfes 1861—63 ist in Moskau. Der am Mos-<br /> kauer Marx-Engels-Institut (heute: Institut für Marxismus—<br /> Leninismus) tätige Witali S.Wygodski hat in seinem Buch<br /> “Geschichte einer großen Entdeckung“ (1967, das russische<br /> 0riginal erschien in Moskau 1965) den Zeitraum 1850—1863<br /> als besonders interessant ausgegrenzt: Die Revenueanalyse<br /> wird von ihm nicht behandelt. Die als “direkte Fortsetzung“<br /> (5.11) bezeichnete zweite Schrift Wygodskis zu diesem<br /> Thema, “Wie DAS KAPITAL entstand“ (Moskau, 1970, Verlag<br /> Marxistische Blätter, Frankfurt a.M. 1976) gibt eine aus—<br /> führliche Würdigung des zweiten Entwurfs des KAPITAL<br /> (1861—1863).<br /> <br /> In der S.93 abgedruckten “Zeittafel zu Marx Arbeit an<br /> den "Theorien über den Mehrwert" ist :“Oktober—November<br /> 1862“ ausgespart. Das Heft XV wird ohne Erwähnung, dass<br /> darin die erste Fassung der Revenueformanalyse enthalten<br /> ist, dem "größten Teil des Manuskriptes von 1861—1863<br /> einnehmenden kritischen Analyse der Geschichte der bür—<br /> gerlichen politischen Ökonomie" zugeschlagen. In Wygodskis<br /> Besprechung des dritten Entwurfs (S.92) des KAPITAL (1863—<br /> 1865 )das “die einzige Variante des dritten Bandes“ ent-<br /> hält, werden die Revenuen übergangen und er hakt (S.110) das<br /> Thema ohne Problematisierung S.122 in zwei Sätzen ab, die<br /> zudem einseitig das “Interesse der herrschenden Klassen“<br /> betonen.<br /> <br /> Tuchscherer hat seine Untersuchung auf den Zeitraum<br /> 1843—1858 beschränkt und behandelt in “Bevor DAS KAPITAL<br /> entstand“ (Berlin — DDR 1968) die fehlende Revenueform—<br /> analyse nicht.<br /> <br /> Roman Rosdolsky, der 1927—1931 Mitarbeiter des “Marx—En-<br /> gels—Instituts“ Moskau war und den “Rohentwurf des KA-<br /> PITAL 1857—1858“ wohl schon aus der Zeit seiner Druckle-<br /> gung kannte, behandelt in “Zur Entstehungsgeschichte des<br /> Marxschen KAPITAL“ (1955 abgeschlossen, veröffentlicht<br /> Frankfurt 1958) “ Die ‘trinitarische Formel‘ der bürger-<br /> lichen Ökonomie“ (5.46—49) wobei er auf die Passagen in<br /> MEW 26.3 und MEW 25 Bezug nimmt. Hauptgewicht liegt bei<br /> ihm auf der Frage nach der Bedeutung der “Distributions—<br /> formen“ im Verhältnis zu den Produktionsformen. (Im an—<br /> schließenden Abschnitt: “Die drei fundamentalen Gesell—<br /> schaftsklassen‘ S.49—54 wird die Ungleichgewichtigkeit<br /> von Kapitalist und Grundeigentümer in den Vordergrund<br /> gerückt. Dabei beschränkt er den Kapitalisten auf den<br /> Unternehmer und merkt nicht an, dass sich ein gut Teil<br /> der Polemik gegen den Grundrentner auf den Geldrentner<br /> (=Geldkapitalisten) übertragen lässt.)<br /> <br /> Ernest Mandel, der sich in seiner ebenfalls 1968 in<br /> Frankfurt erschienenen Schrift “Entstehung und Entwicklung der ökonomischen Lehre von Karl Marx (1843-1863)“<br /> sehr positiv über Rosdolsky ausspricht (8.97), ignoriert die Revenueformanalyse.<br /> Auch in seinem recht aus—<br /> führlichen Kapitel über Entfremdung findet sich nichts<br /> davon. Dies ist zugleich symptomatisch für die dort<br /> referierte und kritisierte Sekundärliteratur zu Marx.<br /> Einen engeren inhaltlichen Bezug auf Rosdolsky nimmt Helmut Reichelt, “Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Karl Marx“, (Frankfurt 1970). Hier wird zu Beginn des<br /> Jahrzehnts, das die “German Staatsableitungs—debate“ her-<br /> vorbringen sollte, eine sehr anregende Erörterung der Er-<br /> scheinungsformen des kapitalistischen Produktionsverhält—<br /> nisses auf der Oberfläche, der Ebene der Revenuen vorge-<br /> legt (S.85—92). (Dies wird allerdings mehr versteckt als<br /> angezeigt durch den Titel: “Allgemeine Aspekte des Kapital—<br /> begriffs“) Reichelt betont die zentrale Stelle der “tri—<br /> nitarischen Formel“ als “Ausgangspunkt der Wissenschaft<br /> der politischen Ökonomie“ (S.88) und ihrer Kritik als Ab-<br /> schluss des KAPITAL. Das Auffällige an der zitierten Fassung<br /> dieser Formel “Kapital—Zins ... Zins (statt Profit)“ und<br /> die Existenz anderer Fassungen der Formel, sowie die Unge—<br /> reimtheiten der Marxschen “Analyse der Oberflächenstruktur<br /> des Kapitals“ (S.88) thematisiert Reichelt nicht.<br /> <br /> Die von Rosdolsky und Reichelt, aber auch vom lokalen<br /> geistigen Klima des eigenen systematischen Denkens ange-<br /> regte Marxistische Gruppe / Theoriefraktion hat mit ihrem<br /> Text “Zur Oberfläche des Kapitals“ (in: Cirkular 3, Er-<br /> langen, Politladen Druck, Dez. 1972) den Versuch unter-<br /> nommen, die Revenueanalyse als Scharnier zu verstehen,<br /><br /> das die Kapitalanalyse mit der Staatsanalyse verbindet.<br /> Schon Reichelt hatte ja programmatisch formuliert: “Sie<br /> (die Formen der Oberfläche d.V.) besiegeln ... die theo-<br /> retische Kapitulation vor der Struktur der ‘Verdopplung<br /> aller Elemente in bürgerliche und Staatswesen‘, wie es im<br /> Frühwerk heißt“ (1970, 3.92). Die MG Erlangen macht sich<br /> nun praktisch an den Ausbau des Marxschen Systemfragments.<br /> Die Behandlung der “drei quellen von revenue“ ist etwas<br /> über eine Seite lang und gibt eine Auswahl der Marxschen<br /> Argumentation MEW 25/830—34 wieder. Es folgen 10 Seiten<br /> systematischer Entwicklung von Termini wie ‘Privateigentum‘,<br /> ‘Freiheit der Wahl‘, ‘Verstand‘, ‘Allgemeininteresse‘,<br /> ‘Konkurrenz um die Distribution‘, ‘Interessenkoalition‘,<br /> ‘Klassen‘, ‘Allgemeinwohl‘. Dann werden auf 7 Seiten<br /> “spezifika der revenuequelle arbeit“ und bürgerliches<br /> Arbeiterbewußtsein (=die Revenueinteressen der Arbeiter-<br /> Innen) thematisjert. Die letzten 4 Seiten sind dem Zusammen-<br /> hang von Revenueformen und bürgerlichem Staat gewidmet.<br /> Die MG Erlangen gibt gleich zu Beginn die Bestimmung:<br /> <br /> “Karl Marx erreicht mit der Entwicklung der ‘trinita—<br /> rischen formel‘ am Ende des dritten Bandes des KAPITAL<br /> die Oberfläche der kapitalistischen Gesellschaft, wo sich<br /> “die Verdinglichung der gesellschaftlichen Verhältnisse<br /> das unmittelbare Zusammenwachsen der stofflichen Pro-<br /> duktionsverhältnisse mit ihrer geschichtlich—sozialen Be-<br /> stimmtheit vollendet“ (MEW 25/838)“ (S.3). Ungerührt von<br /> der Ungereimtheit heißt es bestätigend weiter unten:<br /> <br /> fallen auch Kapital und Grundeigentum zusammen mit<br /> ihrem stofflichen Dasein als Produktionsmittel (und Geld,<br /> das in Produktionsmittel jederzeit verwandelbar)“ — als<br /> wenn dies den Bruch reparierte!<br /> <br /> Auf Erlanger Diskussionen aufbauend haben Sybille von Fla—<br /> tow und Freek Huisken im Zusammenhang mit ihrer Veran-<br /> staltung an der Bremer Universität die systematische Dar-<br /> stellung der “Ebene der Revenuen“<br /> als Zusammenfassung des Kapital auch in die “gegenwär-<br /> tige Diskussion über einen historisch—materialistischen<br /> Begriff des bürgerlichen Staates“ -(S.8) einbringen wollen<br /> (“Zum Problem der Ableitung des bürgerlichen Staates“,<br /> in: Prokla 7, Mai 1973, 83—153). Die eigentliche Revenue—<br /> formanalyse wird jedoch (nicht über das Cirkular der MG<br /> Erlangen hinausgehend) knapp und kritiklos auf zwei Seiten resumiert.<br /> Der fungierende Kapitalist wird umstandslos zum Arbeiter<br /> (S.102 + 104). Einkommen wird mit Revenue gleichgesetzt.<br /> “Das Kapital ist nicht mehr ein gesellschaftliches Ver—<br /> hältnis, sondern nur noch produziertes Produktionsmittel“ (S. 105)<br /> <br /> — aber wieso ist die stoffliche Form der Revenuequelle<br /> Leihkapital produziertes Produktionsmittel? Lakonisch<br /> folgt die Anmerkung: “Das Geld, welches als Mittel zum Tausch (?) gegen<br /> Produktionsmittel fungiert, muss hier nicht gesondert be—<br /> rücksichtigt werden.“ (S.105). Immerhin dachten sie dran.<br /> Doch Geld wäre als „Mittel zum Zins“ zu behandeln.<br /> <br /> <br /> Im Diskussionsband “Oberfläche und Staat“ (Westberljn<br /> 1974) hat das Projekt Klassenanalyse (PKA) die Texte der<br /> Marxistischen Gruppe Erlangen und Flatow/Hüsken kriti-<br /> siert. “Wir greifen das Cirkular der MG. Erlangen aus der<br /> Masse der Veröffentlichungen („ultralinker“ Gruppen d.V.)<br /> heraus, weil die Begründung ihrer Sonderstellung (außer-<br /> halb der DKP d.V.) vermittelt wird durch ein Stück ein-<br /> - gehender KAPITAL—Interpretation, vor allem gerade des<br /> Schlussabschnitts, der in der bisherigen Diskussion gene-<br /> rell sehr unklar geblieben ist“. (S.15) Dies ist ein Wort! <br /> Es folgt die wohl umfangreichste Thematisierung der<br /> “Oberfläche“, wobei die Autoren zwischen der Darstellungs—<br /> ebene der einfachen Warenzirkulation (gleichsam als ab-<br /> strakt gefasste, unentwickelte Oberfläche) und der Dar—<br /> stellungsebene der Revenueformen des Werts (als entwickel-<br /> te Oberfläche) unterscheiden. Die “Entwicklung der Be-<br /> stimmungen der Warenzirkulation als durch die dahinter—<br /> liegenden Prozesse vermittelte und sie vermittelnde Be-<br /> ziehung (ist) absolute Grundlage der Darstellüng der ent-<br /> wickelten Oberfläche der bürgerlichen Gesellschaft“, da<br /> die “Bestimmungen der einfachen Warenzirkulation an der<br /> entwickelten Oberfläche ... als wirklicher Schein ihres<br /> verborgenen Zusammenhangs wieder erscheinen“ (S.71).<br /> Das Projekt Klassenanalyse hält die “Gesamtinterpretation<br /> des VII. Abschnitts (KAPITAL, Bd.III) durch die MG“ für<br /> “unhaltbar“ (S.17) und bemüht sich “darzustellen, wie<br /> der wirkliche Zusammenhang der Formbestimmungen der Ober-<br /> fläche des Kapitals aussieht.“ (Vgl. 17—26 und die <br /> “Beschreibung der Oberfläche“ sowie die Darstellung der<br /> “Verkehrung von Form und Substanz“ in: Projekt Klassen—<br /> analyse, Materialien zur Klassenstruktur der BRD. Erster<br /> Teil. Theoretische Grundlagen und Kritiken, Westberlin<br /> 1973, 3.22—68. Ferner den Abschnitt “Revenue und ihre<br /> Quellen“ in: Projektgruppe Entwicklung des Marxschen<br /> Systems; der 4. Band des KAPITAL? Kommentar zu den -“The—<br /> rien über den Mehrwert“, Westberlin 1975, S.589—624). Das<br /> PKA kommt in der Veröffentlichung seiner “Theoretischen<br /> Grundlagen“ (Westberlin 1973, s.o.) zu folgender apar—<br /> ter Lösung: “... ist der Betrieb neuer Maschinerie mit<br /> Anlaufschwierigkeiten verbunden, aufwendigen Reparatu-<br /> ren usw., die die Kosten ihrer ersten Anwendung gegen-<br /> über später steigen lassen. Dies kann so weit gehen, dass<br /> der erste Anwender der Maschinerie bankrott macht und<br /> erst die Aufkäufer sie profitlich anwenden können.<br /> <br /> Solche Beispiele bestärken die Vorstellung, dass der Un—<br /> ternehmergewinn nur ein Äquivalent (?) für die Leistung<br /> des Kapitalisten und das mit dieser Leistung verbundene<br /> Risiko ist (?)‚ weshalb der durchschnittliche (!) Unter—<br /> nehmergewinn eigentlich auch (?) als Unternehmerlohn zu<br /> bezeichnen sei.“ Ist er‘s oder ist er‘s nicht? “Als Ge-<br /> winn bleiben (!) nur noch die kurzfristigen Überschüsse<br /> der Verkaufspreise über die durch die Kosten der Produk-<br /> tionsfaktoren (1,2,3) und den Unternehmerlohn (4) be-<br /> stimmten Preise, welche signalisieren, dass die Güterver—<br /> sorgung der Gesellschaft noch zu verbessern ist. Durch<br /> diese Gewinne wird die ausnahmsweise Leistung (Arbeit?)<br /> des individuellen Kapitalisten zur Befriedigung der ent-<br /> sprechenden Bedürfnisse honoriert (?). Zugleich mit der<br /> Verbesserung der Versorgung schrumpfen diese Gewinne<br /> aber zusammen und verschwinden schließlich, wenn der Über-<br /> schuß der Nachfrage über das Angebot aufgelöst ist. Daraus<br /> kann die beruhigende Vorstellung gewonnen werden, dass<br /> letztlich aller Gewinn vergänglich ist und der Endzweck<br /> der kapitalistischen Produktion die bestmögliche Versor-<br /> gung der Gesellschaft mit den Gebrauchswerten ist, die<br /> sie zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse braucht.“ (S.36).<br /> Das PKA zählt hierin 5 Arten Einkommen auf: die drei<br /> “Kosten der Produktionsfaktoren“ (wir unterstellen:<br /> Lohn, Rente, Zins) sowie einerseits Unternehmerlohn (in<br /> allen Fällen) und andrerseits Unternehmergewinn (in beson-<br /> deren Fällen). Auch hier wird die trinitarische Formel<br /> gesprengt, was allerdings nicht dazu führt, dass die neo—<br /> orthodoxe Scheu vor “Marx—Revision“ überwunden und die<br /> Marxsche Konstruktion des Zusammenfallens der Revenue—<br /> quellen mit den Produktionselementen (S.51 zitiert) -<br /> explizit kritisiert wird.<br /> <br /> Die Arbeitskonferenz München hat in der ersten Nummer<br /> ihrer“Resultate“ (September 1974) die Frage verfolgt:<br /> <br /> “Warum scheitern Marxisten an der Erklärung des bürger— -<br /> lichen Staates?“ und dabei sowohl Bischoff (PKA) als<br /> auch Flatow/Huisken besprochen (150-166). Gleich zu<br /> Anfang werden die Revenuequellen mit der Kennzeichnung<br /> (letzte Kategorie des KAPITAL) versehen. Dies ist zumin-<br /> dest zweideutig. Es kann (richtigerweise) heißen: nach<br /> ‘Revenueform‘ des Werts wird keine weitere Form* ent—<br /> wickelt (und ‘Unternehmergewinn‘ ist ja bereits in der<br /> voraufgehenden Zinsformanalyse entwickelt worden). Aber<br /> es kann (fälschlicherweise) vormachen — der Unternehmer—<br /> gewinn geht in einer Revenue auf — sei es nun Kapital—<br /> Profit oder Arbeit—Lohn. In der Auseinandersetzung mit<br /> den “theoretischen Grundlagen“ (Materialien..., West—<br /> berlin 1973) des Projekts Klassenanalyse nimmt die AK<br /> München nicht auf den Teil 1, der des PKA Darstellung<br /> der Revenueanalyse enthält, Bezug.<br /> <br />* Aber vgl. unsere Analyse der Lohnform des Werts in der<br />„Konkurrenzformanalyse“, VII § 38 !<br /> <br /> Es bleibt uns das Resümee: wir haben es nicht, wie die<br /> verschiedenen Fassungen und Auslegungen der “trinita—<br /> rischen Formel“ suggerieren, mit einer unheiligen Drei—<br /> einigkeit, sondern mit der ökonomischen “Viereinigkeit“<br /> der Geldverdiener zu tun. Im Bilde gesprochen: das Ka—<br /> pitalverhältnis ist hiermit zu einer “Troika—Formel“<br /> entwickelt. Der fungierende Kapitalist bewegt sich mit<br /> drei ZugPferden, die er eingespannt hat und lenkt, vor-<br /> wärts - Geldeinkünften zu.<br /> <br /> §5 Die Darstellungsebene der Revenueformen ist gekennzeichnet durch eine Zusammenfassung: es ist „der Lohn“, „die Grundrente“ und „der Zins“, die „dem Unternehmergewinn“ gegenübergestellt sind.<br /><br />Der fragmentarische Entwurf zum 3. Band KAPITAL von 1864 /65, den Marx viele Jahre unbearbeitet liegen ließ und den schließlich Engels 1894 herausgab (MEW 25), endet mit einem (nur angefangenen) Kapitel über „Die Klassen“. Marx spricht deutlich unter Bezug auf seine trinitarische Formel von den drei Klassen der modernen Gesellschaft. Dies kontrastiert zu der geläufigen Gegenüberstellung der Arbeiterklasse und der Kapitalistenklasse (die sich gründet auf die Darstellung des „Klassenantagonismus“ zwischen Ausbeutern des Mehrwerts und dem Rohmaterial dieser Ausbeutung, KAPITAL Bd. I).<br /><br />1.dies scheint für die Agitation griffiger (als das im Band III versuchte Aufsteigen bis zur Oberfläche)<br />2.lässt man den Unternehmergewinn aufgehen in der Revenue „Lohn“ (eben als „Unternehmerlohn“ MEW 25/396ff vgl. auch Roth 1974, 29f), wird der fungierende Kapitalist – zur Arbeiterklasse geschlagen!<br /><br />Folgt man aber der hier gegebenen Darstellung, so ergeben sich die 3 Klassen der Revenuebezieher und die Klasse der fungierenden Kapitalisten, mithin 4 Klassen der kapitalistischen Gesellschaft. (Philosophie ist selten gefällig) Das Mit- und Gegeneinander der Klassen wird in der Konkurrenz-Formanalyse Thema sein. Zuvor jedoch soll die zurückgestellte „vermittelnde Bewegung der Zirkulation“ (MEW 23 / 590) dargestellt werden.<br /> <br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /> <br /> Abschnitt VI<br /><br /> ANALYSE DES ZIRKULATIONSPROZESSES -<br /> DES KAPITALS<br /> <br /> <br /> <br /> <br /> §1<br /> <br /> Die Ende Abschnitt III entwickelte und in Abschnitt IV<br /> weiter bestimmte Verwertungsbewegung G.. .G‘ wird nun<br /> wieder aufgenommen. Dabei wird neu berücksichtigt, dass<br /> alle Zirkulationsakte Zeit erfordern. Neben die Pro—-<br /> duktionszeit tritt die Zirkulationszeit. Während der<br /> Zirkulationszeit sind die Waren und das Geld Gestalten<br /> des Kapitals; nämlich Warenkapital und Geldkapital.<br /> Während der Produktionszeit hat das Kapital die Gestalt<br /> des produktiven Kapitals. Produktives Kapital, Waren—<br /> kapital, Geldkapital... usw. folgen als Resultate aus—<br /> einander FORTSETZUNG IM NÄCHSTEN postUnknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-54341425107918781262009-06-17T10:14:00.004+02:002009-06-17T10:41:13.115+02:00Darstellungsvoraussetzungen WERTFORManalysehttp://<a href="http://de.wiki.oekonux.org/BVW/WERTUNDGELD/Wert">de.wiki.oekonux.org/BVW/WertUndGeld/Wert</a><br /><br /><br /> <span style="font-weight:bold;">Wert</span> ist die zentrale Kategorie in der Analyse der Marktwirtschaft. <span style="font-weight:bold;">Wert</span> ist zugleich Bewegungsgesetz und Subjekt einer Gesellschaft, in der "die Menschen unter der Kontrolle von Dingen stehen, statt sie zu kontrollieren". Der Wert ist vergegenständlichte menschliche Arbeit, die sich als Anspruch auf Aneignung der Produkte menschlicher Arbeit schlechthin bildet - und zwar so, dass die Fundamente dieser Produktion zugleich ständig revolutioniert und sukzessive zerstört werden. <br /><br /><span style="font-style:italic;"><span style="font-weight:bold;">Fragen</span></span><br /><span style="font-style:italic;">Frage</span>: Kann der Begriff Wert nicht unabhängig vom Begriff der Marktwirtschaft existieren? <br /><span style="font-style:italic;">Antwort</span>: Die Wertabstraktion ist historisch so alt wie es Versuche gegeben hat, ein allgemeines Tauschmittel zu etablieren. Aber erst in der Marktwirtschaft durchdringt der Wert alle Poren der Gesellschaft und wird zum dominierenden gesellschaftlichen Verhältnis. Nur in der entwickelten Marktwirtschaft sind die Menschen zu hundert Prozent vom Wert abhängig geworden, ist die Eigenproduktion und Subsistenz zerstört. <br /><span style="font-style:italic;">Frage</span>: Wieso soll "Wert im marktwirtschaftlichen Sinn" gleich "vergegenständlichte menschliche Arbeit" sein? Ist das genetisch gemeint als "Wert entsteht aus menschlicher Arbeit" oder ist das mechanistisch gemeint als "Wert lässt sich in menschliche Arbeit umsetzen" oder ist das analytisch gemeint als "wir wollen Arbeit als eigentlichen Wert betrachten"? Genetisch wäre der Einwand anzubringen, dass viele Werte überhaupt nicht mit Arbeit in einen quantitativen Zusammenhang zu bringen sind: wenn etwa jemand in Namibischem Wüstensand einen Diamanten findet. Mechanistisch wäre einzuwenden, dass sich der marktwirtschaftliche Wert in alles mögliche umsetzen lässt, Arbeit ist nur ein Teilaspekt. Analytisch ist diese weltanschauliche Wertung am falschen Platz: was hätte in einer automatisierten Welt die "Arbeit als zentraler Wert" für einen Sinn? <br /><span style="font-style:italic;">Antwort</span>: Zunächst zur letzten Frage: gerade weil das Warensystem auf Arbeit als Wertsubstanz aufgebaut ist, ist es mit der automatisierten Welt so inkompatibel. Das hat schon Norbert Wiener festgestellt in seinem Buch "Kybernetik". ""Es kann nicht gut sein, diese neuen Kräfteverhältnisse in den Begriffen des Marktes abzuschätzen, des Geldes, das sie verdienen. Wenn man sich diese Revolution abgeschlossen denkt, hat das durchschnittliche menschliche Wesen mit mittelmäßigen oder noch geringeren Kenntnissen nichts zu verkaufen, was für irgendjemanden das Geld wert wäre. Die Antwort ist natürlich, dass wir eine Gesellschaft haben müssen, die auf menschliche Werte gegründet ist und nicht auf Kaufen und Verkaufen."(Kybernetik, 59ff) <br /><br /><span style="font-weight:bold;">erkenntnistheoretisches</span><br /><span style="font-style:italic;">Frage</span>: Was ist in dem Zusammenhang mit Kategorie gemeint? <br /><span style="font-style:italic;">Antwort</span>: Kategorien sind Eigenschaftsbestimmungen für eine große Menge an Gegenständen. Ursprünglich kommt der begriff vom griechischen "kategorein", urteilen."Kategorien (katêgoriai von katêgorein, aussagen, »praedicamenta«): Aussagen, allgemeinste oder Grundaussagen über das Seiende, Grundbegriffe, Stammbegriffe, oberste Begriffe als Niederschlag von allgemeinsten Urteilen über das Seiende, Fundamentalbeurteilungen, Denkformen, Denksetzungen, Seinsarten. Die logischen Kategorien sind die allgemeinsten Begriffe, welche aus der denkenden Verarbeitung der Erfahrungsinhalte entspringen. Sie sind nicht direkt aus der Erfahrung (den Empfindungen, Vorstellungen) abstrahiert, sondern haben in dieser nur ein »Fundament«, d.h. die Erfahrung (das Gegebene) enthält Momente, die zur Setzung der Kategorien veranlassen, nötigen." Rudolf Eisler, Wörterbuch der philosophischen Begriffe,1904,http://www.textlog.de/3784.html. Der Wert ist nicht als solcher der Erfahrung zugänglich, sondern wird als Einheit, Identität, Substanz und Wirkkraft den verschiedenen Phänomenen der Marktwirtschaft als "inneres Band" unterstellt. Ganz ähnlich wie z.B. "Gravitation" in der Physik den Gesetzen des Falls zugrunde liegt und eine dem äußeren Augenschein nicht zugängliche innere Beziehung zwischen Objekten ausdrückt. <br /><span style="font-style:italic;">Frage</span>: Wie kommt man von obiger "struktureller Aussage" zu einer beschreibenden Definition? <br /><span style="font-style:italic;">Antwort</span>: die obige Aussage ist keine Definition, sondern eben nicht mehr als eine strukturelle Aussage. Die Definition ist eine schwierige Geschichte. Die Kopula "ist" im Urteil verbindet ja immer nichtidentisches. Das heißt, ich setze mit jedem Satz eine Darstellungsvoraussetzung, die dann einzuholen ist. Die beste Literatur die ich dazu kenne ist "Die Ware" von Heinrich Brinkmann (Die Ware. Zu Fragen der Logik und Methode im "Kapital". Eine Einführung (= Argumentationen Band 22)Brinkmann, Heinrich, Focus, Gießen 1975)sowie Volkbert M. Roth, Zum wissenschaftlichen Anspruch der Wertformanalyse: AUFGREIFEN aus dem Alltagsverständnis der Realität, HERLEITEN von Analyse-Kategorien, Begründung von DARSTELLUNGSVORAUSSETZUNGEN. Eine sozialphilosophische Studie, Habilitationsschrift Universität Konstanz 1976. Im Netz gibt´s ein schönes Papier dazu: http://www.docaugustin.de/marx/texte/0Marx04c1.pdf) <br /><span style="font-weight:bold;">//Alles nach und nach jetzt(auch) hier in diesem blog ...//</span><br /><br />Daraus ein kurzer Auszug: <br />"Die dialogische „Prozedur, welcher sich das natürliche Bewusstsein bei dem Eintritt in das spekulative Denken unterwirft“ lässt sich kurz so summieren: <br />1. „Das spekulative (systematische) Denken mutet an keiner Stelle dem natürlichen Bewusstsein (Alltagsverständnis) zu, sich aufzugeben. Vielmehr baut es auf diesem in einer eigentümlichen Art auf und überführt es in etwas, was immer noch es selbst und zugleich nicht mehr es selbst ist.“ <br />2. Das „natürliche Bewusstsein“ darf „auf seinen sämtlichen Erfahrungen beharren – unter der Voraussetzung, dass es die Geltendmachung seiner Erfahrungen dem Anspruch des spekulativen Denkens unterwirft, sich von diesem den systematischen Ort vorschreiben lässt, an dem es jeweils mit seinem Erfahrungen argumentiert. ... es muss bereit sein, Einwände zurückzustellen, bis die systematische Theorie die Stelle erreicht hat, wo sie erörtert werden sollen.“ <br />3. In der „Artikulation seiner Einwände ist am Anfang des systematischen Vorgehens das natürliche Bewusstsein“ unbeschränkt. „Der mit der Systematisierung der Erfahrungen“ – des Alltags – „einhergehende kategoriale Fortschritt grenzt dann die Möglichkeiten ein, wie das natürliche Bewusstsein“ –im Dialog mit dem systematischen Denken – „seine Erfahrungen einbringen kann.“ <br />4. „Die Analyse endet dort, wo das natürliche Bewusstsein die Herkunft der in ihm herrschenden Kategorien aus den durch die systematische Analyse aufgedeckten ... Verhältnissen erkannt hat ... Damit hat sich das natürliche Bewusstsein im systematischen spekulativen Denken aufgehoben ohne je seine Erfahrungen aufgegeben haben zu müssen.“ <br />Roth nennt diesen Prozess das "Aufheben von Darstellungsvoraussetzungen". <br />Wenn man diese Aussagen ernst nimmt, dann ist der Begriff des Werts die Darstellung der kapitalistischen Gesellschaft selbst. Der Wert ist kein "Pattern", sondern "Pattern von Patterns". Jedes Pattern (zum Beispiel Geld) ist gemäß dem schrankenlosen Anspruch des Werts partielle Einlösung, verweist aber über sich selbst hinaus auf immer neue Patterns (zum Beispiel Kapital) - schließlich auf eine Totalität von Verhältnissen, unter denen die Wertabstraktion sich immer weiter entfaltet. Unsere subjektive Erfahrung in den letzten Jahrzehnten ist eine, die durchaus diese Totalisierung immer plausibler einzuholen imstande ist. Ich tue mir heute leichter mit dem "Beweis" des Werts als noch vor drei Jahrzehnten. Aber das ist überhaupt nichts Erfreuliches. "Abstraktionen in der Wirklichkeit geltend machen heißt Wirklichkeit zerstören" wusste schon Hegel. Heute ist der Wert an seinem logischen und historischen Ende angelangt. Aber das bedeutet einen riesigen Zusammenbruchs- und Transformationsprozess, der sehr schmerzhaft sein kann. <br /><span style="font-weight:bold;">Wie man den Wert "beweist"?` </span><br />Nun, indem man drauf hinweist, dass z.B. nichts auf der Welt der Frage entgeht, wieviel es "wert ist". Also der totalisierende Zugriff des Marktes ist dem Alltagsbewusstsein durchaus bekannt. <br />Ich kann auch drauf hinweisen, dass alles was heutzutage produziert wird mehr oder weniger Industrieware ist, also kalkuliert zwischen Gestehungskosten und Marktpreis. Ich muss aber das "natürliche Bewusstsein" darauf hinweisen, dass im Preis zugleich der Wert ausgelöscht erscheint, die Preise sich zirkulär aus sich selbst begründen und die Verteilung der Revenuen zwischen Kapital, Boden und Arbeit den Anschein erweckt, als würde jede dieser Revenuequellen einen Beitrag zum Neuwert leisten. Ich kann auf die Paradoxien dieser "Erklärung" hinweisen, aber um das reale Verhältnis zu begreifen muss ich die Stufen der Entwicklung der Wert - "Patterns" nachvollziehen. <br />Diskussion<br />Franz Nahrada:Der Wert ist die zentrale Kategorie in der Analyse der Marktwirtschaft, oder genaugenommen die Folge der Wertformen, die sich notwendig auseinander ergeben: Relative Wertform, Äquivalentform, allgemeine Äquivalentform, Geld, Schatz, Kapital, produktives Kapital, Warenhandlungskapital, zinstragendes oder Finanzkapital, Aktienkapital, Nationalkredit, Weltgeld. <br />Wert kennt keine Bewegung außer der quantitativen Vermehrung; er muss sich dazu aber aus einer Form in die andere verwandeln, das "Risiko des Produktionsprozesses" auf sich nehmen, in dem die einzige Ware konsumiert wird, die in ihrer Konsumtion regelmäßig mehr Wert schafft als sie selbst gekostet hat: die Arbeitskraft. <br />Seiner Substanz nach ist der Wert die "tote Arbeit", das Resultat der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft im Arbeitsprozess, das sich auf die Herstellung von Waren richtet. Paradoxerweise richtet sich die Anstrengung aller Produzenten darauf, in ihren Waren mindestens gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zu repräsentieren; Arbeitszeit die darüber hinaus geleistet wurde schafft keinen Wert. Darin liegt eigentlich auch schon das Geheimnis der desaströsen Konsequenz der Wertvergesellschaftung. <br />A.F.: siehe meine Bemerkung beim Begriff "Gebrauchswert" <br /><br />BVW/WertUndGeld/Wert (zuletzt geändert am 2006-01-22 23:00:43 durch Franz Nahrada)<br /><br /><br />Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons LizenzUnknownnoreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-31192909345723094732009-05-28T06:00:00.003+02:002009-05-28T06:13:05.885+02:0025. Mai 2009Protokoll (red.) zur fünften Sitzung am 25. Mai 2009<br />Universität Konstanz<br />Fachbereich Philosophie<br />HS Von Marx zu Marx<br /><br />Protokollantinnen: Huan Duan und Jiangtao Wang<br /><br />Die Sitzung begann mit der kurzen Vorstellung zweier Werke des Autors Wolfgang Fritz Haug, welcher als einer der wichtigsten Autoren in den 70er Jahren für den Einstieg in das KAPITAL in Westdeutschland / Berlin gilt. Diese Werke sind „Vorlesungen zur Einführung ins Kapital“ (1974, 1976,...) sowie der „High-Tech-Kapitalismus“ (2003), welche zusammen eine gute Einführung in Marx‘ Werk „Das Kapital“ sowie einen Einblick in neuere Entwicklungen geben. Siehe aber auch ELBE (2008)<br /><br />Es folgte eine kurze Repetition der letzten Sitzungen, in welchen es um Abschnitt 1 und 2 des KAPITALs ging. Dabei fielen die Begriffe des Warenaustauschverhätnisses und der Bestimmung des Geldes und wurde kurz auch auf den Exkurs über die Frauentätigkeit im KAPITAL hingewiesen.<br /><br />Im Anschluss daran folgte ein Bericht über die Lehrerfahrung 1976 in Sydney, als durch eine Diskussion mit Anhängern der damaligen „marxistisch-feministischen Bewegung“ und "re-reading" die Einsicht reifte, dass die Ware Arbeitsplatz nicht einfach als Ware wie jede andere, sondern als Ware höherer Ordnung angesehen werden müsse. Deren Wert löst sich allerdings auf in den Wert von Waren erster Ordnung.<br /><br />Nun wurde mit der Beschäftigung mit dem dritten Abschnitt des ersten Bandes des KAPITALs begonnen. Das große Thema ist hierbei die Produktion des Mehrwerts, in dessen Zentrum wiederum der Verwertungsprozess steht. Es geht darum, dass der Kapitalist auf dem Markt die neue Ware der „Arbeitskraft“ vorfindet. Der Lohnarbeiter und der Kapitalist werden hier als „Charaktermasken“ dargestellt, wozu auch Kategorien unter anderem der Warenproduktion, Analyse und kapitalistische Warenproduktion weiterentwickelt. Die Bestimmung des Kapitalverhältnisses wurde dabei zum Zweck der Waren- und Mehrwertproduktion auf Seiten des Kapitalisten und zum Zweck des Überlebens (Reproduktion durch Industriewaren) auf Seiten des Arbeiters definiert.<br /><br />Nach dieser Einführung folgte eine textgenaue Beschäftigung mit einer Quelle des Werts. Diese beschrieb, wie letztendlich der Mehrwert, der nach Abzug aller Kosten als Kapital (der Kapitalanteil des Warenwerts) übrig bleibt, zustande kommt.<br /><br />Es folgt der Übergang zu MEW 23/221. Hier wird beschrieben, wie durch die „Seelenwanderung“ aus einem Produktionsmittel neue Produkte entstehen und wie der Kapitalist dadurch zu immer mehr Kapital gelangt, während der Arbeiter Arbeiter bleibt. <br /><br />Weiter im Text ging es um die zunächst scheinbar nicht berücksichtigten „objektiven“ Produktionsfaktoren, welche beim Produktionsprozess aber eine wichtige Rolle spielen. Dies sollte aber im Verlauf der Analyse noch nachgeholt werden. Auch der Begriff der Arbeit ist noch vorläufig definiert und wird zunächst lediglich als Lohnarbeit beschrieben. Ebenfalls angerissen wurde der Begriff der lebendigen Arbeit, welche mit ihren gegenständlichen Bedingungen später noch eine größere Rolle spielen wird.<br /><br />In einer weiteren Textstelle MEW 23/228 folgt eine detailliertere Erklärung, auch anhand einer Formel für das Zustandekommen der Wertveränderung.<br /><br />Im §2 erfuhren wir etwas über den eigentlich kapitalistischen Produktionsprozess, welcher dort als Erzeugung eines Kapitalanteils am produzierten Wert beschrieben wurde. Desweiteren ging es dabei um das Verhältnis von Kapitalanteil und Lohnanteil am Produkt als Maß der Ausbeutung der Arbeiter..<br /><br />Im Anschluss wurde die Berechnung des Mehrwerts, auf den es der Kapitalist abgesehen hat unter Berücksichtigung verschiedener Variablen (wie zum Bespiel Produktivität und absolute Länge des Arbeitstages) noch einmal an der Tafel deutlich gemacht.<br /><br />Es folgte eine genauere Betrachtung der kapitalistischen Ansicht des Arbeitskraft und des Arbeitstages bzw. der Arbeitszeit des Arbeiters auch unter Berücksichtigung der englischen Industriegeschichte. Dabei wird wieder ein großer Konflikt zwischen Kapitalist und Arbeiter, d.h. die Bestrebung des Kapitalisten nach Gewinnmaximierung durch gesteigerte Ausbeutung des Arbeiters deutlich. Dabei wurde auch auf Parallelen zum aktuellen Beispiel der Wirtschaftskrise eingegangen.<br /><br />Ein wichtiges Zitat von MEW 23/281 ist: „Das Kapital scheint daher durch sein eigenes Interesse auf einen Normalarbeitstag hinzuweisen.“ Es folgt ein historisches Beispiel: der Sklavenhalter glaubte, dass die wirksamste Ökonomie darin besteht, die größtmögliche Masse Leistung in möglichst kurzer Zeit dem Sklaven auszupressen, deswegen starben alljährlich große Menge von Sklaven wegen Überarbeitung und Mangel an Schlaf und Erholung. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland war damals jedoch auch so. Heute ist vieles anders. Die Regierung hat seitdem einen großen Fortschritt gemacht: gesetzlicher 8 Stunden-Arbeitstag und gewerkschaftliche Tarifverträge zur Arbeitszeit.<br /><br />Auf der Seite 287 von MEW 23 wird analysiert, dass solche kritischen Situationen der Arbeiter nicht vom einzelnen Kapitalisten abhängen, denn die freie Konkurrenz gilt hier als Zwangsgesetz. Fazit: Es soll ein politisches Gesetz erlassen werden, sonst können wir uns nicht vor überlangem Arbeitstag schützen. <br /><br />Danach wird eine Reihe von Gesetzen bzw. Akten in Europa und USA geschildert, um zu erklären, was „die Festsetzung eines normalen Arbeitstages das Resultat eines vielhundertjährigen Kampfes zwischen Kapitalist und Arbeiter“ ist (MEW 23/287). Dieser Kampf zeigt aber zwei entgegengesetzte Richtungen, der Kapitalist versucht zuerst, den Arbeitstag bis zu Höchstgrenzen zu verlängern, wobei der Arbeiter das Gegenteil als Ziel betrachtet. Deswegen sind die Bestimmungen über den Arbeitstag und die Arbeitszeit das Ergebnis langwieriger Klassenkämpfe. <br /><br />Auf MEW 23/315 wird betont, dass auch wenn die Umgestaltung der Produktionsweise existiert, sich der Inhalt und der Zweck der kapitalistischen Produktion, die Produktion von Mehrwert oder die Auspressung von Mehrarbeit, nie verändert. <br /><br />Im neunten Kapitel handelt es sich um die Rate und Masse des Mehrwerts, Marx analysiert mit Zahlen und Beispielen, dass „sich die von verschiedenen Kapitalien produzierten Massen von Wert und Mehrwert bei gegebenem Wert und gleich großem Ausbeutungsgrad der Arbeitskraft direkt wie die Größen der variablen Bestandteile dieser Kapitale verhalten; d.h. ihrer in lebendige Arbeitskraft umgesetzten Bestandteile.“ Auf der Seite MEW 23/325 gibt es auch eine Erklärung mit dem Beispiel von Baumwollspinner und Bäcker.<br /><br />Der vierte Abschnitt beschäftigt sich mit der Produktion des relativen Mehrwerts, Marx unterscheidet in diesem Abschnitt den absoluten Mehrwert von dem relativen Mehrwert, durch Verlängerung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nennt er absoluten Mehrwert; „den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Veränderung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt – relativen Mehrwert. (MEW 23/334)“. Das Verhältnis von Mehrwert zum variablen Kapital ist die Mehrwertrate. Der einzelne Kapitalist bemüht sich, die Produktionskraft der Arbeit zu steigern, um mehr Gewinn zu erlangen, er trägt dann auch bei zur Erhöhung der allgemeinen Mehrwertrate, obwohl unbeabsichtigt.<br /><br />Im elften Kapitel wird die kapitalistische Kooperation analysiert, Kooperation ist die Grundform der kapitalistischen Produktionsweise, durch sie wird die zur Herstellung des Gesamtprodukts nötige Arbeitszeit verkürzt und damit hat der Mehrwert sich erhöht. Die Kooperation und Teilung der Arbeit innerhalb der Kooperation, sowie Maschinerie und große Industrie sind alle Merkmale der Kapitalistischen Gesellschaft. <br /><br />Am Anfang des dreizehnten Kapitels gibt es ein Zitat von John Stuart Mill, er ist darüber skeptisch, ob die mechanischen Erfindungen die Tagesmühe der Menschen erleichtert haben. Und nach Karl Marx sollte die Frage so gestellt werden, ob diese Erfindungen die Tagesmühe der Arbeitnehmer erleichtert haben. Freilich ist es nicht so, da solches keineswegs der Zweck der kapitalistisch verwandten Maschinerie ist. Sie - die Maschinerie – ist nur Mittel zur Produktion von Mehrwert. So Karl Marx. <br /><br />Danach wird das Verhältnis von Maschinerie, Menschenkraft und Arbeitsmittel thematisiert, Fazit: „Die Maschine, wovon die industrielle Revolution ausgeht, ersetzt den Arbeiter, der ein einzelnes Werkzeug handhabt, durch einen Mechanismus, der mit einer Masse derselben oder gleichartiger Werkzeuge auf einmal wirkt, und von einer einzigen Triebkraft, welches immer ihre Form, bewegt wird. (MEW 23/396)“.Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-77564616573031359382009-05-25T13:58:00.015+02:002009-06-21T22:14:02.820+02:00III KAPITALISTISCHES PRODUZIERENDas Konstanz-Sydney Marx-Projekt (Roth/Kleiber & Hanlon/Eldred, La Forma-Valore, Lacaita / Manduria 1984, a cura Emilio Agazzi) fasst die Bedeutung des Ergebnisses einer (vorläufig abgeschlossenen) mehrjährigen Rekonstruktionsbemühung in einigen Thesen zusammen:<br />Die Marxschen Schriften zur Kritik der „political economy“ enthalten keine abgeschlossene Darstellung. Und selbst die ausgeführte Darstellung der kapitalistischen Ökonomie wäre nur ein erster Teil (Fundament) einer systematischen Analyse und „Kritik“ der epochal gegenwärtigen Gesellschaftsform.<br />Der Versuch einer Rekonstruktion der Marxschen Kapitalanalyse hat zwei einander ausschließende Argumentationsstränge freigelegt:<br />1. <span style="font-style:italic;">arbeitswerttheoretisch</span> wird behauptet, ein WERTGESETZ bestehe, wonach Produkte sich als Waren austauschen, wie es der in der Produktion aufgewandten menschlichen Arbeitszeit entspricht. Die WERTSUBSTANZ wird hier formlos gefasst.<br />2. <span style="font-weight:bold;">wertformanalytisch</span> kann aber die Wertsubstanz nicht unabhängig von der Geldform der Werts erfasst werden. Anstelle der Reihenfolge: Wertsubstanz-Wertgröße-Wertform tritt die Folge: Wertform – Wertsubstanz/Geldform des Werts – Wertquantität.<br /><br />Die Marxsche epochale Gegenwartsanalyse sollte aber umfassender sein.<br />3. Marx hat den ursprünglichen Plan der umfassenden Analyse der modernen Gesellschaft (die mehr ist als kapitalistische Wirtschaft) nicht „geschafft“: und dies sollte systematisch auch im Zusammenhang seines Schwankens zwischen Wertformanalyse und Arbeitwerttheorie , sowie <span style="font-weight:bold;">einer systematisch-synchronen Analyse („Histomat1“)</span> und <span style="font-style:italic;">einer geschichtsphilosophischen Skizze („Histomat2“) </span> gesehen werden. Mehr dazu in: D. Henrich, Hg.: Akten des Stuttgarter Hegel-Kongresses 1975 „Ist systematische Philosophie möglich?“ (Diskussionsbeitrag zur damals aktuellen „Rekonstruktion des Historischen Materialismus“ einer Gruppe um Jürgen Habermas) Dort wird der Histomat2 weder übernommen noch rekonstruiert, sondern ersetzt. Siehe auch Elbe (2008), 194.<br />4. Der formunabhängige Arbeits- und Wertbegriff ebnet den Weg für den <span style="font-style:italic;">ökonomisch-geschichtsmechanischen Fortschrittsglauben</span>, wonach ein NATURGESETZ der menschlichen Entwicklungsgeschichte das unaufhaltsame Ansteigen der Arbeitsproduktivität vorschreibe und angewachsene Produktivkräfte „zu Fesseln gewordene Produktionsverhältnisse“ sprengen.<br />5. Wird in der Rekonstruktion der Marxschen Werttheorie und der Kapitalanalyse <span style="font-weight:bold;">wertformbezogen</span> argumentiert, ergibt sich eine systematische Darstellung, die sich auf die gegenwärtige Lebensform, auf die kapitalistische Epoche bezieht. In diesem Horizont erscheint dann auch der Basis-Überbau-Gedanke nicht als ein vermeintliches Bewegungsgesetz, wonach durch Selbstveränderung der Basis (am Ende jeder Epoche) der Überbau gleichsam automatisch „umgewälzt“ wird.<br />6. Konsequenz einer <span style="font-style:italic;">formlosen Thematisierung der Arbeit</span> in unserer Epoche und der Verallgemeinerung dieses traditionellen Fehlers in der Gestalt einer „materialistischen Geschichtsauffassung“ ist der illusionäre Trost, die ZEIT stehe auf unserer Seite. (zur allmählichen Lösung vom Engelsismus siehe: Ingo Elbe, <span style="font-weight:bold;">Marx im Westen</span>.Die neue Marx-Lektüre in der Bundesrepublik (Deutschland) seit 1965, Akademie-Verlag Berlin 2008) <br />7. Erschütterungen des Kapitalismus und seines Überbaus stehen im Zusammenhang mit „inneren Widersprüchen“ dieser Lebensform. Sich selbst überlassen reproduziert sich der Kapitalismus: zwar werden Quantitäten hinfällig, aber die Form bleibt. <br /><br />Es haben Philosophien „die Welt“ hier „verstanden“, da kritisiert: es kömmt nicht drauf an, dogmatisch zu antizipieren. Wie lässt sich aus der Kritik der alten Welt in reflektierter Praxis die neue Welt (er)finden?<br /><br />Lehrveranstaltung Philosophie V.M. Roth im Sommer 2009 Universität Konstanz <br /><br /><br />0 philologisch/systematische Bemerkungen K I – II – III<br />es folgen die systematischen Abschnitte der Rekonstruktion:<br /><br />I Analyse der Wertform ..............................................................<br />II Kapitalistische Warenproduzenten und LohnarbeiterInnen .............<br />III Kapitalistisches Produzieren ....................................<br />......vgl. KAPITAL Bd.I.& III..................<br />IV Analyse der Zinsform..........................................<br />V Analyse der Revenueform................................<br />.....vgl. KAPITAL Bd. III <br />VI Analyse des Zirkulationsprozesses des Kapitals.......<br />.....vgl. KAPITAL Bd.II<br />VII Analyse der Konkurrenz(formen)................................................<br />ENDE DER REKONSTRUKTION der Kapitalanalyse<br />Ausbau des Fragments<br />VIII gedoppelte Verdopplung (Lucia Kleiber-Sprotte) ...........................<br />IX Ausblick................................................................................................<br />Register.........................................................................................................<br />Literaturhinweise...........................................................................................<br />(auch diese Rekonstruktion blieb bisher teilweise Plan und insgesamt Fragment)<br /><br />THE RULES OF THE GAME<br />-oder: zur Methode einer zeitkritischen Sozialphilosophie<br />In der von Kuno Lorenz herausgegebenen Lorenzenfestschrift „Konstruktionen versus Positionen. Beiträge zur Diskussion um die konstruktivistische Wissenschaftstheorie“ (Berlin / N.Y. 1979) hat Ivan Glaser unter dem Titel „Das dialektische Denken und das natürliche Bewusstsein“ die Rolle der Alltagssprache, in der das Alltagsverständnis der Alltagspraxis des Lebens in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Lebensform formuliert wird, beim Aufbau einer systematischen philosophischen Reflexion dieser unserer Lebensform thematisiert. Bei unseren Erlanger Lehrern Kamlah, Lorenzen, Lorenz und Mittelstraß waren wir in den mittleren 60ern in eine gründliche Vorschule vernünftigen Redens als Proponenten und Opponenten gegangen, die insbesondere Wert auf die Klärung der Spracheinführung (aus gemeinsamer Praxis) legte. Siehe dazu: Volkbert M. Roth: Vier Stufen der Spracheinführung , in: Jürgen Mittelstraß / Manfred Riedel: Vernüftiges Denken (Wilhelm Kamlah zum Gedächtnis), Berlin / N.Y. 1978, 71 –86 und: Wege \ Wittgen_Steine, in: Michael Astroh, Dietfried Gerhardus, Gerhard Heinzmann, Hg., Dialogisches Handeln. Eine Festschrift für Kuno Lorenz, HD / Berlin 1997, 427 – 438 sowie: Dialog und Leben im Bachtin-Kreis. Zur Leningrader Sprachphilosophie, in: Dascal/Gerhardus/Lorenz,Hg., Handbuch Sprachphilosophie, 1. Halbband, 685ff, Berlin / N.Y. 1992. <br /> Die dialogische „Prozedur, welcher sich das natürliche Bewusstsein bei dem Eintritt in das spekulative Denken unterwirft“ (Glaser nimmt hier Hegel´sche Redeweise auf, die Entsprechungen sind im Folgenden in Klammern gesetzt) lässt sich kurz so summieren:<br />1. „Das spekulative (systematische) Denken mutet an keiner Stelle dem natürlichen Bewusstsein (Alltagsverständnis) zu, sich aufzugeben. Vielmehr baut es auf diesem in einer eigentümlichen Art auf und überführt es in etwas, was immer noch es selbst und zugleich nicht mehr es selbst ist.“<br />2. Das „natürliche Bewusstsein“ darf „auf seinen sämtlichen Erfahrungen beharren – unter der Vorraussetzung, dass es die Geltendmachung seiner Erfahrungen dem Anspruch des spekulativen Denkens unterwirft, sich von diesem den systematischen Ort vorschreiben lässt, an dem es jeweils mit seinem Erfahrungen argumentiert. ... es muss bereit sein, Einwände zurückzustellen, bis die systematische Theorie die Stelle erreicht hat, wo sie erörtert werden sollen.“<br />3. In der „Artikulation seiner Einwände ist am Anfang des systematischen Vorgehens das natürliche Bewusstsein“ unbeschränkt. „Der mit der Systematisierung der Erfahrungen“ – des Alltags – „einhergehende kategoriale Fortschritt grenzt dann die Möglichkeiten ein, wie das natürliche Bewusstsein“ –im Dialog mit dem systematischen Denken – „seine Erfahrungen einbringen kann.“<br />4. „Die Analyse endet dort, wo das natürliche Bewusstsein die Herkunft der in ihm herrschenden Kategorien aus den durch die systematische Analyse aufgedeckten ... Verhältnissen erkannt hat ... Damit hat sich das natürliche Bewusstsein im systematischen spekulativen Denken aufgehoben ohne je seine Erfahrungen aufgegeben haben zu müssen.“<br /><br />Vgl. auch: Volkbert M. Roth, Zum wissenschaftlichen Anspruch der Wertformanalyse: AUFGREIFEN aus dem Alltagsverständnis der Realität, HERLEITEN von Analyse-Kategorien, Begründung von DARSTELLUNGSVORAUSSETZUNGEN. Eine sozialphilosophische Studie, Habilitationsschrift Universität Konstanz 1976<br /><br />Fortschritt (fast) überall, doch ? Mio hungern etc. ( www.fao.org )<br />Tendenz: seit 1999 wieder steigend.<br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br /><br />REKONSTRUKTION DER KAPITALANALYSE<br />Abschnitt I: ANALYSE DER WERTFORM<br />§1 Ein Zug unserer gegenwärtigen Form der Gesellschaft ist, dass viele Produkte industriell hergestellt werden und Warenform annehmen. Sie haben Preise. Mit dem Aufgreifen der Industriewaren beginnt die systematische Analyse der kapitalistischen Gesellschaftsform.<br />"Der Reichtum der Gesellschaften., in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine 'ungeheure Warensammlung', die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware." (MEW 23/49). Wir sehen die systematische Bedeutung der Marxschen Analyse der Waren und des Geldes darin, die Wertform zu bestimmen. Es scheint uns daher irreführend, auf<br />"die einzelne Ware" als Ausgangspunkt der Analyse abzuheben. "Womit die Analyse beginnen? Zu Beginn der Kapitalismusanalyse muss 'das Ganze' angesprochen werden, aber es kann zu Beginn der Analyse nur so angesprochen werden, wie es erscheint: Kapitalistischer Reichtum als Warensammlung. Ausgehend hiervon kann Marx als seine erste Aufgabe artikulieren: „Analyse der Ware" (- ja, doch: "die Ware" ist keine einzelne Ware, analysiert wind "die Warenform des Arbeitsprodukts oder die Wertform der Ware" (MEW 23/'12) und diese zeigt sich nur im Bezug der Waren aufeinander'...) Mike Rot, Kernstruktur unserer kapitalistischen Gesellschaft. Zwischenergebnis eines Konstanzer Forschungsprojekts zum Aufbau der Kapitalanalyse. Sozialwissenschaftliche Skripten Athenäum (Redaktion: Stefan Müller-Doohm/Klaus Wöhler), Frankfurt 1972. Wie weit ist der Bereich der Industriewaren, bei denen die Analyse einsetzt, gezogen? Er umfasst gegenständliche Produkte (etwa ein Düsenflugzeug) so gut wie prozessuale (Ritas Flug nach Sydney), Rohstoffe (etwa Rohöl) und weiterverarbeitete Produkte (eine Plastikschüssel/den Flugzeugtreibstoff), ebenso wie Produkte der im großen Stil, als "Agrikulturindustrie" wirkenden modernen Landwirtschaft, die Maschinerie einsetzt (vgl. Abschnitt III) und Lohnarbeiter beschäftigt (vgl. Abschnitt II )<br /><br />§2 Beschränken wir die Betrachtung auf die Industriewaren, die verkauft werden. Vermittelt durch diese Verkäufe stehen die Industriewaren im Austauschverhältnis zueinander. Als erster Schritt der Analyse wird dieses Austauschverhältnis reflektiert. Dabei wird zunächst die Vermittlung durch Geld ausgeblendet und nur ihr Resultat, das Austauschverhältnis der Industriewaren, die Zugehörigkeit zur Warenwelt betrachtet .<br />Schon im Zusatz zu §1 trat im Zusammenhang mit der ersten theoretischen Operation, dem Aufgreifen, der Anlass zur Eingrenzung auf. Omnis determinatio est negatio. <br /><br />Aufgegriffen werden die Waren, die industriell hergestellt und verkauft worden sind. Durch diese beiden Operationen, Aufgreifen und Einschränken, ergibt sich der erste Analysebegriff: 'Austauschverhältnis'. Es ist nun die qualitative Frage : "Was zeigt sich im Austauschverhältnis?" Zu unterscheiden von der traditionell' im Vordergrund stehenden quantitativen Frage nach den Austauschproportionen und ihren Ursachen: "In welchem Verhältnis tauschen sich verschiedene Waren aus?" In seiner Auseinandersetzung mit Baileys Kritik der Arbeitswertlehre Ricardos bringt Marx diesen Unterschied (und programmatisch auch die Unterscheidung der Wertformanalyse von der Arbeitswertlehre) so vor : " 'Anstatt', sagt Bailey ..., 'den Wert als ein Verhältnis zwischen zwei Dingen anzusehen, betrachten sie' (Ricardo and his followers) 'ihn als ein positives Resultat, das durch eine bestimmte Menge von Arbeit produziert wird.' ... Der ... Vorwurf geht aus Ricardos mangelhafter Darstellung hervor, weil er den Wert der Form nach gar nicht untersucht - die bestimmte Form, die die Arbeit als Substanz des Wert.: annimmt --, sondern nur die Wertgröße, die Quantitäten dieser abstrakt - allgemeinen und in dieser Form gesellschaftlichen Arbeit.... Sonst hätte Bailey gesehen, dass die Relativität des Wertbegriffs keineswegs dadurch aufgehoben wird, dass alle Waren ... nur relative Ausdrücke der gesellschaftlichen Arbeitszeit sind und ihre Relativität keineswegs nur in dem Verhältnis besteht, worin sie sich gegeneinander austauschen, sondern in dem Verhältnis ... zu dieser gesellschaftlichen Arbeit als ihrer Substanz." (MEW 26.2/169).<br />Es ist in den Zusätzen leider nicht zu vermeiden,<br />dass in den angeführten Marxstellen teils terminologische Vorgriffe, teils Abweichungen von der rekonstruierten, systematisch benutzten Terminologie auftreten. Die Lesenden werden ersucht, daran keinen Anstoß zu nehmen und die beim jeweiligen Entwicklungsstand der systematischen Darstellung zugänglichen Punkte zu erfassen.<br /><br />§3 Im Austauschverhältnis manifestieren sich die Industriewaren als gesellschftliche Arbeit.<br />Welch Paradox! Auf die qualitative Frage danach, was <br />(= „welche Substanz) sich im Austauschverhältnis zeige, erfolgt die Antwort:"Gesel1schaftliche Arbeit." Aber ist damit nicht Gesellschaft hier ihrerseits bestimmt als die Warenwelt?<br />Und andererseits: Wo es wirklich gesellschaftliche Arbeit gäbe, gäb's keine Waren.<br />Es gibt in unserer gegenwärtigen Gesellschaftsform die gesellschaftliche Arbeit nicht als lebendige, aber es gibt sie als tote.<br /> ´Es gibt gesellschaftliche Arbeit nicht als lebendige´ ist negative Bestimmung. Die vorausgehende positive Bestimmung ist, dass sie sich im Austauschverhältnis der Industriewaren manifestiert. Jene flankierende, negative Bestimmung der gesellschaftlichen Arbeit hat Marx in dem Reflexionsabschnitt "Doppelcharakter der in den Waren dargestellten Arbeit" positiv und mit Bezug auf die lebendige Arbeit zu formulieren versucht: "Nur Produkte selbständiger und voneinander unabhängiger Privatarbeiten treten einander als Waren gegenüber." - "Arbeiten, welche unabhängig voneinander als Privatgeschäfte selbständiger Produzenten betrieben werden" (MEW 23/57). Es spricht einiges dafür, sich auf die negative Bestimmung zu beschränken, denn was ist die "Privatarbeit" anderes als nichtgesellschaftliche Arbeit? Eldred und Hanlon haben angeregt, "dissoziierte" Arbeiten, der sich im Austauschverhältnis manifestierenden "assoziierten" Arbeit gegenüberzustellen; vgl. Reconstructing Value-Form Analysis, §3. Wenn die Kategorien des Überbaus auf der Grundlage der Analyse des ökonomischen Unterbaus entwickelt werden sollen, wie das unser erklärtes Ziel ist, dann muss darauf geachtet werden, dass Überbaubegriffe nicht beiläufig schon in der Analyse der ökonomischen Verhältnisse eine Rolle spielen. Nun handelt es sich bei 'Privateigentum' und 'Privatsubjekt' um solche Kategorien, die im Anschluss an die Kapitalanalyse entwickelt werden sollen und sie dürfen daher nicht schon herangezogen werden, wenn es um die Bestimmung der "Wertsubstanz" (MEW 23/52ff) - denn so nennt ja Marx die in diesem Paragraphen angesprochene "gesellschaftliche Arbeit" - geht.<br /><br />§4 Die sich im Austauschverhältnis manifestierende gesellschaftliche Arbeit ist oft als abstrakt - allgemeine charakterisiert worden:<br />Zum einen werden die konkret-verschiedenen Arbeiten durch die Totalität der Austauschverhältnisse in eine gegen die Konkretheit gleichgültige abstrakte Arbeit umgewandelt. Zum anderen ist die Arbeit erst innerhalb der Warentotalität gesellschaftlich-allgemein. Sie ist also 'abstrakt-allgemein' in einem Sinne, wo das Beiwort 'abstrakt' die Allgemeinheit in ihrer bestimmten gesellschaftlichen Form qualifiziert. 'Abstrakt-allgemein' verweist auf die Manifestation der "gesellschaftlichen Arbeit" (als "Wertsubstanz" MEW 23/52ff) in der Wertform. (Vgl. §5).<br />Es geht hier um qualitative Bestimmungen. Es ist ja im Anschluß an Petry und Sweezy gebräuchlich, die Unterscheidung zwischen einem "qualitativen" und einem "quantitativen" Wertproblem zu machen. Für unsere Darstellung ist entscheidend, dass die qualitativen Bestimmungen in der engen Verbindung von Wertform und Wertsubstanz geortet werden, während die Frage nach der "Wertgröße" zurückgestellt wird, bis die Wertform zur Geldform entwickelt wurde. In der Architektonik der Marxschen Darstellung wird<br />erst die Wertform von der Wertsubstanz abgekoppelt und dann die "Wertgröße" vorgezogen. Zunächst heißt es unter Bezug auf die Wertform: "Das Gemeinsame, was sich im Austauschverhältnis oder Tauschwert der Ware darstellt, ist also ihr Wert." Doch dann heißt es weiter: "Der Fortgang der Untersuchung wird uns zurückführen zum Tauschwert als der notwendigen Ausdrucksweise oder Erscheinungsform des Werts, welcher zunächst jedoch unabhängig von dieser Form zu betrachten ist."(MEW 23/53). Und darauf folgt die Behandlung der Wertgröße, die irritierenderweise so "wertformunabhängig" wie in der sonst kritisierten klassischen Arbeitswertlehre ausfällt. Am Ende dieser Passage stand in der ersten Auflage von KAPITAL, Band 1: "Wir kennen jetzt die Substanz des Werts. Es ist die Arbeit. Wir kennen sein Größenmaß. Es ist die Arbeitszeit. Seine Form, die den Wert eben zum Tausch-Wert stempelt, bleibt zu analysieren." (MEW 23/55). Im Zusatz zu §2 wurde schon das Schillern des Ausdrucks 'Austauschverhältnis' zwischen einem qualitativen und einen quantitativen Verständnis angesprochen. So ist schon MEW 23/51 von "gleichgroßen Tauschwerten" die Rede. Die Folge davon ist eine Vermischung von quantitativen und qualitativen Aspekten. MEW 23/51: "Eine gewisse Ware ... tauscht sich mit anderen Waren in verschiedensten Proportionen ... (diese) müssen ... durch einander ersetzbare oder ... gleich große Tauschwerte sein. Es folgt daher (?) erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Waren drücken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die "Erscheinungsform" eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein." "Vgl. auch Roth zur Wertbestimmung in "Zur Wertformanalyse", S.11, wo mit der doppelten Bedeutung von ´Gleich-Gültigkeit´, zu argumentieren versucht wird - im Zusammenhang mit der "Tauschgrößengleichheit.") Aus diesen Ungereimtheiten an so entscheidender Stelle haben Harald Wohlrapp und Joachim Nanninga mittels der konstruktivistischen Abstraktionstheorie Paul Lorenzens einen Fluchtweg markiert. Er hat aber den Effekt, dass die Wertform verloren gebt. Ulrich Krause nimmt auf diese Überlegung positiv Bezug, geht aber in "Geld und abstrakte Arbeit;" (Frankfurt/Campus) auf interessante Weise über sie hinaus. Er betont : "Die Frage nach der Wertform ist bis heute eine der zentralen und umstrittensten Fragen der politischen Ökonomie . " (S.19, cf. auch S.41) und charakterisiert seine eigene Arbeit:"Die hier unternommene Untersuchung beabsichtigt nicht, abstrakte Arbeit" - "eine seinerzeit radikal neue und fremdartige Fragestellung" - "im Rahmen marxisticher Theorie zu erörtern und auch nicht, die Überlegungen von Marx se1bst zu interpretieren oder auszubauen. Wohl aber knüpft sie an der erstmaligen Behandlung der abstrakten Arbeit durch Marx an und greift den fruchtbaren Ansatz, Geld und abstrakte Arbeit von der Wertform her anzupacken auf." (S.III )<br /><br />§5 Im Austauschverhältnis steht jede Ware allen anderen gegenüber. Diese kann man als "Tauschwerte" jener Ware bezeichnen. Tauschwert einer Ware zu sein, bringt zum Ausdruck, dass jene Ware praktisch anerkannt ist als Teil der gesellschaftlichen Arbeit. Wird die gesellschaftliche Arbeit als Wertsubstanz bezeichnet, so drückt jeder Tauschwert einer Ware aus, dass diese Ware Wert hat. Der Tauschwert ist Wertform. Genauer: das Austauschverhältnis lässt sich von zwei Perspektiven her betrachten. 1. von der Position der in "relativer Wertform" stehenden Ware, der im Austauschverhältnis ihre Tauschwerte gegenüberstehen. Und 2. von der Position der in "Äquivalentform" stehenden Waren, die jene Tauschwerte sind. Als Wertform ist der Tauschwert in der Position der "Äquivalentform".<br />In dem Anhang zur Erstauflage des KAPITAL (1867) "Die Wertform" ist ausführlich die Rede von den zwei Perspektiven, unter denen "der Wertausdruck" betrachtet werden kann. (Der "Wertausdruck" artikuliert gleichsam das Austauschverhältnis).<br />Marx unterscheidet nun verschiedene Wertausdrücke und verwendet synonym zu 'Wertausdruck' auch 'Wertform' in den Wendungen: 'einfache Wertform', 'entfaltete Wertform'. Zwei weitere Arten von Wertausdrücken werden als 'allgemeine Äquivalentform' und 'Geldform' aufgeführt.<br />Bis zur Publikation der Überlegungen von Rosdolsky, Backhaus, Krahl und Reichelt galten diese Unterscheidungen als Spitzfindigkeiten, die höchstens fortgeschrittenen Marxisten zuzumuten sind. (Vgl. die Empfehlungen von Marx an Frau Kugelmann (Brief vom 30. Nov. 1867) und Engels Brief an Marx vom 16. Juni 1867 und Louis Althusser in seinem Vorwort zur französischen Volksausgabe:"The greatest difficulties, theoretical or otherwise, which are obstacles to an easy reading of CAPITAL, Vol. One are unfortunately<br />(or fortunately) concentrated at the very beginning ... PUT THE WHOLE OF PART ONE ASIDE FOR THE TIME BEING and BEGIN YOUR READING WITH PART TWO: ' The Transformation of Money into Capital'. In my opinion it is, impossible to begin (even to begin) to understand Part I until you have read and re-read the whole of Vol One, starting_with Part II." in: Lenin and Philosophy and other essays, MEW York and London: Monthly Review Press 1971, p. 81.<br /><br />§6 Mit der Unterscheidung der beiden Positionen im Austauschverhältnis (Relative Wertform/Äquivalentform) ist in der Analyse der Entwicklungsstand erreicht, die Ausblendung der Rolle des Geldes bei der Vermittlung des Austauschverhältnisses der Industriewaren zu beenden. Dass Industrieprodukte verkauft werden müssen, um Waren<br />zu sein und Wert zu haben, lässt sich nun dadurch fassen,<br />dass das Geld als "allgemeines Äquivalent" begriffen wird:<br />Geld hat allen Waren gegenüber stets Äquivalentform. Geld<br />kauft, Waren werden verkauft. Mit diesem Entwicklungsschritt wird die relative Wertform zur Warenform des Werts und die Äquivalentform zur Geldform des Werts.<br /><br />Im prämonetären Entwicklungsstand der Analyse (abgekürzt -doch leicht missverstehbar- gesagt: „für die prämonetäre Ware“) sind relative Wertform und Äquivalentform (nur) Positionen, die gleichermaßen eingenommen werden. In welcher Position eine systematisch-prämonetäre Ware steht, ist von der Perspektive abhängig. Für jeden (prämonetären) Warenhüter steht die eigene Ware in der relativen Wertform, alle anderen Waren stehen ihr in Äquivalentform gegenüber.<br />(Zur Abgrenzung von "historisch-prämonitären" Positionen bei Smith und Engels -"einfache Warenproduktion"- siehe Elbe 2008, 186)<br /> Dieser Ruch von "Relativismus, Subjektivismus" löst sich freilich - da er der Ausblendung des Geldes seine Existenz verdankt - auf, wenn die Entwicklung der Analyse bei, der Geldform des Werts angelangt ist. Die Äquivalentform ist auf der entwickelteren Darstellungsebene stets "allgemeine Äquivalentform". Und sie hat im Geld objektive Gestalt, (was auch immer für Formen des Geldes auftreten mögen.) Mit der Entwicklung von Warenform und Geldform des Werts ist gleichsam die Perspektive, an der "relative Wertform" und "Äquivalentform" orientiert waren, in Ware und Geld selbst eingebaut. (Dieser Gang der Entwicklung mag an Wittgensteins Leiter erinnern, die hochgezogen wird, wenn mensch über sie hinaufgestiegen ist.)<br />Hier haben wir es mit der Analyse der Geldform des Werts zu tun. Davon ist eine "Geldtheorie", Behandlung der Formen des Geldes und ihres Zusammenhangs - die eines entwickelteren Analysestands bedarf - zu unterscheiden.<br />(( Eine alternative Entwicklung des Geldes soll hier angedeutet werden. In §5 wurde der Ausdruck des Warenwerts gegeben, in dem eine Ware allen anderen gegenübersteht. Dies nennen wir im Anschluss an Marx, entfaltete Wertform, oder besser, entfalteter Wertausdruck. Marx diskutiert indes auch zwei andere (systematisch-?)prämonetäre Wertausdrücke, die "einfache Wertform" und die "allgemeine Wertform". Unseres Erachtens sind diese keine Wertausdrücke, da der ganze Rest der Warenwelt in Äquivalentform stehen muss, um den Wert einer Ware auszudrücken. Dadurch betonen wir, dass der Wert nur durch die Allgemeinheit der Warenaustauschverhältnisse konstituiert ist. Die Marxsche Argumentation halten wir für systematisch falsch, weil sie nur quasi - historische Plausibilität statt kontemporären, stringenten Nachweis liefert.<br />Wenn jedoch einem Mitglied der Warenwelt die zusätzlichen Bestimmungen des Vermittlers des Warenaustausches (Zirkulationsmittel) und der unmittelbaren <br />Austauschbarkeit gegen alle Waren systematisch zugesprochen werden, erhalten wir einen neuen vereinfachten Wertausdruck einer Ware: statt sich im ganzen Rest der Warenwelt ausdrücken zu müssen, muss die Ware lediglich gegen diese einzelne Ware ausgetauscht werden, die stets in Äquivalentform steht. Diese einzelne Ware ist das Goldgeld und der Wertausdruck heißt nun Preisausdruck oder Preis. Im Austausch gegen Geld d.h. im Verkauf, hat sich die Ware schon als anerkannte gesellschaftliche Arbeit erwiesen, da das Geld unmittelbar austauschbar gegen alle Waren ist. Das Geld andererseits ist mehr als eine Ware; es ist absoluter Wert, indem es als besonderes Arbeitsprodukt die Allgemeinheit des Werts darstellt. D.h., es ist in Anlehnung an Hegel die Einheit von Besonderheit und Allgemeinheit oder Einzelheit.))<br /><br />§ 7 Da das Geld einheitlich als Wertausdruck aller Waren fungiert, sind alle Warenquanta nun auch als Wertquanta vergleichbar geworden.<br />An der Geldform des Werts können drei Bestimmungen hervorgehoben werden:<br />1. Geld als Wertausdruck der Waren (qualitativ und quantitativ)<br />2. Geld als Zirkulationsmittel (die nur mittelbare Austauschbarkeit der Waren wird durch die "unmittelbare Austauschbarkeit" des Geldes vermittelt)<br />3. Geld als selbständiges Dasein des Werts (im Geld kann<br />sich die Wertform der Industriewaren von der bloßen<br />Vermittlung des Austausches der Industriewaren lösen:<br />auch was keinen Wert hat, kann einen Preis haben.)<br />Im Text des § sind wie im 3. Kapitel des 1. Bandes des KAPITAL drei Bestimmungen "des Geldes" aufgeführt. Diese Bestimmungen sind der "Geldform des Werts" eigen, also allen (sehr viel später entwickelten) Formen des Geldes gemeinsam.<br />Bei der Fassung der drei Bestimmungen des Geldes sind die Akzente, wie im Vergleich mit den einschlägigen Marxschen Texten auffällt, anders gesetzt. In Abgrenzung von der bei Marx mitschwingenden arbeitswerttheoretischen Fassung der Werttheorie, die wertformunabhängige Thematisierung der Wertgröße vorsieht, ist in unserer Darstellung erst mit dem Erreichen der Geldform des Werts quantitative Fassung des Werts möglich. Und hinsichtlich der Analyse der Kapitalbewegung ist dieser Punkt ja wichtig: es ist hiermit nicht mehr die Möglichkeit offen gelassen, den "Mehrwert" (s.u.) wertformunabhängig, gleichsam in direktem Zugriff auf Arbeitszeiten zu verstehen.<br />Die erste Bestimmung des Geldes tritt an die Stelle der von Marx formulierten "Kommensurabilitätsbedingungen", wonach beim Austausch zweier Waren "ein gemeinsames von derselben Größe in zwei verschiedenen Dingen existiert. ... Beide sind also gleich einem Dritten, das an und für sich weder das eine noch das andere ist. Jedes der beiden, soweit es Tauschwert, muss also auf dies Dritte reduzierbar sein". MEW 23/51. In der zweiten Bestimmung des Geldes erscheint die erste Bestimmung, qualitativ und quantitativ "Wertmaß" zu sein, in einer Verdoppelung. Ist Geld das Zirkulationsmittel beim Austausch zweier Waren, so fungiert es für jede dieser Waren als Wertmaß. Die doppelte Beziehung je von Ware auf Geld vermittelt die Beziehung der Waren aufeinander.<br />Es besteht keine Veranlassung, in Zweifel zu ziehen,<br />dass Marx mit seiner Verbindung von Arbeitwertlehre<br />und Wertformüberlegungen sich mehr vorgenommen hat, als hier "rekonstruiert" werden konnte. Wichtig daran ist die Beibehaltung des Bezugs des Geldes auf "Arbeit", ohne zu unterschlagen, dass Geld selbst jene Arbeit sich erst herauskristallisieren lässt. Hans-Georg Backhaus, ohne dessen Breschenschläge in die Argumentationslinien marxistischer Orthodoxie unserem Anlauf zum Ausbau des Marxschen Systemfragments mehr als nur zentrale Stichworte fehlten, hat eine sehr eindrucksvolle Liste dessen zusammengestellt, was eine "philosophische" Lösung der Wert- und Geldproblematik an ökonomischen Fragen zu klären habe. Angaben über den Ort ihrer Behandlung im System sind dazu nicht gemacht.<br />Uns scheint es, das die Thematisierung von Geldumlauf und "Münze" bzw. "Wertzeichen" im direkten Anschluss an die zweite Bestimmung des Geldes, vgl. KAPITAL, Bd.I, Kap. 3, ein Vorgriff ist.<br />Die dritte Bestimmung wird von Marx im KAPITAL unter<br />dem lakonischen Titel "Geld" abgehandelt. "Dinge, die an und für sich keine Waren sind ... können ... für Geld feil sein und so durch ihren Preis die Warenform erhalten. Ein Ding kann daher formell einen Preis heben, ohne einen Wert zu haben", hieß es schon MEW 23/117, eingestreut in die Behandlung des Geldes als Wertmaß. "Da dem Geld nicht anzusehen, was in es verwandelt ist, verwandelt sich alles, Ware oder nicht, in Geld. Alles wird verkäuflich und kaufbar. Die Zirkulation wird die große gesellschaftliche Retorte, worin alles hineinfließt, um als Geldkristall wieder herauszukommen. Dieser Alchemie widerstehen nicht einmal Heiligenknochen" (MEW 23/145) - und auch nicht die Knochen usw. der Arbeiterinnen und Arbeiter. Das Geld ist mit diesen Überlegungen zum allgemeinen Kaufmittel entwickelt. Diese Funktion kann Geld als Zirkulationsmittel, aber auch als "Zahlungsmittel" vollziehen: "die Benutzung gewisser Warenarten (wird) ... für einen bestimmten Zeitraum" - oder wie ein Leihwagen, für eine vorher nicht genau festgelegte Strecke -" verkauft. Erst nach Ablauf des" - unter Umständen variablen - "Termins hat der Käufer den Gebrauchswert der Ware wirklich erhalten. Er kauft sie daher, bevor er sie zahlt". (MEW 23/149).<br />Wir haben bei unserer Fassung der dritten Bestimmung des Geldes diejenigen Momente in den Vordergrund gerückt, die zum Begreifen des Lohns nötig sind. Denn es geht ja darum, auf der Basis der Analyse der Geldform des Werts ("Geld als Geld") zu einem Verständnis des Kapitalverhältnisses zu kommen. Gemessen daran sind die Behandlung von "Geldkrise", "Kreditgeld", "Banknoten", "Weltgeld" im Anschluss an die dritte Bestimmung des Geldes (= der Geldform), vgl. KAPITAL, Bd. I, Kap. 3, systematisch betrachtet - Vorgriffe.<br /><br /><br /><br />REKONSTRUKTION DER KAPITALANALYSE<br />Abschnitt II:<br /><br />KAPITALISTISCHE WARENPRODUZENTEN UND LOHNARBEITER/INNEN<br />§1 Im ersten Abschnitt wurde von Industriewaren ausgegangen<br /> und mit Bezug auf sie wurden die Kategorien 'Wert' und 'Geld' bestimmt. 'Geld' aber ist nicht nur eine Analysekategorie, sondern Geld ist durch alltäglichen Umgang<br />bekannt. Und zu dem gehört in unserer Zeit, dass auch es Leute gibt, die ihr Geld verdienen, nicht indem sie Industriewaren verkaufen, sondern indem sie in Fabriken arbeiten.<br />Es wird hier also wieder ein Stück Alltagswissen aufgegriffen: "dass Leute Geld verdienen, ... indem sie in Fabriken arbeiten." Dieser Zug des Alltagswissens wird jedoch in bezug zu den Analysekategorien "Wert" und "Geld als Wertform von Industriewaren" gebracht. Und gerade dadurch geht die Analyse, die am Alltagswissen von "unserer kapitalistischen Gesellschaft" entlangführt, über dieses Alltagswissen hinaus. Marx greift denselben kontemporären Fakt MEW 23/181 auf:"Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehen, müsste unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor - das Arbeitsvermögen oder l) die Arbeitskraft." Dem geht aber bei Marx Aufgreifen` ("spielt täglich vor unseren Augen" MEW 23/161, "finden wir ... vor die Form G-W-G ..., kaufen, um zu verkaufen" MEW 23/162) und "Charakteristik" (MEW 23/162) der Zirkulationsform ("allgemeine Formel" MEW 23/170ff) des Kapitals voraus. In unserer Darstellung hingegen gibt es an dieser Stelle noch gar kein Geld, das als Kapital fungiert. Vgl. hierzu III §8!<br /><br />§2 Wurde in der Analyse der Wertform (1. Abschnitt) ausgegangen von den Waren, die in den Fabriken hergestellt werden, so beschäftigen wir uns nun mit dem Geld, das durch Lohnarbeit in der Fabrik verdient wird. Lohn ist für die industriellen Lohnarbeiter nicht Geldform des Werts einer von ihnen verkauften Ware. Denn "die Arbeit" oder "die Arbeitskraft" ist keine Industrieware und nur für die ist ja bestimmt, was ihr Wert ist: abstrakt-allgemeine Arbeit.<br />Für Marx ist die Unterscheidung zwischen "Arbeit" und "Arbeitskraft" ein Hauptpunkt in seiner Kritik an der Klassischen Ökonomie, die "dem Alltagsleben ohne weitere Kritik die Kategorie 'Preis der Arbeit' entlehnte" (MEW 23/559). Wie wir zeigen, ist dies nicht der Springpunkt. Marx referiert zunächst das Verdrängen der qualitativen Frage "Was ist der Arbeitslohn?" durch die quantitative "Wie wird die Lohnhöhe bestimmt?" "Beschäftigt mit dem Unterschied zwischen den Marktpreisen der Arbeit und ihrem sog. Wert, mit dem Verhältnis dieses Werts zur Profitrate, zu den vermittelst der Arbeit produzierten Warenwerten usw., entdeckte man niemals, dass der Gang der Analyse nicht nur von den Marktpreisen der Arbeit zu ihrem vermeintlichen Wert, sondern dahingeführt hatte, diesen Wert der Arbeit selbst wieder aufzulösen" (MEW 23/561). Marx fährt dann unserer Meinung nach zu kompromissbereit fort: - "in den Wert der Arbeitskraft." Diese aber hat keinen eigenen Wert - ihr Preis ist MEW 23/185 aufgelöst "in die zur Produktion ... (von Lebensmittel-Waren) notwendige Arbeitszeit." Dass hierbei die Wertform eine große Rolle spielt, liegt auf der Hand. Daher sind auch die MEW 23/560 gemachten abschätzigen Bemerkungen über die Erklärungskraft der Konkurrenz zu relativieren durch den Hinweis auf: "der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befriedigung, (ist) selbst historisches Produkt" (MEW 23/185) - und diese "Historie" ist nicht ein einmaliger, abgeschlossener Vorgang, sondern anhaltende soziale Auseinandersetzung.<br /><br />§3 Freilich soll in der systematischen Darstellung mit der Anerkennung, dass es sich beim Lohn nicht um bloßen Geldausdruck eines (nicht existenten) "Werts" der Arbeit oder der Arbeitskraft handeln kann, nicht der bereits hergestellte Zusammenhang zwischen Waren und Geld verloren gehen. Denn, wenn Fabrikarbeiter3)Geld verdienen und durch Einkauf von Industriewaren ihre Arbeitskraft reproduzieren;t1 dann liegt hierin die Möglichkeit, den Arbeitslohn als Geldform derjenigen gesellschaftlichen Arbeit aufzufassen, die die Produkte, welche Arbeiter für ihren Konsum kaufen, herstellte.<br />Wir weichen hier (mit Marxschen Argumenten) ab von der Rede, die Arbeitskraft habe "gleich allen anderen Waren ... einen Wert" (MEW 23/184.) Wir ziehen dazu heran: "Dinge, die an und für sich keine Waren sind, können ... durch ihren Preis die Warenform erhalten." (MEW 23/117)<br />In unserer Darstellung erhält die Arbeitskraft so "durch ihren Preis die Warenform". Marx gibt dies auch unbewusst zu verstehen, da er den vermeintlichen "Wert der Arbeitskraft" auflöst in "Wert der notwendigen Lebensmittel" (MEW 23/185). Lohn ist eine Geldsumme, die Doppelfunktion hat.<br />1. sie ist der Kaufpreis der Arbeitskraft - ohne<br />ihr "Wertausdruck" zu sein;<br />2. sie ist der Kaufpreis von Industriewaren und<br />darin ihr Wertausdruck .<br />"Ein Ding kann ... einen Preis haben, ohne einen Wert zu haben. Der Preisausdruck wird hier imaginär ... Andererseits kann auch die imaginäre Preisform ... ein wirkliches Wertverhältnis oder von ihm abgeleitete Beziehung verbergen." (MEW 23/117).<br />§4 Im Unterschied zum ersten Teil der Analyse geht jetzt<br />(nämlich: für den Lohnarbeiter) das Geld der Ware voraus.<br />Der Lohnarbeiter erhält vom kapitalistischen Warenprodu-<br />zenten seinen Lohn und kauft (von kapitalistischen Waren-<br />produzenten) Industriewaren zu seinem Lebensunterhalt.<br /><br /> In dieser Reihenfolge Geld-Ware zeigt sich auch ein Unterschied zu der von Marx und Engels - von dem der Ausdruck geprägt wurde - so gerne (mindestens zu Illustrationszwecken) herangezogenen "einfachen Warenproduktion" (MEW 25/909). Gehäuft finden sich solche aus der systematischen Darstellung des Kapitalismus herausfallenden Passagen im Fetischkapitel, vgl. z.B. "Für eine Gesellschaft von Warenproduzenten, deren allgemein gesellschaftliches Produktionsverhältnis darin besteht, sich zu ihren Produkten als Waren, also als Werten, zu verhalten und in dieser sachlichen Form ihre Privatarbeiten aufeinander zu beziehen als gleiche menschliche Arbeit .. " im Kapitel "Der AustauschProzess" und im Abschnitt "Die Metamorphose der Waren" des 3. Kapitels (vgl. etwa MEW 23/119f über "unsern altbekannten Leinweber"). Versteht man aber konsequent die Warenbesitzer als "kapitalistische Warenproduzenten" (statt, wie die Illustrationen suggerieren: als Handwerker), dann kann eine Fundstelle, wie die folgende, klarmachen, inwiefern im zweiten Abschnitt über die Analyseebene des ersten Abschnitts hinausgegangen wird: "Wir kennen bisher (= im 1. Abschnitt) kein ökonomisches Verhältnis der Menschen außer dem von Warenbesitzern, ein Verhältnis, worin sie fremdes Arbeitsprodukt" - Vorsicht: hier schlägt wieder die einfache Warenproduktion durch - "nur aneignen, indem sie eigenes entfremden. Einem Warenbesitzer kann der andere daher nur als Geldbesitzer gegenübertreten ... weil seine eigene Ware sich bereits gehäutet ... hat". (MEW 23/123)<br />§5 Wie sieht der Zusammenhang zwischen Geld und Ware<br />für den kapitalistischen Warenproduzenten aus? Der Kapitalist hat am Ende eines Produktionsprozesses Waren und verkauft sie. Dem Arbeiter hat er ein Zahlungsversprechen gegeben. Wenn wir vereinfachend annehmen?) dass die Zeit, die für die Lohnzahlung vereinbart wurde (z.B. soundsoviel Lohn nach einem Monat) mit der Zeit zusammenfällt, die für Produktion und Verkauf der betreffenden Waren erforderlich ist, dann kann der Kapitalist sein Lohnzahlungsversprechen einlösen, indem er einen Teil des Verkaufspreises als Lohn für getane Arbeit auszahlt. Die Arbeiter können damit jenen Teil des gesellschaftlichen Produkts, dessen Geldausdruck der Lohn ist, kaufen. Der Kapitalist aber behält, wenn's gut geht, seinerseits Geld Übrig. Interessant ist, dass sein Umgang mit Geld zwei Formen hat. Das eine Mal werden Industriewaren verkauft, das andere Mal wird ein Produktionselement - das keinen Wert hat(die Arbeitskraft) - durch Geldzahlung für bestimmte Zeit gemietet.<br /><br />In den Grundrissen, S.351f. schreibt Marx von<br />einer "neuen Bestimmung" des Geldes als "realisiertem Kapital, nicht bloß ... realisiertem Preis der Ware." Oder: "die im Preis realisierte Ware ist jetzt realisiertes Kapital." Ursula Pasero kommentiert treffend: "Die erste Bestimmung des Geldes, Maß der Werte zu sein, wiederholt sich nun als Maß des Mehrwerts." (Holt/Pasero/Roth. Zur Wertformanalyse, Frankfurt 1974, 5.188)<br />In dieser ersten Funktion des Geldes in den Händen des kapitalistischen Warenproduzenten liegt also Beibehaltung und Fortentwicklung der im ersten Abschnitt entwickelten 1. Bestimmung des Geldes.<br /><br />§6 Neben seiner Funktion als Geldausdruck des Werts von Industriewaren vermittelt Geld die Warenproduktion als Lohnarbeit. Es besteht in beiden Funktionen des Geldes Bezug auf Arbeit. Aber als Verkaufspreis/Kaufpreis von Industriewaren drückt Geld abstrakt-allgemeine, gesellschaftliche Arbeit aus, wohingegen als Lohn Geld konkrete, private Arbeit kauft. Das Ausmaß, in dem die gekaufte konkrete Arbeit gesellschaftliche Anerkennung findet, bestimmt darüber, ob ein kapitalistischer Warenproduzent (durch Lohnarbeit) eine Portion abstrakt-allgemeiner Arbeit an sich ziehen kann (und diese Anerkennung geschieht wieder durch Geld in seiner ersten Funktion: als Wertform von Industriewaren).<br />Der Unterschied und Zusammenhang dieser beiden Funktionen des Geldes wird in Anlehnung an die Grundrisse gern als Differenz der "großen Zirkulation" (der kapitalistischen Warenproduzenten) zur "kleinen Zirkulation" (der Lohnarbeiter) festgemacht. Diese Redeweise lässt sich sehr gut im Sinne der von uns gegebenen Darstellung verstehen. Allerdings kehren sich die Reihenfolgen der Wertformen um. Der kapitalistische Warenproduzent vollzieht die Zirkulationsform: Ware - Geld (W1- G1 ).<br />Der Lohnarbeiter vollzieht die Zirkulationsform:<br />Geld - Ware (G2 - W2), wobei G2 Teil von G1 ist.<br />Marx hingegen behandelt schon im Übergang auf die Kapitalanalyse i.e.S., im 4. Kapitel des ersten<br />Bandes, "Die Verwandlung von Geld in Kapital", dreigliedrige Zirkulationsformen. Dabei wird W - G - W als "einfache Waren-Zirkulation" von G - W - G als "Zirkulation des Geldes als Kapital" (MEW 23/163) unterschieden.<br />Im Unterschied zu unserer Darstellung ist bei Marx schon an dieser frühen Stelle der Kapitalvorschuss thematisiert. Hierin fügt sich dann, dass in der Marxschen Darstellung die Arbeitskraft mit vorgeschossenem Geld (dem späteren "variablen Kapital" MEW 23/224) bezahlt wird und der Kapitalist der "Geldbesitzer", der Lohnarbeiter der "Warenbesitzer" ist.<br /><br />§7 Wenn in I §3 Zus. formuliert wurde: 'Es gibt die gesellschaftliche Arbeit nicht als lebendige', so kann die lebendige Arbeit nun als Lohnarbeit gefasst werden.<br />Es ergibt sich damit die Möglichkeit, die irreführende Rede von der "Privatarbeit" zu ersetzen. Verfolgt man die sich im Austauschverhältnis der Industriewaren manifestierende gesellschaftliche Arbeit zurück in den Produktionsprozess, so gelangt man bei den verschiedenen Lohnarbeiten an. Lohnarbeit ist die lebendige Arbeit, durch die der (erfolgreiche) kapitalistische Produzent Waren produziert. Freilich ist die lebendige Arbeit, die unter dem Kommando des kapitalistischen Warenproduzenten durchgeführt wird, nicht vollständig durch ihre Charakterisierung als Lohnarbeit erfasst.<br /><br />§8 Mit Bezug auf das Kaufen von Arbeitskraft werden die<br />in §7 Zus. angeführten Bestimmungen des Geldes als Zahlungsmittel für die Entwicklung von Zeitlohn und Stücklohn wichtig. Zu unterscheiden ist der "Abrechnungszeitraum" von der geleisteten Arbeit, wird diese nun nach Zeiteinheiten oder nach Produkteneinheiten "berechnet". Die Anzahl solcher Einheiten kann im Abrechnungszeitraum (innerhalb gewisser Grenzen) variieren. Es ist dann mehr oder weniger gearbeitet worden, der Käufer hat bei "Ablauf des Termins" der Lohnzahlung mehr oder weniger Arbeitskraft erhalten und bezahlt entsprechend mehr oder weniger Lohn.<br /><br /><span style="font-style:italic;">Exkurs: Zur Behandlung von Frauentätigkeit im KAPITAL</span><br />"At first glance 'labourer' is to 'labour' as 'capitalist' is to 'capital' and with regard to the latter it can be asked: would it make any difference if instead of "the capitalist ... he', 'the capitalist ... s/he' were used? (Graffiti in Redfern, Sydney: smash the Landlords/Ladies!)<br />There is no such thing as female or male capital but there are female and male labourers" (Eldred/Roth, Family in CAPITAL, in: Guide (1978), 69)<br />Durch die Frauenbewegung ist mensch auf "sexistische Sprache" hellhöriger geworden. Handelt es sich bei solcher Kritik nur um Wortklauberei? Soll eine neue Redeweise etabliert werden, die nur etwas "höflicher" ist, aber auf dasselbe hinausläuft und dabei unpraktisch ist, weil viel zu umständlich? Oder steckt in männlichen Kollektivbildungen wie 'Der Student', 'Der Soldat', 'Der Beamte', 'Der Dirigent', 'Der Eigentümer', 'Der Arbeiter' ein Trick, der es erlaubt, zwischen der kollektiven Bedeutung ("grammatisches Geschlecht") und der engeren, ans "natürliche" (männliche) Geschlecht gebundenen Bedeutung zu schwanken? Ist nicht genau das im KAPITAL der Fall? Mustern wir doch die einschlägigen Stellen!<br />1. Generischer Gebrauch: "Zur Verwandlung, von Geld in Kapital muss der Geldbesitzer ... den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden ... wir halten theoretisch an der Tatsache fest, wie der Geldbesitzer praktisch". (MEW 23/183)<br />2. Nicht-sexistische Formulierung:".., kann die Arbeitskraft als Ware nur auf dem Markt erscheinen, sofern und weil sie von ... der Person, deren Arbeitskraft sie ist, als Ware feilgeboten oder verkauft wird". (MEW 23/182)<br />3. Neutrale und individuelle Bestimmung: "Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner (= des Individuums, d. V.) eignen<br />Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit"<br />(MEW 23/185)<br />4. Kinder einschließende Bestimmung, generischer oder maskuliner Gebrauch?<br />"Der Eigentümer der Arbeitskraft ist sterblich. Soll<br />also seine Erscheinung auf dem Markt eine kontinuierliche sein, wie die kontinuierliche Verwandlung von Geld in Kapital voraussetzt, so muss der Verkäufer der Arbeitskraft sich verewigen ... Die durch Abnutzung und Tod dem Markt entzogenen Arbeitskräfte müssen zum allermindesten durch eine gleiche Zahl neuer Arbeitskräfte beständig ersetzt werden. Die Summe der zur Produktion der Arbeitskraft notwendigen Lebensmittel schließt also die Lebensmittel der Ersatzmänner (immer noch generisch zu verstehen? d.V.) ein, d.h. der Kinder der Arbeiter" (MEW 23/186)<br />Nun sind Kinder aber Kinder von Zwein!<br />5. Familienbezogene Bestimmung, maskuliner Gebrauch:<br />"Der Wert der Arbeitskraft war bestimmt nicht nur durch<br />die zur Erhaltung des individuellen erwachsenen Arbeiters," - hier redefiniert Marx und verengt den Bedeutungsumfang von 1,2 und 3, er desambiguiert und erweitert gleichzeitig 4 - "sondern durch die zur Erhaltung der Arbeiterfamilie nötige Arbeitszeit". (MEW 23/417)<br />6. Generischer Gebrauch? "Die Zahl der Arbeiter hat<br />sehr zugenommen, weil man immer mehr Männer durch Frauenarbeit und vor allem Erwachsenen- durch Kinderarbeit ersetzt. Drei Mädchen im Alter von 13 Jahren mit Löhnen von 6 bis 8 sh die Woche haben einen Mann reifen Alters mit einem Lohn von 18 bis 45 sh verdrängt." (MEW 23/417)<br />7. Warum heißt "Der Arbeiter" (maskuliner Gebrauch) hier noch so? "Der Arbeiter verkaufte früher seine eigne Arbeitskraft, worüber er als formell freie Person verfügte. Er verkauft jetzt Weib und Kind." (MEW 23/418)<br /><br />Unser Kommentar: zwischen 1-3 und 4 ist ein inhaltlicher Bruch, an diesen Bruch wird in 5 angeknüpft und es passiert "redefining", zum ersten Mal in 5 von den Frauen die Rede ('Familie' - statt 'Kinder', wie<br />in 4). In 6 und 7.kommt nun das Problem hinzu, dass Marx systematische und historische Entwicklung vermischt. 1-5 haben den Anspruch, systematische und darum epochal gültige Bestimmungen der Arbeitskraft (der Lohnarbeiter und der Lohnarbeiterinnen) zu entwickeln. Daher können sie nicht anlässlich der Darstellung eines bestimmten<br />Zugs der kapitalistischen Gesellschaft, nämlich: Einsatz von Maschinerie im Produktionsprozess, zurückgenommen werden. Marx halst sich außerdem wieder das Problem auf, dass er auf juristische Verhältnisse (die sich außerdem innerhalb der Epoche verändert haben) zu sprechen kommt, wo er doch dem eigenen Programm nach die Ökonomie als Anatomie der Gesellschaft aufweisen will.<br />Was uns in der Rekonstruktion des Marxschen Systemfragments als "Schnitzer" auffällt, gilt Ursula Beer hingegen als möglicher Vorteil:" Marx' Wertbestimmung von Arbeitskraft in ihrer ursprünglichen Form ist m.E. aussagekräftiger, als die feministische Diskussion allgemein annimmt. Dabei mag durchaus ein Vorteil sein, dass Marx sie zu einem Zeitpunkt formulierte, wo die Frau in der Familie tatsächlich noch der vollen Verfügungsgewalt des Mannes über ihr Arbeitsvermögen unterlag. In der lohnabhängigen Klasse hatte der Mann allerdings selten Gelegenheit, das ihm zugestandene Recht auch wirklich durchzusetzen. Ehefrauen mussten meist selbst Lohnarbeit annehmen, um die Familie am Leben zu erhalten. Das Recht des Mannes auf Arbeitskraft (und Sachvermögen) der Ehefrau konnte deshalb eher in Klein- und großbürgerlichen Kreisen ... durchgesetzt werden. Aus diesem Grund trägt die Marxsche Wertbestimmung von Arbeitskraft den innerhalb der Proletarierfamilie bestehenden Verhältnissen viel genauer Rechnung, als auf den ersten Blick ersichtlich ist." Beer bezieht sich auf 3 und 4 und kommentiert: "Bei der Interpretation dieser Passage ist für die feministische Diskussion von ausschlaggebender Bedeutung, dass Marx hier nicht allein von der Arbeitskraft des Mannes spricht, sondern vom Mann in einer ganz bestimmten Eigenschaft: als Familienhaupt. Damit, dass Marx die Wertbestimmung von Arbeitskraft an das Arbeitsvermögen eines Familienvaters und Ehemannes bindet, trägt er indirekt unentgeltlicher Hausfrauenarbeit Rechnung. Die Ehefrau erhält für ihre Leistung im Haushalt Unterhalt aus dem Einkommen des Mannes, dazu ist er gesetzlich verpflichtet. Tritt der Fall ein, dass Frau und Kinder Erwerbsarbeit annehmen müssen, weil der Manneslohn eben nicht ausreicht, senkt dies den Wert der Arbeitskraft des Familienhauptes: "Indem die Maschinerie aller Glieder der Arbeiterfamilie auf den Arbeitsmarkt wirft, verteilt sie den Wert der Arbeitskraft des Mannes über seine ganze Familie. Sie entwertet ... seine Arbeitskraft" (MEW 23/417) (Wieso eigentlich? d.V.) Unbestritten hat Frauenarbeit im Familienverband für den Marx des KAPITAL den Charakter des Naturgegebenen und keinesfalls den eines ökonomischen Ausbeutungsverhältnisses. Das allein setzt jedoch noch nicht die Wertbestimmung von Arbeitskraft außer Kraft," - wirft es nicht Fragen nach der Gültigkeit der ökonomischen Analyse auf? - "wenn es darum geht, Ausbeutung im Geschlechterverhältnis werttheoretisch zu bestimmen." (Marx auf die Füße gestellt? in: Prokla 50 (1983),p.30)<br />Das letzte Marx-Zitat, das aus der Analyse der Anwendung von Maschinerie zur Produktion von relativem Mehrwert (vgl. III §4) stammt und in den Zusammenhang der durch Mischung von systematischer und historischer Entwicklung charakterisierten Aussagen 6 und 7 gehört, wird noch einmal wie folgt paraphrasiert: "Reicht die Lohnarbeit des Mannes nicht aus, muss die Ehefrau zusätzlich zur Hausarbeit Lohnarbeit annehmen, mit der Konsequenz, dass der Wert der Arbeitskraft des Mannes sinkt, ohne dass übrigens die Arbeitskraft der Frau einen eigenständigen Wert erhält." (p.31). Ist hier etwas Unpopuläres mal offen ausgesprochen?<br />Die Lösung, die wir sehn, ist: nicht nur die Arbeitskraft der Frau hat keinen Wert, die Arbeitskraft männlicher Arbeiter hat auch keinen Wert. Aber sie beide hatten Preise, die den Wert zur Verfügung stehender Industriewaren ausdrücken. Aber für wen und für was stehe diese Waren zur Verfügung?<br />Die allgemeine Fassung der "Reproduktion der Arbeitskraft", soweit diese im Rahmen der Kapitalanalyse thematisierbar ist, lässt sich wie folgt formulieren: Betrachtet werden "Reproduktionsgruppen" (mit n Mitgliedern, wobei n=1,2,3...). Die Summe der von Mitgliedern der Reproduktionsgruppe durch Industriearbeit erworbenen Löhne ist der Geldausdruck von den der Reproduktionsgruppe als Lebensmittel (im weitesten Sinn) zur Verfügung stehenden Industriewaren.<br /><br /><br /><br />REKONSTRUKTION DER KAPITALANALYSE <br />Abschnitt III<br /><span style="font-weight:bold;">KAPITALISTISCHES PRODUZIEREN</span><br /><br /><span style="font-weight:bold;">§ 1</span> Im Anschluss an Abschnitt II ist der kapitalistische Produktionsprozess beschreibbar als der Prozess des Anwendens geliehener Arbeitskraft zur Herstellung von Waren, d.h. Produkte, die für den Markt bestimmt sind. Ausleihen von Arbeitskraft, Kommando derselben im Arbeitsprozess und Verkauf der produzierten Waren, das sind die ersten Bestimmungen des Kapitalisten. Kapitalist und Lohnarbeiter sind die Charaktermasken, wozu die Kategorie des kapitalistischen Warenproduzenten weiterentwickelt wurde. In der wesentlichen Bestimmung des Kapitalverhältnisses als Verhältnis von Kapitalist und Lohnarbeiter zum Zwecke der Warenproduktion ist die erste Mystifikation der "Quelle des Werts" angelegt. Während, wie die Analyse des Warentausches zeigte (Abschnitt I), sich im Preis der Ware der Wert als gesellschaftlich anerkannte (abstrakt-allgemeine) Arbeit manifestiert, erscheint nun, da die als Lohnarbeit verausgabte lebendige Arbeit als bezahlte gilt (Abschnitt II), das Mehr an Wert, das nach Abzug der Lohnkosten vom "geschaffenen" d.h. anerkannten Wert übrig bleibt, als dem Kapital zugeordnet. Dieser Teil des Produktenswerts heiße Kapitalanteil (am Produktenwert). Ausgehend von dieser prinzipiellen Teilung des Werts in einen Wertteil, der sich durch die Höhe des Lohns bestimmt (er heiße im folgenden Lohnanteil am Wert), und dem Kapitalanteil am Produktenwert ist die Bestimmung des kapitalistischen Produktionsprozesses weiter zu entwickeln. Nicht mehr allein Warenproduktion, sondern Warenproduktion nur, insofern sie einen Kapitalanteil schafft, zeichnet kapitalistisches Produzieren aus. Wertschöpfungsprozess ist nur dann kapitalistischer Produktionsprozess, wenn der geschaffene Wert größer ist als der Lohnanteil am Produktenwert. Ob diese Bestimmung erfüllt ist, stellt sich immer erst im Nachhinein auf dem Markt heraus.<br /><br />a)Wo hier vom "Kapitalanteil am Produktenwert" die Rede ist, sind mit Marx Vertraute gewohnt, als Gegenstück zum Lohn den "Mehrwert" aufgeführt zu finden. Die Differenz wird sich erst mit der veränderten - und wir meinen: wertformanalytisch stringenteren Behandlung des Altwerts erhellen. (Vgl. III §6) Es liegt hier in III §1 nur die erste, allerdings grundlegende Bestimmung des Kapitalanteils am Warenwert vor. Die Kapitalanalyse wird in ihrem Fortgang weitere Bestimmungen entwickeln. In ihnen zeigt sich, dass der "Kapitalanteil" mehr als den "Mehrwert" umfasst.<br />Das Marxsche Konzept des "Mehrwerts" ist auf eine wenig beachtete Unterscheidung zweier, quasi nebeneinander ausgeführter Arbeitsprozesse bezogen.<br /><br />MEW 23/221:"Indem die produktive Arbeit Produktionsmittel in Bildungselemente eines neuen Produkts verwandelt, geht mit deren Wert eine Seelenwanderung vor. Er geht aus dem verzehrten Leib in den neu gestalteten Leib Über. Aber diese Seelenwanderung ereignet sich gleichsam hinter dem Rücken der wirklichen Arbeit. Der Arbeiter kann neue Arbeit nicht zusetzen, also nicht neuen Wert schaffen, ohne alte Werte zu erhalten, denn er muss die Arbeit immer in bestimmter nützlicher Form zusetzen, und er kann sie nicht in nützlicher Form zusetzen, ohne Produkte zu Produktionsmitteln eines neuen Produkts zu machen und dadurch ihren Wert auf das neue Produkt zu übertragen. Es ist also eine Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft, der lebendigen Arbeit, Wert zu erhalten, indem sie Wert zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandnen Kapitalwerts. Solange das Geschäft flott geht, ist der Kapitalist zu sehr in die Plusmacherei vertieft, um diese Gratisgabe der Arbeit zu sehen. Gewaltsame Unterbrechungen des Arbeitsprozesses, Krisen, machen sie ihm empfindlich bemerksam." <span style="font-style:italic;">Betrachtet man die Wertform als konstitutiv für die Wertsubstanz, dann können jene "alten Werte" nicht erhalten werden, denn sie haben die Wertform abgestreift. Es ist überdies recht umgereimt, jene "Werterhaltung" als "Naturgabe" auszugeben. Dass sie den "Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt", "Werterhaltung" also "Gratisgabe der Arbeit" ist - unterscheidet sie das von der Marxschen "Mehrarbeit"?</span><br /><br />b) Es fällt vermutlich auf, dass mit der Bestimmung<br />des kapitalistischen Produktionsprozesses als Prozess der Erzeugung eines Kapitalanteils am Produzentenwert dieser Produktionsprozess nicht vollständig beschrieben ist. Insbesondere mag eingewandt werden, fehlt die Thematisierung der "objektiven" Produktionsfaktoren, worunter neben den Rohstoffen, Arbeitsmitteln und Maschinen auch die natürlichen Gegebenheiten fallen. Hierzu sei folgendes bemerkt. Die Analyse des kapitalistischen Produktionsprozesses ist mit der Unterscheidung von Kapital- und Lohnanteil am Produktionswert noch längst nicht abgeschlossen. Die anderen Momente werden sukzessiv aufbauend auf dieser Bestimmung thematisiert werden. In dem Maße, wie diese Reihenfolge systematisch einleuchtend gelingt, beweist sich die grundlegende Bedeutung dieser Unterscheidung und damit die Bestimmung des kapitalistischen Produktionsprozesses als Anwendung und Ausbeutung (vgl. §2) von lebendiger Lohnarbeit für das Begreifen dieses Prozesses.<br /><br />Wenn bei dessen Analyse mit der lebendigen Arbeit angefangen wurde, dann deswegen, weil der zentrale Begriff der abstrakt-allgemeinen Arbeit in der Analyse des Warentausches auf die Verausgabung der Arbeit, auf die lebendige Arbeit außerhalb des Marktes im kapitalistischen Produktionsprozess verweist. Der Begriff der Arbeit ist dabei noch wenig bestimmt, wesentlich ist nur, dass sie Lohnarbeit ist. Das Fehlen weiterer Bestimmungen heißt jedoch nicht, dass damit eine Arbeit unabhängig von ihren "objektiven" Gegebenheiten (z.B. <span style="font-style:italic;">Handarbeit</span> ohne Maschinen...) unterstellt wird. Lebendige Arbeit ist immer eine innerhalb gegenständlicher Bedingungen. Diese Bedingungen sind jedoch für das Betrachten der Wertschöpfung noch von keinem selbständigen Interesse. Etwas später in der Analyse im Rahmen der Thematisierung der Erhöhung des Kapitalanteils gewinnen sie jedoch an eigenständiger Bedeutung und zwar nicht bloß als gegenständliche Bedingungen, sondern wesentlich als formbestimmte gegenständliche Bestimmungen. So wird z.B. der Preis der Maschinen zum vorgeschossenem Kapital. (S.u. III §4ff). Marx geht bezüglich der Thematisierung der Produktionsmittel ähnlich vor, indem er das Geld für die Produktionsmittel zunächst als "konstantes Kapital" einführt, dieses aber dann zur Betrachtung der Mehrwertrate (s.u. §2) sofort wieder ausblendet. Seine Begründung lautet folgendermaßen: "Wir wissen in der Tat bereits, dass der Mehrwert bloß Folge der Wertveränderung ist, die mit v, dem in Arbeitskraft umgesetzten Kapitalteil vorgeht, dass also v + m =(v plus Inkrement von v) ist. Aber die wirkliche Wertveränderung und das Verhältnis, worin sich der Wert ändert, werden dadurch verdunkelt, dass infolge des Wachstums seines variierenden Bestandteils auch das vorgeschossene Gesamtkapital wächst. ... Die reine Analyse des Prozesses erheischt also von dem Teil des Produktenwerts, worin nur konstanter Kapitalwert wieder erscheint, ganz zu abstrahieren, also das konstante Kapital c=0 zu setzen, ... ." MEW 23/228 (Zum Begriff des "variablen Kapitals" , vergleiche auch unten Zusatz (a) zu §2).<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§2</span> Kapitalistischer Produktionsprozess ist also Prozess der Erzeugung eines Kapitalanteils am Produktenwert. Auf dieser Stufe der Analyse ist das "Kapital" begreifbar als Verhältnis von Lohnarbeitern und Kapitalisten, insofern sich dieses Verhältnis realisiert in einem Verhältnis von Kapitalanteil und Lohnanteil am Produktenwert. Dieses Verhältnis wird als Aufteilungsrate des Produktenwerts bezeichnet. So wie sich im Wert einer Ware die gesellschaftliche Anerkennung der verausgabten lebendigen Lohnarbeit, die gerade nicht gesellschaftlich in ihrer Verausgabung war, ausdrückt, so drückt sich in der Rate der Aufteilung des Warenwerts zwischen dem Kapitalisten und den Lohnarbeitern die gesellschaftliche Manifestation des Kapitalverhältnisses aus.<br />Bezieht man den Quotienten, der die Aufteilungsrate angibt, auf den Arbeitsprozess, in dem jene Waren hergestellt wurden, so ergibt sich die Rate der Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital.<br />Der Unterschied zwischen Aufteilungsrate des Warenwerts und Ausbeutungsrate der Arbeit ist nicht quantitativer, sondern qualitativer Art. Die Aufteilungsrate setzt Teile abstraktgesellschaftlicher Arbeit, Werte in Beziehung. In der Ausbeutungsrate sind Teile des ausgeführten Arbeitsprozesses zueinander in Beziehung gesetzt.<br />a) Entsprechend der terminologischen Differenz zu Marx, die wir in III §1 eingeführt haben,<br />sprechen wir hier von Aufteilungsrate des Produktenwerts im Unterschied zum Marx'schen Begriff der Mehrwertrate. Gemeinsam ist beiden Begriffen, dass es sich hierbei um die Aufteilung des in einem Produktionsprozess geschaffenen Werts handelt. Die inhaltliche Differenz liegt darin, dass Marx diesen geschaffenen Wert als Neuwert in der Abgrenzung zum Altwert behandelt, während für uns der Altwert ebenfalls im Produktionsprozess 'neu' geschaffen wird. (Vgl. dazu die späteren Ausführungen in §§6 u. 8ff )<br />Marx bestimmt die Mehrwertrate als das Verhältnis des Mehrwerts zum variablen Kapital, wobei das variable Kapital der vom Kapitalisten vorgeschossene Lohn ist. Wir verzichten auf die Marx'sche Darstellungsvoraussetzung, dass der Lohn schon beim Eingehen des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird (die Marx'sche Begründung dafür liegt in seiner Bestimmung der Arbeitskraft als Ware, vgl. Abschnitt II, insbesondere Anmerkung 11.5), zugunsten der Voraussetzung, dass der Lohn aus dem Erlös des verkauften Produktes gezahlt wird. Unsere Darstellungsvoraussetzung dient der einheitlichen und bruchlosen Darstellung des Kapitalverhältnisses. (vgl. dazu vor allem die in Abschnitt V thematisierte Revenueformanalyse). Sie führt dazu, dass mit der Aufteilungsrate des Produktenwerts noch nicht die Verwertung von Kapital (als Geld) thematisierbar ist. Die Verwertung des Kapitals wird erst Thema, wenn in die Analyse die Betrachtung des Vorschusses von Geld für den Kauf von Produktionsmitteln hineingenommen wird. (Vgl. §8 u. §11)<br />b) Ähnlich wie wir zwischen Aufteilungsrate und Ausbeutungsrate unterscheiden, so unterscheidet auch Marx explizit zwischen der Mehrwertrate und der Ausbeutungsrate bzw. dem Grad der Exploitation. "Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, ... . Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedener Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andere Mal in der Form flüssiger Arbeit." (MEW 23/231f) Es wäre jedoch ein Missverständnis, anzunehmen, dass die Ausbeutung der lebendigen Arbeit im Produktionsprozess unmittelbar sinnlich erfahrbar ist. Bei Marx wird dieses Missverständnis zunächst dadurch nahegelegt, dass er die Behandlung des "Werts der Ware Arbeitskraft" von der Analyse der Lohnform trennt. Die Lohnform ist erst nach der Untersuchung der "absoluten" und "relativen Mehrwertproduktion" bei ihm Thema. Wir haben dagegen in unserer systematischen Skizze von vornherein bei der Betrachtung der Lohnarbeit auf die Lohnform Bezug genommen. (Vgl. II §8). Und es ist gerade die Form des Lohnes, wodurch die als Ausbeutung bezeichnete Aufspaltung der Lohnarbeit in einen Arbeitsteil, in dem das dem Kapitalanteil entsprechende Produkt produziert wurde, und in einen Arbeitsteil, in dem das dem Lohnanteil entsprechende Produkt produziert wurde, verdeckt wird. Ausbeutung von Lohnarbeit ist Ergebnis der Analyse und nicht sinnlich erfahrbare Tatsache.<br /><span style="font-weight:bold;">§3</span> Mit dem Begriff der Aufteilungsrate des Produktenwerts, worin sich das Kapitalverhältnis manifestiert, sind Kapitale durch die Höhen ihrer Aufteilungsraten unterscheidbar und damit miteinander vergleichbar geworden. Hat die Anwendung von Lohnarbeit derselben Art durch zwei verschiedene Kapitalisten zu unterschiedlichen Aufteilungsraten des Produktenwerts geführt, so ist in dem einen Falle mit der Aufteilungsrate auch die Ausbeutungsrate der Lohnarbeit höher als im anderen Fall. Oder anders ausgedrückt, es wird bei gleichem Lohn durch den einen Kapitalisten mehr lebendige Arbeit von den Lohnarbeitern abverlangt als durch den anderen. Erhöhte Ausbeutungsrate heißt hier also nichts anderes als erhöhte Abpressung von lebendiger Arbeit.<br />Diese Möglichkeit der Erhöhung des Kapitalanteils am Produktenwert heißt absolute Erhöhung des Kapitalanteils. Die Formen der absoluten Erhöhung des Kapitalanteils sind Intensifikation der Arbeit bei gleichbleibendem Stundenlohn bzw. Senkung des Stundenlohns bei gleichbleibender Intensität (länger arbeiten für den gleichen Lohn) und Erhöhung der Leistungsnorm bei Leistungslohn bzw. Senkung des Stücklohns.<br />a)Es sei hier nochmals ausdrücklich auf unsere terminologische Differenz zu Marx hingewiesen. Was wir hier unter "absolute Erhöhung des Kapitalanteils" (bzw. relative Erhöhung des Kapitalanteils in §4) behandeln, taucht bei Marx (mit einigen inhaltlichen Abweichungen) unter den Begriff der "absoluten" (bzw. "relativen") "Mehrwertproduktion" auf. Wie die Erhöhung des Kapitalanteils durch absolute Erhöhung des Kapitalanteils (z.B. durch Intensifikation) oder auch durch relative Erhöhung des Kapitalanteils (durch Produktivitätssteigerung vgl. dazu den nächsten §) im Handeln der fungierenden Kapitalisten intentional verfolgt wird; ist Gegenstand der Konkurrenzenzanalyse (Abschnitt VII). Dies wird dort jedoch nicht mehr als Versuch der Erhöhung des Kapitalanteils, sondern als Versuch der Maximalisierung des Gewinns des fungierenden Unternehmers begriffen. Dass dieser Versuch gelingen kann, liegt im Kern an der hier thematisierten Möglichkeit der verschiedenen Aufteilungsraten durch absolute und relative Erhöhung des Kapitalanteils. Dieser Kern wird jedoch im Laufe der Analyse zunehmend verdeckt werden. Der höhere Gewinn, den ein Kapitalist in der Konkurrenz realisiert, scheint nicht mehr der höheren Ausbeutung, sondern allein der besonderen Geschicklichkeit des betreffenden Unternehmers geschuldet zu sein.<br />b) Bei der absoluten und auch relativen (vgl. §4) Erhöhung des Kapitalanteils werden immer die Aufteilungsraten gleichzeitig existierender Kapitale derselben Branche verglichen. Es geht nicht um den Vergleich der Aufteilungsraten eines Kapitals in verschiedenen Kreisläufen. In einem solchen Vergleich liefert die Analyse keine Gründe dafür, dass z.B. Intensifikation oder Produktivitätssteigerung einen erhöhten Kapitalanteil am Produktenwert zur Folge hätten. Denn die Höhe des jeweiligen neu geschaffenen Werts ist von vornherein völlig offen und es ist immer möglich, dass der Lohn trotz z.B. gestiegenerer Arbeitsintensität im zweiten Kreislauf weniger vom Wert übrig lässt als im ersten. Dies ist eine notwendige Folgerung aus unserer wertformanalytischen Fassung des Wertbegriffs, worin gerade nicht die Arbeit überhaupt als Wertsubstanz begriffen wird, sondern die im Austausch mit Geld anerkannte abstrakt-gesellschaftliche Arbeit. Absolute und relative Erhöhung des Kapitalanteils sind daher auch nicht aus einem postulierten "Heißhunger des Kapitals nach Mehrarbeit" (vgl. z.B. MEW 23/249ff; auf 5.247 heißt es auch "Das Kapital ist verstorbene Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und umso mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt.") abzuleiten, denn dies unterstellt wieder einen formunabhängigen Wertbegriff. Das Wichtige bei der Thematisierung der absoluten und relativen Erhöhung des Kapitalanteils ist nicht die Verwirklichung eines (geisterhaften) Prinzips, sondern der Nachweis, dass die Art der Anwendung der lebendigen Lohnarbeit Auswirkung auf die Aufteilungsrate hat. Dies ist jedoch nur ein scheinbarer Gegensatz zum wertformanalytischen Wertbegriff, der darauf hinweist, dass der Wert eines Produkts sich immer erst im Nachhinein auf dem Markt herausstellt, denn es werden bei der absoluten und relativen Erhöhung des Kapitalanteils kontemporäre Kapitale der gleichen Branche verglichen.<br /><span style="font-weight:bold;">§4</span> Die absolute Erhöhung des Kapitalanteils bestand darin, dass durch "absolute" Vermehrung der Arbeit bei gleichem Lohn der Kapitalanteil am Produktenwert erhöht und damit der Lohnanteil gesenkt wurde.<br />Die Frage, die jetzt untersucht werden soll, ist:<br />Gibt es eine andere Möglichkeit der Senkung des Lohnanteils am Wert als die unter dem Begriff der absoluten Erhöhung des Kapitalanteils gefasste?<br />Eine solche Möglichkeit gibt es genau dann, wenn bei gleichbleibendem (Stunden)lohn die Arbeitsproduktivität erhöht wird, und zwar nicht durch Intensifikation der Arbeit (das haben wir schon unter der 'absoluten Erhöhung des Kapitalanteils' betrachtet), sondern durch Veränderung des Arbeitsprozesses, die besseren Produktionsmitteln entspringt. War bei der absoluten Mehrwertproduktion die erforderliche Arbeit pro Stück gleichgeblieben, so verringert sie sich durch Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Die produktivere Arbeit kann in der gleichen Zeit mehr Produkte herstellen als die weniger produktive. (Da die Produkte der produktiveren Arbeit den gleichen Preis erzielt haben wie die der weniger produktiven - vgl. §3, Zusatz b) -, folgt im Nachhinein, dass die produktivere Arbeit auch eine höhere wertschaffende Potenz hat. Vgl. hierzu auch den Zusatz.) Der Lohnanteil am Wert des Gesamtprodukts verteilt sich also auf mehr Waren. Der Lohnanteil pro Ware sinkt. Der beschriebene Prozess heiße relative Erhöhung des Kapitalanteils. Für die Erhöhung der Arbeitsproduktivität können entscheidend sein:<br />a) natürliche Vorzüge des in der Produktion benutzten Stücks der Erdoberfläche (vgl. §5)<br />b) technische Überlegenheit der (produzierten) Produktionsmittel (vgl. §6)<br />c) überlegene Kultivation des in der Produktion benutzten Stücks der Erde (vgl. §7)<br />Wir vermeiden die Redeweise von den "Produktivkräften" und beschränken uns darauf, von "Arbeitsproduktivität“ zu reden. Aus dem Vergleich von Arbeiten unterschiedlicher Produktivität wird abgeleitet die Rede von den Produktivkräften, die den einzelnen Produktionsfaktoren zugeschrieben werden. Die Produktivkräfte können sich jedoch nur im Arbeitsprozess verwirklichen, sie sind nichts für sich selbst. Dies wird insbesondere bei der Natur leicht vergessen, da sich die Analogie zwischen Wildwuchs und Agrikultur aufdrängt. Bei den physiokratischen Politökonomen wird bekanntlich nur die Agrikultur als produktiv angesehen: die Arbeitsproduktivität ist hier noch nach dem Bilde der Natur gesehen - aber gerade dies zeigt, dass die Natur - Produktivität im Zusammenhang mit dem Arbeitsprozess thematisiert ist.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§5</span> Durch Rentezahlungen sind die Kapitale in der Lage, in ihrem Produktionsprozess bestimmte Stücke der Erdoberfläche zu benutzen. Die Natur ist das grundlegende Produktionsmittel. In der jeweiligen Branche der Produktion können die natürlichen Unterschiede der verschiedenen Stücke der Erde sich in höherer oder niedrigerer Arbeitsproduktivität auswirken.<br />Steigt aufgrund natürlicher Vorzüge des im Produktionsprozess verwendeten Stücks Erde die Arbeitsproduktivität eines Kapitals über die durchschnittliche Arbeitsproduktivität der Branche, so hat dieses Kapital einen branchenüberdurchschnittlich hohen Kapitalanteil am Wert seiner Waren.<br />Wir gehen von der Darstellungsvoraussetzung aus, dass die Rente aus dem Erlös der Waren gezahlt wird. (Die Rente ist Teil des Kapitalanteils.)<br />Über die absolute Höhe der Rente sollen hier keine Behauptungen aufgestellt werden. Für den Vergleich der Kapitale miteinander sind nicht nur die Unterschiede in der Arbeitsproduktivität und folglich (bei gleichbleibendem Lohn) in der "Aufteilungsrate"<br /><br />Kapitalanteil<br />-------------- <br /> Lohnanteil<br /><br />von Belang, sondern auch unterschiedlich hohe Renten. Ein produktiveres Kapital kann in entsprechendem Maß gesteigerte Rente zahlen, ohne dass ihm weniger Geld übrig bleibt als dem weniger Rente zahlenden Kapital, das entsprechend niedrigere Arbeitsproduktivität hat.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§6</span> Die erhöhte Arbeitsproduktivität, die zur relativen Erhöhung des Kapitalanteils führt, kann auch durch produktivere Maschinen begründet sein. Die Tatsache, dass Produktionsmittel selbst Waren waren und vom Kapitalisten für den Produktionsprozess gekauft werden mussten, wird nun im Hinblick auf die relative Erhöhung des Kapitalanteils für die Analyse bedeutsam. Denn während bei der absoluten Erhöhung des Kapitalanteils der Preis der Produktionsmittel pro Produkt unverändert blieb, so kann er sich bei der relativen Erhöhung des Kapitalanteils verändern. Der Kapitalanteil pro Produkt kann bei den produktiveren Maschinen höher sein als bei den weniger produktiven. Welchen Einfluss hat dies auf die relative Erhöhung des Kapitalanteils? Um dies zu beantworten, muss zunächst die Rolle der gekauften Produktionsmittel im kapitalistischen Produktionsprozess geklärt werden.<br />Der Kapitalist muss Produktionsmittel (Rohstoffe, Hilfsstoffe, Arbeitsmittel, Maschinerie) kaufen, um Lohnarbeit anwenden zu können. Lohnarbeit ist also Arbeit mit gekauften Produktionsmitteln. Dies bestimmt den kapitalistischen Produktionsprozess weiter. Kapitalistisches Produzieren hat nur dann stattgefunden, wenn es gelungen<br />ist, neben dem Lohn und der Rente den Preis der verbrauchten Produktionsmittel als Teil des Preises der produzierten Ware zu "re"produzieren und darüber hinaus der Preis des Produkts nicht bloß aus diesen drei Preisteilen bzw. Wertteilen besteht, sondern ein vierter Wertteil dem Kapital verbleibt. Der Kapitalanteil am Produktenwert ist also aufgespalten in Altwert einerseits, das ist der Wertteil des Warenwerts, dessen Preisausdruck durch den Preis der verbrauchten Produktionsmittel bestimmt ist, und Rente sowie einen dem Kapital verbleibenden Wertteil andererseits. Die Rente und dieser dem Kapital verbleibenden Wertteil heißen zusammen Mehrwert. Mit dem Begriff des Mehrwerts haben wir die bekannte Dreiteilung des Produktenwerts in Altwert, Lohnanteil des Werts und Mehrwert. Der Altwert wird dabei nicht als der (übertragene) Wert der verbrauchten Produktionsmittel gefasst, wie Marx es tut, sondern ist Teil des im Produktionsprozess neu geschaffenen Werts, er ist Teil des Kapitalanteils. Der dem Altwert gegenübertretende Wertteil der Ware kann als Neuwert bezeichnet werden. Neuwert, das ist also der Lohnanteil und der Mehrwert. Diese Zusammenfassung der beiden Wertbestandteile ist nicht bloß äußerlich, denn der Lohnanteil am Wert und der Mehrwert haben gemeinsam, dass sie als neu im Produktionsprozess entstanden erscheinen, während im Altwert sich nur das zeigt, was schon in den Produktionsprozess (freilich als Geld) hineingesteckt wurde.<br /><br />Zurück zur relativen Erhöhung des Kapitalanteils.<br />Während die absolute Erhöhung des Kapitalanteils stets Steigerung der Mehrwertproduktion ist, führt relative Erhöhung des Kapitalanteils nur dann zu gesteigerter Mehrwertproduktion, wenn das Sinken des Lohnanteils nicht durch Steigen des Altwertanteils aufgehoben wird. (Vgl. hierzu auch §9). Rückblickend lässt sich nun die absolute Erhöhung des Kapitalanteils "absolute Mehrwertproduktion" nennen und die relative Erhöhung des Kapitalanteils, wenn sie die obige Bedingung erfüllt und zugleich Erhöhung der Mehrwertproduktion ist, "relative Mehrwertproduktion".<br />a) Marx vermerkt MEW 23/414 eine "engere Grenze"<br />für den Einsatz von Maschinerie im Kapitalismus.<br />Es muss nicht nur die Arbeitsproduktivität erhöht werden, sondern der Preis der Maschinerie muss unter dem Preis für die "substituierte" Arbeitskraft liegen. Wir nehmen dieses Argument auf.<br />b)Unsere im Vergleich zum Marx/Engelsschen KAPITAL viel frühere Thematisierung der Rente hat die Vorteile, dass die drei Ursachen unterschiedlicher Arbeitsproduktivität im Zusammenhang dargestellt werden können (III §§ 3 –7) und dass die Produktionselemente vollzählig in die Analyse des kapitalistischen Produzierens eingehen. Vgl. III §7 Zusatz zur damit zusammenhängenden Frage, inwiefern dies auch im Sinne von Rudolf Bahros Appell „Das KAPITAL ökologisch umschreiben!“ berücksichtigt/überflüssig macht.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§7</span> Die erhöhte Arbeitsproduktivität, die zu relativer Erhöhung des Kapitalanteils führt, kann an Vorzügen des im Produktionsprozess verwendeten Stücks Erde liegen, die nicht schon von Natur vorhanden sind, sondern außergewöhnlichen Kultivierungs- und Erschließungsmethoden entspringen. Wir verwenden die Darstellungsvoraussetzung, dass die Aufwendungen für diese Methoden, wie die Aufwendungen für Maschinerie, von den kapitalistischen Warenproduzenten gemacht werden. Auch der Boden ist hier zum produzierten Produktionsmittel geworden. Wir unterstellen, dass diese Meliorationen des Bodens wie die Maschinerie als Industriewaren gekauft werden. (In beiden Fällen muss vor Beginn des Produktionsprozesses ein Kapitalvorschuss gemacht werden. Vgl. §8).<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§8</span> Mit der Thematisierung des Preises der Produktionsmittel ist der Begriff des kapitalistischen Produktionsprozesses reicher geworden. Er ist weiter bestimmt durch den Vorschuss und Rückfluss von Geld. Vorgeschossen wurde das Geld durch den Kauf der Produktionsmittel. Es fließt zurück im Preis des Produkts, der neben diesem "Altwert" noch Lohn und Mehrwert umfasst. In dieser Weise "zirkulierendes" Geld heiße in Zukunft Kapital. Das wesentliche Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital-(ist), das sich im Verhältnis von Lohnanteil und Kapitalanteil am Produktenwert ausdrückt, ist also entsprechend der Weiterentwicklung des Kapitalbegriffs differenziert worden zu dem Verhältnis von Lohnanteil am Produktenwert einerseits und Altwert und Mehrwert andererseits. Dieses Verhältnis wird durch die Entgegensetzung von Altwert und Neuwert mystifi-<br />ziert. Ein Teil des Kapitalanteils erscheint als sich im Produktionsprozess "erhaltendes" und "verwertendes" Geld, als Kapital. Das dem Kapitalisten verbleibende Mehr an Wert in Bezug auf den Vorschuss von Geld heiße Profit. Die unterschiedliche kategoriale Aufteilung des Kapitalanteils, einmal in Altwert und Mehrwert, das andere Mal in KapitalVorschuss und Profit, bringt zunächst nur die verschiedenen Bezugspunkte, gleichsam unterschiedliche Perspektiven zum Ausdruck. Der 'Mehrwert' nimmt (durch die Wertform hindurch) auf die Wertsubstanz, die abstrakt-allgemeine Arbeit bezug. 'Profit' bleibt auf der Ebene der Wertform.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">§9</span> Die dem Profit gegenüberstehenden anderen Teile des Warenwerts: Altwert sowie Lohn und Rente - lassen sich als "Kosten" zusammenfassen. Eine Profitsteigerung ergibt sich<br />dann stets durch Senkung des Kostenanteils am Produktenwert:<br />1. Die in §3 beschriebene Erhöhung des Kapitalanteils ist Profitsteigerung durch Senken der Lohnkosten, hier: Senken des Stundenlohns und/oder des Stücklohns.<br />2. Die in §§4-7 beschriebenen Erhöhungen des Kapitalanteils durch Steigerung der Arbeitsproduktivität (selbst bei gleichem oder leicht steigendem Lohn) lässt sich als Profitsteigerung mittels kostensparender Substitution von Arbeitskraft durch produktivere Arbeit gestattende Produktionsmittel verstehen. (Die Summe von Lohnkosten und Kosten der Produktionsmittel muss sich verringert haben, wenn auch die letzteren gestiegen sein mögen.)<br />3. Eine dritte Möglichkeit der Profitsteigerung liegt darin, dass ein Kapital seine Produktionsmittel zu niedrigeren Preisen kauft bzw. den benutzten Boden zu einer günstigeren Rente leiht. Hier liegt insofern eine Parallele zum ersten Fall (niedrigerer Preis der Arbeit) vor, als im Vergleich zu den Kapitalen der gleichen Produktionssphäre keine Veränderung des Arbeitsprozesses, keine Steigerung der Arbeitsproduktivität vorliegt. Nur der zweite Fall der Profitsteigerung ist an Produktivitätssteigerung gebunden. Doch es liegt eben bei Produktivitätssteigerung<br /> nur Profitsteigerung vor, wenn (wie im Fall 1 und 3)<br />gleichzeitig die Kosten sinken.<br /><br />Der "moralische Verschleiß" von Produktionsmitteln (MEW 23,426 cf. auch W.F.Haug(2003)zur „ästhetischen Veralterung“, p.86 ) lässt sich folgendermaßen darstellen:<br />Wir betrachten den Fall, wo der Preis der Produktionsmittel sinkt. Im Vergleich stehen zwei Kapitale, das eine K1, das den alten höheren Preis für seine Produktionsmittel bezahlt hat, das andere K2, das den neuen niedrigeren Preis bezahlt. Also:<br /><br /> G1 – PM ... P ... W – G* – G´<br /> / /<br /> samt A1 bezahlt mit L (Teil von G*)<br /><br /> G2 – PM... P ... W – G* – G´ <br /> / /<br /> samt A2 bezahlt mit L (Teil von G*)<br /><br />Die beiden Kapitale verkaufen die Waren zum gleichen Preis.<br />Die Aufteilungsraten für die beiden Kapitale sind gleich, da Produktenwert (G*) und Lohn (L) sich nicht unterscheiden. Der „Mehrwert“ von K2 jedoch ist größer als der von K1, da G1 einen höheren Abzug vom Verkaufswert G´ bildet als G2 (unterschiedliche „Altwert-Anteile“ des Warenwerts). <br /><br />§10 Der kapitalistische Produktionsprozess lässt sich nun wie folgt als eine Bewegung von Geld G zu mehr Geld G´ skizzieren:<br /><br /><span style="font-weight:bold;"> <br /> Bd R<br /> G - Pm Produktion P ... W - G* / G´ <br /> Ak L<span style="font-weight:bold;"></span></span><br />Geld wird als Kapital zum Kauf von Produktionsmitteln, soweit diese Industriewaren sind, vorgeschossen (G - Pm), Boden (Bd - ->) und Arbeitskraft (Ak - ->) werden dazugemietet, zahlbar im Nachhinein. Das Produkt W des Produktionsprozesses P ist eine Warenmenge, deren Verkauf einen bestimmten Geldbetrag einbringt (W – G*). Hieraus müssen Rente ( R) und Lohn ( L) ausbezahlt werden. Der Restbetrag (G') ist der um den Profit vergrößerte KapitalVorschuss, verwertetes Kapital.<br />Der Quotient aus Profit (G´- G) und KapitalVorschuss (G) gibt den Grad der Verwertung des Kapitals, seine Verwertungsrate oder Profitrate an. <br /><br />Ob eine neue, teuere Produktionsmittel erfordernde Produktionsmethode eine höhere Verwertungsrate erzeugt, hängt von dem Verkaufspreis pro Einheit ab.Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-36751095.post-37764938671382680992009-05-25T13:48:00.001+02:002009-05-25T13:51:52.765+02:00KAPITAL, Bd.I, Kapitel 5-25Zur eigenen Lektüre – mit MEW23 zum Durchblättern daneben!<br /><br />Bemerkungen zu KAPITAL, Bd.I, Kapitel 5-25<br /><br />In Papier III dieser Rekonstruktion der Kapitalanalyse ist der systematische Argumentationsgang, der sich im enormen "Rest" von KAPITAL, Bd.I findet, formuliert. Hier versuchen wir nun zunächst in Ergänzung dazu, anzugeben, welche Teile des umfangreichen Textes nicht - nach unserem gegenwärtigen Verständnis - zur Entfaltung der systematischen Darstellung führen und deshalb in einem Versuch des Nachvollziehens des strengen Argumentationsgangs überblättert – und zumindest zurückgestellt - werden können.<br />Grob gesagt: die Abschnitte 6 und 7 (Der Arbeitslohn, die Akkumulation) stehen außerhalb der (sich in unserer Rekonstruktion ergebenden) systematischen Reihenfolge. Dies lässt freilich offen, ob es für Marx nicht andere Gründe gab, diese Passagen in Band I des KAPITAL zu bringen, dem einzigen, der zu seinen Lebenszeiten erschien.<br />Ivan Glaser hat in seiner Konstanzer Habilitationsschrift: "Warum das KAPITAL ein Torso blieb" die Entstehungsgeschichte genauer untersucht. Um die Sache von hinten aufzurollen: Abschnitt 7 ist vorwiegend Auseinandersetzung mit der Ideologie der "politischen Ökonomie", die ein Naturrecht des auf Arbeit gegründeten Eigentums proklamiert, wobei sie "zwei sehr verschiedene Sorten Privateigentum, wovon das eine auf eigener Arbeit des Produzenten beruht, das andre auf der Ausbeutung fremder Arbeit" prinzipiell verwechselt (nur durch Schwanken zwischen diesen beiden Bedeutungen können die ideologischen (Fehl--)Schlüsse gezogen werden). "Sie vergisst", - Marxsche Ironie - "das letztre nicht nur den direkten Gegensatz der ersteren bildet, sondern auch bloß auf seinem Grab wächst." (MEW 23/792)<br />Marx führt nun in erster Linie sehr umfangreiches historisches Material an, das diesen Befund ans Herz gehend illustriert. Dabei weist er die "sogenannte ursprüngliche Akkumulation" (Titel des sehr ausführlichen 24. Kapitels) als gewaltsame Expropriation auf: "Die sog. ursprüngliche Akkumulation ist ... nichts als der historische Scheidungsprozess von Produzent und Produktionsmittel. Er erscheint als "ursprünglich", weil er die Vorgeschichte des Kapitals und der ihm entsprechenden Produktionsweise bildet." (MEW 23/742)<br />Da diese Produktionsmittel der vorbürgerlichen Produzenten als Nutzung von Grund und Boden zusammengefasst werden können, lassen sich große Teile dieses Textes unter die Überschrift bringen "Zur Bedeutung des kapitalistischen Privateigentums an Grund und Boden für die Ausbeutbarkeit von Lohnarbeiter/innen“.<br /><br />Kapitel 24 endet mit gewagten Extrapolationen, betitelt: "Geschichtliche Tendenz der kapitalistischen Akkumulation" (MEW 23/789-791). So berühmt viele der griffigen Formulierungen, die diese drei Seiten enthalten, sind, so schwer sind sie mit dem rekonstruierbaren systematischen Argument schlüssig zu verbinden. In einem Kurs zum KAPITAL ist es aufschlussreich, eben dies im Anschluss an die Analyse der Mehrwertproduktion in einer Sitzung zum Thema zu machen.<br /><br />Und das letzte, das 25. Kapitel, hatte 1867 noch den Reiz, die jüngste Vergangenheit Europas als Gegenwart in Australien vorführen zu können: "Jedoch beschäftigt uns hier nicht der Zustand der Kolonien. Was uns allein interessiert, ist das in der neuen Welt von der politischen Ökonomie der alten Welt entdeckte und laut proklamierte Geheimnis: kapitalistische Produktions- und Akkumulationsweise, also auch kapitalistisches Privateigentum, bedingen die Vernichtung des auf eigner Arbeit beruhenden Privateigentums, d.h. die Expropriation des Arbeiters." (So endet KAPITAL, Bd.I, künftig auch kurz: KI)<br />Für die Wirkungsgeschichte der Marxschen Theorie in der sozialistischen/kommunistischen Arbeiterbewegung sind diese abschließenden Posaunenstöße zur Melodie Völker-hört-die-Signale: "Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert." -bedeutungsvoll und insofern verhängnisvoll für die Erkenntnis dessen, worin die wissenschaftliche Leistung von Marx besteht, als gerade dieser massive Schluss, der mit dem vorausgegangenen Argumentationsgang nur brüchig verbunden ist, den fragmentarischen Charakter des in KAPITAL, Bd. I vorgetragenen Theoriestücks zudeckt. Wenn dies Resultat schon am Ende von Band I wie die "Notwendigkeit eines Naturprozesses" (MEW 23/791) gezeigt werden kann und feststeht, warum müssen dann noch weitere Bände geschrieben und studiert werden?<br />Nach unserer Meinung gehören das 23. Kapitel "Das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation", das steigende Lohnbewegung und anschließenden Fall des Arbeitspreises (MEW 23/649) und dadurch Produktion einer industriellen Reservearmee durch das Kapital (665) behandelt, zusammen mit dem Abschnitt 6 "Der Arbeitslohn" inkorporiert in die (Form)Analyse der Konkurrenz.<br />Der erste Teil des 7. Abschnitts, also vor allem die Kapitel 21 und 22 (aber das wirkt auch noch ins 23. Kapitel hinein), behandelt Themen der kapitalistischen Reproduktion (einfache und erweiterte), die entweder als Resumé der Analyse der Mehrwertproduktion schon im 5. Abschnitt stehen oder am Ende von KAPITAL, Bd. II, in der Darstellung des Reproduktionsprozesses als Abschluss der Analyse des Zirkulationsprozesses des Kapitals ihren Platz finden könnten. Marx ist offenbar am Ende aller 3 Bände KAPITAL auf die gesellschaftliche Reproduktion eingegangen. Ein alternativer Entwurf für das Ende von KAPITAL, Bd. I ist der Text "Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses." Hierin wäre sozusagen der Abschnitt 5 Schlussabschnitt und dies deckt sich mit der von uns vorgetragenen Ansicht, das die Abschnitte 6 und 7 aus anderen als systematischen Gründen hinzugefügt wurden.<br /><br /><br />Betrachten wir nun den Teil des Buchs, der die systematische Darstellung der Mehrwertproduktion, den "unmittelbaren Produktionsprozess des Kapitals" angeht, so bleiben die Abschnitte 3,4 und 5 mit den Kapiteln 5-16, immer noch gut 300 Seiten.<br />Zentral ist Kapitel 5.2 "Verwertungsprozess". (Der letzte Teil (p.211-.unten - 213) kann übersprungen werden. Er berührt die MEW 23/59 angerissene Frage nach einfacher und "multiplizierter", bzw. "komplizierterer" Arbeit, deren Behandlung in die Konkurrenzanalyse gehört.) Das Thema "Mehrwert" wird fortgesetzt im 6. Kapitel "Konstantes und variables Kapital", wo die "Neuwertproduktion" der "Altwerterhaltung" (vgl. MEW 23/221) gegenübergestellt wird, und im 7. Kapitel, "Die Rate des Mehrwerts", wo die terminologische Unterscheidung von "notwendiger Arbeitszeit" und "Mehrarbeitszeit" (231ff) eingeführt wird. (Eine Sitzung)<br />Kapitel 8 "Der Arbeitstag" behandelt die absolute Mehrwertproduktion im engeren Sinn (der Terminus, der in der Überschrift des Abschnitts steht, wird erst MEW 23/334 als Gegenstück zu 'relative Mehrwertproduktion' eingeführt). Das systematische Argument wird schon im ersten Unterabschnitt "Die Grenzen des Arbeitstags" vorgetragen, die Abschnitte 2-5 enthalten größtenteils historische Illustrationen (und könnten überblättert werden), die Abschnitte 6 und 7 behandeln "Den Kampf um den Normalarbeitstag" und sind wegen des darin angesprochenen Zusammenhangs des Klassenkampfes, Konkurrenzkampfs und der Gesetzgebung für den Beginn der deutschen "Staatsableitungsdebatte" Ausgangsstellen gewesen. Dies wirft jedoch das Problem auf, ob Staatsaktivität (wie die Arbeitsgesetzgebung) in der Kapitalanalyse eine systematisch bedeutsame Rolle spielen kann, angesichts des Marxschen Programms, die Staatstheorie auf die Basis einer Analyse der kapitalistischen Produktionsweise zu gründen.<br />Kapitel 9 "Rate und Masse des Mehrwerts" führt den Terminus 'Mehrwertmasse' ein. Die Struktur des KAPITAL ist zweifellos beherrscht durch die Darstellung der Steigerung der Mehrwertrate. Der MEW 23/429 erwähnte "immanente Widerspruch in der Anwendung der Maschinerie zur Produktion von Mehrwert" kann als Unvereinbarkeit von Steigerung der Rate und der Masse des Mehrwerts formuliert werden.<br />Zu Schwierigkeiten kann führen, das Marx in seiner Gegenüberstellung von absoluter und relativer Mehrwertproduktion die systematische Entwicklung (MEW 23/315 "auf dem bisher entwickelten Standpunkt") mit Etappen der innerkapitalistischen Entwicklung (vgl. auch die Kapitelüberschriften im 4. Abschnitt) zu parallelisieren versucht, und von daher "absolute Mehrwertproduktion" an "gegebene Produktionsweise", den "Arbeitsprozess in seiner historisch überlieferten oder vorhandenen Gestalt" anbindet (333f).<br />Der 4. Abschnitt "Die Produktion des relativen Mehrwerts" ist das Kernstück des ersten Bandes. Das Kapitel 10 ist eine begriffliche Einleitung, die mindestens an einer Stelle p.336f ihre Tücken hat, wo vom "individuellen Wert" (was sich nur arbeitswerttheoretisch denken lässt) und vom "Extramehrwert", sowie erneut - und diesmal unabhängig von einem Rekurs auf unterschiedliche Arten von Arbeitskraft, wie p.59 und 212 - von "potenzierter Arbeit" die Rede ist.<br />Die drei folgenden Kapitel thematisieren drei synchron vorhandene, aber begrifflich unterscheidbare Züge, die Marx am Ende des Kapitels 10 als "besondre Produktionsmethoden des relativen Mehrwerts" bezeichnet. Wir schlagen vor, sich auf den systematischen Aspekt zu konzentrieren und im ersten Durchgang alle historischen Illustrationen auszusortieren. Kooperation (Kap.11) ist nicht historisch überholt und nicht der Arbeitsteiligkeit (Kap.12) und der Anwendung von Maschinerie (Kap.13) im kapitalistischen Produktionsprozess entgegengesetzt.<br />Am Kapitel 12, das sowohl einen systematischen als auch einen historischen Titel trägt: "Teilung der Arbeit und Manufaktur" erscheinen uns die Unterabschnitte 4 und 5 am ergiebigsten.<br />Vom Kapitel 13, ebenfalls mit Doppeltitel: "Maschinerie und große Industrie", schlagen wir vor, die ersten 5 Unterabschnitte sehr gründlich zu lesen und zu diskutieren. Die Anwendung von in Maschinerie vergegenständlichter Wissenschaft verbindet die Produktivkräfte, die in Kooperation und Arbeitsteiligkeit liegen mit einem "objektiven Skelett" (p.389) und macht die Fabrik zu einem "objektiven Organismus, dem Menschenmaterial einverleibt wird" (p.416). Es ist ersichtlich, dass sich diese Wissenschaftstheorie von der Logik der Wissenschaftssprache unterscheidet. Dies bringt uns schließlich zu Abschnitt 5 "Die Produktion des absoluten und relativen Mehrwerts", wo, wie schon eingangs erwähnt, ein Resumé der vorausgehenden Darstellung verschiedener Produktionsmethoden des Mehrwerts gegeben wird. Gleich zu Beginn des 14. Kapitels ist eine interessante Erörterung dessen, was auf den verschiedenen Analyseebenen 'produktive Arbeit' ist; hier wird auch die Kategorie 'Gesamtarbeiter' eingeführt. (Parallelstellen enthalten die "Resultate" und die "Theorien über den Mehrwert")<br />Das 15. Kapitel behandelt "Größenwechsel von Preis der Arbeitskraft und Mehrwert". Dazu werden Bestimmungen aus Kapitel 4.3 (vgl. auch den Exkurs nach II) reformuliert, sodann werden die verschiedenen Kombinationen von Länge der Arbeitszeit, Arbeitsintensität und Arbeitsproduktivität auf das Verhältnis von Kapitalanteil und Lohnanteil (Mehrwert und Preis der Arbeitskraft) hin untersucht. Den Abschluss von „KI“ bildet dann p.552 mit einem Ausblick auf die Zeit nach "Beseitigung der kapitalistischen Produktionsform", vgl. zu diesem Thema auch MEW 25/828.Unknownnoreply@blogger.com0